Jens Krumpe
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Werte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, das vorliegende Gesetz mit den dazugehörigen Einzelplänen ist ein mehr als 2.000 Seiten umfassendes Werk und als fraktionsfreier Abgeordneter ohne adäquate Unterstützung ist es daher für mich wirklich unmöglich, eine Position für oder gegen das Gesetz einzunehmen.
Natürlich habe ich mich, soweit es mir möglich war, in den Haushaltsentwurf eingelesen. Es gibt Ausga
benplanungen, denen ich sehr kritisch gegenüberstehe; gleichzeitig gibt es natürlich auch Positionen, die ich befürworte, wie beispielsweise haushaltswirksame Kosten zur Umsetzung föderaler Digitalisierungsstrategien zur Erhöhung der Servicequalität an der Schnittstelle Bürger/Verwaltung.
Aber die derzeitigen Prognosen zur Landtagswahl geben Anlass zur Sorge, dass der Thüringer Landtag so viele Fraktionen wie nie zuvor beherbergen wird und damit lang andauernde Koalitionsverhandlungen zu erwarten sind. Angesichts dieser unsicheren Gemengelage werden Kommunen, Verbände und Kultureinrichtungen, welche den dahinterstehenden Thüringer Bürgern wichtige Leistungen ganz verschiedener Art anbieten, zu leiden haben.
An die Thüringer Bürger müssen wir aber heute denken und sie nicht noch bestrafen, denn es ist nicht ihre Schuld, dass die politischen Agenden der großen Volksparteien so sind, wie sie sind, nämlich auch im schlimmsten Fall so, dass der Freistaat möglicherweise bald unregierbar wird. Statt zu lamentieren und von einer möglichen Verfassungswidrigkeit des Haushaltsgesetzes zu fabulieren, sollten vor allem die Volksparteien die politische Entwicklung der vergangenen Jahre in Gesamtdeutschland zum Anlass nehmen, die eigene politische Aussage kritisch zu hinterfragen.
Nur so können diese den Bedürfnissen ihrer früheren Wählerschaften endlich gerecht werden und hierzu gehört es meiner Meinung nach auch zu akzeptieren, dass ein Verharren auf einer bestimmten Position irgendwo im politischen Spektrum kein gutes Rezept ist, der aktuellen Herausforderungen Herr zu werden. Gute Politik erfordert nun einmal mentale Flexibilität.
Mit diesen Überlegungen im Hinterkopf werde ich im Sinne der Thüringer Bürger zur Sicherung der Stabilität ganz wichtiger Basisinfrastrukturen in unserem Freistaat beitragen. Genau deshalb werde ich dem vorliegenden Haushaltsgesetz auch zustimmen. Herzlichen Dank.
Flexibilisierte Arbeitszeiten im öffentlichen Dienst – nachgefragt
Unter anderem aus der Antwort des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft in Drucksache 6/6344 auf meine Kleine Anfrage 3290 ergeben sich weitere Nachfragen.
Ich frage die Landesregierung:
1. In welchen Ministerien oder nachgeordneten Geschäftsbereichen der jeweiligen Ministerien wurde bzw. wird an der Einführung von Lebensarbeitszeitkonten gearbeitet oder sind bereits Lebensarbeitszeitkonten seit wann eingeführt – Angaben bitte nach den vorgenannten Bereichen aufschlüsseln?
2. Für wie viele Mitarbeiter in Ministerien bzw. in den jeweils nachgeordneten Geschäftsbereichen sind in der Summe Teleheimarbeitsplätze, alternierende Telearbeitsplätze und mobile Telearbeitsplätze seit Februar 2018 errichtet worden – Angabe bitte nach den vorgenannten Bereichen aufschlüsseln?
3. Wie können die im Dienstleistungsbereich des Thüringer Landesrechenzentrums (TLRZ) möglicherweise bestehenden informationstechnischen Grenzen bzw. Herausforderungen bei der Errichtung von Teleheimarbeitsplätzen, alternierenden Telearbeitsplätzen und mobilen Telearbeitsplätzen überwunden bzw. gemeistert werden?
4. Welche Auswirkungen hätte, wie aktuell vom Bundesarbeitsminister gefordert, ein gesetzlich verbriefter Anspruch auf Telearbeit auf die Funktionsfähigkeit der Landesverwaltung in Thüringen?
Ich hätte zwei Nachfragen, kann ich die gleich hintereinander stellen?
Perfekt, ich danke. Zu Frage 1 würde mich mal interessieren, was denn aktuell dagegen spricht, Lebensarbeitszeitkonten einzuführen? Sie hatten ja ausgeführt, dass die Landesregierung aktuell keine Bestrebungen unternimmt.
Und zu Frage 3 haben Sie gesagt, dass bei einer Zunahme von Teleheimarbeitsplätzen das TLRZ Ressourcen anpassen müsste. Dazu würde mich mal interessieren, welche Ressourcen Sie da genau meinen. Sind das eher technische oder auch personelle Ressourcen?
Frau Präsidentin, werte Kollegen Abgeordnete, mit dem vorliegenden Antrag wird die Landesregierung aufgefordert, Maßnahmen zu prüfen und umzusetzen, die einem drohenden Fachkräftemangel entgegenwirken. Das Ansinnen kann ich nur unterstützen, jedoch bitte ich die Landesregierung, diese Maßnahmen auch in ihren eigenen Häusern umzusetzen. Hiermit meine ich den größten Arbeitgeber im Freistaat Thüringen. Das ist die öffentliche Verwaltung. Der Arbeitgeber öffentliche Verwaltung ist nachweislich nicht dazu in der Lage, seine Personalressourcen – also das Wissen, die Fähigkeiten und die Motivation der Mitarbeiter – zielgerichtet weiterzuentwickeln, um die Produktivität der öffentlichen Verwaltung zu steigern. Dies ist nachweislich der Fall, weil die öffentliche Verwaltung ihre Leistungskraft ausschließlich über die Anzahl ihrer Mitarbeiter definiert und eben nicht – wie in Unternehmen üblich – ihre Leistungskraft anhand den Kompetenzen, den Fähigkeiten, der Motivation, dem Wissen und den Erfahrungen der einzelnen Mitarbeiter bemisst. Genau das ist auch ein Grund, warum Stellenabbaupfade auch in Zukunft nicht eingehalten werden können und Personalaufwüchse nicht zu vermeiden sind, solange in der öffentlichen Verwaltung eine antiquierte Personalplanung, -gewinnung und -entwicklung vorherrscht.
Ich möchte Ihnen einige Problemfälle für den technischen Verwaltungsdienst nennen und mich dabei nur auf die Punkte „Kompetenzerhalt“ und „Mitarbeitermotivation“ beschränken.
Zum Kompetenzerhalt: Alle sprechen über den notwendigen Mentalitätswechsel, den es für eine leistungsstarke und digital arbeitende Verwaltung braucht. Statt die Mitarbeiter auf den digitalen Wandel der Verwaltung so vorzubereiten, wie es in der Strategie für E-Government und IT des Freistaats Thüringen gefordert wird, subsumiert die Rubrik „Moderne Verwaltung“ im Jahresfortbildungspro
gramm des Innenministeriums Fortbildungen zu den Themen „Erste Hilfe“, „Suchtmittelmissbrauch“ oder „Ruhestand“. Meine Damen und Herren, das ist Realsatire.
Das führt dazu, dass Mitarbeiter und Beamte, die im digitalen Wandel eine Chance für ihre ganz persönliche Arbeitssituation sehen, bitter enttäuscht sind und resignieren. In diesem Zusammenhang zeigt auch das Thüringer Personalentwicklungskonzept, dass die Landesregierung kein Konzept zur Sicherung der Arbeitsfähigkeit in einer sich schnell verändernden Arbeitswelt verfolgt, denn in Wirklichkeit handelt es sich beim Personalentwicklungskonzept um ein Stellenabbaukonzept, das jedoch nicht funktionieren kann. Die Gründe dafür habe ich am Anfang meiner Rede schon aufgezeigt.
Zum Punkt „Motivation“: De facto – das habe ich heute in meiner Mündlichen Anfrage auch nachgefragt – werden Heim- oder mobile Telearbeitsplätze in der Thüringer Landesverwaltung im Jahr 2019 lediglich im Promillebereich bereitgestellt. Ob das dem Image des Arbeitgebers Freistaat Thüringen im Jahr 2019 zugute kommt oder die fehlende Zeitsouveränität eher demotivierend ist, das können Sie sich selbst beantworten. Definitiv schädlich ist, dass im technischen Verwaltungsdienst keine Karrierewege möglich sind. Die verantwortlichen Personaler müssen wirklich langsam kapieren, dass gute Informatiker, die tatsächlich die Programmcodes schreiben können, nicht für E 10 zu bekommen sind.
Das BMI war ein bisschen smarter: Das BMI hat nämlich im Jahr 2016 seine IT-Fachkräftezulage für Bedienstete in den Bundesverwaltungen verlängert. Ich frage mich deshalb, warum das Thüringen nicht schafft – weder Durchführungshinweise für eine ITFachkräftezulage nach § 16 Abs. 5 TV-L zu erlassen, noch einen entsprechenden Haushaltstitel einzufügen.
Liebe Kollegen, wie soll die Stärkung der Attraktivität der dualen Ausbildung im Freistaat denn funktionieren, wenn die duale Ausbildung im Landesdienst per Knebelvertrag besiegelt wird? Nach der Ausbildung sollen sich die betreffenden Mitarbeiter weitere fünf Jahre an den Landesdienst binden. Knebelverträge in der öffentlichen Verwaltung können aus meiner Sicht vermieden werden, wenn der Freistaat Thüringen eine zeitgemäße und arbeitnehmerfreundliche Personalpolitik betreibt und sich von der erzkonservativen Dienstherrenmentalität endlich verabschiedet. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, werte Kollegen Abgeordnete, in § 1 des Gesetzentwurfs steht geschrieben, dass die durch das Gesetz bereitgestellten Daten für neue Anwendungen und Dienstleistungen nachgenutzt werden sollen. Damit aus Daten und Informationen neue Erkenntnisse abgeleitet werden können, definierte einst der Erfinder des World Wide Web, Tim Berners-Lee, ein Fünf-Sterne-Modell, welches nach wie vor Gültigkeit besitzt. Einen Stern bekämen Daten, die unter einer offenen Lizenz bereitgestellt werden. Kein Datensatz nach diesem Gesetz würde jemals diesen Stern bekommen, da das vorliegende Gesetz das Thema „Datenlizenz“ in Verbindung mit Veröffentlichungspflichten, INTRA-Transparenzportal, nicht behandelt. Zwei Sterne bekämen Daten, die in strukturierter Form bereitgestellt werden. Kein Datensatz nach diesem Gesetz würde sich jemals für zwei Sterne qualifizieren, da
nach § 7 Abs. 5 Daten in erster Linie als optimierter Bildschirmausdruck bereitgestellt werden sollen, anstatt prioritär in strukturierter maschinenlesbarer Form. Drei Sterne bekämen Daten, die offene, nicht proprietäre Datenformate verwenden. Kein Datensatz nach diesem Gesetz würde sich jemals für drei Sterne qualifizieren, weil das Thema „Branchenübliche Datenstrukturen und Datenformate“ im Gesetz keine Rolle spielt. Meine Damen und Herren, dieses Thema ist haushaltswirksam, da die Transformation von verwaltungsinternen Datenstrukturen in für die Datenkategorie übliche Datenstrukturen nicht mal eben so aus der Hüfte geschossen werden kann. Frau Ministerin Keller hält genau für diese Art von Aufgaben ein ganzes Team in ihrem Ministerium vor, allerdings nur für die Transformation von Daten der Kategorie „Raumbezogene Umweltdaten“. Vier und fünf Sterne bekämen Daten, die durch persistente URLs überzeichnet und verlinkt werden können. Kein einziger Datensatz würde nach dem Gesetz vier oder fünf Sterne bekommen, da das Thema „Semantische Datenmodellierung“ im Gesetzestext nicht einmal ansatzweise berücksichtigt wurde.
