Protokoll der Sitzung vom 13.09.2019

Aber ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie bei jedem Tagesordnungspunkt in irgendeine Wahlkampfkiste greifen und hier Populismus verbreiten. Es ärgert mich deshalb ganz besonders, weil ich Sie, verehrter Herr Höcke, im Bildungs- und Sportausschuss nie gesehen habe, wenn es um dieses Thema ging. Nie!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das haben Sie dann immer Ihrer Kollegin Frau Muhsal überlassen, die aber eigentlich mehr für die schulpolitischen Themen im Ausschuss sitzt. Sie haben nicht einen Antrag gestellt, Sie haben nicht eine Idee gehabt, wie Sie den Sport in Thüringen unterstützen wollen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und dann stellen Sie sich jetzt hierher und sagen, wir sind der Retter des Sports und Sie haben alles verkehrt gemacht. Ich finde das peinlich. Das ist oberpeinlich.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich hoffe, dass sich diese Debatte im Nachgang viele Menschen, viele Sportlerinnen und Sportler, Trainer, Übungsleiter anschauen und mal sehen, was Wahrheit, Ehrlichkeit und Offenheit sind und was einfach nur Scheinpopulismus ist.

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Warum neh- men Sie dann nicht die Anregungen der Ver- bände auf?)

Wir haben die Anregungen der Verbände aufgenommen – dazu komme ich gleich –, weil diese Regierungskoalition tatsächlich ein verlässlicher Partner des Thüringer Sports ist, nicht nur des Thüringer Sports, sondern auch der Thüringer Kommunen. Das haben wir beim neuen Sportfördergesetz, was wir im letzten Jahr hier im Landtag auf den Weg gebracht haben, ganz deutlich gezeigt, darauf ist ja von den Vorrednern schon hingewiesen worden. Es ist ab 2020 eine unentgeltliche Bereitstellung von Sport- und Spielanlagen öffentlicher Träger für die Zwecke des organisierten Sports vorgesehen. Gleichzeitig erhalten die Kommunen künftig für die Einnahmenreduzierungen, die ihnen durch die neue Regelung entstehen, eine jährliche Erstattung in Höhe von 5 Millionen Euro in Form einer

Landespauschale. Über diese Summe haben wir nicht nur geredet, sondern die haben wir auch dezidiert im Landeshaushalt 2020 eingestellt. Also: Versprochen, gehalten, eingestellt!

Jetzt sage ich Ihnen noch mal eines: Ärgerlich ist – die Diskussion haben wir, auch wenn wir immer an der Seite der Kommunen stehen, mit den Kommunen geführt –, dass die Kommunen eigentlich schon nach dem alten Gesetz gar keine Entgelte hätten nehmen dürfen. Dann habe ich auch so manchen Aufschrei nicht verstanden, denn sie haben eigentlich ein Gesetz nicht als Gesetz betrachtet, sondern sie haben gehandelt, wie sie wollten. Das war ein Teil, ein Teil, der dann in Größenordnungen – Knut, du weißt das immer auswendig: knapp 40 Prozent – einfach gesagt hat, wir nehmen jetzt mal Entgelte. Andere haben den Sport in anderer Form unterstützt.

Mit dem neuen Sportfördergesetz ist es uns gelungen, die berechtigten Interessen des organisierten Sports und der Kommunen fair auszubalancieren. Genau darum geht es jetzt auch bei dieser Verbesserung. Herr Korschewsky hat es schon angesprochen. Es sind in den vergangenen Monaten drei Spezialfälle an uns Sportpolitiker herangetragen worden, bei denen Ausnahmen von der Entgeltfreiheit nötig sind, weil es sonst zu Nachteilen für den Sport oder auch die Kommunen kommen könnte. Wir haben uns natürlich auf die Fahnen geschrieben, dass wir das nicht zulassen wollen. Demzufolge haben wir beraten. Es gab noch eine Anhörung. Wir haben dann den entsprechenden Änderungspassus vorgelegt.

