Haben jetzt alle Gelegenheit zur Stimmabgabe gehabt? Ich denke, alle haben Gelegenheit zur Stimmabgabe gehabt. Ich schließe damit den Wahlvorgang und bitte um Auszählung der Stimmen.
Wir haben ein Ergebnis: abgegebene Stimmzettel 85, gültige Stimmzettel 85. Auf den Wahlvorschlag der AfD entfielen 31 Jastimmen, 49 Neinstimmen, 5 Enthaltungen. Damit ist die Zweidrittelmehrheit nicht erreicht.
Thüringer Gesetz zur Änderung sozialrechtlicher Vorschriften im Bereich des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/670 ERSTE und ZWEITE BERATUNG
Ich frage: wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Frau Ministerin Werner? Das ist nicht der Fall. Der Landtag war ja übereingekommen, dass wir auch in zweiter Beratung sprechen. Damit eröffne ich auch die Aussprache in zweiter Beratung. Hier hat auch niemand das Wort gewünscht, sodass wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 6/670 in zweiter Beratung kommen.
Wer ist für den Gesetzentwurf? Den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Vielen Dank. Gegenstimmen? Enthaltungen? Bei einigen wenigen Enthaltungen ist dieser Gesetzentwurf angenommen.
Ich bitte dann noch mal bei der Schlussabstimmung diejenigen, die für diesen Gesetzentwurf sind, jetzt aufzustehen. Vielen Dank. Wer dagegen ist, den bitte ich jetzt, sich zu erheben. Wer sich enthalten möchte, der kann sich jetzt erheben. Vielen Dank. Das ist damit einstimmig angenommen worden.
Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen und des Thüringer Landeswahlgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/684 ERSTE BERATUNG
Drittes Gesetz zur Änderung des Thüringer Kommunalwahlgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/685 ERSTE BERATUNG
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, mit den vorliegenden Gesetzentwürfen der Landesregierung sollen wichtige Ziele aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt werden. Mit Blick auf das Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen und des Thüringer Landeswahlgesetzes enthält dieses zwei maßgebliche Punkte. Zum einen soll das Wahlalter für die Landtagswahlen von 18 auf 16 Jahre abgesenkt werden. Hierfür ist nicht nur eine Änderung des Landeswahlgesetzes, sondern auch eine Verfassungsänderung notwendig.
Zum anderen sollen die landesverfassungsrechtlichen Voraussetzungen für ein Wahlrecht für in Thüringen lebende Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit geschaffen werden, …
Herr Staatssekretär, ich bitte noch mal um Unterbrechung. Meine Damen und Herren, ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit für Herrn Staatssekretär Götze. Dann können Sie auch fortfahren.
Lassen Sie mich nach diesen grundsätzlichen Bemerkungen nun auf das Gesetz selbst eingehen. Mitwirken und mitentscheiden im Kleinen wie im Großen, das ist die Grundlage unserer Demokratie und der Ausdruck gelebter bürgerlicher Freiheit. Der Zusammenhalt unserer Gesellschaft hängt heute, aber auch in Zukunft maßgeblich vom Engagement der Bürgerinnen und Bürger ab.
Damit steht die Politik vor einer besonderen Herausforderung. Sie muss für geeignete Rahmenbedingungen sorgen, damit möglichst viele Menschen die Gelegenheit haben, ihre Potenziale zur politischen Teilnahme zu entfalten und sich in politischen Diskussionen einzubringen. Die Landesregierung nimmt mit dem vorgelegten Gesetzentwurf ihre gesellschaftspolitische Verantwortung gerade gegenüber der jüngeren Generation wahr, denn in Thüringen setzen sich bis heute viele junge Menschen für das Gemeinwohl ein und machen sich stark dafür.
