Protokoll der Sitzung vom 12.12.2014

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Beim Abschnitt zur Bürgerbeteiligung waren Sie of- fensichtlich draußen!)

Dann will ich Ihnen deutlich sagen: Dieser Freistaat Thüringen braucht keine demokratische Erneuerung; er ist durch und durch demokratisch. Dass Sie das anders sehen, das mag sein, aber wir leben in einer Demokratie, wir leben in einer Freiheit.

(Beifall CDU, AfD)

Und dieser Freistaat Thüringen ist demokratisch, er braucht keine demokratische Erneuerung. Wahrscheinlich waren Sie gedanklich abwesend in den letzten beiden Wahlperioden, als wir, auch auf bürgerschaftliches Engagement und auf große Debatte in diesem Landtag hin, die direkte Demokratie in der Landesverfassung und in der Thüringer Kommunalordnung so weit liberalisiert haben, dass wir damit in der Spitzengruppe, was die rechtlichen Regelungen in den neuen Ländern betrifft, angekommen sind. Wir sind an der Spitze bei Bürgerbeteiligung und bei direkter Demokratie; wir haben unsere Hausaufgaben in diesem Land gemacht.

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir nutzen die Regelungen der direkten Demokratie ausführlich aus, sie müssen nicht erweitert werden, sondern sie müssen erst einmal gelebt werden. Und es schadet doch nichts, dass Sie auch einmal schauen, was passiert.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wir haben es reichlich genutzt. Ich will doch gern einmal daran erinnern: Einer Ihrer Koalitionspartner war es ja in Südthüringen, dort wollten sie unbedingt für viele Millionen einen schiefen Turm bauen. Es waren die Bürger mit den niedrigeren Hürden, die die direkte Demokratie genutzt haben, diese Wahnsinnsfinanzierungsprojekte zu verhindern. Danke an Michael Heym und die vielen Tausenden Bürger, die diese Mittel richtig genutzt haben!

(Beifall CDU)

Ich sage Ihnen auch, wir sind vollkommen mit Ihnen überein, als Sie davon gesprochen haben, dass es wichtig war, dass wir mitten im Wahlkampf zu diesem Landtag standen und in einem Sonderplenum des Thüringer Landtags gemeinsam den Abschlussbericht zu den NSU-Verbrechen hier ohne Polemik, ohne Wahlkampf, sondern in aller Würde gegenüber den Opfern, aber auch in der Auswertung des Untersuchungsausschusses besprochen haben. Das war tatsächlich – so haben viele von außen diesen Freistaat gesehen und auf diesen Landtag gesehen – ein Höhepunkt unserer parlamentarischen Arbeit. Wir müssen deshalb nicht über den Abgrund streiten, der sich beim Blick auf die Verbrechen des NSU aufgetan hat. Da sind wir

uns einig, auch dass wir die Arbeit des Untersuchungsausschusses in dieser Wahlperiode fortsetzen wollen. Das haben wir auch gemeinsam schon am Ende der letzten Wahlperiode erklärt. Aber es bleibt ein Problem, dass Ihr extrem einseitiger Blick auf die Gefährdung unserer Demokratie nur darauf gerichtet ist: Was muss man – richtigerweise – gegen den Rechtsextremismus tun? Aber was Sie völlig ausgeblendet haben – ich verstehe das ja bei der Zusammensetzung Ihrer Landtagsfraktion und Ihrer Partei –,

(Beifall AfD)

den Blick auf den Linksextremismus haben Sie hier ausdrücklich vermissen lassen.

(Beifall CDU, AfD)

Ich will es anmahnen, die Bekämpfung des Extremismus hat nicht nur die rechte Seite im Blick, sondern auch der Linksextremismus, auch die Gewalt, die vom Islamismus ausgeht, gehören dazu. Sie müssen alle Gefährdungen der Demokratie in den Blick nehmen, nur dann haben wir eine wahre Demokratie und Wehrhaftigkeit organisiert.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Extre- me Dummheit auch!)

Ich will Ihnen auch sagen, Ihre naive Einseitigkeit, mit der Sie Flüchtlings- und Asylpolitik betrachten, reicht nicht aus. Wir stehen uneingeschränkt für eine zugewandte Willkommenskultur und Integrationspolitik.

(Zwischenruf Abg. Müller, DIE LINKE: Seit wann?)

Wir stehen uneingeschränkt hinter großzügiger Hilfe für die an Leib und Leben bedrohten Flüchtlinge und Asylbewerber und die letzte Landesregierung hat in diesem Sinne

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

enorm viel unternommen. Wir müssen uns nicht vorschreiben lassen, was gut ist für dieses Land. Die Regierung von Christine Lieberknecht, in Zusammenarbeit mit der SPD, hat an diesen wichtigen Weichenstellungen die entscheidenden Schritte in der letzten Wahlperiode unternommen. Belehrungen sind an dieser Stelle von Ihnen sowieso ausdrücklich überflüssig.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der eine sagt es so, der andere so!)