Werte Kollegen, ferner schließe ich mich den Erwägungen der Stellungnahme des Informationsfreiheitsbeauftragten Herrn Dr. Hasse in allen Punkten an. Dabei ist mir aber ein Punkt, nämlich die kommunale Ebene zur Veröffentlichung von Daten und Informationen zu verpflichten, ein ganz wichtiger. Nach meinem Dafürhalten sollte eine Übergangsregelung gelten, die mit der zeitlichen Frist zur Fertigstellung der elektronischen Schnittstellen zwischen Bürger, Wirtschaft und Verwaltung gemäß dem Thüringer E-Government-Gesetz in Einklang zu bringen ist. Da ein transparentes Verwaltungshandeln jedoch einen Mentalitätswechsel innerhalb der Verwaltung erfordert, schlage ich zusätzlich vor, den Transparenzgesetzentwurf als Artikelgesetz umzugestalten und dabei das Verwaltungsverfahrensgesetz zu ändern, und zwar mit folgender Begründung: Jeder von uns weiß, dass ein Mentalitätswechsel innerhalb der öffentlichen Verwaltung selten intrinsisch motiviert ist. Die Verwaltung ist jedoch darin geübt, ihre Arbeitsabläufe an gesetzliche Vorgaben anzupassen. Im Einklang mit der Begründung zu § 5 Abs. 1, nämlich dass sich Veröffentlichungspflichten auf den Abschluss eines Verwaltungsvorgangs beziehen, schlage ich eine Änderung des § 41 Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz vor, dass nämlich nach der Bekanntgabe eines Verwaltungsakts zukünftig stets geprüft werden soll, ob der Verwaltungsakt ein Ergebnis darstellt, welches im Sinne des Transparenzgesetzes veröffentlicht werden muss. Eine solche Regelung zwingt dann tatsächlich jedem Beamten, auch in
den Kommunalverwaltungen, einen Mentalitätswechsel auf, der für ein transparentes Verwaltungsund Regierungshandeln unabdingbar ist.
Zusammenfassend ist zu konstatieren, dass die Handschrift der Bedenkenträger in diesem Gesetz sehr gut zu erkennen ist. In Zeiten von Fake News ist aber tatsächliche Sachkenntnis eine der wesentlichen Voraussetzungen einer gesellschaftlichen und politischen Teilhabe.
Deshalb erhoffe ich mir, dass die Ausschussberatung von mehr Sachexpertise und vor allem mehr Mut geprägt ist, um in der zweiten Beratung ein Transparenzgesetz zu verabschieden, welches seinen Namen auch verdient hat. Herzlichen Dank.
Werte Frau Präsidentin, liebe Kollegen, ich möchte mich hier auch kurzhalten. Es ist schon viel gesagt worden zu Open Source – alles richtig. Was mir auffällt, ist, dass wir heute Vormittag hier das Vergabegesetz debattiert haben und jetzt einen Tagesordnungspunkt debattieren, wie denn zukünftig sichergestellt werden kann, dass in der Landesregierung oder, ich sage mal, dass im öffentlichen Dienst des Landes oder vielleicht auch im öffentlichen Dienst der kommunalen Familie stärker Open Source zum Einsatz kommt. Von daher meine Idee, dass man im Ausschuss mal darüber nachdenkt, inwieweit es nicht eine gute Idee wäre, das Vergabegesetz so zu ändern, dass wir dort auch eine entsprechende Vergabebestimmung drin widerspiegeln, die sozusagen Open Source stärkt.
Das hilft zwar nichts gegen die Durchgenderung der Bits und Bytes, was Abgeordneter Rudy hier bemängelt hat, aber da müsst ihr euch dann eine eigene Lösung überlegen. Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank.
Hauptamtsleiterstelle in Kahla
Wie aus der Zeitung zu erfahren war, wurde die Stellenausschreibung für die Hauptamtsleiterstelle in Kahla wegen Verfahrensfehlern vom Bürgermeister aufgehoben. Im Rahmen des Stellenbesetzungsverfahrens lagen zwischen dem Zeitpunkt der Ausschreibung und der Aufhebung mehr als drei Monate. Mir liegen Informationen vor, dass sogar vor der Aufhebung der Stellenausschreibung seitens des Bürgermeisters Absagen versendet wurden. Gemeindeverwaltungen in der Größenordnung der Stadt Kahla verfügen nach meiner Kenntnis häufig nicht über geeignetes Fachpersonal für die Durchführung von derartigen Einstellungsverfahren.
Ich frage die Landesregierung:
1. Aufgrund welcher Fehler im Einzelnen wurde die Stellenausschreibung aufgehoben, obgleich geeignete Bewerbungen vorlagen?
2. Warum zog sich das Verfahren über diesen oben genannten langen Zeitraum, obgleich bereits ab Oktober 2018 die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für eine Besetzung der ausgeschriebenen Stelle vorlagen?
3. Warum ist die untere Rechtsaufsichtsbehörde im Rahmen ihrer Beratungspflicht nicht im Verlauf des Bewerbungsverfahrens zur Vorbeugung möglicher Verfahrensfehler tätig geworden?
4. Welche rechtsaufsichtlichen Maßnahmen sind nunmehr vorgesehen, um dazu beizutragen, dass die Stadt Kahla den Anforderungen gemäß § 33 Abs. 1 und 2 Thüringer Kommunalordnung trotz der mit Jahresende verstrichenen Ausnahmegenehmigung zur Stellenbesetzung zukünftig gerecht wird?
Ich hätte noch mal eine Nachfrage zur Flächenkompensation: Besteht denn das Ziel, lediglich die Fläche zu kompensieren oder die Wertigkeit der Fläche hinsichtlich ihrer ökologischen Funktion zu kompensieren?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen Abgeordnete, zunächst einmal scheint es so, als ob die Landesregierung eine gründliche Aufgabenkritik durchgeführt hat, denn das technische Referendariat abzuschaffen geht deutlich über das hinaus, was bei einer Verwaltungsreform üblicherweise geschieht. Dabei unterstütze ich ausdrücklich das Ansinnen der Landesregierung, die technische Laufbahnausbildung abzuschaffen. Die grundsätzliche Idee der technischen Laufbahnausbildung ist doch, die Lücke zwischen dem hohen technischen Niveau der Hochschulabsolventen und den Anforderungen an eine Führungskraft im öffentlichen Dienst zu schließen.
Bislang wurde versucht, die Lücke durch eine behördeninterne Ausbildung – auch Vorbereitungsdienst genannt – in Theorie und Praxis aufzufüllen.
Während in der Theorieausbildung noch Kenntnisse im öffentlichen Recht und Fachrecht vermittelt worden sind, ist die Praxisausbildung fernab von dem, was sie sein soll. Nach einer zweijährigen praktischen behördeninternen Ausbildung ist von dem hohen technischen Niveau der einzigen Hochschulabsolventen nichts mehr übrig. Wenn es gut läuft, dann können die ehemaligen Absolventen gebetsmühlenartig den Satz – das wurde hier schon immer so gemacht und deshalb ist es richtig so – auch im Tiefschlaf wiederholen. Wenn es schlecht läuft, haben sie das Sprechen im Amt verlernt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ein Fakt, dass im Rahmen des technischen Vorbereitungsdienstes keine adäquaten betriebswirtschaftlichen, organisatorischen oder Projektmanagementkompetenzen vermittelt werden. Das führt dazu, dass die Kosten für die Verwaltung sich mehrfach potenzieren. Kostenfaktor eins: Es werden hochausgebildete Mitarbeiter eingestellt, deren Leistungskraft jedoch nicht abgerufen werden kann, weil organisatorische Gegebenheiten seit Jahrzehnten aufrechterhalten werden, die eine zielgerichtete Aufgabenerledigung und eine echte Personalentwicklung verhindern.
Kostenfaktor zwei: Da die Leistungskraft aufgrund von organisatorischen Gegebenheiten nicht vollständig abgerufen werden kann, werden immer mehr Verwaltungstätigkeiten an Dritte vergeben – wieder auf Kosten der Steuerzahler.
Kostenfaktor drei: Mit der Vergabe an Dritte macht sich die öffentliche Verwaltung im technischen Bereich von großen Systemhäusern abhängig, da diese Dienstleister es verstehen, die Abhängigkeitsnadel bis in das Knochenmark der Behörden hineinzurammen. Die meisten Verantwortlichen in den Behörden sehen dieser Entwicklung hilflos zu, weil das einstige technisch hohe Niveau, das sie einmal besaßen, immer weiter abnimmt und sie deshalb die Abhängigkeit nicht erkennen.
Kostenfaktor vier: Die an Dritte vergebenen Aufgaben werden eigentlich mehrfach bezahlt, weil Projektmanagementkompetenzen in der öffentlichen Verwaltung schlichtweg fehlen, was dazu führt, dass tatsächlich fast jedes Projekt in der öffentlichen Verwaltung scheitert und nur durch zusätzliche Finanzmittel zum Ende gebracht wird.
Und weil es eben so ist, wie es ist, ist es richtig, die Ausbildung der zukünftigen Führungskräfte grundlegend zu erneuern, und das fängt mit dem Wegfall der technischen Laufbahnausbildung an. Ich spreche mich dafür aus, dass jegliche Kompetenzen im öffentlichen Recht, im Fachrecht, im IT-Projektmanagement usw. ausschließlich extern vermittelt werden sollen. Hierfür soll meines Erachtens die Duale
Hochschule in Thüringen Aufbaustudiengänge mit Abschlussprüfung anbieten, wobei auch gelten soll, dass mit bestandener Prüfung die Laufbahnbefähigung als erworben gilt.
Eine praktische Ausbildung im Kern der Verwaltung halte ich jedoch für entbehrlich, denn für die dringende Thüringer Verwaltungsmodernisierung benötigen wir unvoreingenommenes Personal, welches in der Lage ist, die Ist-Situation in den Verwaltungen zu analysieren, abteilungsübergreifend zu denken und Vorschläge für ressourcenschonendes Verwaltungshandeln zu erarbeiten.
Ich werde dem Gesetz jedoch nicht zustimmen können, da auch dieser Gesetzentwurf zeigt, dass mal wieder jegliches betriebswirtschaftliches Denken in der Verwaltungsarbeit unterblieben ist.
