Protokoll der Sitzung vom 26.09.2019

(Beifall SPD)

Natürlich gehört dazu auch – Herr Primas, das wollen wir doch auch mal am Beispiel auf den Punkt bringen –, dass zum Beispiel, um bestimmte Trophäengruppen in den Wäldern anzusiedeln oder zu stärken, natürlich in bestimmten Bereichen angefüttert wird. Das wissen Sie doch ganz genau. Da müssen Sie auch nicht drum herumreden. Da sagen wir als Grüne: Das darf in Zeiten, wo der Wald auch geschädigt wird, so nicht mehr stattfinden. Wenn man sich mal genauer anschaut, heißt es aber in der Gesetzesregelung nur – und das können Sie auch nicht bestreiten –, dass eine Fütterungspflicht wegfällt. Was heißt denn das dann in

(Abg. Möller)

der Umsetzung? Wenn ein Jagdpächter oder ein Jäger erkennt, dass zum Beispiel im Winter eine Notsituation eintritt, dann kann er natürlich weiterhin füttern und in dieser Notsituation handeln. Aber er wird nicht dazu gezwungen, dass das zum Beispiel in Zeiten, wo dies nicht nötig ist, durch eine starre Fütterungspflicht erzwungen wird. Das ist doch eine praktikable und sehr gute Regel, finden wir.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt noch zwei andere Regelungen, die wir in der Debatte noch nicht angesprochen haben. Die betreffen auch das Jagen und das Abschießen von Hunden und Katzen. Ich war ganz erstaunt, man denkt ja dann, dass sich die Besitzer von Katzen oder Haustieren bei uns melden und sagen: Mensch, das finden wir gut, dass das jetzt strenger geregelt wird. Aber nein, es haben sich viele Jäger gemeldet. Und die haben gesagt, sie sind richtig froh, dass jetzt ihr Jagdhund nicht mehr so einfach abgeschossen werden kann. Denn jetzt bedarf es strengerer Regeln, es muss nachgewiesen werden, dass es eine mehrfache Wilderung gibt.

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Das ist doch Quatsch!)

Es muss ein Antrag gestellt werden. Und das sind strengere Regeln, womit wir einerseits für den Tierschutz eintreten, aber auch die Jäger dafür unterstützen, dass ihre Jagdhunde nicht zum Beispiel von anderen erschossen werden.

Der nächste Punkt, den ich noch erwähnen möchte, ist bleihaltiges Schrot. Sie von der AfD und der CDU haben ja beide eine Tendenz dazu, das so ein bisschen ins Marginale und ins Lächerliche zu ziehen: Das bisschen Blei, das dort verschossen wird, das hat ja keine Auswirkungen. Wir haben uns deswegen mal ein paar Studien vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit angeschaut. Die haben die Bleimunition und die Auswirkungen seit 1990 über einen recht langen Zeitraum untersucht und sind selbst noch in den Jahren 2007 und 2010 bei verschiedenen Stichproben zu dem Ergebnis gekommen, dass bleihaltige Munition dazu führt, dass zum Beispiel beim Wildschwein die Bleikonzentration nach dem Abschuss in bestimmten Bereichen stark steigt und dass das die zulässige Menge, die man als Konsument essen darf, um das Zigfache der zugelassenen Werte übersteigt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich jetzt ein Verbraucher bin und kaufe mir ein Stückchen Wildschwein, dann möchte ich nicht hingehen und untersuchen: Gab es da einen Einschuss, mit welcher Munition wurde das geschossen, muss ich das Stückchen rausschneiden, wie weit muss ich

