Protokoll der Sitzung vom 26.11.2015

Meine Damen und Herren, wenn man wie Sie an der einen oder anderen Stelle in Regierungsverantwortung ist – da befinden Sie sich alle irgendwo – und dann das Recht aus Gründen der politischen Opportunität in derartigen Größenordnungen außer Kraft setzt, dann nennt man das nicht Zivilcourage, man nennt es auch nicht Willkommenskultur, nein, man nennt es Willkür.

(Beifall AfD)

Mit dieser Willkür, meine Damen und Herren, sind Sie es, die sich auf Kollisionskurs zu unserer Verfassung befinden, denn in der Verfassung finden Sie auch das Rechtsstaatsgebot, von dem Sie allerdings schon länger nichts mehr halten. Das hat auch die Euro-Rettungspolitik gezeigt. Die Folgen, die Ihre willkürliche Politik der offenen Grenzen nun im Jahr 2015 hat, gehen weit über die Absage von Fußballspielen, Kriminalitätsbelastung, die Aushöhlung des Rechtsstaats hinaus. Deswegen werden Sie diesmal auch nicht so glimpflich davonkommen, wie Ihnen das bisher gelungen ist, sich aus der Affäre zu ziehen. Die Folgen, von denen ich hier spreche, sind der Terrorismus und die Angst vor dem Terrorismus, welche eine offene und freie Gesellschaft wie unsere zu leben in der Lage ist. Sie mögen das abstreiten und mich als Rechtspopulisten diffamieren, aber es ist nun mal ein Fakt, dass mindestens zwei islamistische Terroristen des Anschlags von Paris aufgrund der Politik der offenen Grenzen als Flüchtlinge über Griechenland einreisen und nach Frankreich gelangen konnten. Ihnen wurde es einfach gemacht, ihr Anschlagsziel zu erreichen, denn sie konnten als Flüchtlinge getarnt

quer durch Europa reisen und mussten aufgrund des Totalversagens von Ihnen und Ihren europäischen Streitgenossen in der nationalen und europäischen Sicherheitspolitik keine Entdeckung befürchten. Sie können natürlich behaupten, dass es zumindest zum Teil Franzosen waren – mit Migrationshintergrund wohlgemerkt, aber eben Franzosen waren –, die den Anschlag begangen haben. Aber Sie wissen natürlich ganz genau, dass diese Typen und ihre islamistischen Gesinnungsgenossen nichts von dem an sich hatten, was einen Menschen zum Franzosen macht. Mit Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit können die eben gar nichts anfangen. Ebenso wenig, wie mit dem hier gelebten Rollenverständnis von Mann und Frau, unserem Verhältnis zur Religion, unseren Traditionen und unserer Lebensweise. Das einzige französische an den Terroristen in Paris war der Pass, im Hirn waren diese Leute einer ganz anderen Kultur verpflichtet.

(Beifall AfD)

Aus Ihrem politischen Lager habe ich auch schon die absurde Argumentation gelesen, dass man an der Politik der offenen Grenzen nichts ändern müsse, weil es schließlich in Deutschland noch keinen Anschlag gegeben hat. Das ist übrigens eine erstaunlich völkische Argumentation, muss ich sagen.

(Beifall AfD)

Überhaupt sind es nach Ihrer Meinung alles nur Einzelfälle, jedes Mal aufs Neue alles nur Einzelfälle. Sie können sich natürlich auch wie die Europäische Kommission im Anschluss an diesen Anschlag nun einfach selbst belügen, indem Sie jetzt irgendwelche Alibi-Maßnahmen präferieren, wie das beabsichtigte Verkaufsverbot von halbautomatischen Waffen an Privatleute. Es ist schon erstaunlich, für wie blöd man die Menschen in unserem Land halten muss, um solche Maßnahmen als konsequente Reaktion auf die Attentate von Paris zu verkaufen. Als ob es bei Frankonia Jagd einen AK 74 oder AK 47 Vollautomaten zu kaufen gibt, mit dem der Terrorist dort in Frankreich um sich geballert hat.