Mit meiner Auffassung folge ich der Stellungnahme des Thüringer Rechnungshofs und bemängele das Fehlen von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen im Zusammenhang einer zielgerichteten Aufgabenkritik. Herzlichen Dank.
Werte Präsidentin, liebe Kollegen Abgeordnete, um es gleich mal vorwegzunehmen: Umweltpolitik ist
wichtig und auch die Pflege kulturhistorischer Erinnerungen ist wichtig,
aber gute Politik muss eben auch gut gemacht sein. Das vorliegende Gesetz ist eben nicht gut gemacht und auch nicht überzeugend.
Als eher technisch denkender Mensch mit gewisser Affinität zu räumlichen Daten und Analysen will ich mal anders an die Debatte herangehen. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz können nationale Naturmonumente ausgewiesen werden, wenn die Ausweisungsgründe aus § 24 Abs. 4 Satz 1 und 2 kumulativ vorliegen. Das heißt, ich ziehe auf einer Karte entlang des ehemaligen Grenzstreifens einen gelben Strich, und zwar dort, wo das wissenschaftlich, naturgeschichtlich oder landeskundliche Kriterium erfüllt ist, und ich unterbreche meinen Strich an den Stellen, wo das Kriterium nicht erfüllt ist.
Genauso verfahre ich mit dem zweiten Strich, den ich mit blauer Farbe auf die Karte zeichne, und zwar nur dort, wo das Kriterium Seltenheit, Eigenart oder Schönheit erfüllt ist. An den Stellen, wo aus beiden Strichen kürzere, aber dafür neue grüne Striche entstanden sind, dort könnten Ausweisungsgründe für ein Grünes Band gegeben sein. Jetzt muss man nur noch analysieren, wie viele grüne Striche auf meiner Karte sind und wie weit sie auseinanderliegen. Liegen sie weit auseinander, habe ich mehrere nationale Naturmonumente, liegen sie eng beieinander, habe ich möglicherweise ein riesiges zusammenhängendes nationales Naturmonument.
Meine Damen und Herren, was mein Sohn mit fünf Jahren locker hätte malen können, hat die Landesregierung in knapp zwei Jahren Debatte nicht auf die Reihe bekommen. Es fehlen sowohl die gelben Striche der Ausweisungsgründe Satz 1 als auch die blauen Striche der Ausweisungsgründe Satz 2, denn das Ministerium war eben nicht in der Lage, uns räumlich detailliert aufzuzeigen, wo der Kolonnenweg noch existiert und wo nicht und auch nicht, welche Abschnitte außerhalb der ohnehin schon geschützten Naturschutzgebiete eine besondere naturschutzfachliche Wertigkeit besitzen.
Dass es Regionen gibt, die das Kriterium „Landeskunde“ erfüllen, und wiederum andere Regionen, die das Kriterium „Eigenart“ erfüllen, ist unbestritten. Es geht aber darum herauszufinden, wo und wie lang die Abschnitte sind, in denen räumlich nachweisbar beide Ausweisungsgründe erfüllt werden.
Auch handwerklich weist der Gesetzentwurf Mängel auf: Es waren sechs Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen erforderlich, um das Gesetz heute hier abschließend zu beraten, aber bürgerfreundlich ist es immer noch nicht. Auf den beiliegenden Karten fehlen Flurnummern, administrative Grenzen sind überlagert, statt Linienbegleitsymbole zu verwenden. Die Aktualität der Liegenschaftskarte kann man würfeln und sich irgendwas zwischen 1. und 28. Februar 2017 aussuchen. Und um die Betroffenen so richtig zur Weißglut zu bringen, verzichtet man auf eine Kartenblattübersicht bei einem 854 Seiten starken Rahmenkartenwerk. Dafür kopierten die fleißigen Beamten aus dem Umweltministerium etwas einfallslos die Kartenlegende, die immerhin 20 Prozent der Gesamtkartengröße ausmacht, 853-mal – Hauptsache, der ministerielle Arbeitsalltag geht irgendwie herum.
Mal ganz ehrlich: Ein Azubi im mittelständischen Landschaftsplanungsbüro hätte für diesen Verriss eine Abmahnung bekommen.
Liebe Kollegen, ich weiß, meckern ist einfacher als selbst machen, aber ich habe alle Anstrengungen unternommen, einen Änderungsantrag zu diesem Kartenwerk zu stellen. Die Quelldaten wurden mir von der Landesregierung jedoch verwehrt, unter anderem wegen noch nicht durchgeführter datenschutzrechtlicher Prüfung. Das muss man sich tatsächlich mal auf der Zunge zergehen lassen:
Bestandteile eines Gesetzes sind datenschutzrechtlich bedenklich. Also was, bitte schön, ist das für ein Gesetz?
Faktisch hat man mir das Recht verwehrt, einen Änderungsantrag zu einem Gesetz nach Beschlussfassung im Ausschuss zu stellen, obwohl dieses Recht in der Verfassung verankert ist. Inwieweit man unter diesem Umstand von einem verfassungsrechtlich unbedenklich zustande gekommenen Gesetzesbeschluss sprechen kann, muss geprüft werden, und das werde ich prüfen.
Liebe Frau Siegesmund, ganz kurz noch mal zu Ihnen: Wenn ich einen Änderungsantrag stellen möchte und Daten der Landesregierung benötige, dann verweisen Sie auf den formellen Weg im Rahmen einer Kleinen Anfrage. Wenn Rot-Rot-Grün einen Änderungsantrag verfassen möchte – das hat Herr Tilo Kummer heute mit dem Datum gemacht –, dann scheint auch der informelle Weg zu genügen.
Aber auch die Beantwortung von Rückfragen zu
einer Mündlichen Anfrage erfolgt auf einem formellen Weg – so viel zur Fairness. Herzlichen Dank.
Nachfragen zum Gesetzentwurf der Landesregierung zum Nationalen Naturmonument „Grünes Band Thüringen“
Vor dem Hintergrund der geplanten zweiten Beratung des Gesetzes am 9. November 2018 ergeben sich auf der Grundlage der vorliegenden Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Umwelt, Energie und Naturschutz noch die folgenden Fragen:
1. Erkennt die Landesregierung die Notwendigkeit eines Mehrbelastungsausgleichs für die Herstellung des Benehmens nach § 8 Abs. 3 Satz 2 und 3 in Höhe der tatsächlich angefallenen Kosten für die Gebietskörperschaften, in deren Gebiet das Nationale Naturmonument liegt, und wie begründet sie ihre Auffassung?
2. Welche rechtliche Stellung und welche Befugnis besitzt die Stiftung Naturschutz, um rechtsverbindliche Verfügungen, Entscheidungen oder andere hoheitliche Maßnahmen gegenüber Betroffenen zu erklären, gegen die ein Betroffener auf der Grundlage eines Rechtsbehelfs zum Beispiel Widerspruch einlegen könnte?
3. Hält die Landesregierung eine Evaluierungsklausel im Gesetz für sinnvoll, um das Gesetz zum Beispiel nach fünf Jahren erneut zu bewerten und bei
begründetem Bedarf zu ändern, und falls nicht, wie begründet sie ihre Auffassung?
4. Stimmt die Landesregierung der Auffassung zu, dass vor dem Hintergrund einer mehr als 20 Monate alten Schutzgebietskarte und Flurstücksliste als jeweilige Bestandteile des Gesetzes die Aktualität nicht mehr gegeben ist, da schon jetzt bekannt ist, dass sich Schutzgebietskarte und Flurstücksliste – derzeit Stand Februar 2017 – mittlerweile geändert haben, und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung hierzu?
Ich hätte zwei Nachfragen, die erste: Sie sagten, dass die Stiftung keine rechtsverbindlichen Entscheidungsverfügungen oder andere hoheitliche Maßnahmen gegenüber Betroffenen erklären kann, sondern dass die untere Naturschutzbehörde das machen muss. Das wiederum stärkt doch die Forderung, einen Mehrbelastungsausgleich in das Gesetz mit aufzunehmen.
Die Schutzgebietskarte im Anhang des Gesetzentwurfs hat die unscharfe Datumsangabe „Februar 2017“. Sie sagten richtig, das Liegenschaftskataster führt sich kontinuierlich fort, jedoch werden Fortführungsänderungen im Liegenschaftskataster an einem scharfen Datum aufgeführt, also heute oder morgen geschieht die Fortführung. Wenn Sie
diese unscharfe Datumsangabe in die Karte schreiben – Februar 2017 – meinen Sie da den 10. Februar, den 20. oder den 26. Februar oder welches Datum?
Werte Präsidentin, liebe Kollegen Abgeordnete, zunächst einmal erfreut es mich, dass die Neufassung des Antrags der Geschäftsordnung durch die regierungstragenden Fraktionen meine Ideen aufgreift, nämlich zukünftig bei der Verteilung und Zustellung von Parlamentsdokumenten nach dem Prinzip „Digital first“ im Landtag zu verfahren.
Danke. Die zukünftige digitale Bereitstellung von Parlamentsdrucksachen ist nicht nur ressourcenschonend, sondern diese Regelung zwängt natürlich den Mandatsträgern hier im Hohen Haus auch eine ganz andere Arbeitsweise auf, da mit der elektronischen Bereitstellung die Drucksachen auch als zugestellt gelten, was rechtlich natürlich ein relevanter Vorgang ist.
Liebe Kollegen, das ist aber jetzt meine Perspektive: Die große digitale Revolution im Thüringer Landtag bleibt aus meiner Sicht jedoch aus. Hierfür wäre es nämlich notwendig, dass sich mindestens zwei Drittel der Abgeordneten für eine Änderung
der Thüringer Verfassung verabreden, damit auch Gesetze elektronisch verkündet werden können. Eine solche Änderung würde dem behördlichen Transformationsprozess in eine digital arbeitende und digital denkende Verwaltung den notwendigen Nachdruck verleihen, und zwar nicht nur hier im Thüringer Landtag, sondern eben auch in den Behörden des Landes und in den Kommunen. Schließlich sind dann nicht nur rechtliche und technische Fragen zu den Themen wie elektronische Signaturen, Amtlichkeiten, Verlässlichkeit von digitalen Dokumenten oder eben auch das digitale Archivwesen theoretisch zu beantworten. Nein, die Behörden sind dann auch gezwungen, sich organisatorisch und technisch völlig neu aufzustellen und bei frischem Wind ihre bisherigen Arbeitsweisen über Bord zu werfen. Wie die Beantwortung meiner Kleinen Anfrage in der Drucksache 6/6340 zeigt, ist die Landesregierung gegenüber dem Vorhaben, nämlich Gesetze ausschließlich elektronisch zu verkünden, aufgeschlossen. Jedoch müssen wir für eine Verfassungsänderung eine qualifizierte Mehrheit finden, um mit gutem Beispiel voran den digitalen Wandel in den Thüringer Behörden positiv zu beeinflussen.
Da ich als Abgeordneter ohne Fraktionszugehörigkeit gemäß unserer Geschäftsordnung keinen Antrag für eine Verfassungsänderung in die Mitte des Parlaments platzieren kann, bitte ich die Fraktionen, sich diesem wichtigen Anliegen anzunehmen und entsprechende Initiativen anzustoßen, und zwar noch in dieser Legislatur. Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank. Herr Tischner, habe ich das richtig gehört, dass Sie die Work-Life-Balance eines Beamten anzweifeln, insbesondere der Lehrer? Wenn ja, wie begründen Sie es?
