Protokoll der Sitzung vom 05.11.2015

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Man traut sich nicht einmal zu sagen, welche Po- sition man hat!)

in zweiter Beratung unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Abstimmung zur Beschlussempfehlung in der Drucksache 6/1255. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Vielen Dank, Zustimmung aus den Koalitionsfraktionen und der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Enthaltungen? Aus der CDU-Fraktion. Vielen Dank. Damit ist auch der Gesetzentwurf angenommen.

Wir kommen damit zur Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt, sich von seinen Plätzen zu erheben. Danke schön. Gegenstimmen? Enthaltungen? Vielen Dank. Mit Enthaltungen aus der CDU-Fraktion mit übergroßer Mehrheit angenommen.

Ich schließe damit diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 4

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Nachbarrechtsgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/1173 ERSTE BERATUNG

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Das ist nicht der Fall. Ich eröffne damit die Aussprache und das Wort erhält Abgeordnete Frau Dr. Martin-Gehl von der Fraktion Die Linke.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“ Sie alle kennen dieses Sprichwort und manch einer hat diese Erfahrung auch sicher schon selbst machen müssen. Doch in den wenigsten Fällen geht es um den bösen Nachbarn, wenn es zu Streitigkeiten kommt. Meist beruhen nachbarliche Unstimmigkeiten auf Missverständnissen, auf Unkenntnis rechtlicher Vorgaben oder schlichtweg auf Unklarheit der Rechtslage.

Der vorliegende Gesetzentwurf zielt darauf ab, eine Lücke zu schließen, nämlich eine bislang unklare Rechtslage zu klären. Denn der Entwurf schreibt das Thüringer Nachbarrecht nicht einfach im Wege einer Entfristung fort, sondern er nimmt sich einer Problematik an, die sich in den letzten Jahren als konfliktträchtig gezeigt hat und die auch unsere Gerichte zunehmend beschäftigt. Es geht dabei speziell um die Frage, ob ein Grenzüberbau aufgrund von Wärmedämmungsmaßnahmen von Grundstücksnachbarn geduldet werden muss. Nach den bundesgesetzlichen Regelungen besteht ein sol

cher Duldungsanspruch in der Regel nicht bzw. nur unter engen, speziellen Voraussetzungen. Auch nach dem Thüringer Nachbarrecht besteht das Problem, dass der Grundstücksnachbar quasi ein „Vetorecht“ hat, um eine ökologisch sinnvolle Wärmedämmmaßnahme am Nachbargrundstück zu verhindern. Das heißt, er kann einem Überbau auf sein Grundstück seine Zustimmung verweigern und damit die Maßnahme undurchführbar machen.

Diese Rechtslage ist unbefriedigend. Denn die Nachrüstung gerade älterer Gebäude mit wärmedämmendem Fassadenmaterial ist ein wichtiger Beitrag zum Natur- und Klimaschutz und liegt damit im Interesse des Allgemeinwohls. Um hier Abhilfe zu schaffen, werden mit dem vorgesehenen § 14 a des Gesetzentwurfs, der überschrieben ist mit „Überbau durch Wärmedämmung“, nun im Thüringer Nachbarrecht die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen, um die energetische Sanierung von Gebäuden zu fördern und damit zugleich ein wichtiges Anliegen des Koalitionsvertrags umzusetzen.

Diese Änderung des Thüringer Nachbarrechts sieht vor, dass an bestehenden Gebäuden, Fassadendämmungen, die bis maximal 25 Zentimeter in das Nachbargrundstück hineinreichen, von Grundstücksnachbarn zu dulden sind, wobei – und das findet sich dann in der Regelung im Einzelnen wieder – der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren ist. Immerhin geht es um einen Eingriff in das Eigentumsrecht.

