Meine Damen und Herren, der Grundsteuermessbetrag stellt die Grundlage für die Erhebung der Grundsteuer durch die Kommunen dar. Für die Finanzverwaltung bedeutet das, in den drei Jahren von 2022 bis 2024 – wir werden uns bemühen, auf Anfang des Jahres 2024 zu kommen – bundesweit 35 Millionen Grundstücke neu zu bewerten. Für Thüringen – es ist erwähnt worden – sind das 3,3 Millionen Grundstücke, die in circa 1,5 Millionen wirtschaftliche Einheiten zusammengefasst sind.
Meine Damen und Herren, hierfür müssen im Rahmen von Vorbereitungsmaßnahmen von den Finanzämtern in den nächsten 1,5 Jahren alle notwendigen Datenbanken aktualisiert werden. Dafür wurden die besagten 68 Vollzeitäquivalente, das heißt VBE, Datenerfassungskräfte, befristet eingestellt.
Es ist erwähnt worden, dass hier Software notwendig ist. Auch da ergibt sich eine schöne Sache. Für die Software ist Bayern zuständig. Bayern ist in der Lage, zwei Modelle zu programmieren. Das haben sie uns zugesagt. Wir werden mal sehen, wie schnell die Bayern sind, das auch umzusetzen.
Meine Damen und Herren, zusätzlich müssen 500.000 Eigentümer von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken erstmals steuerlich erfasst werden, für die bisher keine Einheitswertfeststellung erfolgt war. Das hängt nicht daran, dass wir faul waren, sondern dass bisher die Nutzer der Grundstücke erfasst waren und jetzt müssen es die Eigentümer sein.
Wir haben auch eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Koordinierung der sogenannten automationstechnischen und fachlichen Umsetzung eingerichtet. Anfang September 2018 wurde im Thüringer Finanzministerium eine Projektgruppe eingerichtet mit dem Auftrag, die notwendigen organisatorischen und automationstechnischen Maßnahmen zu verifizieren und entsprechende Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Wir haben dazu auch extra im Janu
Wir haben jetzt die Regierungsentwürfe vorliegen. Meine Damen und Herren, die Änderung des Grundgesetzes muss gestemmt werden. Da kann ich auch noch mal aus den Verhandlungen berichten: Natürlich haben sich auch die nicht an der Bundesregierung beteiligten Parteien, insbesondere die FDP und auch die Grünen, im Bundesrat mit beteiligt, weil sie in Landesparlamenten sitzen, weil sie auch zum Teil die Finanzminister in anderen Konstellationen stellen und sich darum bemühen, dass wir bei einem einheitlichen Modell bleiben. Jetzt haben wir diese Aufspaltung, das heißt, die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die Grundsteuer muss jetzt übertragen werden. Ich bin mir sicher, dass wir auch die Zweidrittelmehrheit im Bundestag dafür erreichen können.
Darüber hinaus werden wir als Länder zu umfassenden Abweichungen in landesrechtlichen Regelungen befugt. Wir werden sehen, wer diese Befugnis überhaupt annimmt, ob es Bayern tatsächlich tut, denn wir müssen eine Doppelrechnung machen – sowohl nach dem einen Prinzip, das die Mehrheit annimmt, als auch nach dem anderen Modell, was Bayern favorisiert –, denn die Auswirkung der Grundsteuerreform auf den Länderfinanzausgleich ist noch zu beachten. Die Bundesländer hatten sich versprochen, dass die reichlich 14 Milliarden Euro Steueraufkommen aus der Grundsteuer auch weiter dem Länderfinanzgleich als Berechnungsgrundlage dienen. Das bedeutet jetzt im Einzelfall, dass wir garantieren müssen, dass jedes Bundesland auch so gestellt wird – egal ob es die Steuer erhebt oder nicht, in voller Höhe oder nicht –, als ob es die Grundsteuer weiter so erhebt, wie es jetzt ist. Das heißt, wenn ich jetzt 100 Millionen Euro für die Grundsteuer in den Länderfinanzausgleich eingezahlt habe, dann muss das auch in Zukunft sein. Wenn ich aber nur 50 Millionen Euro bei den Gemeinden erhebe, weil ich sage, ich entlaste euch alle, dann wird das Land so gestellt, als ob weiterhin 100 Millionen Euro dabei sind. Auch das muss beachtet werden.