Da ist zum einen das Problem, dass die neuen Gesetzesbestimmungen einer Vereinbarung der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit der Stadt Jena im Weg stehen, wonach die Universität für die Nutzung der neu zu errichtenden Leichtathletikhalle in der Wöllnitzer Straße Entgelt zahlt. Herr Korschewsky hatte schon darauf hingewiesen. Da gibt es zweitens und drittens die Schwierigkeit, dass die Entgeltfreiheit auch die Nutzung öffentlicher Sportanlagen durch die Spezialgymnasien in Trägerschaft des Landes und den Übungsbetrieb im Nachwuchsleistungssport in Verantwortung der Sportfachverbände am Sitz eben dieser Spezialgymnasien beeinträchtigen würde. So, jetzt noch mal ganz genau so beschrieben, wie wir es auch erfahren haben und es Herr Korschewsky schon gesagt hat. Dann ist es doch eine logische Konsequenz, dass wir, die wir für den Sport stehen und für ein Sportland Thüringen einstehen, natürlich auch die entsprechenden Konsequenzen ziehen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das haben wir gemacht. In diesen drei eng umgrenzten Fällen müssen wir daher von den neuen Gesetzesbestimmungen abweichen und einen weiteren Interessenausgleich zwischen dem Sport und den Kommunen vornehmen. Genau dieses tun wir mit dem heute in zweiter Lesung beratenen Gesetzentwurf. Und – es ist schon gesagt worden, selbst Sie, Herr Höcke, haben es zugestanden – diese Änderung ist mit Unterstützung des Landessportbundes und der Sportfachverbände im Anhörungsverfahren noch mal leicht verändert worden. Dann haben wir es eben entsprechend vorgelegt.

Nun hält diese Novelle ganz genau das fest, was Koalitionsfraktionen von Anfang an gewollt haben, nämlich dass das Land die für die Spezialgymnasien und für den Übungsbetrieb im Nachwuchsleistungssport anfallenden Nutzungsentgelte natürlich selbst trägt. Diese Diskussion hätten Sie im Übrigen auch mitverfolgen können, denn diese Diskussion hatten wir in Anhörungen, in den Ausschüssen. Ich kann mich sogar noch entsinnen – Herr Korschewsky, Herr Kobelt, Sie müssen mir jetzt noch mal helfen –, wir waren bei einer gemeinsamen Veranstaltung, ich glaube, es war in Oberhof, wo die sportpolitischen Sprecher – auch Sie – mit dabei gewesen sind. Auch dort wurde das Thema mit angesprochen. Insofern war uns immer klar, dass wir möglicherweise auch noch mal in bestimmten Bereichen nacharbeiten müssen.

Im Übrigen, auch das ist schon angesprochen worden: Auch für diese Situation, über die wir jetzt hier und heute entscheiden, haben wir im Landeshaushalt 2020 entsprechende Vorsorge getroffen. Da ist es ein guter Umstand, dass Bildung und Sport in einem Ministerium beheimatet sind und wir deshalb auch die Möglichkeit haben, im entsprechenden Haushalt dafür Sorge zu tragen.

Natürlich, Herr Grob, gebe ich Ihnen und den Vorrednern recht, die darauf hingewiesen haben, dass wir auf die Richtlinie warten, gar keine Frage. Die detaillierte Ausarbeitung dessen, was dann auch für kleine Vereine ganz wichtig ist, soll in einer Richtlinie weiter festgelegt werden. Darüber haben wir uns auch immer verständigt. Und, liebe Kollegen von der CDU, werter Kollege und Sportsfreund Grob, wir haben das auch immer mit der CDU gemeinsam besprochen, auch schon im Vorfeld. Sie wissen ganz genau, was wir auch alles an gemeinsamen Überlegungen hatten, was in diese Richtlinie mit hineinkommen soll. Darauf warten wir jetzt.

