gesamt sechs Projekte, in denen förderungsbedürftige junge Menschen praxisorientiert und betriebsnah auf die Aufnahme einer Ausbildung vorbereitet und in der betrieblichen Ausbildung unterstützt werden. Mit der Thüringer Ausbildungsrichtlinie, die im Oktober 2014 für die neue ESF-Förderperiode neu aufgelegt wurde, gibt es grundsätzlich ein bewährtes Instrument zur Unterstützung der Auszubildenden und des Ausbildungsbetriebes. Die Qualität der betrieblichen Ausbildung muss aber immer wieder an die sich verändernde Berufs- und Arbeitswelt angepasst werden. Durch geförderte Ergänzungslehrgänge und überbetriebliche Lehrunterweisungen kann dieser Prozess unterstützt werden. Insbesondere auch die Ausbildung in Kleinbetrieben und im Handwerk profitiert sowohl quantitativ als auch qualitativ von dieser flankierenden Förderung.
Ich möchte abschließend noch mal auf die duale Berufsausbildung eingehen. Diese Ausbildung ist das Rückgrat der Fachkräftesicherung in Thüringen. Wir haben eine durch Klein- und Kleinstbetriebe geprägte Wirtschaftsstruktur und einen hohen Anteil von Facharbeiterberufen in unserer Beschäftigungsstruktur. Insofern bedarf es auch weiterhin einer hohen Ausbildungsbereitschaft der Betriebe, aber auch einer Stärkung des Interesses der jungen Menschen und auch deren Eltern für eine betriebliche Ausbildung.
Ich gebe Frau Rothe-Beinlich da sehr recht: Hierzu ist weiterhin eine gezielte Berufsorientierung in unseren Schulen gefragt. Wir werden sowohl zur Stärkung der dualen Berufsausbildung als auch zur Berufsorientierung und -vorbereitung Schwerpunkte der bereits angesprochenen neuen Thüringer Allianz für Berufsbildung und Fachkräftesicherung setzen. Ich greife noch mal zurück auf das, was auch Frau Engel und Frau Lehmann gesagt haben: Sie haben sehr recht, auch das ist eine Aufgabe an die Unternehmen. Ich nenne die Stichworte: Gute Arbeit – von der Entlohnung über Rahmenbedingungen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen, bis hin zur Qualität von Arbeitsplätzen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ein weiterer wichtiger Schwerpunkt wird auf die Integration von Asylsuchenden und Flüchtlingen in eine berufliche Ausbildung gelegt. Hier hat auch die AfD die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Wir stehen nämlich in engen Gesprächen mit zum Beispiel den IHKs und den HWKs, um ein gemeinsames Unterstützungsprojekt ähnlich dem Beispiel der IHK Erfurt zur Integration von Flüchtlingen und Migranten in Arbeit und Ausbildung auch für ganz Thüringen weiterzuentwickeln. Herzlichen Dank.
e) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Brandanschläge auf die geplanten Flüchtlingsunterkünfte in Rockensußra“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/1036
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer, die Sie noch da sind oder auch sonst wo zuschauen! Spätestens mit den schrecklichen Bildern des ertrunkenen dreijährigen Aylan in der letzten Woche ist vielen, die sich bisher nicht für die Flüchtlinge interessiert haben, klar geworden: Hier spielt sich eine humanitäre Katastrophe ab, vor der wir die Augen nicht verschließen können. Entsprechend gab es auch Reaktionen, auch in Berlin, auch von der Bundeskanzlerin, die gesagt hat: Wir nehmen Flüchtlinge auf. Auch wenn Herausforderungen, die sich aus den Flüchtlingsströmen ergeben, sicherlich auch europaweit sehr viel gerechter verteilt werden könnten: Lebensrettung duldet keinen Aufschub. Lange Zeit waren wir „verschont“. Viele arme Länder haben sehr viel mehr Flüchtlinge aufgenommen und sehr viel mehr auch als wir hier heute erwarten. Jordanien ist immer das Beispiel: Bei einer Bevölkerung von 6 Millionen Einwohnern beherbergt dieses sehr arme Land mittlerweile 1,5 Millionen Flüchtlinge aus Syrien. Das ist ein Anteil von 25 Prozent. Das wäre so, als wenn wir hier in Deutschland 20 Millionen Flüchtlinge aufnehmen würden oder aufnehmen müssten.