Nein, meine Damen und Herren, die Kriegswaffen, mit denen die Terroristen die Attentate begangen haben, stammen nicht aus dem regulären Waffenhandel, sondern sie konnten mangels Grenzsicherung an den Einsatzort geschmuggelt werden und dafür tragen all diejenigen Mitverantwortung, die für offene Grenzen sind und daran festhalten.

(Beifall AfD)

Dass nun einige aus Ihrem Lager um Verständnis heischen und zum Besten geben, dass man absolute Sicherheit niemals erreichen kann, ist blanke Heuchelei. Sie haben es nicht einmal ansatzweise versucht, geeignete Gegenmaßnahmen umzusetzen. Die mit Abstand wichtigste Maßnahme ist nun einmal die systematische Grenzsicherung. Wir for

dern das bereits seit Monaten und wir sind uns sicher, dass Sie auch diese Maßnahme, wie alle anderen Forderungen von uns, irgendwann – nur etwas später – auch umsetzen müssen.

(Beifall AfD)

Es zählt zu den Grundbedürfnissen unseres Staates, die Hoheit über die eigenen Grenzen behalten zu können und zu entscheiden, wer das Staatsgebiet betritt und wer nicht. Jedem sollte das nach Paris bekannt sein. Wie man sich gegenüber so einem Sicherheitsrisiko, das wir haben, abgrenzt, ist unseren Partnern in Europa schon lange bekannt. Jedenfalls ergreifen sie mittlerweile entsprechende Maßnahmen. Das macht diese Partnerländer natürlich nicht zu Menschenfeinden oder Nazis – Frau Rothe-Beinlich, ich sage das einmal in Ihre Richtung –, nein, diese Partnerländer sind einfach etwas realitätsnäher organisiert, als es unsere Politik ist. Wir werden das Unsrige dafür tun, dass das hier bei uns auch eintritt.

(Beifall AfD)

Wie Grenzsicherung geht, meine Damen und Herren, hat uns zum Beispiel Ungarn gezeigt, Zäune und bewachte Grenzen sind allen anderen Behauptungen zum Trotz ein auf der ganzen Welt verfolgtes, sehr erfolgreiches Konzept der Abgrenzung und Wohlstandssicherung bei entsprechendem Wohlstandsgefälle. Man braucht sich da nur die Grenze zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten anzusehen oder die Grenzen der spanischen Exklaven in Nordafrika – das ist übrigens eine europäische Außengrenze, die durch einen 5 Meter hohen Zaun geschützt wird – oder eben wahlweise auch den Zaun des Bundeskanzleramts, auf den man sicher verzichtet hätte, wenn er seine Funktion nicht erfüllen könnte.

(Beifall AfD)

Die Grenzsicherung ist also ein rational begründbares Interesse in der heutigen Zeit. Wenn Sie anstelle der Parteiräson die Interessen unseres Landes und unseres Volkes im Auge hätten, dann müssten Sie diesem Antrag zwangsläufig zustimmen. Sollten Sie das nicht tun, werden wir Sie immer wieder daran erinnern, welche erforderlichen Maßnahmen in der Asylkrise ergriffen werden müssen. Irgendwann, da sind wir uns ganz sicher, werden Sie Ihre Einstellung ohnehin ändern und diesem Antrag zustimmen müssen. Danke.

(Beifall AfD)