Der Verabschiedung unserer überschaubaren Korrektur des neuen Sportfördergesetzes steht daher aus unserer Sicht nichts im Weg. Die Koalitionsfraktionen haben darauf Wert gelegt, bei diesen

drei Spezialfällen ein weiteres Mal die Interessen des Sports

Sie kommen bitte zum Schluss, Frau Abgeordnete.

in fairer Weise zu berücksichtigen. Ich wünsche mir auch in Zukunft

Frau Abgeordnete!

allerletzter Satz –, dass Thüringen ein Sportland bleibt. Ich wünsche dem Sport insgesamt und allen, die damit zu tun haben, alles Gute und in diesem Sinne das Beste für die sportliche Entwicklung in diesem Land, auch mit diesem Gesetz. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Es spricht jetzt zu uns Abgeordneter Kobelt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Kollegin Birgit Pelke und mein Kollege Knut Korschewsky haben die Änderungen des Gesetzentwurfs schon ausführlich erläutert. Das möchte ich nicht noch mal wiederholen. Ich möchte aber gern auf zwei, drei Fragen eingehen, die jetzt noch im Raum stehen geblieben sind.

Herr Grob, zu Ihren Bemerkungen: Sie haben immer gesagt, wir haben jetzt wieder Ausnahmen von dem Gesetz organisiert oder es gibt doch Ausnahmen. Und so ein bisschen unterschwellig kam: Das ist ja Wortbruch, das haben Sie anders versprochen. Ich glaube, Sie haben es nicht richtig verstanden oder haben es nicht so deutlich gesagt, wie es in Wirklichkeit ist.

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Sagen Sie doch nicht immer, dass wir es nicht verste- hen, nur weil wir anderer Meinung sind!)

(Abg. Pelke)

Na ja, eine Meinung kann ja jeder haben, aber es ist ein geschriebenes Gesetz. Das sind erst einmal Fakten. Das kann ich gern noch mal erläutern, Frau Tasch.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Ja, aber nicht richtig verstanden!)

Und zwar geht es darum: Die unentgeltliche Nutzung wird nicht aufgehoben, sondern dem Sport fließen zusätzliche Geldmittel zu. Ich glaube, diese Grundidee ist noch nicht so richtig verstanden worden, denn es gibt gerade jetzt die Möglichkeit, über die Spezialgymnasien zusätzliche Landesgelder in das Sportsystem und letztendlich dann auch für Investitionen in die Sportstätten an die Kommunen zu geben. Am Beispiel Erfurt, an der Schwimmhalle, und in Jena-Wöllnitz wird das ganz deutlich. Das ist doch gerade für den Sport eine sehr große Chance. Deswegen verstehe ich auch nicht, warum Sie da etwas gegen diese Änderung haben oder Ihnen diese auch nicht ausreichend ist.

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Da haben Sie wieder nicht zugehört! Sie drehen immer die Worte um!)

Nein, nein, Sie haben das ja auch damit begründet, dass es Ausnahmen gibt und diese dann von Ihnen nicht unterstützt werden. Das stimmt einfach nicht, Herr Grob.

Eins möchte ich noch mal ganz klar feststellen: Durch die erneute Änderung dieses Sportfördergesetzes wird kein Sportverein schlechtergestellt als vorher. Ich glaube, das ist die wichtige Aussage. Deswegen haben wir uns auch dazu entschlossen, das hier so vorzuschlagen und jetzt auch so zu beschließen.

Der zweite Punkt, der angesprochen wurde, waren die Universitäten, die Friedrich-Schiller-Universität. Das hat Herr Höcke von der AfD angesprochen. Natürlich kann es jetzt sein, dass die Universitäten an die Sportstätten, die sie intensiv nutzen, eine Gebühr bezahlen. Aber das ist ja nicht das Gegenteil zu dem Gesetz, sondern es entspricht dem Gesetz, weil wir ja die Kommunen entlasten wollen. Soweit ich noch weiß, sind die Friedrich-SchillerUniversität oder andere Hochschulen Landeseinrichtungen, die vom Land finanziert werden. Jetzt kann das Land doch zusätzliche Mittel über ihre Hochschule zur Verfügung stellen und dann die Sportstätten der Kommunen stärker unterstützen.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Warum machen es dann die Kommunen nicht?)