Liebe Frau Präsidentin, liebe Kollegen Abgeordnete, der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung enthält eine ganze Latte an Reformmaßnahmen, die darauf abzielen, die öffentliche Verwaltung zukunftsfest zu machen, welche natürlich in ihrer Wirkung im Detail noch zu diskutieren sind. Was aber dem Leser des Entwurfs sofort ins Auge fällt, sind die zahlreichen organisatorischen Neustrukturierungen in vielen Geschäftsbereichen der Landesverwaltung, etwa die der Staatskanzlei, des Finanzministeriums, des Umweltministeriums, aber auch des Landwirtschaftsministeriums. Die Neustrukturierungen umfassen die Auflösung, aber auch die Zusammenlegung von Behörden im nachgeordneten Bereich verschiedenster Ministerien. Für zumindest bedenkenswert halte ich die Regelung zu den Behördensitzen der neustrukturierten Geschäftsbereiche. Diese wurden in dem vorliegenden Gesetzentwurf auf Erfurt oder Jena festgelegt, obwohl bereits eine Vielzahl an Landesbehörden in Erfurt und Jena ansässig sind und darüber hinaus die beiden Städte im Vergleich zu anderen Ecken in Thüringen
wirtschaftlich und infrastrukturell sehr gut dastehen. Ich bin überzeugt, dass es dem ländlichen Bereich guttun würde, wenn sich dort mehr Landesbehörden ansiedeln, denn jeder von uns kann sich an eine Vielzahl von emotional geführten Debatten erinnern, in denen es um das Aussterben der Thüringer ländlichen Gebiete mit allen Nebenwirkungen ging, wie Infrastrukturdefizite, geringe Schulauslastung, wenig Kaufkraft, rückgängiger Mittelstand etc. Mit der Ansiedlung eines verlässlichen und mitarbeiterstarken Arbeitgebers auf dem Land wie dem des öffentlichen Dienstes sind Potenziale zur Attraktivitätssteigerung des ländlichen Bereichs verbunden, auf die man meiner Meinung nach nicht verzichten sollte. Schließlich werden viele Mitarbeiter aus den Landesbehörden in den nächsten Jahren in Rente oder in Pension gehen. Wenn der digitale Wandel in den Verwaltungen mit gleicher Geschwindigkeit wie bisher voranschreitet, dann werden viele entstehende Personallücken auch mit neuen jungen Mitarbeitern nachbesetzt werden müssen, die mit ihren Familien dem ländlichen Raum wieder Leben einhauchen. Thüringen ist zudem klein genug, sodass ein Umzug von Landesbehörden in den ländlichen Raum auch keine allzu große Last für diejenigen Mitarbeiter darstellt, welche bereits in den Behörden arbeiten, im Umkreis der Behörden wohnen und dann aber eben zukünftig pendeln müssen. Der Umzug in einige der vielen leer stehenden Gebäude im Eigentum des Landes Thüringen auf dem Land kann letztlich auch als eine Personalmarketingmaßnahme im Wettbewerb um die besten Köpfe verstanden werden, denn viele Behördendienststellen, beispielsweise die TLUG in Jena, sind in einem derart abgenutzten Zustand, dass angezweifelt werden darf, mit der vorzufindenden Arbeitsumgebung einen Beitrag zur Mitarbeitermotivation zu leisten.
Liebe Kollegen, ich möchte Sie bitten, im zuständigen Ausschuss die Festlegung der Behördenstandorte gründlich zu überdenken und ergebnisoffen zu diskutieren. Herzlichen Dank.
Frau Staatssekretärin, herzlichen Dank für die Ausführungen. Ich hätte eine Nachfrage. War die Förderung des Bauvorhabens abhängig von einer bestimmten Anzahl von Besuchern und wenn ja, welche Vorgaben waren zu erfüllen?
Herzlichen Dank.
Baustopp des Parkplatzes in Seitenroda seit mehr als zwei Jahren
Seit mehr als zwei Jahren sind an dem Bauvorhaben des am Fuße der Leuchtenburg hangabwärts gelegenen Parkplatzes keine nennenswerten Fortschritte etwa in der Herstellung der ungeteerten Zusatzparkflächen oder der Baumbepflanzung zu verzeichnen. Auch ein verkehrstechnisch dringend notwendiger Zebrastreifen zur sicheren Überquerung der Straße vor dem Kreisverkehr fehlt nun schon seit Inbetriebnahme.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Gründe führt die Landesregierung an, die für den Stillstand des Parkplatzbaus an einem bedeutenden kulturhistorischen Gebäude wie der Leuchtenburg verantwortlich sind?
2. Unter welchen Nebenbestimmungen und Auflagen wurde die Baugenehmigung für den Parkplatzbau erteilt?
3. Gibt es seitens der zuständigen bauaufsichtlichen Behörde Termine oder Fristen, welche einen Fertigstellungstermin des Parkplatzes terminieren?
Frau Präsidentin, liebe Kollegen Abgeordnete, ganz kurz zum Statement von Frau Liebetrau: Frau Liebetrau, Sie sagten, dass die Kommunen nicht genügend Zeit gehabt haben, sich mit dem Gesetzentwurf zu befassen. Ich möchte einfach mal darauf hinweisen, dass elektronische Bauanträge nichts anderes sind als elektronische Verwaltungsverfahren im Sinne des Thüringer E-Government-Gesetzes. Dieses Thüringer E-Government-Gesetz haben wir hier einige Male beraten und die Kommunen hatten in der Tat genügend Zeit, ihr Statement zu hinterlassen, wie sie dem elektronischen Verwaltungsverfahren gegenüber aufgeschlossen sind. Beide kommunalen Spitzenverbände teilen die grundsätzliche Ansicht, dass elektronische Verwaltungsverfahren positiv zu beurteilen sind. Und von daher kann ich Ihre Kritik nicht wirklich nachvollziehen. Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen, ich denke, jedem ist noch der Debattenbeitrag aus der gestrigen Plenarsitzung im Kopf. Es ging um die Änderung der Thüringer Bauordnung. In einem sehr emotionalen Debattenbeitrag wurde von Frau Mühlbauer dafür geworben, das Gesetz noch mal an den zuständigen Ausschuss zurück zu überweisen, weil sie möchte, dass zukünftig beispielsweise Bauanträge auch elektronisch bei den Behörden eingereicht werden sollen. Jetzt ist es ja so, dass so ein Bauantrag noch eine Vielzahl an Nachweisen beinhaltet, also an irgendwelchen behördlichen Entscheidungen, die in den originären Behörden liegen – bereits seit Jahren liegen –, die diese Nachweise irgendwann auch mal ausgestellt haben. Das trifft nicht nur beim Bauantrag zu, sondern es trifft auch bei fast jeder Verwaltungsleistung zu, dass der Bürger oder das Unternehmen eine Vielzahl an Nachweisen beibringen muss, zusammensuchen muss. Das kostet den Bürger sehr viel Geld und Zeit und es raubt natürlich auch dem Unternehmen sehr viel Zeit und sehr viel Geld.
Dass es so ist, kann man begründen. Als Begründung ist das Zweckbindungsprinzip zu nennen. Das Zweckbindungsprinzip besagt, dass personenbezogene Daten nur für den originären Zweck verarbeitet werden dürfen. Aber die Datenschutz-Grundverordnung hat Öffnungsklauseln parat gestellt und eine davon ist zum Beispiel die Einwilligung – das heißt, wenn ein Bürger einwilligt, dass diese Daten für einen fremden Zweck nachgenutzt werden dürfen, dann dürfen diese Daten auch nachgenutzt werden. Allerdings halte ich eine Einwilligung bei einem zukünftigen One-Stop-Government nicht wirklich für zielführend und pragmatisch. Eine andere Möglichkeit ergibt sich dadurch, wenn man die in der Datenschutz-Grundverordnung dargelegte Öffnungsklausel mitgliedstaatlich umsetzt, indem man per Gesetz oder per Rechtsordnung das sogenannte Once-Only-Prinzip umsetzt. Es ist also erlaubt, dass Behörden untereinander die Daten austauschen, dass also die Daten laufen, die Daten anfangen zu wandern und nicht mehr der Bürger. Und genau auf dieses Ziel zielt mein Änderungsantrag ab – und mit einem Stück Freude habe ich auch wahrgenommen, dass auch der Herr Gentele auf die gleiche Regelung abzielt – und ich möchte das Hohe Haus darum bitten, diesem Antrag zuzustimmen. Herzlichen Dank.
Herr Präsident, liebe Kollegen Abgeordnete, zunächst möchte ich meine Freude bekunden, dass nach 20 mehr oder minder zielführenden Debattenjahren um das Thema „E-Government“ die Regierung des Landes Thüringen ein Gesetz vorgelegt hat, welches nun endlich Landes- und Kommunalbehörden verpflichtet, Bürgeranliegen zukünftig elektronisch entgegenzunehmen und sie auch zu bearbeiten.
Die Landesregierung setzt damit den richtigen Impuls, um das umständliche, träge und zuweilen realitätsferne Verwaltungshandeln der Lebenswirklichkeit der Thüringer Bürger anzupassen.
Wo sich der Gesetzgeber 20 Jahre lang Zeit für einen Gesetzentwurf gelassen hat, dort sollen die Kommunen in einem Viertel der Zeit dieses Gesetz umsetzen, welches umfangreiche technische und organisatorische Restrukturierungen in nahezu allen Verwaltungsabteilungen hervorruft. Meine lieben Kollegen Abgeordneten, die Durchführung dieser Restrukturierungen, insbesondere in den unteren Verwaltungsebenen, macht sich aber nicht allein. Dafür braucht es williges und motiviertes Fachpersonal mit Durchsetzungskraft und Spezialwissen. Genau dieses gibt es eben zu wenig in den Kommunalbehörden. Und die paar Leistungsträger, die diese Eigenschaften mitbringen, thronen lieber in ihren Elfenbeintürmen, abgeschieden und weit weg von der Wirklichkeit, anstatt sich nach unten zu bewegen und genau das zu tun, was die Bürger erwarten, nämlich historisch gewachsene Strukturen aufzubrechen, um die Verwaltung schlanker, digitaler, mit einem klaren, ergebnisorientierten Fokus zu gestalten.
Wie also kann die Veränderungsbereitschaft und der Willen in den Kommunen derart stimuliert werden, dass bis zum Jahr 2022 landes- und bundesweit ein gleiches Niveau an digitalen Verwaltungsleistungen besteht? Idee Nummer 1: Die Dachverbände der Städte und Gemeinden sowie Landkrei
se wirken derart positiv beeinflussend, dass die unteren Verwaltungsebenen aus eigener Kraft die Umsetzung des E-Governments wuppen. Nachdem jedoch der Chef vom Deutschen Städte- und Gemeindebund ernsthaft auf die Idee kommt, offenes Regierungshandeln zu verwerfen, indem er Open Government Data eine Absage erteilt, und der Deutsche Landkreistag im Behördenspiegel darüber sinniert, dass die Kommunen vom OZG nicht betroffen wären, muss man feststellen, dass die Dachverbände kommunaler Gebietskörperschaften keine geeigneten Partner sind, um das E-Government in den untersten Verwaltungsebenen umzusetzen.
