Auch wenn seitens der regierungstragenden Fraktionen angeboten wurde, die vereinbarte mündliche Anhörung zum Gesetzentwurf der Landesregierung und die Anhörung zum Gesetzentwurf der CDU gemeinsam durchzuführen, lehnte die CDU eine gemeinsame Anhörung ab und bestand ihrerseits auf einer schriftlichen Anhörung sämtlicher 158 Schulen in freier Trägerschaft, die auch stattgefunden hat. Zum Gesetzentwurf der CDU sind daraufhin schriftliche Stellungnahmen von diversen Schulträgern eingegangen. Im Wesentlichen wurde seitens der Anzuhörenden beispielsweise die Absicht des CDU-Gesetzentwurfs zur Höhe der Finanzierung positiv eingeschätzt. Auch die Regelungen zur Entbürokratisierung und Vereinfachung bei der Lehrkräftegenehmigung wurden begrüßt. Andere Stellungnahmen, wie zum Beispiel die der GEW, werteten den Entwurf der Landesregierung als angemessener.
Zum Gesetzentwurf der Landesregierung hat der Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport in seiner 11. Sitzung am 25. August 2015 eine umfassende achtstündige mündliche öffentliche Anhörung durchgeführt. Die mündliche Anhörung wurde seitens der freien Schulträger genutzt, um verschiedene Anregungen und Kritiken zum Gesetzentwurf der Landesregierung zu äußern. So wurde beispielsweise vorgeschlagen, den Begriff der Lehrkräfte weiter zu öffnen, um der Realität an beruflichen Schulen mehr Rechnung zu tragen. Außerdem wurde von einigen Schulträgern die Umstellung des Finanzhilfejahres auf das Schuljahr kritisiert, während wiederum andere dies begrüßten. Außerdem wurde seitens der Schulträger in der mündlichen Anhörung eine feste Quote von Fortbildungsplätzen am ThILLM angemahnt. Diese Kritikpunkte wurden durch die Landtagsfraktionen Die
Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen in einem Änderungsantrag im Ausschuss aufgegriffen und in der Beschlussempfehlung umgesetzt.
Es bestand zudem die Möglichkeit, im Online-Diskussionsforum des Thüringer Landtags zu Fragen des Gesetzentwurfs der Landesregierung Stellung zu nehmen. Davon haben sieben Interessierte Gebrauch gemacht. Auch diese Hinweise sind in die Beratung mit einbezogen worden.
Sowohl der federführende Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport als auch die mitberatenden Ausschüsse – Haushaltsausschuss und Justizausschuss – lehnten den Gesetzentwurf der CDU wie auch den Entschließungsantrag der CDU mehrheitlich ab. Der Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport hat den Gesetzentwurf der Landesregierung mit den Änderungen der Fraktionen Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Die Beschlussempfehlung lautet daher mehrheitlich, dem Gesetzentwurf der Landesregierung mit den beschlossenen Änderungen zuzustimmen. Vielen herzlichen Dank.
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Wir haben die dreifache Redezeit. Das bedeutet für die CDU 1 Stunde und 4 Minuten, Die Linke 58 Minuten, SPD 42 Minuten, AfD 38 Minuten, Bündnis 90/Die Grünen 36 Minuten, die drei fraktionslosen Abgeordneten je 15 Minuten und die Landesregierung 1 Stunde.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucher auf der Tribüne! Besonders begrüße ich die Klasse aus der Regelschule Ostvorstadt aus meinem Wahlkreis und die Kollegen dazu!
