Protokoll der Sitzung vom 09.07.2015

(Beifall AfD)

Mit diesen Maßnahmen können wir ein gesellschaftliches Umdenken anstoßen, nämlich dass hochwertige Lebensmittel auch was kosten müssen, dass ein schorfiger Apfel lecker ist und dass ein standardisiertes Aussehen von Obst und Gemüse eher zum Nachdenken anregen sollte. Letzteres setzt aber voraus, dass man den Mut besitzen muss, um einige europäische Regelungen in diesem Zusammenhang kritisch zu hinterfragen.

Meine Damen, meine Herren, leider verfüge ich nicht über das parlamentarische Recht, einen Entschließungsantrag zu diesem Tagesordnungspunkt stellen zu dürfen. Ich hätte es gern getan. Vielen Dank.

(Beifall AfD; Abg. Gentele, fraktionslos)

Vielen Dank, Herr Krumpe. Das Wort hat nun Abgeordneter Kobelt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, zunächst einmal möchte ich Frau Keller als zuständiger Ministerin für ihre klaren Worte danken, dass sie ganz klar gesagt hat, dass sie einen Schwerpunkt auf ökologischen Landbau setzen möchte und das unterstützt und vor allen Dingen auch eine erste Überarbeitung von einem Plan angegangen ist, dass dieser kurz vor der Beschlussfassung steht. Daher meinen herzlichen Dank noch mal an das Ministerium dafür. Im Gegensatz dazu muss man zu dem Beitrag der AfD sagen, es ist wieder mal einer, der von Unkenntnis des Antrags geprägt ist. Wir haben in keinerlei Weise in unserem Antrag an irgendeiner Stelle vorgegeben, was der Verbraucher zu essen hat oder was nicht. Und ich möchte mich da auch als Grüner davor verwahren, dass solche Unterstellungen an uns herangetragen werden.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe CDU)

Die ÖkoKomPakt-Strategie von Anfang 2014, noch von der alten Landesregierung, ist ein erster Schritt für die Entwicklung des Ökolandbaus in Thüringen – ganz klar. Das Programm zur Weiterentwicklung und Stärkung des ökologischen Landbaus muss aber endlich auch umgesetzt und weiterentwickelt werden. Wichtig ist auch für die gesamte Landwirtschaft, dass sie endlich aus einem Abwärtsstrudel von Preisdumping zum Beispiel in der Schweinehaltung herauskommt. Zunehmend werden die Produzenten und Bauern in eine Ecke gedrängt, wo sie mit Rationalisierungsmaßnahmen auch irgendwann nicht mehr weiterkommen. Parallel dazu legen aber immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher Wert auf artgerechte Tierhaltung und machen dies auch zur Grundlage ihrer Kaufentscheidung. Sie wünschen sich zum Beispiel ganz klar weniger Antibiotika in der Tierhaltung, kein Gen-Sojafutter, auch nicht aus Übersee, mindestens 50 Prozent des Futters aus eigenem Anbau zur Stärkung der ländlichen Region vor Ort, in den Dörfern und Gemeinden, Auslauf für die Tiere im Freien. Sie wünschen sich auch Stroh für die Tiere statt Spaltböden, sie

wünschen sich 50 Prozent mehr Platz und Beschäftigungsmaterial zum Beispiel für Schweine in der Gruppenhaltung. Es ist auch keinem mehr vermittelbar, dass Schwänze von Schweinen kupiert und Zähne abgeschliffen werden. Das wollen viele Verbraucherinnen und Verbraucher nicht und das muss man auch mal ganz klar zur Kenntnis nehmen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Im Pflanzenanbau gibt es natürlich den Willen, auch auf Chemie zu verzichten und stattdessen mit Mist und mineralischem Dünger Pflanzenanbau zu betreiben, vor allen Dingen aber auch keine synthetischen Pestizide, Wachstumsregulatoren und Unkrautvernichter wie zum Beispiel Glyphosat einzusetzen, die nicht nur für die Verbraucher schlecht sind, sondern auch für die Umwelt, die um die Felder darunter leidet.