Dass eine solche landesgesetzliche Regelung mit der konkurrierenden Gesetzgebung von Bund und Ländern im Einklang steht bzw. dass der Thüringer Landesgesetzgeber eine solche Duldungspflicht überhaupt festlegen kann, hat ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2007 bereits klargestellt. Nach dieser Entscheidung bestehen für den Landesgesetzgeber hinsichtlich des nachbarrechtlichen Überbaus eigene Gestaltungsmöglichkeiten, die durch die in Artikel 14 Grundgesetz verankerte Sozialbindung des Eigentums gedeckt sind, denn „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“, so heißt es in Artikel 14 Abs. 2 Grundgesetz.

Dass die energetische Wärmedämmung von Gebäuden nicht nur dem einzelnen Grundstückseigentümer, sondern letztlich auch dem Allgemeinwohl dient, liegt auf der Hand. Energiesparmaßnahmen und nachhaltige Energienutzung sind Bestandteil des gesellschaftspolitischen Konzepts der Energiewende und diese beginnt im Kleinen, im eigenen Grundstück, und sie endet eben nicht an der Grundstücksgrenze. Diesem Anspruch trägt § 14 a des Gesetzentwurfs Rechnung. Zugleich schafft die Regelung Rechtssicherheit im nachbarschaftlichen Miteinander und damit zumindest in dieser Frage eine Basis für mehr gute als böse Nachbarschaft.

(Präsident Carius)

Weitere Regelungen des Gesetzentwurfs beinhalten notwendig gewordene inhaltliche und gesetzestechnische Anpassungen an andere Gesetze und Verordnungen. Dabei geht es unter anderem um nachbarliche Duldungspflichten für die Anbringung von Schornsteinen, um Grenzabstände von Anpflanzungen im öffentlichen Verkehrsbereich, um Abstände von Gebäuden zum Wald und das Zurückschneiden von Hecken.

Ich will auf Details hier nicht weiter eingehen. Zusammenfassend bleibt zunächst festzuhalten, dass der Gesetzentwurf zum einen Bewährtes fortschreibt und zum anderen notwendige Regelungsbedarfe umsetzt, die sich seit der letzten inhaltlichen Änderung des Thüringer Nachbarrechts im Jahr 2006 ergeben haben. Der Gesetzentwurf wird daher von meiner Fraktion befürwortet und die Überweisung an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz beantragt. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Damit erteile ich Herrn Abgeordneten Scherer für die CDU-Fraktion das Wort. Herr Scherer, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen, das Nachbarrechtsgesetz enthält wichtige Regelungen für ein friedliches Miteinander der Nachbarn. Viele können sich vielleicht noch an das Lied erinnern – das betrifft zwar das sächsische Nachbarrecht –:

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Jetzt müssen Sie auch singen!)

Ich versuche mal, das Wort „Maschendrahtzaun“ – aber ich kann es, glaube ich, nicht richtig – sächsisch auszusprechen.

(Heiterkeit CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer sich an das Lied erinnert, weiß, worum es geht, nämlich um das Nachbarrecht und vor allen Dingen um den Frieden zwischen den Nachbarn. Dem dient das Nachbarrechtsgesetz; es hat diverse Regelungen über Grenzwände, Hammerschlag, Leiterrechte, Durchleitung von Wasser und Abwasser usw. Die wesentliche Änderung – das ist eben schon von meiner Kollegin angesprochen worden – ist der § 14 a. Wir begrüßen, dass es dort jetzt eine Regelung gibt, wobei ich schon noch etwas Diskussionsbedarf habe, wenn ich die 25 Zentimeter anschaue. Also wenn ich mir vorstelle, dass da einer eine 25 Zentimeter dicke Dämmung draufpappt – zum Nachteil des Nachbarn –, das erscheint mir sehr viel, das macht doch kein Mensch. 15 Zentimeter reichen vielleicht auch. Aber darüber kann