Idee Nummer 2: Die Landesregierung schafft sogenannte Basiskomponenten zur Nachnutzung in den kommunalen Gebietskörperschaften. Dadurch verringern sich die Investitionskosten auf kommunaler Ebene und dies wirkt sich positiv auf den Veränderungswillen kommunaler Behörden aus. Aber auch die Idee Nummer 2 funktioniert nicht ohne Begleitmaßnahmen, denn das Land Thüringen verfügt bereits über Erfahrungen, in denen landesseitig bereitgestellte technische Komponenten keine kommunale Nachnutzung erfahren haben – und zwar im Zusammenhang mit dem Aufbau der Geodateninfrastruktur.
Meine Damen und Herren, wenn man was wuppen will, dann muss man der Realität ins Auge blicken und konsequent handeln. Um die kommunale Schwäche der kleinteiligen Struktur des Freistaats Thüringen etwas zu kompensieren, schlage ich in meinem Änderungsantrag die Bildung eines Pflichtverbands als Begleitmaßnahme vor. In diesem Verband müssen sich die Kommunen organisieren und profitieren durch kostensenkende Synergien bei gleichzeitiger Anhebung der Qualitätsstandards ihrer Leistungen.
Ein weiterer wichtiger Änderungsvorschlag betrifft § 4, den ich dahin gehend erweitert habe, dass die kontinuierliche Weiterentwicklung des zentralen EGovernment-Portals stets nutzerzentriert erfolgen soll.
Im Weiteren sehe ich keinen Sinn darin, unterschiedliche Standards für die Veröffentlichung behördlicher Daten in öffentlichen Netzen zu schaffen, sondern spreche mich dafür aus, dass festgelegte Kategorien behördlicher Daten in einem Transparenzregister nach einem einheitlichen Standard zu veröffentlichen sind. An dieser Stelle erinnere ich die Landesregierung höflichst, den Parlamentsbeschluss vom Juni 2016 zu respektieren und endlich dem Landtag einen Entwurf für ein Transparenzgesetz vorzulegen.
Ich bitte um Zustimmung zu meinem Antrag. Herzlichen Dank.
Selbstverständlich, Herr Präsident.
Kommunikations- und Argumentationsdefizite im Gesetzgebungsverfahren Nationales Naturmonument „Grünes Band Thüringen“
Im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Ausweisung des Grünen Bandes Thüringen als Nationales Naturmonument setzten betroffene Interessenverbände den Fragesteller in Kenntnis über Kommunikations- und Argumentationsdefizite vor der Einreichung des Gesetzentwurfs in den Landtag.
Ich frage die Landesregierung:
1. Ist es zutreffend, dass das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz einem oder mehreren anzuhörenden Verbänden oder Bürgern trotz deren Anfrage im Rahmen des Beteiligungsverfahrens bei der Landesregierung, des Umweltinformationsgesetzes und/oder des Thüringer Informationsfreiheitsgesetzes den Zugang zu Unterlagen zum Hintergrund und Ausweisungsprozess des Nationalen Naturmonuments verweigert oder verzögert hat und wie begründen Sie dieses Handeln?
2. Ist es zutreffend, dass das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz für eine Ausweisung des Grünen Bandes Thüringen als Nationales Naturmonument über keine stichhaltige Begründung mit Bezug auf die Erfüllung der Unterschutzstellungsvoraussetzungen nach § 24 Abs. 4 Satz 1 Bundesnaturschutzgesetz, insbesondere dem Kriterienkomplex herausragende Bedeutung „wegen ihrer Seltenheit, Eigenart und Schönheit“ verfügt, insbesondere auch angesichts des ausführlichen Endberichts des Instituts für Naturschutz und
Naturschutzrecht Tübingen zu Nationalen Naturmonumenten vom Januar 2014 sowie der Abhandlung von Füßer und Nowak zu den Rechtsproblemen bei der Unterschutzstellung des Grünen Bandes Thüringen, die jeweils zu dem Ergebnis kommen, dass die Ausweisungsvoraussetzungen nicht gegeben sind, und wenn nein, wie wird der Kriterienkomplex aus Sicht der Landesregierung erfüllt?
3. Ist es ferner zutreffend, dass sich das Bundesumweltministerium mit welcher Argumentation geweigert hat, eine Feststellung des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz, dass Seltenheit und vor allem Eigenart nach § 24 Abs. 4 Nr. 2 Bundesnaturschutzgesetz hinreichend belegt sind, mitzutragen?
4. Mit welchen rechtlichen Schritten durch betroffene Bürger, Kommunen oder Verfassungsorgane ist möglicherweise zu rechnen und wie beabsichtigt die Landesregierung, diese Risiken abzusichern?
Herzlichen Dank für die Beantwortung, Herr Staatssekretär Möller. Ich hätte eine Nachfrage: Ist es zutreffend, dass die Unterschutzstellung eines sogenannten Entwicklungsnaturmonuments, in welchem die Lücken bei Ausweisung noch nicht geschlossen sind, aus Sicht des BMU und BfN so nicht möglich ist und wenn nein, wie begründen Sie Ihre Auffassung?
Ich hätte noch eine weitere Frage. Da BMU und Ihr Ministerium auf einer Linie sind, können Sie den Abgeordneten, die sich mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Ausweisung des Grünen Bandes als Nationales Naturmonument befassen, die Einvernehmenserklärung einschließlich des damit zusammenhängenden Schriftverkehrs zwischen BMU, BfN und TMUEN zur Verfügung stellen?
Herzlichen Dank. Ich hatte parallel noch eine Besuchergruppe und entschuldige mein Zuspätkommen.
Frau Präsidentin, liebe Kollegen Abgeordnete, wenn ich von den Thüringer Bürgern gefragt werde, welche Leistungen die Landesregierung im Bereich der Verwaltungsdigitalisierung seit 2014 erbracht hat, dann antworte ich denen, dass die Landesregierung eine realistische Chance hat, Geschichte zu schreiben, indem sie nämlich endlich begonnen hat, die staubige Servicewüste vieler Thüringer Kommunen durch die Bereitstellung digitaler KillerApps zu einem Blockbuster öffentlicher Verwaltungsleistungen zu machen, was letztendlich dem öffentlichen Wohl in Bezug auf Servicequalität zugutekommt.
Damit Verwaltungsdigitalisierung tatsächlich auf der Habenseite der Landesregierung landet, ist die Landesregierung neben der Vorlage eines gesetzlichen Rahmens zur Verwaltungsdigitalisierung dazu aufgefordert, sich Gedanken zur Umsetzung des rechtlichen Rahmens bei den Normadressaten zu machen. Durch die Gebietsreform wären von den 500 höchst schwierig zu lenkenden Normadressaten vielleicht noch 120 übrig geblieben, die aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit auch die nötige Fitness mitgebracht hätten, das E-Government-Ge
setz so umzusetzen, dass stichtagsbezogen ein echter Mehrwert für die Bürger erkennbar gewesen wäre. Durch das Scheitern der Gebietsreform ist man nun auf den Joker angewiesen, den der Ministerpräsident, Herr Bodo Ramelow, als Gebietsreform mit neuer Qualität bezeichnet hatte. Und diesem Joker möchte ich mit meinem Änderungsantrag ein Gesicht geben und verstehe unter einer neuen Qualität interkommunaler Zusammenarbeit die Gründung eines Pflichtverbands zur Umsetzung des E-Government-Gesetzes. Neue Qualität schon allein deshalb, weil von den Regelungen zur Gründung eines Pflichtverbands nach § 25 Thüringer Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit bislang in Thüringen noch kein Gebrauch gemacht wurde. Die Gründung eines Pflichtverbands folgt auch der von der Landesregierung bisher vertretenen Intention, die kommunale Familie zur Schaffung von leistungs- und verwaltungsstarken Gebietskörperschaften zu verpflichten, sofern sie innerhalb einer Freiwilligkeitsphase keine geeigneten Maßnahmen ergreifen.
In Bezug auf das Thüringer E-Government möchte ich hier einmal feststellen, dass die Freiwilligkeitsphase zur Umsetzung des kommunalen E-Governments seit knapp 20 Jahren andauert und bislang weder nennenswerte noch sehenswerte Maßnahmen von der kommunalen Familie ergriffen worden sind, um elektronische Verwaltungsleistungen in Thüringen umzusetzen. Die Freiwilligkeitsphase ist aus meiner Sicht auf ganzer Linie gescheitert und genau deshalb möchte ich mit meinem Änderungsantrag den Startschuss für die Pflichtphase geben. Ohne einen Pflichtverband besteht das Risiko, dass der zeitliche Rahmen des Onlinezugangsgesetzes und des Thüringer E-Government-Gesetzes nicht von jeder Gemeinde eingehalten wird. Ohne einen Pflichtverband lässt sich die Wertschöpfungskette öffentlicher Verwaltungsleistungen weder vertikal noch horizontal in jeder Gemeinde neu gestalten. Ohne einen Pflichtverband können Synergieeffekte in der Umsetzung des Thüringer E-Governments in den Bereichen des Datenschutzes, des IT-Managements und des Projektmanagements, die Anpassung kommunaler IT-Fachverfahren und die Umsetzung übergeordneter Vorgaben des IT-Planungsrats nicht erreicht werden. Und ohne einen Pflichtverband besteht auch ein hohes Risiko dahin gehend, dass die Gemeinden bis 2020 vielleicht einige isolierte Verwaltungsleistungen medienbruchfrei und digital gestaltet haben, diese sich jedoch nicht an den Lebenslagen der Bürger orientieren und schlussendlich einen geringen Nutzwert aufweisen.
Meine Damen und Herren, mit dem Zwang, dass die Kommunen einem pflichtigen Zweckverband beitreten müssen, schaffen wir für alle Mitarbeiter im öffentlichen Dienst in Thüringen gleiche berufliche Entwicklungschancen ohne Benachteiligungen. Damit meine ich, dass mit dem technischen Fort
schritt die Aufwertung der Arbeit im öffentlichen Dienst verbunden ist. Dabei gilt es, die Potenziale digitaler Wertschöpfungsketten und smarter Verwaltungsleistungen optimal auszuschöpfen und gleichzeitig den Bedürfnissen der Beschäftigten gerecht zu werden. Ich bitte deshalb um Ihre Zustimmung. Herzlichen Dank.
Herr Präsident, liebe Kollegen Abgeordnete, Datenschutz und Informationsfreiheit sind zwei Begriffe, die sich jahrelang gegenüberstanden und als nicht vereinbar galten. Diese Tatsache spiegelt sich in vielen Thüringer Behörden heute noch wider, indem die sogenannten Datenschutzgründe inflationär und als letzte Ausrede verwendet werden, um den fehlenden Willen der Behörden zu kaschieren oder zu rechtfertigen, sich in Richtung Digitalisierung neu auszurichten. Dies ist einer der Hauptgründe dafür, dass der Begriff „Datenschutz“ gesellschaftlich negativ konnotiert ist, weil mit dem Begriff stets mitschwingt, dass irgendwas nicht funktioniert, und wenn was funktioniert, dann halt viel zu kompliziert.