Aber ich will Ihnen auch sagen, wir stehen nicht für eine Politik zur Verfügung, die gar nicht mehr nach den Gründen fragt, warum jemand nach Deutschland kommt, die gar nicht mehr danach fragt, was ein Zuwanderer einbringen kann in die Gesellschaft

und was er einbringen möchte, und die auch gar nicht mehr danach fragt, was Kommunen und Sozialsysteme wirklich sinnvoll bewältigen können. Dass Ihre erste Amtshandlung der Winterabschiebestopp war, analog zu dem, was die Landesregierung in Schleswig-Holstein gemacht hat, ist insofern bezeichnend, als Sie die Regelung von SchleswigHolstein eins zu eins übernommen haben. Ich will an der Stelle mindestens anmerken, dass der Winterabschiebestopp, der zunächst vor allen Dingen auch den Schutz vor Kälte und Winter in den Blick nimmt, bei der Liste der 15 Staaten, die Sie aufgeführt haben in Ihrem Beschluss, mindestens bei Pakistan, wo derzeit 22 Grad herrschen, nicht wirklich begründungsfähig ist. Und ich will mindestens anmerken, dass dort, wo die Bundesregierung von CDU und SPD gemeinsam gerade eine sichere Drittstaatenregelung vereinbart hat, für Mazedonien, für Serbien, für Bosnien-Herzegowina,

(Beifall CDU, AfD)

dass für diese sicheren Drittstaaten natürlich der Winterabschiebestopp nicht gelten kann. Denn wenn Sie ausdrücklich gegen die gesetzlichen Regelungen des Bundes verstoßen, dann tragen Sie erneut dazu bei, dass Sie Thüringen isolieren, weil Sie gegen geltendes Bundesrecht verstoßen

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

und nicht die Möglichkeiten ausnutzen, die Sie ausnutzen können, Flüchtlinge zu schützen, die verfolgt sind und über den Winter geschützt werden müssen.

(Beifall CDU)

Abschiebestopp ja, aber nicht einfach abschreiben, was andere Länder schon falsch gemacht haben. Das ist ein Irrweg und den müssen wir hier bezeichnen.

(Beifall CDU, AfD)

Mehr als bemerkenswert ist in Ihrer Regierungserklärung, dass Sie all das, was Sie ankündigen, all das, wo Sie mehr Geld in die Hand nehmen wollen, alles zulasten der Steuerzahler machen wollen.

(Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schauen Sie doch mal auf Ihren Koalitionsvertrag! Wahrscheinlich haben Sie ihn vor lauter Euphorie gar nicht gelesen, Sie hatten ja auch keine Zeit vor lauter Abstimmungen und Posten besetzen. Posten und Kosten waren ja die letzte Aufgabe in den letzten Wochen.

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Jeder ein Pöstchen, damit alle zustimmen, damit diese Regierung zustande kommt.

(Beifall CDU, AfD)

Aber wenn sich der Euphorienebel gelegt hat und wenn Sie endlich in Ihren Posten auch alle angekommen sind und sich zurücklehnen können, dann wollen wir doch mal auf eins schauen: Was haben Sie denn vereinbart in Ihrem Koalitionsvertrag? Generierung von Mehreinnahmen, Stärkung der Einnahmebasis – das ist nicht nur sprachlich unschön, sondern auch in der Wirklichkeit. Wer von Generierung von Mehreinnahmen spricht und wer von der Stärkung der Einnahmebasis spricht, der meint wohl nur den tieferen Griff in die Tasche der Steuerbürger. Genau das geht nicht.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Genau das ist der falsche Weg und genau das haben Sie vor.

(Beifall CDU, AfD)

Unschöne Worte, schlecht formuliert, aber die Wahrheit erkennbar – Sie wollen dem Steuerzahler in die Tasche greifen.

(Zwischenruf Abg. Gentele, AfD: Genau!)

Und das, was Sie nicht aufschreiben, das, was Sie nicht sagen in Ihrer Regierungserklärung, das findet sich im Linken-Wahlprogramm auf Seite 40 wieder. Was heißt denn „Stärkung der Einnahmebasis“ und „Generierung von Mehreinnahmen“? Wer es bei den Grünen und wer es bei der SPD nicht gelesen hat, für den lohnt sich ein Blick auf Seite 40 im Linken-Wahlprogramm. Dort steht nämlich drin, was die Generierung von Mehreinnahmen heißt: Weil das Land Thüringen natürlich gar keine Steuern erhöhen kann, weil die Steuergesetzgebungskompetenz beim Bund liegt und weil Angela Merkel richtig sagt „keine Steuererhöhung in dieser Wahlperiode“, dann bleibt nur noch der Griff in die kommunale Steuertrickkiste. Sie schreiben, Sie wollen die kommunale Steuerquote von 24 Prozent auf 40 Prozent erhöhen. Wer die Mittelständler und die Handwerksbetriebe so schröpfen will, wer das Steueraufkommen verdoppeln will, wer die Steuerquote so enorm anschrauben will, ruiniert dieses Land und stellt die falschen Weichen.

(Beifall CDU, AfD)

Das werden wir nicht zulassen. Wir werden immer unser Wort machen, wo Sie Handwerker und Mittelstandsbetriebe in den Ruin führen, weil Sie Ihre Wahlversprechen mit Steuererhöhungen finanzieren wollen.

(Beifall AfD)

(Unruhe DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: Sa- gen Sie das der CDU in Jena!)

Schauen Sie sich doch an. Welchen Beitrag wollen Sie denn auf Bundesebene leisten?