man sich ja im Ausschuss noch mal unterhalten. Es gibt noch zwei, drei kleinere Punkte, bei denen ich meine, dass sie diskussionswürdig sind, zum Beispiel die Abstandsregelung in § 46 Abs. 2 Nummer 2, wo im Moment drinsteht, dass zu Grünflächen und zu Gewässern kein Abstand gehalten werden muss mit Sträuchern und Bäumen. Jetzt kommt noch dazu, dass auch zu öffentlichen Verkehrsflächen kein Abstand gehalten werden muss. Das kann ich mir gar nicht so richtig vorstellen. Dann pflanzt einer an die öffentliche Verkehrsfläche direkt nebendran einen riesigen Baum. Der Baum ragt dann in die öffentliche Verkehrsfläche hinein. Dann kommen die Probleme mit den Lkws, die 3, 4 Meter hoch sind und nicht mehr darunter durchkommen. Das sind Punkte, bei denen ich meine, darüber muss man noch einmal reden. Was ich auch nicht so richtig nachvollziehen kann ist, in demselben Paragrafen, dass auch ohne Abstandsflächen Anpflanzungen auf öffentlichen Straßen zulässig sein sollen. Auch da habe ich Verständnisprobleme, wie das geht. Und was ich für nicht glücklich halte, ist, dass in § 49 steht, dass bei Neuanpflanzungen von Wald und bei Verjüngungen von Wald ein Abstand von 30 Meter zum Grundstück zu halten ist, also zu bebauten oder zu bebaubaren Grundstücken. Meines Erachtens wäre es besser, wenn man die 30 Meter zu Gebäuden als Abstand halten würde, anstatt zu Grundstücken. Wenn das Grundstück 300 Meter tief ist, ist es völliger Unsinn, wenn ich von der Grundstücksgrenze dann noch einmal 30 Meter Abstand halten soll. Und im Übrigen ist diese Regelung dadurch dann eigentlich obsolet, weil eine Übergangsregelung drin steht, dass sie erst wirksam wird, wenn ein nach der Regelung neu angepflanzter Wald verjüngt wird, das ist wahrscheinlich in 30 oder in 40 Jahren. Also ist es eine Regelung, die in 40 Jahren in Kraft tritt, das halte ich auch für wenig sinnvoll. Deshalb sind wir dafür, im Ausschuss darüber zu debattieren. Danke schön.

(Beifall und Heiterkeit CDU)

Vielen Dank, Herr Scherer. Das Wort erteile ich nun Abgeordneter Marx für die SPD-Fraktion.

Verehrter Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Tat, Nachbarrecht ist immer so ein bisschen vermintes Gelände, denn wenn die Nachbarn sich immer gut vertragen würden, bräuchten wir das Nachbarrecht nicht. Es ist, wie auch sonst im Rechtssystem, ein Konfliktrecht. Solange man sich – wie gesagt – freundlich mit dem Nachbarn über den Zaun oder ohne Zaun unterhält, brauchen wir das alles nicht. Die Kollegin Frau Dr. MartinGehl hat schon sehr gründlich berichtet, was ei

(Abg. Dr. Martin-Gehl)

gentlich der Kerninhalt dieses Gesetzes ist. Es geht vor allen Dingen um die Duldungspflicht bei Wärmedämmung, allerdings natürlich nur bei nachträglich aufgebrachter Wärmedämmung. Jemand, der neu baut, kann jetzt nicht sagen, ich darf mit meiner Dämmung noch einmal bis zu 25 Zentimeter aufs Nachbargrundstück, der muss natürlich von vornherein den Abstand einhalten. Ja, 25 Zentimeter ist schon ordentlich, aber entscheidend ist, dass in dem Gesetz auch eine Rückbauverpflichtung vorgesehen ist. Wenn der Nachbar seine Nutzung des Grundstücks insoweit zum Beispiel ändert, als dass er eine Einfahrt anlegen will und wenn die bis zu 25 Zentimeter im Weg sind, entsteht unter Umständen auch wieder eine Rückbauverpflichtung. Insofern ist das jetzt nicht ein für alle mal festgeschrieben, dass ein Viertelmeter Grundstücksgrenze an einer Bauwand für den duldungspflichtigen Nachbarn endgültig verlustig gehen würde. Es gibt natürlich auch noch andere Fragen. Die halte ich schon noch einmal einer vertieften Beratung für würdig. Der Kollege Scherer hat zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Bepflanzungsgrenze Null zum öffentlichen Straßenraum oder vom öffentlichen Straßenraum zum Grundstück schon ein Problem darstellen kann.

