Ein zweites dazugehöriges Thema, was an Haushaltsrisiken einzupreisen ist, ist der Länderfinanzausgleich. Der ist gestern verhandelt worden. Gestern hätte es Entscheidungen geben sollen, damit wir Planungssicherheit für die Haushalte nach 2019 haben. Aber rückwärts hat es eine große Auswirkung auch auf den Doppelhaushalt 2016/2017 und 2018/2019. Es gab gestern keine Einigkeit, wie der Länderfinanzausgleich geregelt werden soll, weil die westdeutschen Länder der Meinung sind, der Soli könnte einfach entfallen und das Volumen, das derzeit aus dem Soli entsteht, das sind 14 Milliarden, kassiert der Bund allein. Diese 14 Milliarden werden nicht zur Verfügung gestellt, wie sie bisher adressiert waren für strukturbenachteiligte Regionen. Da will Herr Schäuble mit 8,5 Milliarden alle Länder, alle über alle gleichschalten und runterziehen. Das Problem ist, dass dabei Bayern 1 Milliarde mehr haben will, weil sie sagen, dass sie Zahlerland sind, wir möchten 1 Milliarde behalten. Und Nordrhein-Westfalen sagt, dass sie den Umsatzsteuervorwegabzug weghaben möchten, das ist noch einmal 1 Milliarde. Alleine der Umsatzsteuervorwegabzug wird beim Länderfinanzausgleich in Zukunft 8 Milliarden an Geld in den neuen Ländern abfließen lassen, die uns nicht mehr zur Verfügung stehen. Insoweit reden wir zurzeit über ein echt hartes Problem. Und ich würde mich freuen, wenn es hier im Hohen Haus die gleiche Einigkeit gäbe wie unter den ostdeutschen Ministerpräsidenten.
Gestern hat Herr Haseloff ganz deutlich gesagt, ich kann es gar nicht besser sagen; wenn ich es formulieren würde, würden Sie am lautesten darüber schreien. Herr Haseloff hat gestern gesagt in der Runde bei Frau Bundeskanzlerin, er möchte nicht erleben, dass im Jahr 2020 die DDR an den fiskalischen Grunddaten wiederzuerkennen ist. Und er möchte nicht akzeptieren, dass die neuen Länder abgehängt werden.
Und er möchte nicht erleben, dass auf einmal die Westdeutschen unter sich ihre Gelder aufteilen und wir so als dranhängendes Gebiet gebucht werden. Deshalb ist es eine sehr ernste Angelegenheit, ob wir beim Länderfinanzausgleich eine Balance hinbekommen, bei der die Zahlerländer und die Nehmerländer wieder in einer vernünftigen Relation zueinander stehen. Da bin ich sehr einverstanden, weil es kein Zustand ist, dass es nur noch drei Geberländer gibt und alle anderen nur noch Nehmerländer sind. Das ist eine fehlerhafte Entwicklung. Das setzt aber voraus, dass in das System Geld hineingegeben wird. Und die Idee der neuen Bundesländer ist nach wie vor, den Soli weiter zu behalten, aber nicht als Ost-West-Soli, sondern als Fi
nanzinstrument für abgehängte Regionen. Und das Geld darf nur gegeben werden, wenn es eine Investition in die Zukunft ist und dann anschließend die Region besser dasteht. Wenn Sie wissen wollen, wo im Jahr 2015 Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern stehen – im Durchschnitt 53 Prozent der Steuerkraft pro Kopf im Verhältnis zum Durchschnitt der Bundesrepublik Deutschland, 53 Prozent. Wir haben schöne Innenstädte, wir haben das Geld gut investiert. Da bin ich auch sehr einverstanden. Keine Kritik an irgendjemandem, der da Geld ausgegeben hat und Geld angelegt hat. Aber 53 Prozent Steuerkraft reicht nicht aus, dass unsere Kommunen sich selber finanzieren können und dass wir einen Landesetat finanzieren können,
und die Wirtschaftskraft liegt bei 74 Prozent im Schnitt mit Abstand zum Durchschnitt der Bundesrepublik Deutschland.