Es liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Herr Abgeordneter Herrgott hat das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren, es fiel mir jetzt recht schwer, mich doch durchzuringen, noch zwei kurze Bemerkungen zu Ihrem Antrag zu machen, um das hier nicht alles ganz so stehen zu lassen. Der Titel des vorliegenden Antrags der AfD „Grenzen sichern – Recht durchsetzen – illegale Einreisen verhindern“ suggeriert zunächst einen relevanten Beitrag dieses wichtigen Themenfelds in der aktuellen Debatte. Grenzen zu sichern ist eine Kernaufgabe des Staats. Wie diese Sicherung aber in der Praxis aussieht und wie sie umgesetzt wird, darüber klaffen die Vorstellungen selbst hier in diesem Haus weit auseinander: von einer soliden Überwachung der Grenze bis hin zu Mauer- und Stacheldrahtfantasien. Da muss ich wirklich mal bei „Mauer- und Stacheldraht“ in die rechte Ecke des Plenums schauen, was mir sehr weh tut an dieser Stelle. Bei solchen Fantasien fällt mir wirklich nicht mehr viel ein, meine Damen und Herren von der AfD. Ich dachte eigentlich, solche Fantasien hätten wir in Europa innerhalb unseres eigenen europäischen Landes, unserer Europäischen Gemeinschaft inzwischen ad acta gelegt. Aber wo Sie da entsprechend hingehen mit Ihren Fantasien, das ist hier deutlich zu hören.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Warten Sie ein paar Wochen ab, Herr Herrgott!)

Wenn man nun aber tiefer in diesen Antrag von Ihnen einsteigt und wenn man das wirklich Antrag nennen will, ist von einem relevanten Beitrag, wie ich es eingangs gesagt habe, leider nicht mehr viel zu finden. Der erste Teil mit einem detaillierten Wunsch nach Berichterstattung zu Verfahrenszahlen, Abschluss und einzelnen Strafbemessungen sowie in Punkt 2 zu detaillierten Fragen nach Staatsangehörigkeiten, aufgegliedert in einzelne Tatbestände für Verdächtigte und Verurteilte, sind deutlich besser in einer Kleinen Anfrage aufgehoben, als hier in einem parlamentarischen Antrag, meine Damen und Herren. Oder welchen Mehrwert erwarten Sie, wenn hier vorn vom Pult stundenlang Exceltabellen vorgelesen werden? Da darf ich Ihnen einen Hinweis geben: Richten Sie eine Kleine Anfrage an die Landesregierung, dann haben Sie das alles schwarz auf weiß. Das kann man auch viel besser verstehen, als wenn hier vorn Exceltabellen vorgelesen werden.

(Beifall CDU)

Der gesamte zweite Teil Ihres Antrags ist leider nicht besser, ist er doch durch konsequente Nichtzuständigkeit unseres Hauses gekennzeichnet. Thüringen hat nun einmal keine deutsche Außengrenze, abgesehen vom Transitbereich auf dem Erfurter Flughafen. Weiterhin ist die Sicherung der deutschen Außengrenze auch weit außerhalb der Regelungsbefugnis dieses Hauses oder der Thüringer Landesregierung. Nun kann man auf dem

(Abg. Möller)

Standpunkt stehen, dass wir hier aus Thüringen heraus nicht nur das Weltklima retten und uns wie gestern mit der Klimakonferenz von Paris beschäftigen, sondern auch gleich die Sicherung der deutschen Außengrenzen mit abhandeln können. Wir stehen an dieser Stelle auf einem anderen Standpunkt. Wir können in diesem Haus nicht über alles, wofür wir nicht zuständig sind, diskutieren, meine Damen und Herren,

(Beifall CDU)

und auch nicht den Eindruck erwecken, dass wir dafür zuständig wären. Recht ist in Deutschland ohne Ausnahme einzuhalten. Wir setzen uns als CDU trotzdem dafür ein, in einem gesamteuropäischen Kontext die europäischen Außengrenzen zu sichern und innerhalb Europas das System und die damit verbundenen Freiheiten und die Vorteile des Schengener Abkommens zu erhalten. Rein nationale Abschottungspolitik, wie sie hier vielfach in Ihrer Rhetorik zum Ausdruck kommt, wird hier nicht zum Ziel führen und auch bei einer Planbarkeit in der derzeitigen Flüchtlingslage keinen Beitrag leisten und schon gar nicht zu einem Quantum an Sicherheit führen, meine Damen und Herren, nicht mal zu einem Millimeter oder einem Nanometer. Es wird kein Plus an Sicherheit geben, wenn Sie Ihre nationale Abschottungspolitik, wie Sie sie hier an diesem Pult konstruieren, in irgendeiner Form umzusetzen glauben, was in der Realität auch so gar nicht möglich ist.