Lebensrettung duldet keinen Aufschub. Umso erbärmlicher, dass nach wie vor versucht wird, mit feigen Brandanschlägen Zufluchtsorte zu zerstören, wie das jetzt leider auch in Rockensußra versucht worden ist.
Auch heute Morgen hat es leider in Thüringen wieder einen Fall einer versuchten Brandstiftung gegeben.
Eine übergroße Mehrheit, eigentlich jeder Bürger, der ein bisschen Sitte und Anstand hat, verachtet natürlich solche erbärmlichen, feigen Taten und solche erbärmlichen, widerwärtigen – Entschuldigung, ich muss das so sagen – Täter. So haben sich auch am Montagnachmittag spontan circa 100 Menschen auf dem Marktplatz in Sondershausen eingefunden,
die ihre Abscheu gegenüber den Brandstiftern und ihre Solidarität mit Rockensußra zum Ausdruck gebracht haben. Die Teilnehmer waren Vertreterinnen und Vertreter aller Parteien. Es waren sehr viele Bürgermeister dabei. Es hat der Bürgermeister der Stadt gesprochen. Es waren meine beiden Landtagskolleginnen Babett Pfefferlein und Katja Mitteldorf da. Andere, die an dem Tag nicht kommen konnten, die andere Termine hatten, haben ihre Grüße überbracht. Warum heißt es „Solidarität mit Rockensußra“? Das war das Motto dieser Demonstration. Weil Rockensußra eine Gemeinde ist, die eigentlich ein Vorbild für Integration von Flüchtlingen in den vergangenen Jahren ist. Rockensußra ist eine ganz kleine Gemeinde, ein Ortsteil von Ebeleben. Dort leben 260 Einwohner. Seit 2006 – also schon sehr lange – sind dort Flüchtlinge beheimatet in kleineren Blocks, zweistöckigen Unterkünften. Das sind bis zu 90 Leute, also eine Zahl, bei der man immer sagt, das geht überhaupt nicht, da wird ein Dorf vollkommen überfordert. Dort hat das wunderbar funktioniert. Deswegen war das auch ein Anschlag auf Rockensußra, auf die gelebte Solidarität dort.
Auch die Ortsbürgermeisterin hat auf der Kundgebung gesprochen und hat genau wie auch die Landrätin und die beiden Minister, die morgens auf der Pressekonferenz waren, Herr Lauinger und Herr Poppenhäger, gesagt, wir lassen uns davon nicht einschüchtern. Selbstverständlich geben wir unseren humanitären Verpflichtungen weiter Geltung. Mit Hochdruck Täter suchen, ist das eine, mit Nachdruck weiter Solidarität leben, ist das andere. Das haben viele Thüringerinnen und Thüringer gezeigt. Gerade an dem Montag begann auch die Hilfsaktion hier im Landtag, wo hier Spenden entgegengenommen worden sind. Der Landtagspräsident hat eingangs darauf hingewiesen und den vielen Spenderinnen und Spendern gedankt.
Wir erleben überall – und das ist auch bei mir zu Hause so –, dass sehr viele Leute Spenden geben wollen, dass sich sehr viele Leute kümmern wollen um unsere Flüchtlinge, dass sie oft gar nicht wissen, an wen sie sich wenden. Da könnte man noch mehr machen, Kontaktstellen aufbauen, Vermittlungsstellen, Anrufe, die sagen, da kannst du hinkommen, da kannst du was machen. Die Hilfsbereitschaft ist groß. Deswegen wünsche ich mir, dass wir alle zusammen weiter Gesicht zeigen. Ich würde mir auch hier im Landtag mehr Gemeinsamkeit wünschen bei der wirklich humanitären großen Aufgabe und weniger eine parteipolitische Instrumentalisierung dieser wirklich menschlichen Aufgabe,
der wir uns gemeinsam widmen sollten, ebenso wie der Probleme. Aber es gibt auch sehr, sehr viele Chancen und wir erfahren jedenfalls in Sondershausen auch durch unsere Flüchtlinge sehr viel Bereicherung. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich, dass der Innenminister da ist. Den Migrationsminister vermisse ich etwas bei dem Thema.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den letzten Tagen ist viel passiert, zuerst Sachsen, dann BadenWürttemberg, jetzt Thüringen – genauer Rockensußra. Ich möchte zunächst für die gesamte CDUFraktion unseren Abscheu über den Brandanschlag in Rockensußra zum Ausdruck bringen.