Das wäre doch im Sinne des Sports, weil mehr Geld in das System fließt.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Können wir mal hochrechnen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die anderen Fragen, in denen es um Höhen und um Verteilung ging, sind in einem Gesetz wirklich schwierig zu regeln. Wir haben am Anfang auch mal geprüft, ob wir das machen können oder sollen. Man könnte jetzt reinschreiben: 1 Euro pro Einwohner für einen Landkreis und für eine Gemeinde auch noch mal 1 Euro. Aber das hat den Nachteil, wenn sich daran etwas ändert und wir schreiben das ins Gesetz rein, dass das Gesetz ständig wieder angefasst werden muss. Ich habe auch gelernt – ich bin ja kein Jurist –, dass das Gesetz einen Rahmen vorgibt, einen politischen Willen ausdrückt, und die einzelnen Finanzierungsregelungen, wie viel jetzt jede Gemeinde erstattet bekommt, werden dann in einer Rechtsverordnung festgelegt, wo sie, ich glaube, auch gut aufgehoben sind, aber darüber sprechen wir heute nicht, weil die Rechtsverordnung vom Ministerium erstellt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte noch mal betonen, dass auch diese Änderung ein letzter Schritt in der Legislatur ist, die jetzt zu Ende geht, in der wir als SPD, Linke und Grüne sehr viel für den Sport getan haben, investiert haben. Es gab keine Legislaturperiode und kein Jahr, wo so viel Geld in kommunale und andere Sportstätten geflossen ist. Es sind in der Summe jedes Jahr über 20 Millionen Euro gewesen. Wir haben uns das noch mal genau angeschaut, das gab es in den letzten Jahren nicht. Wir stehen dazu, dass der Sport gut finanziert ist.

Zusätzlich kommen noch die 5 Millionen Euro dazu, das vergessen Sie nämlich immer, wenn Sie von Ungerechtigkeiten usw. sprechen. Sie vergessen, dass es vorher überhaupt keine Gelder für den Ersatz dieser Entgelte gab. Wir haben jetzt als rot-rotgrüne Koalition 5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Diese fließen in die Kommunen und nicht alle Kommunen haben auch so viele Kosten gehabt. Das wissen Sie doch auch ganz genau. Wenn Sie mal mit den Kommunen, mit den Sportverbänden sprechen, wissen Sie auch, dass die Mittel großzügig ausgelegt sind.

Wenn man es jetzt noch mal auf den Punkt bringt und zu Ihren Fragen zu den Schwimmhallen kommt, dann könnte man auch so weit gehen und könnte sagen: Die Kommunen wären auch in der Lage, von diesen finanziellen Mitteln die Beitragsfreiheit für ihre Vereine in den Schwimmbädern abzusichern. Aber da haben wir gesagt: Das sind spezielle Sportstätten, das sollen sie selbst entscheiden, aber die Finanzausstattung ist aus unserer Sicht dafür da. Jetzt liegt es an den Kommunen –

wenn die Förderrichtlinie, die Rechtsverordnung da ist –, das zu entscheiden.

Ich habe zum Beispiel schon gehört, die Stadt Gera – das ist ja nun nicht die reichste Kommune – hat prinzipiell beschlossen, obwohl es ihr finanziell nicht so gut geht, dass sie alle Mittel, die sie vom Land zugeteilt bekommt – egal wie die Schlüssel jetzt sind, da geht es noch nicht um die Höhe –, eins zu eins den Sportvereinen und dem System Sport übergeben und nicht in den normalen Haushalt aufnehmen will. Und das finde ich, meine sehr geehrten Damen und Herren, vorbildlich von der Stadt Gera.

(Beifall DIE LINKE)

Das zeigt auch: Wenn sich das eine Kommune leisten kann, der es wirklich nicht besonders gut geht, dann ist das, glaube ich, auch ein Zeichen für andere Kommunen und Landkreise. Was ich so gehört habe, tendieren viele in die Richtung, auch bei den Schwimmhallen eine Regelung großzügig auszulegen.

Ich freue mich darüber, dass der Sport in Thüringen vorangebracht wurde. Dass sich so viele Menschen engagieren, dafür möchte ich noch mal meinen herzlichen Dank sagen. Endlich haben wir auch diese Gerechtigkeitslücke geschlossen, dass für alle Sportlerinnen und Sportler in Thüringen klar ist, sie müssen für ihre Sportstätten nichts mehr bezahlen. Darauf können wir auch, glaube ich, nach 20 Jahren Nichtstun von der CDU-geführten Regierung stolz sein, dass wir das jetzt geschafft haben. Vielen Dank. Ich bitte um Zustimmung.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)