Meine Damen und Herren, ich bin froh, dass das Land Thüringen über den Beamten Herrn Dr. Lutz Hasse verfügt, der die Kohlen aus dem Feuer holt und dem öffentlichen Sektor durch viele Initiativen und Workshops aufzeigt, dass Datenschutz in Einklang mit der Informationsfreiheit gebracht werden kann.
Ich bin auch darüber glücklich, dass es eine Behörde gibt, die dem Begriff „Datenschutz“ wieder einen positiven Anstrich verleiht, nämlich dass der Datenschutz in erster Linie ein Bürgerrecht ist und nicht dazu missbraucht werden soll, um altbackenes Behördenhandeln zu rechtfertigen.
Ich bin ein Stück stolz auf eine Thüringer Behörde wie die des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, die immer und immer wieder weit über den Tellerrand hinausschaut, um adäquat Antworten auf aktuell gesellschaftliche Themen zu finden und dabei parallel innerhalb kürzester Zeit individuelle Bürgeranliegen mit hohem Engagement bearbeitet, wie aus den Tätigkeitsberichten zu entnehmen ist. Ob Themen wie Big Data, Arbeiten mit 4.0, Facebook, WLANNutzung – Dr. Hasse und sein Team arbeiten in
höchstem Maße kundenorientiert, sie geben Antworten auf Fragen, die den Bürgern zur Stunde unter den Nägeln brennen.
Als ganz besonders angenehm empfinde ich, wie rücksichtsvoll und leise die Behörde um Dr. Hasse auftritt, wenn es um die finanzielle Ausstattung geht. Im Gegensatz zu den Kommunen, die bei jeder neuen Gelegenheit Finanzspritzen fordern, ist die Behörde des TLfDI genügsam, obwohl die Arbeitsbelastung ständig steigt.
Wenn unser Wirtschaftsminister Herr Tiefensee um ein Mehr an Technologieunternehmen in Thüringen wirbt, so muss der Freistaat Thüringen auch über ein Mehr an Serviceangeboten verfügen, um den Mittelstand im Wirtschafts-4.0-Sektor in Datenschutzbelangen zu beraten. Andernfalls drohen der Wirtschaft nicht händelbare Risiken im Zusammenhang mit den drakonischen Sanktionen der EU-Datenschutz-Grundverordnung. Selbstverständlich steigt die Arbeitsbelastung auch in anderen Gebieten, denn der Fortschritt in der Technologie geschieht in immer kürzeren Zyklen; das heißt, die Mitarbeiter der Datenschutzbehörde eignen sich ständig neues Know-how in der Technologiefolgenabschätzung an, um datenschutzrelevante Aussagen treffen zu können.
Liebe Kollegen, ein im Technologiebereich gepflegter Grundsatz lautet: Never change a running system. Dieser Grundsatz ist auch auf die Thüringer Datenschutzbehörde zu übertragen. Sie arbeitet meines Erachtens professionell, zukunftsorientiert und darüber hinaus auch noch sparsam. Es gibt keinen Anlass, dieses System zu ändern. Wer meint, der Fall Immelborn sei ein solcher Anlass, dem sei gesagt, dass nach drei Jahren Untersuchungsausschuss kein rechtswidriges Verhalten von Herrn Dr. Hasse nachweislich festgestellt wurde, dass auf Basis hypothetischer Unterstellungen die Aussagekraft des Gutachtens von Frau Prof. Dr. Spiecker gleich null ist und dass wir in einem Rechtsstaat leben, in dem die Unschuldsvermutung so lange gilt, bis nichts Gegenteiliges nachgewiesen wird.
Herr Scherer, wenn Sie jetzt meinen, Herrn Dr. Hasse wegen eines Verwaltungsakts irgendwie zu diskreditieren: Ich weiß nicht, ob Sie wissen, wie viele rechtswidrige Verwaltungsakte von CDU-geführten Behörden zurückgenommen werden. Da sollten Sie sich mal informieren. Wenn man dann die Forderung aufmacht, dass dann stets der Bür
germeister den Hut nehmen muss, dann hätten wir hier in Thüringen Dauerwahlen. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kollegen Abgeordnete, der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung ist nicht irgendein Gesetz, sondern – wenn man es so will – ein Einband für einen Buchblock, der sämtliches materielles und formelles Recht beinhaltet und damit den Leistungskatalog der öffentlichen Verwaltung für ihre Kunden bestimmt. Achtung: Begrifflichkeit „Kunden“ und nicht wie bisher „Bittsteller“. Wenn das E-Government-Gesetz ein Bestseller werden soll, dann ist es notwendig, dass der Einband inhaltlich auch mit dem Buchblock zusammenfällt. Das heißt im Klartext, dass die Aufgabenkritik einschließlich Normenscreening abgeschlossen werden sollte, bevor man kommunale Verwaltungsverfahren in elektronischen Geschäftsprozessen abbildet, andernfalls führt es zu Umsetzungsverzug und Mehrkosten.
Ein Bestseller ist auch nicht in wenigen Monaten niedergeschrieben. Das soll heißen, dass ich die Deadline zur Fertigstellung des elektronischen Zugangs gemäß § 9 zum Januar 2019 für zu ambitioniert halte, und zwar deshalb, weil a) ohne eine zeitgleiche Novellierung des Thüringer Datenschutzgesetzes nach der Datenschutz-Grundverordnung die Voraussetzung für technische Entwicklungen des angestrebten Datenflusses zwischen den Behörden fehlt, b) ein Dreivierteljahr für die notwendigen technischen und organisatorischen Neustrukturierungen innerhalb einer der vielen schwachen Kommunen viel zu kurz ist und c) der Gesetzentwurf noch inhaltlich ein paar Fragen aufwirft. Im avisierten Umsetzungszeitraum kann man vieles machen, aber eines nicht, nämlich das Gesetz so umsetzen, dass es dem größtmöglichen Kundennutzen entspricht. Also sprechen wir von einer Eins-zu-eins-Transformation papiergebundener Anträge in elektronische Anträge oder sprechen wir von lebenslagenorientierten Leistungsbündeln?
Liebe Kollegen, eine App kann man nur einmal launchen. Aber wenn man das vergeigt, wartet man auf eine zweite Chance und auf zweites Vertrauen ewig – und das leider dann zulasten der erhofften Einsparpotenziale. Genau hier kann aber die neue Qualität der Gebietsreform gemessen werden, etwa durch den Erfolg bei einer Einsetzung eines kommunalen Pflichtverbands, der Blaupausen für lebenslagenorientierte Leistungsbündel herstellen kann, die von den Kommunen akzeptiert und nachgenutzt werden können.
Nun noch ganz kurz zu den offenen Fragen. Erstens: Wie sollen komplexe Interaktionen über die einheitliche Stelle ThAVEL ausgestaltet sein, etwa bei dem Fall des E-Payments, wenn Teilkosten eines Leistungsbündels zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht bekannt sind, etwa wenn Behörden in Thüringen Nachweise bei Behörden anderer Länder anfordern?
Zweitens: Wie soll ein Verwaltungsakt zur Abholung bereitgestellt werden, wenn das Servicekonto keine Postfachfunktion beinhaltet?
Drittens: Welche Daten darf das Servicekonto speichern, damit bevollmächtigte Kunden, die in Verantwortung gegenüber Dritten handeln, Verwaltungsangelegenheiten auch elektronisch durchführen können?
Viertens: Warum gibt sich der Gesetzentwurf mit den mageren Forderungen in § 21 zufrieden, statt einen neuen Artikel in das Mantelgesetz einzuführen, der „Transparenzgesetz“ heißt? Schließlich steht a) die Einbringung des Transparenzgesetzes immer noch aus und b) hat sich der dafür zuständige neue Innenminister zu Verwaltung 4.0 bekannt und die erfordert nun einmal Daten; ansonsten ist jeder Cent in die Hardware eines cyberphysischen Objekts fehlinvestiert.
Fünftens: Warum wird die technische Funktionsweise der E-Government-Infrastruktur derart festgezurrt, dass Kunden in der Beanspruchung elektronischer Verwaltungsleistungen einen wahren Einwilligungsmarathon hinlegen müssen, anstatt Verpflichtung und Befugnis zur Datenübermittlung im Gesetzentwurf klar voneinander zu trennen und die Befugnis zum Zweck einer Datenverarbeitung im Sinne des Once-Only-Prinzips über die Öffnungsklauseln in Artikel 6 Abs. 4 Datenschutz-Grundverordnung zu gestalten.
Liebe Kollegen, meine Zeit neigt sich dem Ende. Deshalb beabsichtige ich, meine umfangreichen Vorschläge en détail in den federführenden Ausschuss einzubringen, und freue mich auch über eine konstruktive Zusammenarbeit. Der federführende Ausschuss sollte meines Erachtens der Haushalts- und Finanzausschuss sein, aber in puncto Transparenzgesetz sollte aus meiner Sicht auch der Innen- und Kommunalausschuss mitangehört werden. Merci.
Absicherung der zweiten Phase der Lehrerbildung für Seiteneinsteiger
Wie aus der Presse zu entnehmen ist, plant die Landesregierung, den Lehrermangel unter anderem mit der Einstellung von Seiteneinsteigern zu kompensieren. Dabei soll die pädagogische Nachqualifizierung der Seiteneinsteiger berufsbegleitend erfolgen. Hierfür ist es jedoch notwendig, dass genügend Kapazitäten für die zweite Phase der Lehrerbildung vorhanden sind, um die Ausbildungsqualität in den Schulen zu gewährleisten.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie viele Kapazitäten haben die jeweiligen Studienseminare und Seminarschulverbände in den Jahren 2018 und 2019 für Seiteneinsteiger?
2. Wie viele Altersabgänge in Personen und Stunden erwartet die Landesregierung in den Jahren 2018, 2019 und 2020 bei den Lehrkräften an den Studienseminaren und Seminarschulverbänden?
3. Plant die Landesregierung, das Thüringer Besoldungsgesetz in der aktuellen Legislatur dahin gehend zu verändern, dass für die Fachleiter für Studienseminare ein eigenes Amt vorgesehen wird, und wenn nein, welche Haltung nimmt die Landesregierung zu dem derzeitig laufenden Klageverfahren der GEW Thüringen vor dem Bundesverfassungsgericht ein?
4. Welche konkreten Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um welchen seitens der Landesregierung prognostizierten Bedarf an Fachleitern zur Lehramtsanwärterausbildung einschließlich der Seiteneinsteigerausbildung für die Jahre 2018, 2019 und 2020 zu decken?
Herzlichen Dank. Ich hätte eine Nachfrage: Wie hoch ist denn das eingepreiste Budget in Ihrem Haushaltsentwurf, um die Qualifizierung von Seiteneinsteigern in jedem Fall sicherzustellen?