(Beifall CDU)

Wenn ich einen öffentlichen Verkehrsraum habe, geht es auch um Übersichtlichkeit. Ich bin im richtigen Leben Rechtsanwältin. Ich habe auch schon Fälle gehabt, wo eine Hecke an der Grundstücksgrenze, die direkt an eine Verkehrsfläche angrenzt, den Blick zum Beispiel auf eine Einfahrtsstraße beschränkt und dass es dort dann zu unfallträchtigen Situationen kommt. In meiner Heimat Sondershausen hat man jetzt, es hat mir eigentlich leid getan um die schönen Bäume, entlang der B 4 die ganzen Bäume zwischen der Bahnstrecke Bahnübergang im Graß abgesägt. Wer die Strecke kennt, das war eine sehr unübersichtliche Strecke. Da gab es wohl auch häufiger Unfälle. Jetzt sind die Bäume weg, finde ich eigentlich schade, aber wie gesagt, das sind Dinge, die wir auch im zuständigen Ausschuss noch einmal vertieft beraten sollten. Nur darum geht es heute, dass wir diesen Gesetzesvorschlag, der ansonsten wichtige und unerlässliche Anpassungen enthält und auch wegen der Überbaupflicht im Grunde wichtig ist, im zuständigen Fachausschuss noch einmal gründlich beraten, denn, wie gesagt, Nachbarrecht – vermintes Gelände. Auch wir beantragen die Überweisung an den zuständigen Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Marx. Das Wort hat nun Abgeordneter Möller für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Nachbarrechtsgesetzes macht auf den ersten Blick den Eindruck, als gehe es in der Hauptsache um ein paar gesetzestechnische Details, namentlich um die Entfristung eines ja längst bestehenden Gesetzes und um ein paar Anpassungen an andere Bestimmungen wie etwa an Regelungen des Straßengesetzes.

Allerdings zeigt sich rasch, dass es hier auch eine durchaus erhebliche und relevante materiell-rechtliche Änderung gibt. Dies betrifft die Frage, ob ein Grundstückseigentümer, der ein bestehendes Gebäude mit einer Außendämmung versehen will, die Zustimmung des Nachbarn – also genauer, des Eigentümers des Nachbargrundstücks – einholen muss, wenn das Gebäude an der Grundstücksgrenze steht. Mit anderen Worten geht es darum, ob es als Grundstückseigentümer noch meiner Einwilligung bedarf, wenn ich der Nachbar bin, ob eben der Nachbar mir de facto einen Teil meines Grundstücks wegnehmen darf, um eben beispielsweise seine Ausdämmung auf meinem Grundstück unterzubringen. Da muss ich eben der Kollegin Marx widersprechen, die meint, man nimmt da dem Nachbarn nichts weg. Es gibt einen alten, einfachen physikalischen Grundsatz und der lautet: Wo ein Körper ist, kann kein anderer sein. Der gilt natürlich auch im Nachbarrecht.

(Zwischenruf Siegesmund, Ministerin für Um- welt, Energie und Naturschutz: Das kann man so und so sehen!)

Nein, den kann man nicht so und so sehen. Der gilt absolut. Es tut mir leid, Frau Siegesmund. Ja, auch bei den Grünen, dafür werden Sie sich also keine Ausnahme von der Physik einräumen lassen können.