Mit den beiden Gesetzentwürfen und unserem Entschließungsantrag liegen heute Gesetzentwürfe auf dem Tisch, die von enormer Tragweite für unser Thüringer Bildungssystem sind. Sie werden auf die Betreibung, auf die Entwicklung und auf die Existenz von Schulen Einfluss haben. Aber wir entscheiden heute auch über die Zukunft von über 10 Prozent der Thüringer Schulen und damit über
die Perspektive vieler Schüler und Lehrer. Unsere Landtagsfraktion hat sofort mit Beginn der Wahlperiode ihre Arbeit und ihre Hausaufgaben begonnen. Wir haben fristgerecht und nicht mit erheblicher Verzögerung einen Gesetzentwurf vorgelegt, der sich an den Erfordernissen der Rechtsprechung orientiert.
Und er orientiert sich – und das ist aus politischer Sicht noch viel wichtiger – an den Bedürfnissen der Schulen in freier Trägerschaft.
Mit unserem Gesetzentwurf sind wir Fehlentwicklungen der letzten Jahre konsequent angegangen. Mehrfach haben wir davon gesprochen, dass es die CDU war, die in der vergangenen Wahlperiode regelmäßig eine Evaluation des Gesetzes von 2011 eingefordert hat. Aber wie Sie gemerkt haben,
Ich muss wirklich zugeben, eines hat mich bei den Diskussionen der letzten Monate wirklich verwundert und kann bei mir in die Kategorie Lernerfahrung eingeordnet werden. Ich hätte nie gedacht, welche sehr großen Vorbehalte gegenüber freien Schulen und ihren individuellen Konzepten bei Linken und SPD herrschen. Dass die Grünen aufgrund ihrer Nähe zu alternativen Lebensformen und die CDU aufgrund ihrer konfessionellen und Werteorientierung für freie Schulen eintreten,
hat sich in den Anhörungen immer wieder gezeigt. Dass bei Linken ein Misstrauen gegen freie Entfaltung vorherrscht, kann man sicherlich historisch gut verstehen. Es verwundert dann auch nicht, dass Herr Wolf in alter Klassenkampfmanier freie Schulen als Wirtschaftsunternehmen beschreibt. Aber dass auch Sozialdemokraten eher einen Hang zum zentralistischen Schulsystem haben, das war für mich neu, das ist eine Lernerfahrung.
Der Hickhack in der Koalition, die Aushebelung des Ressortprinzips zugunsten der Staatskanzlei und zugunsten des Koalitionsausschusses sowie das Ausspielen von staatlichen und freien Schulen offenbarten keine demokratische Diskussionskultur, sondern ideologische Grabenkämpfe in der Koalition. Mit demokratischer Diskussionskultur ist es mit
Blick auf das parlamentarische Verfahren nicht weit her. Erst verzögern Sie die Beratung unseres Gesetzentwurfs, gleichzeitig müssen wir Monate warten, bis Sie einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen. Dann missachten Sie die Fristen des Verfassungsgerichts und schließlich lassen Sie dem Landtag ganze drei Wochen zur Beratung Ihres Gesetzentwurfs. Wenn das der vom Herrn Ministerpräsidenten angekündigte neue Umgang mit dem Parlament ist, entlarvt sich die Landesregierung einmal mehr.
Das Tempo der letzten drei Parlamentswochen wäre am Anfang des Jahres sehr angebracht gewesen oder auch bei der Aufstellung Ihrer Landeshaushalte. Wir sind eine parlamentarische Demokratie und keine rot-rot-grüne Räterepublik.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Anhörung der vergangenen Wochen, die Gespräche mit den Vertretern der freien Schulen, die Besuche in unseren freien Schulen im Freistaat haben unserer Fraktion einmal mehr gezeigt, welche pädagogischen, didaktischen und methodischen Bereicherungen diese für unser Land darstellen. Vielleicht hätte die Landesregierung und die Linke einmal mehr vor Ort sein müssen in den freien Schulen, als vom grünen Tisch aus praxisferne Entwicklungen zu beeinflussen. In allen Gesprächen wurden uns immer wieder zwei Erwartungen geschildert: finanzielle Planungssicherheit, das eine, und deutliche Entbürokratisierung auf der anderen Seite. Planungssicherheit und Entbürokratisierung waren auch die Maßstäbe für den Gesetzentwurf unserer Fraktion. Sie müssen sich, da unser Entwurf nun mal eher hier im Parlament war, auch an diesem messen lassen. Aus unserer Sicht kommt es nach wie vor darauf an, erstens eine verlässliche, nachvollziehbare und auskömmliche Finanzierung mit jährlichen fairen Anpassungsraten im Gesetz festzuschreiben. Wir sind für die Rücknahme der finanziellen Fehlentwicklungen durch die Gesetzesänderung im Jahr 2010.
