Protokoll der Sitzung vom 12.12.2014

Schauen Sie sich doch an. Welchen Beitrag wollen Sie denn auf Bundesebene leisten?

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: War das jetzt die konstruktive Opposition?)

Jetzt waren Sie gestern erstmals bei der Ministerpräsidentenkonferenz, mussten erst mal zwei Stunden vor der Tür stehen, weil die Sozialdemokraten Sie nicht mal reinlassen wollten. Jetzt ist die Frage: Wie lange hält das an? Werden Sie irgendwann eingeladen in diese Vorbesprechung? Dann ist auch klar, was in 2017 in Berlin passieren soll. Aber es war bezeichnend, als Sie gestern vor der Tür standen. Wer vor der Tür steht bei der Ministerpräsidentenkonferenz, lieber Herr Ramelow, der kann schlechterdings mitreden und nicht mitreden. Ich will ganz klar sagen: Stehen Sie vor der Tür, können Sie Thüringer Interessen nicht wahrnehmen. Ich bin gespannt, wie Sie Ihre Rolle zukünftig für diesen Freistaat Thüringen ausfüllen wollen. Wer vor der Tür steht, hilft schlecht diesem Freistaat.

(Heiterkeit AfD)

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE)

Aber es bleibt entscheidend: Was machen Sie dort für Ihr Wort und wie kriegen Sie Mehrheiten zustande? Natürlich haben Sie davon berichtet, was heute alle Zeitungen schreiben, dass vereinbart wurde mit den Ministerpräsidenten und der Bundesregierung, bis Juni 2015 soll es ein Verhandlungsergebnis geben. Aber weil das ein enger Zeitkorridor ist, hätte mich natürlich interessiert, was denn die neue Regierung vorhat, an Impulsen einzubringen bei den Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Wie wollen Sie denn die Interessen von Thüringen bei diesen harten Verhandlungen wahrnehmen, wo es um die Zeit nach Ihrer Regierung, wenn die zu Ende ist spätestens nach 2019, geht? Die Zukunft dieses Landes geht auch weiter, wenn Rot-Rot-Grün am Ende ist, aber Sie müssen jetzt Ihr Wort machen und Sie haben in Ihrer Regierungserklärung zu Ihren Verhandlungspunkten, zu den Interessenvertretungen, die Sie für Thüringen wahrnehmen wollen, nichts gesagt. Eine große Lücke in Ihrer Regierungserklärung.

(Beifall CDU)

Natürlich – wo soll es auch herkommen –, gesagt haben Sie nichts, wie Sie all das finanzieren wollen. Sie haben in den Verhandlungen nichts gesagt. Sie haben in der Pressekonferenz der Vorstellung zum Koalitionsvertrag nichts gesagt. Da gab es einen Journalisten von einer Thüringer Zeitung, der sogar nachgefragt hat: Liebe Koalitionäre von Rot-RotGrün, sagt uns doch: Was kostet das, was ihr da vereinbart habt?

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Geld!)

Dann haben die sich alle drei angeguckt, haben die Mikrofone gegenseitig rübergeschoben wie beim Hütchenspielertrick, aber die Mikrofone gingen

nicht weg, die Antwort blieb immer noch offen. Was haben Sie gesagt: Wir wissen es nicht, wir müssen erst rechnen. – Das ist typisch Linke-Finanzpolitik, keine Ahnung vom Geld, aber erst mal ausgeben wollen.

(Beifall CDU, AfD)

(Unruhe DIE LINKE)

Aber wir helfen Ihnen gern weiter, weil wir rechnen können. Wir wissen, was das kostet.

(Unruhe und Heiterkeit DIE LINKE)

Ich ahne auch, dass die neue Finanzministerin auch das Gefühl hat, was das kostet.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Zuga- be!)

Sie saß nämlich ziemlich eingekauert auf ihrem Stuhl die ganze Zeit, als Sie geredet haben, weil sie weiß, sie muss künftig die Rolle ausfüllen, die der hoch angesehene Wolfgang Voß in der vergangenen Wahlperiode ausgeführt hat.