Partizipation und Mitwirkung in allen gesellschaftlichen Bereichen ist für viele Jugendliche heute selbstverständlich. Dieses gewandelte Selbstverständnis vieler Jugendlicher im Hinblick auf gesellschaftliche Mitgestaltung muss – so auch die Auffassung dieser Landesregierung – auch im Wahlrecht seinen adäquaten Niederschlag finden. Viele Jugendliche zeichnen sich durch hohe Bereitschaft
zum Engagement aus und sind zivilgesellschaftlich und bürgerschaftlich engagiert. Sie zeigen durch die Mitarbeit in Jugendverbänden, Vereinen, Initiativen und anderen Beteiligungsformen Einsatzbereitschaft und Interesse an der Gestaltung unseres demokratischen Gemeinwesens.
Nach Auffassung der Landesregierung besteht kein Zweifel, dass Jugendliche hinsichtlich ihrer sozialen Kompetenz, ihrer Reife und ihrer intellektuellen Urteilsfähigkeit heute früher als mit 18 Jahren politisch entscheidungsfähig sind. Damit steht sie nicht allein. Neben Soziologen und Politikwissenschaftlern ziehen auch führende Juristen wie der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, die Konsequenz, dass 16-Jährige heute Wahlentscheidungen treffen können. In den Ländern Brandenburg und Schleswig-Holstein sowie in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen ist die Absenkung des Wahlalters auf Landesebene von 18 auf 16 Jahre bereits heute eingeführt und wird dort in der Praxis gelebt.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, junge Menschen engagieren sich vor allem dann, wenn sie in ihrem Umfeld und ihrer Region durch den politischen Gegenstand betroffen sind und die Möglichkeit zur politischen Mitwirkung haben. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: 16- und 17-Jährige sind von der Landespolitik stark betroffen. Das liegt klar auf der Hand, die Schulpolitik beispielsweise ist Ländersache und betrifft Jugendliche am stärksten. Bildung spielt im Entwicklungsprozess junger Menschen eine zentrale Rolle. Es liegt nahe, diesen deshalb ein Mitwirkungsrecht zuzusprechen. Die Herabsetzung des Wahlalters auf die Vollendung des 16. Lebensjahrs ist ein Angebot an Jugendliche, frühzeitig an politischen Entscheidungen, deren Reichweite sie unmittelbar übersehen und erfahren können, teilzuhaben. Mit dem aktiven Wahlrecht erhalten sie die Möglichkeit, direkt auf die Politik Einfluss zu nehmen.
Natürlich ist der Landesregierung bewusst, dass der vorliegende Gesetzentwurf wegen der darin enthaltenen Verfassungsänderung einer Zweidrittelmehrheit bedarf. Ich bin aber zuversichtlich, dass sich auch die Abgeordneten der Oppositionsfraktionen den sich ändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und den heutigen Erwartungen von Jugendlichen nicht verschließen und diesen Gesetzentwurf unterstützen werden, soll doch die Thüringer Verfassung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf bereits in der Gegenwart für künftige Entwicklungen und normative Vorgaben auf Ebene der Europäischen Union geöffnet werden, etwa wenn der europäische Gesetzgeber die Einführung eines Wahlrechts für Unionsbürger zu den nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten einführen sollte.
Anders als für das aktive und passive Wahlrecht von EU-Bürgern für Kommunalwahlen, das durch Artikel 28 Abs. 1 Satz 3 Grundgesetz ausdrücklich erlaubt wird, fehlt es bisher an einer entsprechenden verfassungsrechtlichen und unionsrechtlichen Vorgabe für die Einführung eines entsprechenden Wahlrechts für die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten. Mit dieser Anpassung der Verfassung würde Thüringens Verfassung ein Alleinstellungsmerkmal erhalten, da andere Landesverfassungen eine solche Regelung bisher nicht vorsehen.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich noch einige Ausführungen zum Dritten Gesetz zur Änderung des Thüringer Kommunalwahlgesetzes vornehmen. Auch hier nimmt die Landesregierung ihre gesellschaftspolitische Verantwortung gerade gegenüber der jüngeren Generation wahr. Im Zeitalter veränderter Lebenssituationen von Jugendlichen ist es außerordentlich wichtig, die sich neu ergebende Themenvielfalt in die politischen Entscheidungsprozesse aufzunehmen und die ohnehin bestehende Selbstverständlichkeit einer frühzeitigen Mitwirkung junger Menschen gesetzlich zu verankern.