das rausschneiden? Ich glaube, da überlasten wir die Verbraucherinnen und Verbraucher. Im Übrigen gibt es noch eine weitere Empfehlung und die hieß jahrelang und ist auch noch die Empfehlung, dass zum Beispiel aufgrund der bleihaltigen Munition Kleinkindern kein Wildfleisch zu essen gegeben werden sollte, gerade aus diesen Gründen, weil das Risiko dann doch in bestimmten Fällen sehr groß ist, dass das tatsächlich zu einer Schädigung der Gesundheit führt. Das müssen Sie doch jetzt als jagdbegeisterte CDU-Fraktion, sage ich mal, oder Herr Primas, auch zugeben. Wie kann es uns besser gehen, als wenn wir für unser Wildfleisch und für unser Wildschweinfleisch werben können und das jeder Verbraucher unbelastet mit gutem Gewissen essen kann? Wenn das in Thüringen ein Qualitätsmerkmal ist, müsste das doch auch in Ihrem Interesse sein! Dafür stehen wir auch, dass wir bleihaltiges Schrot verbieten wollen.

Herr Abgeordneter Kobelt, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrgott?

Ja, natürlich.

Lieber Herr Kobelt, wie viele Wildschweine werden denn in Thüringen mit bleihaltigem Schrot erlegt?

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Massig, weil der Schrot streut!)

Das ist natürlich statistisch nicht so einfach zu erfassen.

Kein Einziges, weil es verboten ist, mit Schrot auf Wildschweine zu schießen! Also bitte mal ein bisschen mehr Sachverstand! Kein Einziges!

(Beifall und Heiterkeit CDU)

Herr Abgeordneter.

(Abg. Kobelt)

Es geht ja um die Verwendung von bleihaltiger Munition, wo es untersucht wird, und natürlich trifft das auch für alle anderen Tierarten zu. Sie finden das vielleicht lustig, aber ich glaube, es gibt viele Menschen, die das interessiert, was sie essen wollen.

(Zwischenruf Abg. Herrgott, CDU: Es ist nicht lustig!)

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat doch so eine lange Studie nicht aus lauter Spaß gemacht und um Sie in Ihrer Argumentation zu ärgern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, insgesamt finden wir auch schon den Gesetzentwurf der Landesregierung gelungen. Wir haben als Koalition noch ein paar wenige Änderungen eingefügt. Wir denken, das ist eine gute Gelegenheit gewesen, in der Legislatur auch das Jagdgesetz zu verbessern. Wir begrüßen es als Bündnis 90/Die Grünen und bitten um Zustimmung. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt eine weitere Wortmeldung aus den Reihen der Abgeordneten. Herr Abgeordneter Kummer! Sie haben noch 1 Minute und 30 Sekunden.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich möchte noch mal zu Herrn Möller kommen. Es wäre mir lieb, wenn Sie, anstatt Kollegen zu beleidigen, etwas zum Thema gesagt hätten, wo ich Sie vorhin noch gefragt habe.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Ich habe kei- nen beleidigt!)

Sie haben gesagt, das Jagdgesetz würde dazu dienen, das Wild quasi zu eliminieren. Es ist ein Gesetz, was Wald und Wild nebeneinanderstellt und nicht sagt, Wald ohne Wild.

Es sind vorhin von Egon Primas zwei Stellen kritisiert worden. Die Abschaffung der Fütterungspflicht – bei dem Punkt muss man einfach feststellen: Wenn Waldumbau funktioniert hat, dann habe ich einen Jungbestand, dann habe ich so viel Äsung im Wald, da brauche ich nicht füttern, auch nicht in Notzeiten. Da geht das Wild auch nicht mehr raus. Das ist das eigentliche Ziel, was wir erreichen wollen. Dort muss ich nicht mehr füttern. Warum soll ich dort eine Fütterungspflicht aufrechterhalten? Es sagt auch keiner, dass der Jäger dort, wo er die

Notwendigkeit sieht, in der Notzeit nicht es weiterhin füttern darf. Die zweite Geschichte, Muffelwild: Ich glaube nicht, dass wir hier eine Aufgabe haben, das Muffelwild zu erhalten. Muffelwild kommt in Korsika und Sardinien heimisch vor, in offenen, felsigen Landschaften, es braucht einen trockenen Boden. Wenn ich das in eine feuchte Gegend aussetze, holt es sich die Moderhinke und geht elendig daran kaputt. Von der Warte her zu überlegen, wo man Muffelwild aussetzt, ist durchaus eine sinnvolle Geschichte.