Meine Damen und Herren, so weit zu dieser Reform. Es ist viel dazu gesagt worden. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg. Auch für die Zukunft sind wir gut aufgestellt, weil die Pauschalierung, die das Bundesfinanzministerium jetzt mit ihren Faktoren in diesen Entwurf der Bewertung hineingegeben hat, ermöglicht uns, dass wir regelmäßig wieder Grundsteuerneubewertungen vornehmen können und dass wir dann natürlich auf die Daten zugreifen können, die automatisiert vorhanden sind.
Ich will nur eins erwähnen: Mindestmaß ist ja, dass wir nicht nur die Grundstücksgröße nehmen, also jemand hat 1.000 Quadratmeter in Erfurt und ein anderer hat 1.000 Quadratmeter in Helmershausen in der Rhön. Das ist die Grundstücksgröße. Dazu gibt es einen sogenannten Bodenrichtwert. Der ist in Erfurt zugegebenermaßen in der Zentrumslage etwas höher als in Helmershausen, einem Dorf in der Rhön. Dieser Bodenrichtwert wird für die Bewertung herangezogen. Wir haben das in einem Kataster von Anfang an sehr vorbildlich gelöst. Da kann man den vorhergehenden Landesregierungen, die das umgesetzt haben, nur dankbar sein, dass das so stringent erfolgt ist. Dazu kommen dann einzelne andere Dinge, zum Beispiel Vergleichsmieten usw., sodass wir das am Ende auch automatisiert berechnen können und sich der Aufwand dann auch in Zukunft in Grenzen hält. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die AfD versucht, sich hier wieder im finanzpolitischen Tiefflug zu bewegen. Ein paar ergänzende Bemerkungen machen sich noch erforderlich, damit klar wird, was die AfD hier eigentlich will und wie das Gemeinwesen dadurch insgesamt Schaden nehmen würde.
Zunächst erst mal: Wer finanziert denn diesen Staat? Zu 84 Prozent entstammen die Steuern aus lohnabhängiger Arbeit und dem Verbrauch im Allgemeinen, und nur 16 Prozent stammen aus wirtschaftlicher Tätigkeit und Vermögen. Dieses Verhältnis war 1992 60:40, also 1992 kamen aus wirtschaftlicher Betätigung und Vermögen noch 40 Prozent des Steueraufkommens. Das ist eine Verwerfung, mit der müssen wir uns beschäftigen. Die Grundsteuer ist die letzte verbliebene Steuer, die Anlagevermögen in diesem Lande besteuert, nachdem die Vermögenssteuer ausgesetzt ist. Wenn Sie daran auch noch rütteln wollen, heißt das, Sie wollen künftig, dass nur noch die lohnabhängig Beschäftigten und Verbraucher das Gemeinwesen finanzieren,
bei der auch Vermögen und Ertrag aus wirtschaftlicher Betätigung angemessen zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen. Das Fiskalvermögen in diesem Lande wird noch über die Abgeltungssteuer gesteuert. Deshalb wäre es auch ungerecht, die Grundsteuer abzuschaffen, weil dann eine weitere „Unwucht“ eintritt, dass nämlich das Fiskalvermögen weiter besteuert wird und das Grundvermögen nicht. Das sollen Sie Ihren Wählern sagen und dann können die mal entscheiden, ob das wirklich zukunftsfähig ist.
wenn Sie sagen, dass die Grundsteuer nur irgendwelche Anlagenbesitzer, irgendwelche Hausbesitzer bezahlen, dann haben Sie offensichtlich überhaupt keine Ahnung von den Zahlungsmechanismen im Wohnungsmarkt.