Ihr Antrag mit rein appellativem Charakter in Richtung des Bundes trägt leider nicht zu einer Lösung der aktuellen Herausforderung bei, meine Damen und Herren, deshalb können wir diesem auch nicht zustimmen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Herr Abgeordneter Herrgott, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Möller?

Sehr geehrter Herr Kollege, ich hätte eine Frage an Sie: Würden Sie mir zustimmen, dass Terroristen und Waffen, die durch eine Grenzsicherung nicht ins Land, nicht nach Europa und nicht nach Deutschland gelangen können, hier natürlich auch nicht zu einem Attentat genutzt werden können und insofern nicht vielleicht doch auch ein bisschen bessere Sicherheit hergestellt werden kann?

Herr Kollege Möller, Sie suggerieren mit Ihrer Anfrage, dass durch Ihre Fantasien von Grenzsicherung diese Waffen dann auch nicht ins Land gelangen könnten, über Schmuggelrouten oder Ähnliches. Das ist völlig zu verneinen. Ich habe es wiederholt gesagt und wiederhole es gern noch einmal: Auch Ihre Abschottungspolitik mit Mauer und Stacheldraht an den deutschen Außengrenzen wird nicht dazu führen, hier auch nur einen Millimeter mehr Sicherheit zu erzeugen oder etwas zu verhindern, was Sie glauben mit Ihren einfachen Mitteln in einer komplexen Welt verhindern zu können. Das geht leider nicht.

(Beifall CDU)

Gestatten Sie noch eine Anfrage des Abgeordneten Möller?

(Zwischenruf aus dem Hause: Nein!)

Eine letzte Frage.

Danke schön. Ist Ihnen denn bekannt, dass solche Waffen, mit denen die terroristischen Anschläge in Paris begangen wurden oder begangen werden sollten, dass diese Waffensysteme zum Beispiel auch durch deutsches Territorium transportiert werden und dass sich daraus auch eine entsprechende Kontrollobliegenheit unseres Landes ergibt?

Herr Kollege Möller, mit Ihrer Anfrage suggerieren Sie, dass Sie wissen, wie die Anschläge von Paris vorbereitet wurden, und dass Sie da deutliche Kenntnis haben, die uns allen hier im Parlament noch fehlt.

(Beifall CDU)

Wenn Sie solche detaillierten Kenntnisse haben, kann ich nur vorschlagen, über das Bundeskriminalamt die französischen Behörden mit Ihrem Detailwissen zu unterstützen, dann können wir vielleicht diese Straftaten an dieser Stelle aufklären. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, DIE LINKE)

Es liegt eine weitere Wortmeldung vor. Herr Abgeordneter Brandner, Sie haben 30 Sekunden.

(Abg. Herrgott)

Herr Herrgott, Sie waren ja so eloquent und nett – ich bin auch nicht böse zu Ihnen. Aber mit den Argumenten, die Sie jetzt hier gebracht haben, müssten Sie eigentlich den nächsten Antrag einbringen, auch sämtliche Gartenzäune in Thüringen abzuschaffen, denn Zäune bringen ja keine Sicherheit. Ich bin mal gespannt, wann dieser Antrag hier landet und dann Frau Merkel aufgefordert wird, den Zaun vorm Bundeskanzleramt auch abzubauen, denn Zäune bringen ja nichts, wie Sie sagen. Im Übrigen würde ich Ihnen raten, bevor Sie sich hier zu Wort melden, unsere Anträge zu lesen, dann kommen Sie auch nicht zu solchen Ausführungen, dass wir Thüringer Außengrenzen schützen wollen, sondern wir wollten die Landesregierung bitten, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen. Das machen Sie auch permanent mit Ihren Anträgen. Ich werde Sie das nächste Mal darauf hinweisen, wenn Sie das tun.

Herr Abgeordneter Brandner, Ihre Redezeit ist um.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Aufhö- ren! Aufhören!)

Ich werde Sie auch das nächste Mal darauf hinweisen, dass Sie nicht gern Zahlen von hier vorn vorgelesen bekommen.

Herr Brandner!