Herzlichen Dank. Liebe Kollegen Abgeordnete, zu dem vorliegenden Antrag der rot-rot-grünen Fraktionen habe ich einen Änderungsantrag gestellt, den ich wie folgt begründen möchte:
Mein Änderungsantrag zielt darauf ab, die gegenwärtige Arbeitswirklichkeit des Abgeordneten in unsere parlamentarischen Spielregeln einzubeziehen, denn der Abgeordnete ist vorrangig in seinem Wahlkreis anzutreffen. Deshalb wird durch ein ortsund zeitunabhängiges Entnahmesystem für Begleitdokumente eines Gesetzentwurfs seine Arbeitswirklichkeit besser abgebildet als durch das Landtagspostfach im Erfurter Landtag. Deshalb empfehle ich in meinem Änderungsantrag, dass die Zurverfügungstellung aller relevanten Dokumente in einem Gesetzgebungsprozess obligatorisch elektronisch erfolgen soll und nicht wie bisher in papiergebundener Druckfassung.
Herzlichen Dank. Damit verbunden ist natürlich auch die Zielstellung, der täglichen Papierflut Herr
zu werden sowie einen – zumindest aus Umweltsicht – ressourcenschonenden Beitrag zu leisten.
Hierzu möchte ich anmerken, dass die Thüringer Landesverwaltung im Jahr 2016 knapp 800 Tonnen Papier verbraucht oder – anders ausgedrückt – einen A4-Papierstapel von knapp 16 Kilometern Höhe erzeugt hat. Der Anteil des Papierverbrauchs im Landtag lag bei 23 Tonnen, zwar nur ein Bruchteil vom Gesamtpapierverbrauch, aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, jede Tonne Papier, die bedruckt werden muss, ist eine Tonne zu viel,
wenn der Herstellungsprozess eines Druckerzeugnisses länger dauert als die Nutzung des Druckerzeugnisses. Wenn man sich mit den Servicekräften hier im Landtag unterhält, dann wird genau dieses Missverhältnis zwischen Kosten und Nutzungsdauer bestätigt.
Eine weitere Motivation meines Änderungsantrags war die, dass wir als Abgeordnete in unserer Verhaltensweise auch eine Vorbildfunktion erfüllen sollten, auch im Politikfeld der Digitalisierung. Seit Sommer dieses Jahres ist der Referentenentwurf zum E-Government-Gesetz veröffentlicht. Damit verbinde ich die Hoffnung, dass wir im Jahr 2018 endlich den Turbo für die seit Jahren notwendige Digitalisierung von Verwaltungsleistungen zünden können.
Die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen geht aber nicht nur mit der Nutzung von computergestützten Werkzeugen einher. Nein, vielmehr erfordert sie einen disruptiven Wandel in der Arbeitsund Denkweise der Verwaltungsangestellten in Thüringen. Weil das so ist, können wir uns als Abgeordnete nicht das Recht herausnehmen, eine Arbeitsweise wie vor 20 Jahren an den Tag zu legen, sondern auch wir sollten mit einem guten Beispiel vorangehen und auch unsere Arbeitsweise an die nicht mehr aufzuhaltende Digitalisierung in allen Lebenslagen anpassen.
Mit dem Abgeordneteninformationssystem besitzt die Landtagsverwaltung ein leistungsfähiges System und bietet damit die Voraussetzung, auch die parlamentarischen Prozesse nach dem Motto „Digital obligatorisch, Print optional“ zu transformieren. Herzlichen Dank.
Verhältnismäßigkeit des Badeverbots am Porstendorfer See
Mit der Webseite www.thueringen-entdecken.de fördert das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft das Tourismusmarketing im Freistaat Thüringen. Aus einer Studie der Dualen Hochschule Gera-Eisenach geht hervor, dass das Tourismussegment Camping- und Badeurlaube in den vergangenen Jahren ein starkes Wachstum verzeichnen konnte. Sehr beliebt ist der Porstendorfer Badesee, der bereits im Jahr 2014 durch offizielle Stellen der Europäischen Union die Note „ausgezeichnet“ erhalten hat und dem im Juli 2016 nach Messungen des Gesundheitsamtes des Saale-Holzland-Kreises eine „Ausgezeichnete Badewasserqualität“ attestiert wurde.
Mit Wirkung zum 16. August 2017 hat die Verwaltungsgemeinschaft Dornburg-Camburg die Nutzung des Porstendorfer Sees zu Badezwecken wegen der Gefährdung von Leben und Gesundheit „durch die Dichte der Wasserpflanzen“ verboten (Amtsblatt Verwaltungsgemeinschaft Dornburg-Camburg, 8/ 2017, Seite 6). Ein Übermaß an kommunal-behördlicher Regulierung konterkariert zum einen die Wirtschaftspolitik des Freistaats Thüringen im Tourismussegment und zum anderen beschneidet sie das Interesse der Allgemeinheit über Gebühr.
Ich frage die Landesregierung:
1. Ist ein Badeverbot in Anbetracht einer weniger Quadratmeter großen Pflanzenfläche innerhalb eines 3,5 Hektar großen Sees angemessen, um Le
ben und Gesundheit der Badegäste zu schützen oder steht der Verwaltungsgemeinschaft ein milderes Mittel, etwa der Einsatz von Absperrbojen in Verbindung mit einer ausreichenden Beschilderung, zur Verfügung?
2. Ist die Anwesenheit einer Badeaufsicht an öffentlichen Badestellen in Thüringen zwingend erforderlich, um beispielsweise kommunale Haftungsrisiken zu begrenzen und auf Grundlage welcher rechtlichen Regelungen begründet die Landesregierung ihre Auffassung?
3. Beabsichtigt die Tourismusförderung des Freistaats Thüringen, finanzschwache Kommunen bei der Anschaffung einer Mindestausstattung für Verkehrssicherheitspflichten im Badebereich (Gefah- renstellenhinweisschilder, Rettungsgeräte, Schwimmbereichshinweise) finanziell zu unterstützen und wenn nein, welche anderen Förderinstrumente stehen grundsätzlich zur Verfügung?
4. Strebt das für den Tourismus zuständige Ministerium eine gemeinschaftliche Lösung zur Aufhebung des Badeverbots mit der Verwaltungsgemeinschaft Dornburg-Camburg an, damit die starke Nachfrage im Tourismussegment Camping und Badefreizeit in Thüringen weiterhin bedient werden kann?
Herr Präsident, liebe Kollegen Abgeordnete! Herr Fiedler, kurz zu Ihnen: Es schickt sich nicht, engagierten Parlamentariern hier das Recht abzusprechen, sich über bestimmte politische Herausforderungen zu äußern.
Ich nehme mir aber dieses Recht heraus, um Sie auf Ihre gedanklichen Irrwege hinzuweisen. Ich denke, Ihre Debattenqualität zum Thema „Gebietsreform“ können Sie ein Stück weit erhöhen, wenn Sie sich bei der Frage „Zuerst Verwaltungsreform und dann Gebietsreform?“ oder „Zuerst Gebietsreform, dann Verwaltungsreform?“ mal mit der ökonomischen Theorie der Bürokratie beschäftigen – namentlich sich mal das Niskanen-Modell durchlesen oder von mir aus auch Parkinsons Gesetz. Dann werden Sie feststellen, dass sich Verwaltungen – insbesondere in der Kommune – niemals von innen heraus ändern werden. Wenn Sie mal in die Historie blicken, haben Sie da zig Beispiele. Ich nenne Ihnen mal das neue Steuerungsmodell in den 90erJahren. Das war ein Flop, ganz einfach, weil das irrsinnig große Organisationsveränderungen in der Kommune bedeutet hätte. Thema „Doppik“ – ein
Flop, Thema „E-Government“ – wird schon seit zehn Jahren diskutiert, ein Flop, weil die Kommunen einfach nicht in der Lage sind, so eine herausfordernde Strukturreform im Inneren umzusetzen. Und was Sie mit einer Freiwilligkeit meinen: Es geht hier nicht um Freiwilligkeit, sondern es geht darum, in der Fläche eine einheitliche Qualität an Verwaltungsdienstleistungen anzubieten.
Und diese Forderung ist nicht nur eine Forderung der Landesregierung. Nein – das ist auch eine Forderung der EU. Die Kommission hat nämlich jetzt ein Papier vorgelegt und in diesem Papier steht, dass die EU innerhalb kürzester Zeit ein europäisches E-Government-Portal etablieren will. Und zwar soll sich der Spanier irgendwann elektronisch ummelden können. Wenn der Spanier – sagen wir mal aus Barcelona – nach Erfurt wandern möchte, dann möchte er seinen Umzug elektronisch mit der Verwaltung organisieren – oder eine Kfz-Anmeldung etc. Das geht aber nur, wenn Sie in der Fläche gesehen kommunale Strukturen bereitstellen, die in der Lage sind, diese Qualität abzudecken. Deshalb ist es einfach wichtig und das zeigt auch, dass genau dieser Ansatz richtig ist: zuerst Gebietsreform – weil die Leute, die nicht freiwillig mitmachen, die müssen natürlich gezwungen werden – und anschließend eine Verwaltungs- und Funktionalreform. Das ist grundrichtig und da braucht man auch gar nicht zu debattieren. Ich habe Ihnen die theoretischen Grundlagen genannt.
Zum Thema „Servicebüros“: Auch dieses Konzept haben Sie überhaupt nicht kapiert. Haben Sie nicht!
Nein, das ist nicht einschläfernd. Sie haben gesagt: Wenn wir Servicebüros in den Kommunen etablieren, dann können wir die kommunale Behörde gleich beibehalten. Dabei verkennen Sie, dass wir mit einem Servicebüro Personalkosten einsparen. Die Sparkassen machen das übrigens auch. Beispielsweise hat die Sparkasse in Buttstädt momentan nicht mehr die fachlichen Experten vor Ort sitzen, um Bürger im Bereich „Wertpapieranlagen“ irgendwie zu beraten. Das heißt, im Land sitzen die Generalisten, in der Zentrale sitzen die Spezialisten. Jetzt ist es schon so, dass die Sparkassen beispielsweise einen Service über Videotelefonie anbieten können, indem der Bürger mit einem Spezialisten in der Zentrale kommunizieren kann, ob er Wertpapiere anlegen möchte oder nicht. Das zeigt Ihnen eigentlich ganz deutlich das Potenzial von Servicebüros und wie man Personalkosten einsparen kann.
Nein, ich habe nicht so viel Redezeit, sorry.
Punkt 3: Wir müssen uns auch vor Augen halten: Wir haben eine Pensionswelle, sagen wir mal in fünf, sechs, sieben, acht Jahren. Mit den Pensionierungen – also mit den Verwaltungsmitarbeitern, die in Pension oder in Rente gehen – haben wir natürlich auch eine Chance, langfristig Personal abzubauen. Deshalb müssen wir bis zu diesem Zeitpunkt die Organisation auf der Kommunalebene so transformieren, dass wir auf die Leute, die dann in Pension gehen, nicht mehr angewiesen sind. Wenn wir es nicht schaffen, müssen die Stellen neu besetzt werden und schon hat der Steuerzahler wieder für die nächsten 35 Jahre jemanden an der Backe, der bezahlt werden muss. Deshalb sollten wir die Chance wahrnehmen und die Herausforderung annehmen. Ich wünsche der Landesregierung sehr viel Erfolg bei der zukünftigen Herausforderung, die Gebietsreform und auch die Verwaltungsreform mit Erfolg durchzuführen und anzugehen.