Außerdem garantiert der ökologische Landbau, dass keine gentechnisch veränderten Pflanzen eingesetzt werden. Das ist, glaube ich, für viele ein ganz wichtiger Punkt. Dass dies auch nicht in der Tierhaltung passieren soll, wird meist unterschlagen, wobei die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland und in Europa ganz klar sagen, niemand möchte Gentechnik in Deutschland in der Landwirtschaft haben. Eine Garantie dafür wird es nur im ökologischen Landbau geben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Der ökologische Landbau ist wesentlich naturnäher und deshalb eine Bewirtschaftung mit Zukunft. Verbraucherinnen und Verbraucher setzen zunehmend auf Produkte, die nach diesen verantwortungsvollen Kriterien erzeugt werden. Uns als Bündnis 90/Die Grünen geht es dabei vor allem um drei positive Aspekte. Erstens sind die ökologisch hergestellten Nahrungsmittel gesünder, da weitgehend auf Chemie verzichtet wird. Zweitens sind ökologische Produktionsweisen besser für unsere Umwelt, vor allem aber auch für die biologische Vielfalt. Drittens kann die Wertschöpfung in der Landwirtschaft erhöht und können mehr Arbeitsplätze vor allem in demografisch benachteiligten Gebieten, also auf dem Land, geschaffen werden. Mehr Menschen können sich pro Tier kümmern, das heißt auch mehr Landwirtschaft, mehr Wertschöpfung. Ich denke, das ist auch für ländliche Regionen wichtig, dieses Argument zu haben und dort die Wertschöpfung zu stärken.

Die Nachfrage nach ökologischen Produkten in Thüringen kann derzeit häufig nicht aus heimischer Herstellung befriedigt werden. Schauen Sie doch mal in die Supermärkte, schauen Sie auch in die Bioläden, wie viele Produkte da angeboten werden können, die in Thüringen hergestellt werden. Das liegt nicht daran, dass das die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht wollen, sondern einfach da

(Abg. Krumpe)

ran, dass das Angebot zu gering ist. Da gibt es doch aus wirtschaftlichen Gründen ganz klar den Wunsch, dass das auch in Thüringen gestärkt wird und das ist für alle eine Win-win-Situation.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Um von den Vorteilen der ökologischen Landwirtschaft zu profitieren, müssen wir in Thüringen deshalb weg von der Herstellung billiger Rohprodukte und hin zu tiefen Wertschöpfungsketten mit hohen Qualitätsstandards. Eine bessere Vernetzung von Erzeugung und Vermarktung ist deshalb das Gebot der Stunde.

(Beifall AfD)

Um dieses Ziel zu erreichen, wollen wir den Aufbau von Logistik-, Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen für ökologische Produkte intensiver fördern. So profitiert beispielsweise auch der Tourismus. Man sieht das sehr oft zum Beispiel in Österreich, wo ganz neue Wertschöpfung erzielt wird, wo Leute ihr Mittag, ihr Essen in Hotels, in Pensionen oder auch auf Bauernhöfen mit ökologischen Produkten zu sich nehmen. Da gibt es ein gutes Gefühl für die Familie, die Qualität stimmt und für die Anbieter steigt damit auch die Wertschöpfung und sie können besser für ihre Familie auch in den ländlichen Regionen sorgen.

Dazu gehört auch die verstärkte und verbesserte Aus- und Fortbildung im Biolebensmittelhandwerk und die Unterstützung von Produktinnovationen. Dies können wir durch gezieltere Förderung, Forschung und Entwicklung im Bereich der ökologischen Landwirtschaft und Förderung unternehmerischer Aktivitäten erreichen, die darauf zielen, innovative Produkte zu entwickeln und zu vermarkten.

Sehr geehrte Damen und Herren, mit dem soeben skizzierten Ansatz wollen wir die Voraussetzungen schaffen, dass die ökologische Landwirtschaft nicht nur einen substanziellen Anteil von mindestens 10 Prozent an der Fläche in Thüringen erreicht, sondern dass auch die ökologische Tierhaltung und die Weiterverarbeitung ökologisch erzeugter Produkte so ausgebaut werden können, dass der Wunsch der Verbraucherinnen und Verbraucher, der Konsumenten befriedigt wird, aber dass es auch eine große Wertschöpfungszunahme in Thüringen gibt. Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zu dem gemeinsamen Antrag der Koalition und ich hoffe auch auf die Zustimmung der CDU und freue mich auf den Redebeitrag. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt freuen wir uns auf den Redebeitrag von Herrn Abgeordneten Malsch für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, liebe Besucher auf der Tribüne, mit Verlaub, mit dem Mist, und das möchte ich ausschließlich in dem von Ihnen gebrachten Zusammenhang mit dem Dünger ausführen, der heute gebracht worden ist zu Ihrem Antrag, hätten wir schon einige ökologische Produkte umsetzen können.

(Beifall CDU)

Gerade gestern noch haben sich die regierungstragenden Fraktionen über Plagiatsanträge der AfD beschwert und legen mit diesem Antrag einen eigenen vor.