74 Prozent und 53 Prozent machen deutlich, dass die neuen Länder auf dem langen Weg der deutschen Einheit jetzt erst auf die letzte Etappe gehen. Wenn man uns in der Etappe die Beine zusammenbindet und sagt, rennt mal schön, dann wird man uns die Lehrer wegkaufen, dann wird man uns die gut ausgebildeten Menschen weiter abholen und im Moment ist es doch so, unser Gegenwert zum Soli war bislang eine gut ausgebildete Jugend, die dann in Bayern oder in Frankfurt oder in Nordrhein-Westfalen arbeiten geht. Wir haben sie ausgebildet. So wie Thüringen ausgebildet hat, hat Bayern eingestellt. Jetzt kriegt man noch gesagt, ihr habt ja keine Geburtenrate, weil die jungen Leute gegangen sind.
Wenn wir also über diesen Teil der deutschen Einheit reden wollen, meine Damen und Herren, dann brauchen wir einen Entwicklungspfad, auf den sich alle Länder verlassen können. „Alle Länder“ ist ausdrücklich parteipolitisch ohne jeden Bezug, weil das sagt Herr Tillich so, dass sagt Herr Haseloff so und das sagt Herr Ramelow so. In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, schließen wir heute den langen Marathon des Haushalts 2015 ab, bereiten gerade den Doppelhaushalt 2016/2017 vor, allem Gekrähe zum Trotz, und die Vorprotokolle der Staatskanzleirunde geben wir ja gern auch immer der Opposition oder der Zeitung oder wem auch immer.
herzlich willkommen, Sie sind bei mir eingeladen, ich ertrage auch Gäste, die immer wieder nachschauen wollen, kommen Sie ruhig vorbei, das ist kein Problem.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden den Doppelhaushalt vorbereiten und der Doppelhaushalt wird das notwendige Fundament sein für die Weiterarbeit und damit kann ich heute feststellen: Alle die, die glaubten, Rot-Rot-Grün scheitert in den ersten hundert Tagen, denen sei gesagt, heute werden wir den ersten Haushalt haben und den nächsten Doppelhaushalt werden wir in wenigen Monaten auch haben. Rot-Rot-Grün hat Gestaltung und Kraft entwickelt. Rot-Rot-Grün bleibt dabei: Konsolidieren, Vorsorgen und Gestalten ist unser Faden, unser Leitfaden, den werden wir behandeln. Ich sage ausdrücklich herzlichen Dank Heike Taubert und ihrem Team, sie muss als Finanzministerin uns alle an die Kandare legen, das ist ihre Aufgabe. Und ich danke den Mitgliedern im Kabinett, weil sie alle zur Kenntnis nehmen mussten, dass wir das Geld, das die CDU schon ausgegeben hat, nicht noch einmal ausgeben können. Und meine sehr verehrten Damen und Herren, ich danke der Opposition für kreative Beiträge, leider wenig Substanz.
Und ich danke den drei regierungstragenden Fraktionen für die harte Arbeit. In dem Sinne auf eine gute nächste Etappe für Rot-Rot-Grün. Das ist gut für Thüringen. Vielen Dank.
Den Fraktionen stehen jetzt noch 12 Minuten Redezeit zu. Herr Abgeordneter Mohring, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ramelow, Sie haben gesagt, es fehlt an Substanz, dem stimme ich bei Ihrer Rede zu und will es an drei Faktenchecks nachweisen.