Sie regen sich doch immer auf, dass die Mieten so hoch sind. Sie wissen ganz genau oder Sie müssten es eigentlich wissen, wenn Sie hier so groß tönen, dass die Grundsteuer natürlich als Nebenkosten in der Regel auf die Miete umgelegt wird. Und wer zahlt sie denn dann? Der Hartz-IV-Empfänger am Ende genauso wie die Alleinerziehende mit Kind.
(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Sie haben vielleicht noch Ahnungen, aber ich ha- be Kenntnisse!)
b) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Mordfall Lübcke – Rechtsterroristische Netzwerke auch in Thüringen bekämpfen“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 6/7421 -
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, der Mord an Walter Lübcke ist vor allem eine Tragödie für seine Angehörigen und Freunde, denen ich namens meiner Fraktion und sicher des ganzen Hauses an dieser Stelle mein aufrichtiges Beileid ausdrücken und viel Kraft wünschen möchte. Ich danke auch ausdrücklich noch einmal der Landtagspräsidentin für die heutige Schweigeminute für Walter Lübcke.
Sie hat darauf hingewiesen, dass der Verstorbene lange Zeit – zehn Jahre – auch in Thüringen gewirkt hat.
Die Hintergründe für diesen feigen Mord sind noch nicht vollständig aufgeklärt. Die Ermittlungen, die der Generalbundesanwalt an sich gezogen hat, laufen noch. Gleichwohl erreichen uns fast täglich neue Meldungen zu diesem Fall, die uns mit großer Sorge erfüllen müssen. Walter Lübcke ist nicht das
erste Todesopfer rechter Gewalt. Die Amadeu Antonio Stiftung zählt allein seit dem Jahr 1990 insgesamt 193 Opfer, die aus extrem rechten oder rassistischen Motiven zu Tode gebracht worden sind. Gleichwohl ist es der erste politische Mord an einem Repräsentanten des Staates seit vielen Jahrzehnten und der traurige Siedepunkt eines seit Jahren verrohenden gesellschaftlichen Klimas. Unser Staat konnte Walter Lübcke davor nicht schützen.
Für dieses verrohende Klima tragen alle – auch Teile hier im Hohen Haus – eine Mitverantwortung, die die Verächtlichmachung ihrer politischen Gegner, Hass und Hetze den Boden bereiten und damit Radikalisierungstendenzen befördern, das Sagbare verschieben – das Machbare folgt nach. Wer, verehrte Kolleginnen und Kollegen, Menschen jagen, erlegen, entsorgen will – oder wie der erst frisch gewählte Europaabgeordnete Maximilian Krah nur einen Tag nach dem Mord an Walter Lübcke verkündete: „Wir schießen den Weg frei“, der äußert keine Kritik, der hasst.
Er muss sich nicht wundern, wenn andere das dann umsetzen, denn „Taten statt Worte“ ist übrigens ein NSU-Motto gewesen.
Schon bevor der Tatverdächtige gefasst wurde, erinnerte die augenscheinliche Hinrichtung Walter Lübckes an die Verbrechen des Nationalsozialistischen Untergrunds, die in Thüringen ihren Anfang genommen haben. Als der mehrfach vorbestrafte Tatverdächtige Stephan E. gefasst wurde, erhärtete sich schnell der Verdacht rechter Motive, die der Tatverdächtige in seinem Geständnis bestätigte. Die Frage kam gleich wieder auf, ob er ein Einzeltäter war oder Teil eines rechtsterroristischen Netzwerks ist. Ich persönlich habe nicht verstanden und werde auch weiterhin nicht verstehen, wie man ihn als einen „Schläfer“ bezeichnen konnte nach alldem, was eigentlich schon sofort über ihn bekannt wurde.