Ein solcher Anschlag ist nicht nur feige und hinterhältig, er bedroht unsere Gemeinschaft und die unsere Gemeinschaft verbindenden Werte insgesamt. Gewaltanwendung – in welcher Form auch immer – zur Durchsetzung politischer Ziele muss verurteilt und auch geächtet werden.
Und, das gehört auch hierher, ich möchte den 80 Feuerwehrleuten und den Kräften des Deutschen Roten Kreuzes für ihren schnellen Einsatz und ihre Einsatzbereitschaft ausdrücklich danken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Ächtung des Anschlags zum Ausdruck zu bringen und auch die eigene Betroffenheit zu zeigen, von einem feigen Anschlag zu reden, das ist sicher richtig und das ist
auch notwendig. Es ist natürlich auch richtig, davon zu sprechen, dass die Täter schnell ermittelt und bestraft werden sollten. Aber das reicht nicht aus. Es muss vielmehr eine Diskussion darüber geführt werden, was die Politik, was wir dafür tun können, solche Anschläge zu verhindern. Dazu gehört meiner Meinung nach in erster Linie, zu verhindern, dass in der Bevölkerung oder auch nur in Teilen der Bevölkerung eine Stimmung entsteht, aufgrund derer sich Extremisten zu solchen Taten ermutigt sehen.
Da reicht es keineswegs aus, über private Wachdienste zu reden oder auch über die lobenswerte Spendenbereitschaft. Es wird nicht möglich sein, jedes Haus, in dem Asylbewerber untergebracht sind oder untergebracht werden sollen, zu bewachen. Das ist illusorisch. Es reicht auch nicht aus, sich mit dem schönen Wort von der Willkommenskultur etwas vorzumachen. Das reicht nicht aus. Es muss ein Weg gefunden werden, die Bürger dort mitzunehmen, wo Unterbringungen geplant sind oder schon welche stattfinden, aber dafür ist allererste Voraussetzung, dass mit den Bürgern auch geredet wird, dass eine offene Information erfolgt. Das setzt wieder voraus, dass die Landesregierung nicht nur die Überschrift publiziert „Verantwortungsgemeinschaft mit den Kommunen und den demokratischen Kräften des Landes“ – das war mal die Überschrift der Landesregierung –, sondern dass sie auch danach handelt.
Es ist hier zwar nicht die Zeit und auch nicht die richtige Stelle, um über Maßnahmen bzw. eher nicht getroffene Maßnahmen der Landesregierung zu debattieren. Aber um die Bürger mitnehmen zu können, muss der Dialog an erster Stelle stehen, und da ist das, was heute Mittag als Diskussion verhindert worden ist,
Der hat damit natürlich was zu tun. Wenn es als unbotmäßig empfunden wird, wenn Bürgermeister sich zur Flüchtlingspolitik äußern und man ihnen sagt, das hat mit der Gemeindepolitik nichts zu tun, hat es natürlich was damit zu tun.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Lesen Sie mal die Beiträ- ge des Landrats Münchberg!)
Das heißt, die Landesregierung hat zuerst mit den Landkreisen und Kommunen zu reden, sie zu informieren, damit dann die Landräte oder Bürgermeister mit ihren Bürgern reden können und nicht selbst überrascht werden. Gerade in der jetzigen Situation ist das besonders wichtig. Ohne Information vor Ort werden aus 50 tatsächlich ankommenden Flüchtlingen per Gerücht schnell 500.
Ohne Information hat der Bürgermeister vor Ort keine Chance, einen vernünftigen Dialog unter seinen Bürgern zu initiieren. Zu einem solchen Dialog gehört es auch, nicht sofort diejenigen in die Rassismusecke zu stellen, die für eine reale Politik sprechen, die dafür sprechen, diejenigen, die kein Bleiberecht haben, auch wieder in ihre Herkunftsländer zurückzuschicken.