In Thüringen setzen sich bereits heute viele junge Menschen für das Gemeinwesen ein und machen sich besonders stark dafür. Sie sind in Kirchgemeinden, Vereinen, Verbänden und Parteien eingebunden und übernehmen ehrenamtliche Aufgaben. Junge Menschen engagieren sich dabei vor allem dann, wenn sie die Möglichkeit haben, sich aktiv einzubringen, also in ihrem privaten Umfeld, ihrer Region, ihrer Heimatgemeinde oder im kommunalen Bereich. Sie sind dabei zu noch mehr Engagement bereit, wenn ihre Interessen und Anliegen ernst genommen werden.
Dies will die Landesregierung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf aufgreifen und entsprechende Mitwirkungsmöglichkeiten für die jungen Menschen schaffen. Insofern begrüßt die Landesregierung zivil- und bürgerschaftliches Engagement der Jugendlichen, das bei der Gestaltung unseres demokratischen Gemeinwesens ausdrücklich erwünscht ist. Es gilt, auch in Thüringen das politische Interesse der Heranwachsenden auszubauen und ihnen eine frühe Orientierung mit auf den Weg zu kompetenten politischen Entscheidungen als Bürgerinnen und Bürger zu geben. Die Landesregierung hat sich daher zum Ziel gesetzt, die Mitbestimmungsrechte von Jugendlichen bei der politischen Willensbildung vor Ort zu stärken. Eine der elementarsten Formen der Mitgestaltung und Mitbestimmung ist dabei das Wahl- und Abstimmungsrecht auf kommunaler Ebene. Ich betone: Demokratie ist ohne Wahlen und Abstimmungen nicht denkbar.
Sehr geehrte Damen und Herren, die regierungstragenden Parteien haben daher in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, das aktive Wahlalter bei Kom
munalwahlen von der Vollendung des 18. Lebensjahrs auf die Vollendung des 16. Lebensjahrs herabzusetzen. Jugendliche erhalten damit künftig die Möglichkeit, bei allen Kommunalwahlen wählen zu können. Das umfasst neben den Gemeinderatsund Bürgermeisterwahlen die Ortschafts- und Ortsteilratswahlen und die Kreistags- und Landratswahlen. Sie können möglichst früh an politischen Entscheidungen teilhaben, deren Reichweite sie übersehen und unmittelbar erfahren können.
Natürlich ist sich die Landesregierung in diesem Zusammenhang bewusst, dass darüber diskutiert werden kann, was das geeignete Wahlalter ist. Dies wird sicherlich auch noch Gegenstand der weiteren parlamentarischen Debatte sein. Die Landesregierung ist jedenfalls der Auffassung, dass 16- und 17-Jährige in Thüringen verantwortlich von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen können. Eine zwingende Verknüpfung zwischen dem aktiven Wahlrecht auf kommunaler Ebene mit der Volljährigkeit im privat- und strafrechtlichen Sinn gibt es nicht. Die Erfahrungen in den anderen Bundesländern zeigen auch hier, dass Jugendliche bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahrs politisch entscheidungsfähig sind und ihr aktives Wahlrecht verantwortlich wahrnehmen. So hat mittlerweile die Mehrheit der Flächenbundesländer das Wahlrecht ab Vollendung des 16. Lebensjahrs eingeführt. Darüber hinaus besteht es in Berlin für die Wahl der Bezirksverordnetenversammlung, in Bremen für die Wahl der Ortsbeiräte sowie in Hamburg für die Wahl der Bezirksversammlung. Gründe, warum gerade Jugendliche in Thüringen nicht über die erforderliche Reife und das Allgemeinwissen verfügen sollen, sehe ich ausdrücklich nicht. Bei den nächsten Kommunalwahlen werden damit etwa 30.500 jugendliche Erstwähler aktiv wahlberechtigt sein.