Herr Präsident, liebe Kollegen Abgeordnete, der Thüringer Landtag als Vertreter der Thüringer Bürger hat am 23.06.2016 einen Beschluss zur Stärkung der Informationsfreiheit und Transparenz gefasst. Darin fordert der Landtag die Landesregierung auf, bis März dieses Jahres ein Transparenzgesetz vorzulegen, das das bisherige Umweltinformationsgesetz integriert. Betrachte ich den vorliegenden Gesetzentwurf, stelle ich fest, dass Frau Ministerin Siegesmund das verfassungsrechtlich verbürgte Demokratieprinzip mit Füßen tritt. Demokratie ist ein Ordnungsprinzip für die Innehabung und Ausübung von Staatsgewalt. Die demokratische Freiheitsidee verwirklicht sich in der parlamentarischen Rückbindung bei der Ausübung öffentlicher Gewalt. Der hier nun vorliegende Entwurf wird ungeachtet der zweifellos bestehenden Notwendigkeit, das ThürUIG an europarechtliche Vorgaben anzupassen, nicht von dem Beschluss aus 2016 getragen. Wenn sich dann Frau Ministerin im Umweltausschuss hinstellt und sagt, dass es zu keinem Zeitpunkt geplant gewesen ist, das Thüringer Umweltinformationsgesetz in ein neu zu schaffendes Transparenzgesetz zu überführen, deutet
das entweder auf Demenz hin oder auf einen autoritären Führungsstil.
Letztere Vermutung stößt mir persönlich schwer auf, habe ich doch die Grünen bislang als glühende Verfechter von mehr Demokratie und Transparenz kennengelernt. Doch diese Grundsätze verlieren scheinbar an Wert, wenn man erst einmal ein Ministeramt ausübt.
Transparenz in dem Zusammenhang ist ein gutes Stichwort: Im Rahmen des Thüringer Informationsfreiheitsgesetzes kann ich als Bürger mit meinem Anliegen zum Informationsfreiheitsbeauftragten gehen, dagegen ist er für das Thüringer Umweltinformationsgesetz eben nicht zuständig. Auch hier bleibt mal wieder der Bürger auf der Strecke, weil man ihm die Möglichkeit vorenthält, sich Hilfe suchend an eine dafür bestimmte Institution zu wenden.
Verehrte Ministerin, es ist im Übrigen auch kein Argument, den Schwarzen Peter dem Innenressort zuzuschieben. Ein Transparenzgesetz kann eben erst dann erarbeitet werden, wenn Sie Ihre Totalverweigerung ablegen.
Was ich mit Ihrer Totalverweigerung noch verbinde, ist der Imageschaden, den Sie dem Ressort, aber auch Ihren Kollegen, Ihren Kabinettskollegen, die sich mit der Verwaltungsdigitalisierung beschäftigen, zufügen, denn noch immer sind Umweltdaten Ihres Ressorts nicht über das zentrale Informationsregister zu beziehen, sondern über einen Wildwuchs an Portalen, auch in Ihren nachgeordneten Bereichen. Sie pfeifen also auf die ZentralisierungsIT-Strategie des Freistaats Thüringen und ziehen nebenbei der Finanzministerin auch noch eine Menge Kohle aus der Tasche, um sie für redundante Rechercheportale, wie sie unter anderem auch das TLUG vorhält, auszugeben. Das führt eben zum Imageschaden, denn wenn man das ZIRT als zentrales Gateway zu Informationen bewirkt, diese dort aber nicht abzurufen sind, dann provoziert man einen Akzeptanzverlust für die E-Government-Initiativen des Landes, und das nur, weil bei Ihnen scheinbar die Sensibilität für das wichtige Thema „Informationsfreiheit“ fehlt. Sie ziehen nicht nur der Finanzministerin das Geld für unnötige Softwareleichen aus der Tasche, nein, auch für eine überbordende Bürokratie bei der Informationsbereitstellung. Nehmen Sie sich ein gutes Beispiel an Frau Minis
terin Keller – und das meine ich wirklich ernst –: Frau Ministerin Keller minimiert die Bürokratiekosten, indem die Daten als Realakt in einem Selbstentnahmesystem bereitgestellt werden. Sie stellen Umweltdaten als Verwaltungsakt bereit, das heißt, in Ihrem Ressort muss jede Datenanfrage individuell geprüft und individuell beschieden werden. Frau Keller minimiert die Bürokratiekosten, indem sie die Daten kostenfrei in einer offenen Datenlizenz bereitstellt und damit natürlich kaum Widerspruchsverfahren provoziert. Sie maximieren die Bürokratiekosten, indem Sie Widerspruchsverfahren durch fragwürdige Gebühren oder durch fragwürdige Versagensgründe in der Datennachnutzung provozieren. Ich werde diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen, da er weder dem Thüringer Wählerwillen entspricht – Stichwort „Landtagsbeschluss 2016“ – noch materiell geeignet ist, um den Informationsanspruch der Bürger annähernd zu befriedigen. Herzlichen Dank.
Frau Siegesmund, Sie haben mich kritisiert und ich möchte gern darauf antworten.
Herzlichen Dank.
Stimmt es, dass Landtagsbeschlüsse, die von den Vertretern des Volkes hier beschlossen worden sind, umzusetzen sind? Und wenn die umzusetzen sind und Sie aber ein Jahr später sagen, dass es zu keinem Zeitpunkt geplant gewesen war, das Thüringer Umweltinformationsgesetz in ein Transparenzgesetz zu überführen, dann kann ich doch mit Recht – und das habe ich auch gemacht – auf diese Diskrepanz hinweisen und Sie auch erinnern, dass das aus meiner Sicht verfassungsrechtlich ein
bisschen fragwürdig ist, dass Sie hier einen Landtagsbeschluss einfach übergehen.
Herr Präsident, liebe Kollegen Abgeordnete, die CDU hinterfragt in ihrem Antrag die Wettbewerbsfähigkeit der Apotheken angesichts des EuGH-Urteils. Wenn wir uns den Sachverhalt aus ökonomischer Sicht mal anschauen, geht die Gefahr jedoch nicht von dem besagten Urteil aus, sondern von ordnungspolitischen Defiziten. Der deutsche Apothekenmarkt ist durch ein Fremdbesitz- und ein eingeschränktes Mehrbesitzverbot gekennzeichnet. So ist nach dem Apothekengesetz der Besitz einer Apotheke approbierten Apothekern vorbehalten und diese dürfen lediglich eine Hauptapotheke und insgesamt drei Filialapotheken führen, wobei sich die Filialapotheken im selben Kreis, derselben kreisfreien Stadt oder im Nachbarkreis der Hauptapotheke befinden müssen.
Ebenso reglementiert es den Vorrat, den eine Apotheke vorzuhalten hat. Dieser muss einem Wochenbedarf entsprechen. Bei circa 10.000 vorgehaltenen Arzneimitteln beläuft sich der Wert eines solchen Lagers auf mindestens 100.000 Euro. Zugleich schreibt die Apothekenbetriebsordnung eine Laborausstattung vor. Die Kosten hierfür belaufen sich auf etwa 35.000 Euro und für die Rezeptur fallen im Schnitt noch weitere 15.000 Euro an – mit dicken Daumen gerechnet. Aufgrund von Erneuerungen und Verschleiß fallen diese Kosten in regelmäßigen Zeitabständen erneut an, und zwar auch für die Filialapotheken. Diese Problematik ist ganz klar als staatlich geschaffene Markteintrittsbarriere zu bewerten. Hinter dieser Regelung steckt die historische Idee, dass jede Apotheke in der Lage sein soll, eine Rezeptur selbst herzustellen oder eine Qualitätsüberprüfung der angelieferten Fertigrezep
turen vorzunehmen. Aber im Hinblick auf die Einnahmen einer Apotheke und die Anzahl der gehandelten Medikamente ist jedoch das Anrühren von Arzneimitteln in der heutigen Zeit nahezu bedeutungslos. Das gilt auch für die Qualitätssicherung, da diese in jedem Pharmaunternehmen selbst eine entscheidende betriebswirtschaftliche Komponente darstellt und die Möglichkeiten eines einzelnen Apothekers weitaus übertreffen dürfte.
Die Vorhaltung der beschriebenen Laboreinrichtung stellt somit eine Duplikation von nicht notwendiger Ausstattung dar, die natürlich zu höheren Kosten als notwendig führt. Eine politische Maßnahme wäre also, eine Kooperation innerhalb eines Apothekenverbunds oder zwischen Apotheken zuzulassen und somit die Betriebskosten deutlich zu senken. Nicht nur die Ausstattung, auch die Medikamentenpreise, das haben wir hier jetzt schon öfter gehört, unterliegen einer strengen Reglementierung. Die zulässigen Preisaufschläge auf der Stufe des Pharmagroßhandels und der Apotheken sind ebenfalls fest vorgegeben.
Wenn die CDU in ihrem Antrag fragt, ob das Urteil des EuGH zu einer Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Apotheken führt, ist dies aus meiner Sicht zu verneinen. Vielmehr stellt eben die staatliche Regulierung ein Hemmnis für den Wettbewerb zwischen den heimischen und Online-Apotheken dar. Während Letztere ihre Preise für verschreibungspflichtige Medikamente nunmehr frei setzen können, sind die heimischen an die gesetzlichen Vorgaben gebunden. Wenn eine Gefahr für die ländlichen Apotheken gesehen wird, dann sollte bei der Preisregulierung angesetzt werden. Dann könnten ländliche Apotheken, um ihren Erhalt zu sichern, auch höhere Preise fordern als städtische Apotheken.
Auch auf den befürchteten zukünftigen Mangel an Apothekern wirkt sich die staatliche Reglementierung aus. Die genannten Investitionen halten potenzielle Apotheker nämlich vom Markteintritt ab. Insofern ist ein möglicher Rückgang der Zahl an Pharmaziestudenten und PTA nicht Kern des Problems. Das EuGH-Urteil sollte daher nicht zu weiterer Regulierung und dem Schutz der heimischen Apotheken führen, sondern den Anlass für die längst überfällige Deregulierung des Apothekenmarkts geben und zum Abbau der beschriebenen Markteintrittsbarrieren und Wettbewerbshemmnisse führen. Das ist aber eine Aufgabe des Bundesgesetzgebers und nicht für uns. Der Antrag der CDU beabsichtigt, das Pferd von hinten aufzuzäumen. Die eigentlichen Probleme werden verkannt. Stattdessen zielt der Antrag darauf ab, das bereits bestehende Übermaß an Regulierung weiter auszuufern. Also zusammenfassend, Herr Zippel: Sie haben keinen einzigen Ball in einen Elfmeter verwandeln können, da die CDU mit ihrer Position hier im Abseits steht.
Und an Frau Herold, die nicht da ist, es scheint wahrscheinlich nicht so von Interesse zu sein:
Ach so! Sorry, alles klar. Doch Interesse, gezwungenermaßen. – Die AfD widerspricht sich selbst. Sonst geben Sie sich hier liberal, insbesondere Herr Möller, und jetzt fordern Sie Regulierung. Sicherstellungszuschläge sind Regulierung. Bei freier Preisbildung regelt das natürlich der Markt.
Mache ich.