Und wir sind für die Regelung der Finanzausstattung sowie des Berechnungsverfahrens im Gesetz. Eine Entbürokratisierung gilt es zu erreichen durch die Änderung des Finanzierungsmodells, durch Erleichterungen bei der Lehrereinstellung und der Schulleiterbestellung sowie bei der Auszahlung und der Abrechnung von Finanzhilfen und der Neugründung von Schulen durch bewährte freie Träger. Die schriftliche Anhörung unseres Gesetzentwurfs hat uns in allen Schwerpunktsetzungen recht gegeben. Unser Entwurf ist richtig, da die wesentlichen Parameter der Förderhöhe durch den Gesetzgeber im Gesetz und nicht in einer ministeriellen Verordnung geregelt werden. Unser Entwurf ist richtig, weil wir
eine Festbetragsfinanzierung mit einer jährlichen Progression von 3 Prozent im Gesetz festlegen. Die jährliche Progression ist durchaus mutig, aber richtig und fair. Unser Entwurf ist richtig, weil wir den Auszahlungstermin der staatlichen Finanzhilfen jeweils auf den Anfang des Quartals gelegt haben. Und unser Entwurf erfordert Zustimmung mit Blick auf die Rückkehr zur Regelung für bewährte Schulträger. Demnach können alle Schulträger, die bereits eine allgemeinbildende oder berufsbildende Schule betreiben, eine solche ohne Wartefrist eröffnen. Auch neuen Schulträgern eröffnet unser Gesetzentwurf die Möglichkeit, die Wartefrist zu verkürzen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse in der jeweiligen Region vorliegt. Unser Gesetzentwurf ist ferner als richtig bewertet worden, weil er die besonderen Anforderungen an Schulleiter komplett streicht. Auch in der mündlichen Anhörung zum Gesetzentwurf der Landesregierung wurde von fast allen Angehörten gefordert, die Regelungen für Schulleiter weiter zu öffnen und den Trägern bei der Besetzung der Schulleitungen größtmögliche Handlungsfreiheit zu geben. Und unser Gesetzentwurf ist richtig, weil wir das Verfahren bei der Lehrergenehmigung radikal vereinfachen, indem wir das Genehmigungsverfahren abschaffen und lediglich eine Anzeigepflicht einführen. Dies findet sich nun glücklicherweise auch im Entwurf der Landesregierung. Mit Blick auf den Entwurf der Landesregierung kann ich für meine Fraktion einschätzen, grundsätzlich begrüßen wir, dass die Landesregierung die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft neu regelt und den Erfordernissen des Urteils des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 28. Mai 2014 gerecht wird. Allerdings kommt er reichlich spät. Nach Festlegung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs hätte das geltende Gesetz noch bis Ende März 2015 angewandt werden dürfen. Wir leben quasi in einem rechtsleeren Raum. Nichtsdestotrotz geht auch der Gesetzentwurf der Landesregierung in die richtige Richtung. Er findet in vielen Punkten ähnliche Antworten wie der Gesetzentwurf der CDU-Landtagsfraktion. So übernehmen Sie von uns das System der Festbetragsfinanzierung
und verbinden das noch ein bisschen mit einer grundsätzlichen Anhebung der Finanzierung. Sie übernehmen das Prinzip der Anzeigepflicht bei der Lehrergenehmigung. Sie übernehmen die bewährten Trägerregelungen für Erweiterungen von berufsbildenden Schulen und neuen Bildungsgängen.
vention im Ausschuss und auch bei anderen Gelegenheiten, in vielen persönlichen Gesprächen, die Festschreibung des Budgets von Fortbildungen am ThILLM für Lehrer, die an freien Schulen unterrichten. Das war ein richtiger Schritt, dass Sie da noch mal eingelenkt haben.