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Erstens große Schuhe von Wolfgang Voß, super Finanzminister, super Bilanz! Ganz große Schuhe für Sie! Aber jetzt kommt es und das ist das Entscheidende: Das, was Sie im Koalitionsvertrag vereinbart haben, das, was Sie an Versprechen aufgeschrieben haben, kostet diesen Freistaat Thüringen, wenn Sie alles eins zu eins umsetzen, jährlich 1 Milliarde Euro mehr an Mehrausgaben. Das kann sich dieser Freistaat Thüringen nicht leisten. Wenn Sie umsetzen, was Sie versprechen, ruinieren Sie dieses Land und stellen es nicht auf solide Finanzfüße, wie Sie angekündigt haben, sondern Sie machen das Land finanziell kaputt. Das wollen wir nicht und das werden wir ausdrücklich nicht zulassen.

(Beifall CDU, AfD)

(Unruhe DIE LINKE)

Wir haben dieses Land auf sichere Füße gestellt.

(Unruhe DIE LINKE)

Seit 2007 machen wir keine Schulden mehr. Schauen Sie sich die Leistungsbilanz der CDU-geführten Landesregierungen an. Schauen Sie sich den Wettbewerb der deutschen Bundesländer an. Wir stehen vorn, wenn es darum geht, ohne Schulden über so einen langen Zeitraum ausgekommen zu sein.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben Rücklagen gebildet. Und jetzt kommt das ganz Entscheidende: Wir haben auch Altschulden verbindlich getilgt. Davon lassen Sie jegliches Wort in Ihrem Koalitionsvertrag vermissen. Die Pro

Kopf-Neuverschuldung steigt unter Ihrer Regierung an, das kündige ich Ihnen heute schon an – alles, nur keine solide Finanzpolitik!

(Beifall CDU, AfD)

Falls Sie zugehört haben, was Bodo Ramelow gesagt hat, dann hätten Sie doch bei einem Satz stolpern müssen, dass nicht zusammenpasst, was Sie ankündigen. Er spricht davon: Wir wollen die Tilgung bestehender stiller Verbindlichkeiten fortsetzen. Ich sage Ihnen ganz klar: Wer in der Finanzpolitik von Stille spricht, sollte besser schweigen. Wer in der Finanzpolitik davon spricht, er will sich erst einmal einen Überblick über die Finanzlage verschaffen, hat keine Ahnung von Finanzpolitik. Nichts ist transparenter im deutschen Bundesstaat als der Haushaltsplan eines Landes.

(Heiterkeit AfD)

Dort steht alles, dort ist alles nachvollziehbar.

(Unruhe DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keinerlei versteckte Kos- ten, ja, ja!)

Dort sind alle Verbindlichkeiten, alle Aufgaben festgeschrieben. Sie müssen das Wort machen vom Kassensturz, weil Sie eine Begründung suchen für Ihren Griff in die neue Schuldenkiste, weil Sie eine Begründung suchen, warum Sie Ihre Versprechen nicht erfüllen können. Wir werden Sie beim Wort nehmen bei all dem, was Sie ankündigen, bei all dem, was Sie sagen wollen, was Sie ausfinanzieren wollen,

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Worüber regt ihr euch eigentlich auf? Dass Sie zu viel ausgegeben haben?)

und bei all dem, was Sie machen wollen, wenn es darum geht, vermeintlich die Schulden einzuhalten. Alleine die Aussetzung der Tilgung von Altschulden spricht Bände. Es ist die Abkehr von seriöser Finanzpolitik und der erste Weg dahin, unsolide Finanzpolitik in dieser Wahlperiode anzusteuern. Mit uns ist das nicht zu machen.

(Beifall CDU)

Dann ist auch interessant festzustellen: diese leise Abkehr der großen, vollmundig angekündigten Gebietsreform. Wer davon spricht – wir nicht, wir sind wohl alles, nur keine Gebietsreformfreunde, mit uns gibt es auch keine Gebietsreform in diesem Land. Das ist doch ganz klar.

