Protokoll der Sitzung vom 02.10.2015

Das ist das Problem, an dem Thüringen krankt und gekrankt hat.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Abg. Henke)

Erstmalig, meine sehr verehrten Damen und Herren, legt eine Landesregierung der Bevölkerung eine Diskussionsgrundlage vor, nicht mit der Ansage „So wird es!“, sondern „Das ist ein Vorschlag, was meinen Sie dazu?“.

(Unruhe CDU, AfD)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU)

Lieber Herr Mohring, ich darf mich bei Ihnen von ganzem Herzen für diesen Zwischenruf bedanken,

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Gern!)

weil er doch zeigt, oder mich zumindest die Chance erahnen lässt, dass die CDU aus der Verweigerungshaltung „Wir wollen mit dieser Diskussion nichts zu tun haben“, wie es Herr Fiedler vorgetragen hat,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wir waren uns einig – im Gegensatz zu euch!)

herauskommen will und sagt: „Wir werden mit Ihnen diskutieren und diesen Vorschlag verändern.“ Dazu ist er da.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dann ist es heute super gelaufen, dann ist es angekommen, was Holger Poppenhäger hier sagen wollte.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ich erkläre es Ihnen nachher mal!)

Dieses Leitbild ist nicht das Leitbild der Landesregierung, dieses Leitbild ist der Vorschlag für die Diskussion in Thüringen. Das Leitbild soll – so hat es der Minister auch erklärt – am Ende des Jahres dann festgestellt werden. Das wird die Landesregierung auch wieder tun, da wird sie ihrer Verantwortung gerecht.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Genau, wir reden dann!)

Sie haben nicht nur die Chance, ich meine, eine so große Volkspartei wie die CDU hat auch die Pflicht, sich an dieser Diskussion konstruktiv zu beteiligen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Für diesen Mut der Landesregierung und das gab es ja noch nicht so oft …

(Unruhe CDU)

Liebe Kollegen von der CDU, es ist ja nicht so, dass es bei Ihnen niemanden geben würde, der die Problemstellung, die Hürden, die zu nehmen sind, sehen würde.

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Jetzt ist aber genug!)

So ist es ja nicht. Frau Lieberknecht hat gesehen, was in Thüringen kommen muss, nämlich eine Reform. Deshalb hat sie den Prozess auf den Weg gebracht. Es ist nur der Mut, der hier in der Fraktion der CDU gefehlt hat, sich draußen mit den Kritiken auseinanderzusetzen, die es geben wird.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Draußen? Wir kommen von draußen, das ist der Unter- schied!)

Ja, horch was kommt von draußen rein. Da sind wir noch nicht vom Jahresablauf, lieber Herr Mohring. Sie mögen von draußen kommen, aber ich darf Ihnen sagen, Sie sind in der Mitte dieses Landtags und haben deshalb als größte Fraktion auch den Auftrag, hier mitzuwirken.

(Unruhe CDU)

Deshalb brauche ich es nicht noch einmal zu sagen. Vielen Dank an die Landesregierung, die den Mut hat, diesen offenen Prozess auf den Weg zu bringen,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ihr Weih- nachtsgeschenk kommt noch!)

Das ist so. Einen Prozess offen zu führen und die Bereitschaft zur Änderung an den Anfang zu stellen, zu sagen, dass ist unser Vorschlag, das ist ein Korridor, sagt uns, was ihr davon haltet, diesen Mut hat die CDU niemals gehabt.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wir haben mehr Gebietsreform freiwillig gemacht, als Sie jemals machen werden!)

Das ist eine neue Situation, die die Bevölkerung und die Verwaltung jetzt auch miteinander üben und einstudieren muss. Ich appelliere hier ausdrücklich an beide Seiten und an alle in der Debatte, diese Debatte immer auf Augenhöhe zu führen und nicht zu sagen, „Die haben keine Ahnung.“ oder „Die verstehen das nicht.“ und aus der Region heraus zu sagen, „Bei uns ist alles ganz anders, das können die in Erfurt gar nicht verstehen.“, sondern sich auf Augenhöhe, auf einem fairen Niveau in einen Diskussionsprozess zu begeben. Dann, glaube ich, wird es eine fruchtbare Diskussion. Ich will eines ganz deutlich sagen: Jeder Standpunkt in der Debatte ist vertretbar. Jeder Standpunkt zur Funktional- und Gebietsreform ist berechtigt und muss diskutiert werden, wenn er mit einem Argument belegt ist. Da bin ich noch einmal beim Kollegen Fiedler: Wer einfach nur sagt, „Ich will das nicht, ich mach das nicht.“ oder sagt, „Diese Reform ist bürgerfeindlich.“ und nicht ein Argument sagen kann, warum das denn bürgerfeindlich sein soll, ich finde, darauf werden wir uns nicht einlassen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU, Abg. Tasch, CDU: Weil Sie sich nicht...!)