Dennoch wird die CDU-Fraktion – und jetzt zu Ihrem Zwischenruf – den Gesetzentwurf der Landesregierung heute ablehnen. Denn auch wenn er einige gute Ansätze enthält und vieles aus unserem Entwurf übernommen hat, so geht er uns doch in zahlreichen Bereichen nicht weit genug. Dabei ist ausdrücklich zu betonen, dass es nicht allein die Höhe der Finanzierung ist, sondern es sich auch dabei um ein grundsätzliches Verständnis und die Anerkennung von freien Schulen in freier Trägerschaft handelt. So ist zum Beispiel eine weitgehende Entbürokratisierung im gesamten CDU-Gesetzentwurf ein zentrales Thema. Wir haben versucht, in allen Bereichen Bürokratie abzubauen, bestehende Regelungen zu vereinfachen und praxisnäher zu gestalten. So haben wir beispielsweise die Auszahlungstermine der staatlichen Finanzhilfe jeweils auf den Anfang des Quartals gelegt, was bei den Schulträgern zu erheblichen Erleichterungen führen würde, denn bislang mussten sie anderthalb Monate selbst in Vorleistung gehen. Aber tatsächlich sehen wir auch bei der Neuregelung der Finanzierung ein großes Problem. Der CDU-Fraktion wie auch zahlreichen Teilnehmern der mündlichen Anhörung ist nicht ersichtlich, warum die Landesregierung das neue Festbetragsmodell mit der alten Vom-Hundert-Regelung verbindet. Das macht aus unserer Sicht keinen Sinn, zumal die Schülerkostensätze höchst umstritten berechnet sind.
Über die einzelnen Beträge und Vom-Hundert-Sätze, zum Beispiel im berufsbildenden Bereich, ließe sich jetzt hier viel sagen. Ein Beispiel ist, dass mit der Neuregelung gerade soziale Berufe wie Altenpfleger, Sozialassistenten und Sozialpädagogen erhebliche Einschnitte in der Finanzierung erfahren. Vertreter dieser Schulen haben uns allen in der mündlichen Anhörung deutlich und sehr bewegt geschildert, dass diese Einschnitte die Existenz ihrer Schulen akut bedroht. Da hilft es auch nicht, in einem Antrag heute noch mal nach Berlin zu zeigen. Sie regeln hier das Thüringer Recht und haben für unsere Thüringer Schulen die Verantwortung.
Es ist eben das falsche Signal, wenn diese Ausbildungsberufe mit der Sense frisiert werden. Azubis in diesem Bereich haben keine hohen Einkommen, um die Kürzungen über zusätzliche Schulgelder zu kompensieren. Rot-Rot-Grün gefährdet mit diesem Gesetz die Zukunft der Altenpflege in Thüringen, wenn man beachtet, dass 31 der 39 berufsbildenden Schulen in Thüringen in der Hand von freien Trägern sind. Der Paritätische und die LIGA haben
ebenso wie die katholische Kirche deutlich auf diesen Missstand hingewiesen. Wieso führen Sie eigentlich Anhörungen durch und wieso gehen Sie eigentlich zu Frühstücksrunden, wenn Sie doch am Ende nicht auf die Betroffenen und die Fachleute hören?
Vielleicht sollten Sie, liebe Frau Astrid Rothe-Beinlich, weniger twittern und mehr zuhören und sich vor allem informieren, wenn die CDU bei den Gesprächen der Parität war.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Lieber Herr Tischner, Sie waren nicht da, ich schon!)