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Beifall CDU)

Wir vertrauen den Menschen. Sie wollen reinfummeln in die Gesellschaft. Wir vertrauen den Menschen, wir vertrauen den Kommunen, deswegen

sind wir gut vorangekommen in der letzten Wahlperiode. Aber dass Sie still und leise hier vorn sagen – richtigerweise –, erst Verwaltungsreform, dann Funktionalreform, und dann sagen, nicht vor 2018, vielleicht noch vor 2019 die gesetzlichen Regelungen schaffen, der gibt doch eins zu: Mit 46 Stimmen kann man zwar schön die Posten besetzen, aber mit 46 Stimmen kann man wirkliche Reformen in diesem Land nicht auf den Weg bringen. Sie werden alles machen, außer Postenbesetzung und großem Ankündigen – Sie werden am Ende mit leeren Händen dastehen. Große Reformen sind von Ihnen nicht zu erwarten, das hat Ihre Regierungserklärung heute gezeigt. Gut für das Land: Ohne Gebietsreform war die erste Wahllüge perfekt, Gebietsreform wird es mit Ihnen unter Rot-Rot-Grün auch nicht geben.

(Beifall CDU)

Kein Wort von umfassender Aufgabenkritik. Kein Wort von dem, was in der Strukturreform tatsächlich auf den Weg gebracht wird, außer der Stärkung von Einnahmebasis und der Formulierung: Fortsetzung des Stellenrückgangs zur Erreichung des Niveaus vergleichbarer Länder wird angekündigt. Aber was heißt das denn, wenn gleichzeitig gesagt wird, wir wollen bei der Polizei richtigerweise mehr vor Ort organisieren und Sicherheit weiter gewährleisten, wenn das heißt, Stellenkorridore bei den Lehrern von 500, wie wir auch unter Schwarz und Rot vereinbart haben, plus Vertretungsreserven? Dann heißt das am Ende – man braucht doch nur mal gucken,

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das könnt ihr doch machen!)

wo Linke schon regiert haben, nach Brandenburg schauen: Was ist denn aus der Fortsetzung des Stellenabbaus, wie in Brandenburg angekündigt, geworden? Der unvermeidliche Stellenabbau dort ist wie hier, hat dazu geführt, dass aus dem vereinbarten Stellenabbau am Ende mehr Stellen geworden sind. Mit Verweis auf Brandenburg, dass auf finanzpolitische Ankündigungen – „wir machen keine Schulden“ – am Ende eins geworden ist. Was passiert denn, wenn man auf der einen Seite die Einnahmen nicht erhöhen kann und auf der anderen Seite nicht in der Lage ist, die Ausgaben zu reduzieren, weil man keine Aufgabenkritik macht, weil man die Reform auf die lange Bank schiebt, weil man sie gar nicht umsetzt trotz vollmundiger Ankündigung? Die Investitionsquote in Brandenburg ist von 17,5 Prozent in 2009 auf 10,5 Prozent im Jahr 2016 nach der Mittelfristigen Finanzplanung gesunken. Ich sage Ihnen: Wenn Sie das auch vorhaben, weil Sie nicht in der Lage sind, die Finanzen in Ordnung zu bringen, weil Sie Ihre Mehrausgaben finanzieren wollen, wenn das Einzige ist, was bleibt, die Investitionsquote zurückzuführen, dann machen Sie dieses Land kaputt, dann legen Sie den Rück

wärtsgang genau dort ein, wo die einzige Chance für die Entwicklung dieses Landes und die einzige Chance für ordentliche Löhne besteht, wo die einzige Chance für Wachstum besteht und wo auch die einzige Chance darin besteht, durch ein erhöhtes Steueraufkommen, was aus Wachstum heraus wächst, auch die Einnahmen und die Ausgaben so ausgeglichen zu halten, dass wir weiter ohne Schulden auskommen. Gehen Sie diesen Weg wie in Brandenburg, ist es ein falscher Weg, ist es ein Rückwärtsgang und dann ist es genau das, was wir vermuten: Rot-Rot-Grün macht das Land kaputt und bringt das Land nicht voran.

(Beifall CDU, AfD)

Aber ich will Ihnen auch sagen: An den Taten wollen wir Sie messen und die Chance wollen wir Ihnen natürlich geben, dass Sie Ihre Konzepte hier vorbringen. Das gehört zur fairen, konstruktiven Arbeit dazu, ausdrücklich.