Mit Drucksache 6/515 vom 22.04.2015, unterzeichnet von Ihrem Staatskanzleichef, haben Sie den Landtag über den Bericht und den Stand über die voraussichtliche Entwicklung der Finanzwirtschaft des Landes unterrichtet. Dort schreiben Sie auf Seite 4 zum vorläufigen Ist 2014 am 22.04.2015: Haushaltsvolumen im Soll 2014 8,953 Milliarden Euro, im Ist 2014 8,977 Milliarden Euro, Planentwurf 2015 9,272 Milliarden Euro. Lieber Herr Ramelow, wir helfen Ihnen gern beim Rechnen. Das sind 300 Millionen Euro mehr. Sie haben das Haushaltsvolumen aufgebläht. 8,9 und 9,3, das sind die Unterschiede in der Wahrnehmung zur Finanzpolitik in diesem Land.
Faktencheck Nummer 2. Sie reden von nicht nachvollziehbaren Tagen, wer wann wie lange gebraucht hat, um einen Haushalt vorzulegen. Faktencheck zum Mitschreiben, Vereidigung der Landesregierung plus Vorlage des Landeshaushalts im Parlament als Drucksache: Bei Schwarz-Rot 2010 105 Tage, bei Rot-Rot-Grün 137 Tage. Ihre Abschreibekunst, ein halbes Jahr den Haushalt angeblich abzuschreiben, der von Finanzminister Voß vorgelegt wurde,
und dafür 137 Tage zu brauchen und somit 30 Tage länger als die Vorgängerregierung, das ist Ihre Schwäche und das ist Ihr Nachteil, den Sie dem Land zugeführt haben.
Weil wir gerade beim Faktencheck sind, will ich gern mal ergänzen an die Redner vorhin: Seit 2007 hat dieses Land unter Führung der CDU-Landesregierung und der CDU-Finanzminister keine Schulden mehr gemacht bei der Aufstellung der Haushalte oder im Vollzug der Haushalte und im Abschluss, so wie er vorgelegt wurde. Alleine der Abschluss, das Finanzierungssaldo 2014 hat 187 Millionen Euro betragen, das Finanzierungssaldo von 2013 328 Millionen Euro. Wenn wir mal zum Faktencheck Ihres Finanzierungssaldos und -defizits in diesem Haushalt 2015 reden, weil der eine Abgeordnete, der der AfD-Partei angehört, sagt, es läge ein ausgeglichener Haushalt vor: Dieser Haushalt 2015 hat ein Saldo im Defizit von 68 Millionen Euro. Das ist kein ausgeglichener Haushalt.
Faktencheck Nummer 4, wir können das gern fortsetzen, nachzulesen auf der Website steuerzahlerthueringen.de. Dort hat der Steuerzahlerbund eine Schuldenuhr veröffentlicht mit einem eindeutigen klaren Hinweis. Seit Januar 2013 – führend ist dort die CDU-Landesregierung gewesen, gemeinsam mit der SPD haben wir das auf den Weg gebracht – geht die Schuldenuhr in Thüringen rückwärts, weil wir angefangen haben, Schulden zu tilgen, weil der Steuerzahlerbund uns dafür gelobt hat, weil er gesagt hat, das ist der richtige Weg, auch in dem Maße zwei Mal 65 Millionen Euro Tilgung 2013 und 2014 ausgebracht zu haben. Die Schuldenuhr tickt rückwärts in Thüringen, seitdem wir die Kehrtwende eingeleitet haben. Sie setzen das fort mit höheren Steuereinnahmen, aber den Ausgangspunkt haben wir gelegt unter CDU-Verantwortung. Das ist der Faktencheck und der bleibt festzuhalten.
Ich kann ja nichts dafür, dass so substanzlos vorgetragen wird. Es muss ja bei der Wahrheit bleiben.
Faktencheck Nummer 5: Unbegleitete Minderjährige. Sie haben uns bei sich in Ihrer Verantwortung, wenn es darum geht, wenn die Aufnahmepflicht ab 01.01.2016 tatsächlich Wirklichkeit werden sollte, dass wir gemeinsam als Land und auch in Verantwortung mit dem Bund den Kommunen helfen, die Aufnahmepflicht für unbegleitete Minderjährige zu erfüllen.