Protokoll der Sitzung vom 12.06.2019

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keine Zeile gibt es von Ih- nen!)

Aber dieses Gesetz hat funktioniert und der Schulfrieden war in Thüringen gesichert.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wo denn?)

Sie haben den Schulfrieden ohne Not heute hier sabotiert und das ist ein Skandal und eine Schande und ein Totalversagen Ihrer Landesregierung, Herr Minister Holter.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Sechs! Setzen!)

Sie haben mit diesem Schulgesetz tatsächlich ideologische Duftmarken gesetzt, auch das möchte ich abschließend noch mal betonen.

Inklusion ist in Thüringen völlig gescheitert. Sie haben ein Inklusionsprogramm durchgesetzt oder versuchen, das auf die Schiene zu stellen, das ohne sächliche, räumliche und personelle Untersetzung auskommen soll. Sie überfordern die Lehrer, Sie überfordern die Schüler, Sie überfordern die Eltern mit diesem Ideologieprojekt namens Inklusion und werden die Schule dadurch nicht besser machen. Nein, Sie werden sie schlechter machen, sie werden sie ungerechter machen.

(Beifall AfD)

Selbstverständlich ist es so, dass Kinder unterschiedliche Begabungen haben. Selbstverständlich ist es so, dass unsere Kinder unterschiedliche Anlagen haben und selbstverständlich ist es so, dass eine spezielle Förderung --- Und immer wieder wird von hier vorne von Vertretern von Rot-Rot-Grün das Menschenrecht auf Inklusion gefordert. Nein, Inklusion ist kein Menschenrecht, sehr geehrte Kollegen

von Rot-Rot-Grün. Integration ist der Begriff, mit der die

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben wir Ihnen doch schon mal widerlegt, Herr Höcke!)

UN-Behindertenrechtskonvention im Originaltext hantiert. Integration und nicht Inklusion. Diese UNBehindertenrechtskonvention, die richtete sich an die Länder der Welt, in denen leider, muss man sagen, Menschen und junge Menschen mit Behinderung eben nicht Teilhabe am öffentlichen Bildungssystem haben.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Das, was Sie in Deutschland wollen!)

Sie richtet sich nicht gegen Industrieländer und schon gar nicht richtet sie sich an Deutschland mit einem exzellent ausgebauten Sonderschul- und Förderschulsystem und

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Weg- sperren wollen Sie die Menschen!)

mit exzellent ausgebildeten, hoch qualifizierten

(Unruhe DIE LINKE)

Herr Abgeordneter!

Sonderschulpädagogen, die eine exzellente Arbeit machen und die benachteiligte Kinder in entsprechenden Räumlichkeiten, in Kleingruppen besonders fördern, wie sich das gehört. Wir sind als Bundesrepublik Deutschland, wir sind als Freistaat Thüringen, was das System der Förderung von Kindern mit Benachteiligung angeht, ganz oben in der Welt. Darauf können wir stolz sein, und das sollten wir nicht gefährden.

(Beifall AfD)

Wer alles zusammenwirft, tut am Ende keinem Recht und Gerechtigkeit, das möchte ich noch mal betonen. Wir als AfD-Fraktion sagen Ja zu einem leistungsorientierten Schulsystem, sagen Ja zu einem differenzierten Schulsystem. Und das ist meine Erfahrung als Lehrer, ich habe in allen Schulen des Sekundarbereichs I und II gearbeitet, an Hauptschulen, an Realschulen,

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Die Kinder können froh sein, dass Sie jetzt hier sind!)

an Gemeinschaftsschulen, an Gymnasien. Ich habe da, glaube ich, wirklich einen Vergleich und habe

die Möglichkeiten, Vergleiche zu ziehen. Das integrative System überfordert, wenn es nicht personell untersetzt ist, und zwar in einer Art und Weise, wie sich das der Freistaat, wie sich das kein Bundesland leisten könnte. Wenn sie nämlich tatsächlich einen individuellen Fördereinsatz favorisieren, dann müssen Sie – und das ist meine Erfahrung als Lehrer – in den Thüringer Schulen eine Relation von 1 zu 10 herstellen. Dann haben Sie vielleicht einigermaßen die Gewähr dafür, dass individuelle Förderung stattfindet. Sonst ist individuelle Förderung so für das staatliche Schulwesen nicht leistbar. Nein, wir müssen davon ausgehen, dass es bei den Schülern eben eine Grundgemeinschaftsfähigkeit gibt, auf die der Lehrer aufbauen kann. Es muss eine Grundlage geben, auf die Schule bauen kann, sonst funktioniert Schule nicht. Auch diese Prämisse hintergehen Sie mit Ihrem Schulgesetz und mit diesem Konzept der individuellen Förderung, die finanziell nicht abzubilden ist.

Sehr geehrter Herr Holter, was Sie heute hier gemacht haben und was Sie heute hier vorgebracht haben, ist – wie gesagt – von oben herab passiert. Allein das beklage ich. Sie haben noch mal Ihre Ideologieprojekte verteidigt. Vor allen Dingen haben Sie darauf hingewiesen, dass mit Ihrem Schulgesetz Schule angeblich demokratischer würde. Das Gegenteil ist leider der Fall. Sie haben den Geist der Räterepublik in die Thüringer Schulen getragen und das lehnen wir vom Grund heraus ab.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Bes- ser als den Geist des Nationalsozialismus!)