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Landesregierung will die Beteiligung von Jugendlichen aber nicht nur auf das aktive Wahlrecht beschränken. Denn bürgerschaftliches Engagement erschöpft sich nicht auf die Stimmabgabe an einem Wahltag. Jugendliche sollen abgesehen vom passiven Wahlrecht auch die Bürgerrechte nach der Thüringer Kommunalordnung erhalten. Mit der Herabsetzung des aktiven Wahlrechts auf die Vollendung des 16. Lebensjahrs verbunden ist der Erwerb des Bürgerrechts nach der Thüringer Kommunalordnung. Die Jugendlichen werden damit den volljährigen Bürgerinnen und Bürgern mit allen Rechten und Pflichten gleichgestellt. So wird den 16und 17-Jährigen beispielsweise auch der Zugang zur Teilnahme an Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden eröffnet. Das heißt, sie können Bürgerbegehren unterzeichnen oder bei einem Bürgerentscheid abstimmen. Die Jugendlichen erhalten damit vielfältige Möglichkeiten, am politischen Geschehen in ihrer Gemeinde teilzunehmen, sich zu engagie
ren und Demokratie zu erleben. Das Interesse der Jugendlichen am demokratischen System und die Identifikation mit diesem und seinen Grundwerten werden hierdurch gefördert. Gleichzeitig rücken Themen, die Jugendliche besonders bewegen, stärker in den Blickpunkt der politischen Auseinandersetzung. Anliegen des Gesetzentwurfs ist es, jungen Menschen frühzeitig den Weg zur Übernahme politischer Verantwortung aufzuzeigen und diese zu beteiligen. Sicherlich sind Schule und Elternhaus hier genauso gefordert, Interesse, Verständnis und Engagement für demokratische Entscheidungsprozesse zu wecken. Wer aber als Jugendlicher erfährt, dass seine Stimme vor Ort tatsächlich etwas zählt, bringt sich auch eher in die Kommune ein.
Die Stärkung der Demokratie vor Ort ist daher ein wichtiger, ja sogar notwendiger Schritt, um zu mehr Identifikation, zu mehr Interesse und zu mehr Bürgerbeteiligung vor Ort bei jungen Menschen zu kommen. Gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sind wir gut beraten, die Stimme von Jugendlichen frühzeitig zu hören. Unsere Gesellschaft wird immer älter und es gibt immer weniger junge Menschen, die in Zukunft über wichtige Fragen unseres Gemeinwesens zu entscheiden haben. Es ist daher höchste Zeit, ihnen frühzeitig die Möglichkeit zu geben, nicht nur mitzuwirken, sondern auch aktiv mitzuentscheiden. In diesem Sinne bitte ich Sie um eine offene und konstruktive Diskussion in den anstehenden parlamentarischen Beratungen und an deren Ende um eine Zustimmung zu dem vorgelegten Gesetzentwurf. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich eröffne damit die gemeinsame Aussprache. Für die CDU-Fraktion hat sich Abgeordneter Kellner gemeldet.
(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Nachwuchsabteilung der CDU. Nicht mehr ganz jung, aber immer noch Talent!)
Ich finde, wir reden hier über junge Leute, da wäre es auch gut, wenn man einem älteren Kollegen zuhört.
Vielen Dank, Herr Präsident, der sich auch mit den jungen Leuten auskennt, ich habe nämlich zwei Söhne und da weiß ich dann genau, wie letztendlich auch junge Leute denken und was sie davon halten, gerade von diesem Gesetzentwurf, der heute eingebracht wird. Es ist auch nichts Neues, das hatten wir alles schon mal. In der letzten Legislatur war das schon mal Thema gewesen. Man macht es wieder, ungeachtet dessen, dass es ein Großteil der Bürger nicht haben will.
Das ist das zweite Mal in diesem Plenum, dass der Bürgerwille hier nicht akzeptiert wird. Wir haben das Landeserziehungsgeld gehabt – auch da hat man sich darüber hinweggesetzt,