Nach den Grundsätzen unseres seit über hundert Jahren geltenden Zivilrechts bedarf es in Fällen der Nutzung eines Grundstücks, was mir nicht gehört, der Zustimmung des Grundstückseigentümers. Es gibt sogar Regelungen für Fälle der willkürlichen Verweigerung. Es gibt also – da muss ich auch Frau Dr. Martin-Gehl widersprechen – in diesem Fall keine Regelungslücke, sondern es gibt eine Regelung, nur gefällt die Ihnen nicht. Sie möchten nämlich einführen, dass man in den genannten Fällen einfach zu dulden hat, wenn ein Nachbar vorsätzlich in das Nachbargrundstück hineinbaut, solange dieser damit ein Ziel verfolgt, welches das besondere Wohlwollen der rot-rot-grünen Klima

(Abg. Marx)

ideologen hat. Genau das ist der Kern der Angelegenheit.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da knüpfen wir an gestern an!)

Dieser Kern betrifft das Eigentumsrecht, das Recht, über die Dinge, deren Eigentümer man ist, autonom, also frei zu verfügen.

Warum will die Landesregierung derart ins Eigentumsrecht eingreifen? In Ihrer Begründung zum Gesetzentwurf verweist die Regierung auf den sogenannten Stand der Technik und auf die Energiewende, die durch Verbesserung der Energieeffizienz voranzutreiben ist. So heißt es wörtlich: „Dies“ – gemeint ist die bisher notwendige Zustimmung des betroffenen Nachbarn – „erschwert die Anpassung von Bestandsbauten an den heutigen Stand der Technik einerseits und verhindert die Verbesserung der Energieeffizienz bei Bestandsgebäuden, die einen wesentlichen Bestandteil der Energiewende darstellt, andererseits.“

Meine Damen und Herren, natürlich kann man sagen, dass das doch nur Lappalien seien, wenn jemand ein paar Quadratmeter seines Grundstücks ungefragt opfern muss, wo es doch immerhin mit der Energiewende um die Rettung der ganzen Welt geht.

(Beifall AfD)

Und gewiss kann man erst mal behaupten, dass das ja bestimmt nicht allzu viele Fälle beträfe, dass die Eingriffe doch nur recht geringfügig seien, dass die De-facto-Wegnahme von Grundstücksfläche ohnehin nur unter engen Bedingungen geduldet werden müsse und dann ja auch noch ein Ausgleich in Geld – also eine Entschädigung – gezahlt werde. Aber, meine Damen und Herren, so kann man nur argumentieren, wenn man sich bereits an die krakenhafte Ausbreitung des bevormundenden Staats gewöhnt hat, wenn es einem ganz selbstverständlich erscheint, dass die Obrigkeit schon weiß, was richtig ist und wenn man meint, dass die Freiheit, zu der auch die Eigentumsfreiheit gehört, und die Interessen der Individuen nicht so wichtig sind, wenn es um die von jener rot-rot-grünen Obrigkeit zu gestaltende Zukunft des Planeten geht.

(Beifall AfD)

Aber von alldem, meine Damen und Herren, sind wir von der AfD nicht überzeugt. Ich darf Sie daran erinnern, dass es hier um ein grundlegendes Prinzip der freiheitlichen Gesellschaft geht, nämlich um das Prinzip der Privatautonomie. Auf der Privatautonomie ruht unser gesamtes Zivilrecht. Die Privatautonomie ist verfassungsrechtlich durch die Handlungsfreiheit, Artikel 2, garantiert. Zur Privatautonomie gehört, dass der Eigentümer über seine Sache frei verfügen darf, so er andere damit nicht schä

digt. Zu ihr gehört, dass man seine Freiheit auch in einer Weise gestalten darf – jetzt hören Sie gut zu, Frau Rothe-Beinlich –, die der rot-rot-grünen Obrigkeit nicht gefällt, solange man andere damit nicht schädigt.

(Zwischenruf Abg. Marx, SPD: Dabei wollten Sie gestern noch die Verfassung ändern!)

Das hätte ja unserer Demokratie genutzt, aber da waren Sie dagegen, Frau Marx. Tut uns leid, noch haben wir nicht die Mehrheiten, aber irgendwann.