(Beifall CDU, AfD)

Ich finde es schon bemerkenswert, wie man die Ziele der ÖkoKomPakt-Strategie der Vorgängerlandesregierung in einem solchen Schaufensterantrag aufschreibt und das Ganze dann als eigene Erfindung verkaufen will.

(Beifall CDU)

Mit Verlaub, aber das nimmt Ihnen nicht einmal Ihr eigenes grünes Klientel ab, das Sie hier zu bedienen versuchen.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Wir haben es ja gar nicht!)

Die Stärkung des Ökolandbaus hat sich nicht erst das Landwirtschaftsministerium in der vergangenen Legislaturperiode auf die Fahnen geschrieben. Nein, Jürgen Reinholz und sein Vorgänger Volker Sklenar und die Agrarpolitiker meiner Fraktion sowieso

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Warum stagniert es?)

haben schon seit jeher den Ökolandbau als gleichberechtigt angesehen und die Rahmenbedingungen geschaffen, dass sich der Ökolandbau gut entwickeln kann.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wächst ja?)

(Beifall CDU, AfD)

Der Unterschied zu Ihnen besteht allerdings darin, nicht dem einen den Vorzug vor dem anderen zu geben. Biobauern haben ebenso ihren Platz wie die Betriebe, die konventionell wirtschaftlich wirtschaften. Jeder wie er mag und kann. Wenn Sie jetzt fordern, dass der Ökoanteil bis 2020 10 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche beträgt, wenn Sie fordern, dass die Vermarktung von Ökoprodukten gestärkt werden soll, wenn der Ökolandbau besser in die Forschungstätigkeiten der TLL einbezogen und verpflichtend in die landwirtschaftliche Ausbildung eingebunden werden soll, meine Damen und Herren, dann ist das ein Armutszeugnis

(Abg. Kobelt)

für das erste halbe Jahr Ihrer Landwirtschaftsministerin. Wieso meinen Sie denn überhaupt, Frau Keller zu alledem auffordern zu müssen? Alles, was Sie da aufgeschrieben haben, ist längst Grundlage des Handelns der Landwirtschaftsverwaltung, der Interessenverbände, der Vermarkungsorganisationen und natürlich der Bauern selbst.

Werte Damen und Herren, das 10-Prozent-Ziel ist keine rot-rot-grüne Erfindung, sondern war bereits Ziel im Zukunftsdialog der Landwirtschaft 2020. Dort hat die Vorgängerlandesregierung die Zielmarke gesetzt, bis 2020 mindestens 10 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche ökologisch zu bewirtschaften. Nun ist es an Ihnen – Frau Keller ist nicht da, aber Herr Sühl gibt es weiter –, dafür das Notwendige zu tun. Schon verwunderlich, dass die drei Fraktionen dort drüben es für nötig erachten, sie dazu noch einmal besonders aufzufordern. Andererseits ist es verständlich. Wahrscheinlich traut es Ihnen niemand zu. Aber mit dem Antrag können die Koalitionsfraktionen einen Haken an einen Punkt im Koalitionsvertrag machen. Antrag verabschiedet, Ökolandbau-Klientel bedient, Erfüllung der Zielsetzung aus dem Koalitionsvertrag dokumentiert. Tolle Arbeitsweise!

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Da höre ich jetzt aber ein bisschen Neid heraus!)

Ich will Ihnen sagen, was Hauptmotivationen für den Antrag waren. Die Grünen können es einfach nicht ertragen, wenn gute und richtige Strategien von anderen, aber nicht von ihnen selbst kommen.

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Beifall CDU)

Mit der ÖkoKomPakt-Strategie aus dem Jahr 2013 und dem Zukunftskatalog Thüringer Landwirtschaft 2020 liegen alle notwendigen Grundlagen auf dem Tisch, insofern ist der Antrag völlig unnötig. Schon jetzt könnten im allgemeinen Investitionsförderprogramm Ökobetriebe einen höheren Zuschuss erhalten, zudem will der Freistaat die Ausbildung von Ökoberatern finanzieren, zusätzliche Bildungsangebote organisieren und das Marketing ökologischer Erzeugnisse aus Thüringen verbessern. Hinzu kommen neue Angebote, zum Beispiel in den Bereichen Tourismus und Energie, die auch Ökobetriebe nutzen können. Alles Grundlagen, die in der letzten Legislatur gelegt wurden. Vielen Dank an dieser Stelle an die Fachleute im Ministerium, der TLL und aus dem Berufsstand, die daran mitgewirkt haben.

(Beifall CDU)

Liebe Abgeordnetenkollegen, es bedarf keiner weiteren Aufforderung an die Landesregierung, sondern schlicht der Umsetzung der Strategie. Dies ist nicht allein eine Frage des Fördergelds, sondern