Als Letztes will ich noch sagen: Herr Möller, Sie haben beim Forstforum gesagt, Waldumbau geht mit Ihnen nicht mit der Kugel

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Genau!)

und Waldumbau sollte mit Einzäunen realisiert werden.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Auch!)

Wissen Sie, wie viel Lebensraum dem Wild noch bleibt, wenn man sich die Schäden draußen ansieht und wenn man Waldumbau

Herr Abgeordneter …

mit vielen Baumarten hinkriegen will, wenn Sie alles einzäunen wollen? Sie nehmen dem Wild den Lebensraum. So eine Jagdpolitik brauchen wir nicht! Danke.

Es gibt eine weitere Wortmeldung des Abgeordneten Möller, Fraktion der AfD.

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: Die- ser Vogel hat immer das letzte Wort!)

Eine vernünftige, ausgewogene Jagdpolitik, Herr Kummer, die setzt nicht auf die Kugel, die setzt auch auf Schutzmaßnahmen. Das habe ich gesagt. Natürlich gehört auch ein entsprechender angepasster Wildbestand dazu. Aber die Tendenz, die Sie mit Ihrem Gesetzentwurf aufgemacht haben, mit Mindestabschussplänen, dem Entfallen der Fütterungspflicht in Notzeiten, es ist doch ganz klar, worauf das hinauslaufen soll: Das Wild, das auch die neuen Bäume verbeißt, Schälschäden verursacht, soll weg. Da sind Sie genau in der Tendenz drin, die Sie bereits in anderen Bundesländern haben. Dann schauen Sie sich einfach mal in den an

deren Bundesländern um, was dort geschieht. Das hat mit waidgerechter Jagd nicht mehr viel zu tun. Da geht es darum, den Wald wildfrei zu bekommen, damit die Bäume schön wachsen, damit man sie entsprechend vermarkten kann. Das ist aus unserer Sicht nicht fachgerecht, nicht sachgerecht.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Stilllegen wollen Sie ihn!)

Ja, stilllegen. Das kommt dann auch noch dazu, richtig.

(Beifall AfD)

Es gibt eine weitere Wortmeldung aus den Reihen der Fraktion der CDU. Herr Abgeordneter Herrgott, Sie haben das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mich hat es noch mal nach vorne getrieben, weil die Zwischenfrage, die ich vorhin gestellt habe, viel über das aussagt, was wir im Ausschuss zu Fachlichkeit und fundierten wissenschaftlichen Dingen mehrfach beraten haben.

(Beifall CDU)

Wenn sich dann bestimmte Personen fachfremd – was ich ja jedem zugestehen möchte – hier vorn hinstellen und blanken Unsinn erzählen, dann gibt es das Bild wieder, was wir im Ausschuss teilweise hatten, wenn eben die Blinden versuchen, von der Farbe zu sprechen. Wir als CDU wollen das nicht.

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: Keine Diskriminierung!)

Wir sind für eine fundierte Änderung des Jagdgesetzes. Es gibt viele Punkte, die angepasst werden können. Aber es gibt eine ganze Reihe von Punkten – mit unserem Änderungsantrag zollen wir dem Rechnung –, dass man die Wissenschaft und auch die jagdliche Praxis nicht außer Acht lassen kann. Deswegen werbe ich noch mal für unseren Antrag.

In dem Bewusstsein, dass diejenigen, die hier vorn gerade das Beste zum Besten gegeben haben, diesem Antrag wahrscheinlich nicht zustimmen werden, sei Ihnen gesagt: Wir sind in der vorletzten Sitzung oder vorvorletzten Sitzung des Parlaments. Wenn dieser Antrag, der hier zur Änderung des Jagdgesetzes vorgelegt wurde, heute so beschlossen wird, dann werden wir an einer Änderung des Jagdgesetzes in der kommenden Legislatur leider nicht vorbeikommen, weil wir Dinge wieder zurückdrehen und abändern müssen, die hier heute ohne