Darauf werden wir uns – um das ganz klar zu sagen – nicht einlassen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie versuchen, in Thüringen darzulegen, dass es keine vernünftigen Argumente gibt, dass man zu kleine Einheiten zu wirksamen Strukturen zusammenfasst, wenn Sie das versuchen zu erklären, müssen Sie erst noch einmal über die Erfahrungsklippe gehen, die nämlich unsere Sparkassen gemacht haben. Es ist allgemein annehmbar und, ich glaube, auch darzustellen, dass es in den Sparkassen ein paar Leute gibt, die rechnen können. Sie haben sich zusammengetan, obwohl die Sparkassen doch förmlich darauf angewiesen sind, den Bürgerkontakt zu halten. Wir haben immer noch das größte Netz von EC-Automaten über unsere Sparkassen. Es sind immer noch die Sparkassen unserer Kommunen.

(Unruhe CDU)

Sie sind für viele Menschen da und sie sind immer erreichbar. Es war vernünftig, sich zu größeren Einheiten zusammenzuschließen. Setzen Sie sich doch mit dem Argument auseinander! Zeigen Sie doch auf, was daran nicht stimmt! Dann sind wir bereit zu diskutieren, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das ma- chen wir dann!)

Das war ein gutes Beispiel, das uns hier die Sparkassen gegeben haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Was ist jetzt an EC-Automaten ein gutes Beispiel, Dirk?)

Sehr geehrter Herr Mohring, vielen Dank für den Einwand. Natürlich ist es so, dass man ein blaues Wunder schreiben kann, einen dicken Bericht einer Expertenkommission und eine dicke Enquetekommissionsstudie. Der verehrte Präsident des Thüringer Landtags hat dieser Enquetekommission vorgestanden, hat unglaublich viel Material zusammengetragen und wenn man sich das alles durchliest und wenn ich die Zeit hätte, das alles hier vorzutragen, hätte ich natürlich viel deutlicher, wissenschaftlich fundierter, klarer und in der Breite ausführlich und abschließend darlegen können, warum Thüringen eine Chance in der Gebietsreform hat. Weil ich die Chance aber nicht habe, so lange zu reden, habe ich ein Beispiel gewählt. Jedes Beispiel hinkt. Aber wenn Sie den Menschen erzählen wollen, dass die Sparkassen durch ihre Fusionen schwächer geworden seien, teurer geworden seien und nicht mehr die Chance hätten, ihre Aufgabe am Bürger und für den Bürger, für den Sparer, für die

Wirtschaft, für die mittelständische Wirtschaft zu erfüllen, wenn sie das versuchen darzustellen, sind Sie auf dem Holzweg.

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Sie verglei- chen Äpfel mit Birnen!)

Und wenn Sie sich darauf einlassen, welche Chance es darin gegeben, welche Gewinne es dabei gegeben hat, dann werden Sie selber vor dem Punkt stehen, ihre Position zu hinterfragen.

Herr Abgeordneter Adams, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Dr. Voigt?

Immer.

Bitte.

Herr Adams, stimmen Sie mit mir darin überein, dass es gegebenenfalls einen Unterschied darstellt, von einem Staat, der sich um alle Bürger kümmern muss, auch um diejenigen, die sozial schwach sind, zu einer Bank, die potenziellen Kreditnehmern, die keine Liquidität haben,

(Beifall CDU, AfD)

den Kredit auch ablehnen und nach Hause schicken kann, und deswegen der Vergleich, den Sie angebracht haben, erstens unmenschlich, aber vor allen Dingen zweitens auch sachlich falsch ist?

(Beifall CDU, AfD)