Es ist ein Unding und es bedeutet, unseren Lehrern, die eine großartige Arbeit in den Schulen machen, Knüppel zwischen die Beine zu werfen, wenn man Schüler die Unterrichtsplanung mitbestimmen lässt. Wir haben Lehrer, die haben sechs oder fünf Jahre studiert, die haben zwei Jahre Referendariat gemacht, die sind methodisch und didaktisch top ausgebildet. Dann soll ich mit meinen Schülern vorher erst mal konsensualisieren, wie der didaktischmethodische Aufbau zu leisten ist, welche Bildungsinhalte wir zu thematisieren haben? Das ist doch eine völlig absurde Vorstellung, das ist ein infantiler Ansatz, den Sie hier ins Schulgesetz geschrieben haben.

(Beifall AfD)

Da machen wir nicht mit und da gehen wir nicht mit. Dieses Schulgesetz – und das kann ich betonen – wird keine lange und große Zukunft haben. Nach dem 27. Oktober dieses Jahres wird es neue Mehrheiten in Thüringen geben.

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Man kann nur hoffen, die Bürger sind schlau und bewahren uns davor!)

Ich hoffe, das werden Mehrheiten sein, die einen bürgerlichen Geist, einen Geist eines gesunden Leistungsdenkens, der natürlich immer auch zusammen mit Solidarität gedacht werden muss, auch in die Regierungspolitik übersetzen wird. Dieses Schulgesetz wird dann zurückgenommen werden. Auf diesen Zeitpunkt freue ich mich im Hohen Haus schon jetzt. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Bevor ich der Abgeordneten Astrid Rothe-Beinlich das Wort erteile, muss ich Frau Abgeordneter Lukasch einen Ordnungsruf erteilen für die Betitelung des Abgeordneten Höcke als „Heini“. Das ist des Hohen Hauses nicht würdig.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wissen Sie, was uns ganz elementar von der AfD unterscheidet?

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Alles!)

Ja, sehr viel, aber vor allem, dass die AfD Menschen unterteilt in Betonbauer aus MecklenburgVorpommern auf der einen und hessische Lehrer auf der anderen Seite. Genau das tun wir nicht.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So verächtlich, wie Sie, Herr Höcke, das Wort „Betonbauer“ hier ausgesprochen haben, so verächtlich ist Ihr Denken mit Blick auf Menschen, die wichtige Arbeiten verrichten und die im wahrsten Sinne des Wortes etwas bauen, im Gegensatz zu Ihnen, die Sie die Demokratie mit Ihren Worten einreißen. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes aus der Zeit gefallen. Das haben wir gerade wieder erlebt, denn es geht darum, Schülerinnen und Schüler am Schulalltag tatsächlich auch demokratisch teilhaben zu lassen. Seien Sie versichert: Die meisten Lehrerinnen und Lehrer wissen das auch und praktizieren dies längst. Sie gestalten mit ihren Schülerinnen und Schülern gemeinsam den Unterricht und das ist auch gut so in der heutigen Zeit.

Nur noch eines zur UN-Behindertenrechtskonvention: Wenn Sie in das Leitbild der UN-Behindertenrechtskonvention schauen, da heißt es schon in den ersten Zeilen auch im Deutschen: „Das Leitbild

der UN-Behindertenrechtskonvention ist ‚Inklusion.‘“

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Inklusion – ich sagte es vorhin schon – ist nichts, worum man betteln muss, sondern alle Staaten, die die UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet haben, haben sich verpflichtet, diese Konvention zu ratifizieren und auch in den Landesgesetzen umzusetzen. Genau dieser Verpflichtung tragen wir Rechnung. Ich sage es noch mal: Ich bin sehr froh, dass wir ein Schulgesetz vorliegen haben, das alle Kinder zum bestmöglichen Schulabschluss führt, egal ob ihr Vater ein Betonbauer aus MecklenburgVorpommern oder gar ein hessischer Lehrer ist. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt eine weitere Wortmeldung des Abgeordneten Höcke.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Kollegin Rothe-Beinlich, entweder wollten Sie mich nicht verstehen oder Sie konnten mich nicht verstehen.

(Zwischenruf Abg. Hennig-Wellsow, DIE LIN- KE: Sie sind nicht zu verstehen!)

Ich habe mich nicht gegen Partizipation von Schülern am Schulleben ausgesprochen. Ich war selber vier oder sogar fünf Jahre Vertrauenslehrer in den Schulen, in denen ich unterrichtet habe, ich habe Schüler an demokratische Teilhabe herangeführt

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was Sie darunter verste- hen, wissen wir ja!)

Sie können sich da gern mal schlaumachen –, ich habe da, denke ich, auch einen Dienst getan im Sinne der Demokratie. Darauf bin ich stolz und das hat funktioniert.