Protokoll der Sitzung vom 26.11.2015

Herr Brandner!

Daran will ich Sie auch erinnern das nächste Mal, wenn entsprechende Anfragen von Ihnen kommen. Ich freue mich schon darauf. Bis dahin!

(Beifall AfD)

Meine Damen und Herren, jetzt liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Es wurde keine Ausschussüberweisung beantragt, deswegen kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der …

(Zwischenruf Lauinger, Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz: Halt! Ich woll- te noch für die Landesregierung sprechen!)

Entschuldigung. Herr Minister Lauinger, bitte.

Meine sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, jetzt passiert mir das schon wieder, dass ich ans Pult muss und eigentlich Herrn Herrgott im Wesentlichen in vielem, was er gesagt hat, zustimmen kann.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Warum re- den Sie dann noch, Herr Lauinger?)

Aber trotzdem, er hat natürlich auch recht, wenn er sagt, dass Teil I ein Punkt wäre, wo man sehr gut Tabellen vortragen kann. Ich habe es trotzdem versucht, weil die Landesregierung immer bemüht ist, Anfragen und Anträge aus dem Parlament sehr ernst zu nehmen, zumindest zusammenzufassen. Lassen Sie mich daher das unter Punkt I Abgefragte zumindest zusammenfassen und kursorisch wie folgt beantworten: In der staatsanwaltschaftlichen Statistik wird hinsichtlich der durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht im Sinne der Fragestellung differenziert. Die Statistik bei der Staatsanwaltschaft fasst nur die Fälle der Straftaten gegen das Aufenthaltsgesetz, das Asylverfahrensgesetz sowie das Freizügigkeitsgesetz der EU insgesamt zusammen. Zu den durchgeführten Gerichtsverfahren liegen konkrete Zahlen vor, die ich Ihnen zusammenfassend wie folgt benennen möchte. Die Zahlen beziehen sich auf die insoweit Abgeurteilten. In den Jahren 2010 bis 2014 gab es 101 Verurteilungen wegen unerlaubten Aufenthalts nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Aufenthaltsgesetz. Bei 71 dieser Personen wurden Geldstrafen verhängt. In zwei Fällen erfolgte eine Verurteilung zu einer Jugendstrafe. Drei Personen wurden zu einer Freiheitsstrafe und zwei zu einer Jugendstrafe verurteilt. Zweimal wurden Zuchtmittel verhängt, in einem Fall von Strafe abgesehen. In 20 Fällen wurde das Verfahren eingestellt und in zwei Fällen erfolgte ein Freispruch. Im gleichen Zeitraum gab es 17 Abgeurteilte wegen unerlaubter Einreise. Bei 13 Personen erfolgte eine Verurteilung zu einer Geldstrafe. In vier Fällen wurde das Verfahren eingestellt. Die Staatsangehörigkeit, der zuvor genannten Personen, wie unter der nächsten Ziffer bei Ihnen abgefragt, kann nicht genannt werden, da hierzu keine statistische Einlassung erfolgt. So weit der erste Punkt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich komme nun noch zu den Forderungen, die die AfD-Fraktion in Ziffer II ihres Antrags aufgestellt hat. Danach soll sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass Ausländern, die aus einem sicheren Drittstaat illegal einreisen, der Aufenthalt im Bundesgebiet zur Stellung eines Asylantrags nicht mehr gestattet und unter Strafe gestellt wird. Diese Forderung ist inhuman, rechtswidrig und verstößt gegen internationale Verträge.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wie die AfD-Fraktion in ihrer Begründung ihres Antrags selbst ausgeführt hat, erwirbt der Ausländer nach § 55 Abs. 1 Satz 3 Asylgesetz bei einer unerlaubten Einreise aus einem sicheren Drittstaat mit der Stellung eines Asylantrags die Aufenthaltsgestattung. Das heißt, zur Durchführung des Asylverfahrens ist ihm der Aufenthalt gestattet. Das ist genau der Kern, um den es geht, den Sie auch überhaupt nicht verstanden haben. In dem Moment, wo er einreist – deswegen haben Sie auch falsch zitiert –, ist es tatsächlich so, dass ihm zur Durchführung des Asylverfahrens der Aufenthalt gestattet wird. Das ist der Kern unseres Grundrechts auf Asyl.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie jetzt sagen wollen, wir verweigern die Einreise zur Stellung des Antrags, ist einfach die Axt an das Grundrecht auf Asyl gelegt. Jeder der hier einreisenden Menschen hat Anspruch auf Prüfung seines Asylantrags auf der Grundlage des Asylgesetzes und auf ein faires Asylverfahren.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Hat er nicht!)

Das ist das, was Artikel 16 a Grundgesetz ausmacht. Sofern im Ergebnis letztendlich ein Asylantrag abgelehnt wird und keine freiwillige Ausreise erfolgt, müssen – und das hat diese Landesregierung nie anders gesagt – abgelehnte Asylbewerber auch zurückgeführt werden.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Außer im Winter!)

In diesem Zusammenhang will ich noch einmal auch auf Artikel 31 der Genfer Flüchtlingskonvention hinweisen. Auf deren Grundlage – Deutschland hat diese Genfer Flüchtlingskonvention unterschrieben – werden bei illegaler Einreise Ermittlungsverfahren bei Asylbewerbern eingestellt. Das genau ist diese schreckliche Situation, dass die Menschen bei Einreise zunächst ein Strafverfahren bekommen, das dann in dem Moment, wenn sie den Asylantrag stellen, zwingend wieder eingestellt wird.

(Beifall DIE LINKE)

Was wir im Moment haben, ist eine ABM-Maßnahme für Polizei und Staatsanwaltschaft. Nicht umsonst hat sich die letzte Justizministerkonferenz einhellig dafür ausgesprochen, dass es keinen Sinn macht, ein Strafverfahren einzuleiten, von dem man dann weiß, dass es im Anschluss definitiv oder in 99,9 Prozent der Fälle wieder eingestellt wird. Das macht keinen Sinn.

Herr Minister …

Wenn ich zu Ende bin, bin ich gern bereit, das zu beantworten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch die anderen Forderungen des AfD-Antrags, sich auf Bundesebene für eine Einreiseverweigerung und eine systematische Grenzsicherung einzusetzen, lehnen wir entschieden ab. Wie soll eine solche systematische Grenzsicherung aussehen? Sollen in Deutschland wieder Mauern aufgebaut werden wie zu DDR-Zeiten oder wollen Sie, dass um Deutschland, das Außengrenzen zu neun europäischen Staaten hat, ein Stacheldrahtzaun errichtet wird?

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben in den letzten Monaten mit großer – wie soll ich es ausdrücken – Anteilnahme der Bevölkerung gefeiert, dass 25 Jahre deutsche Wiedervereinigung stattgefunden hat, dass es die Menschen in der DDR geschafft haben, diese Mauern einzureißen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In diesem Jubiläumsjahr propagieren Sie die Errichtung neuer Mauern und Zäune. Das werde ich nie verstehen. Ich glaube, das wird auch ganz vielen anderen Menschen so gehen. Daneben ist es auch technisch völlig unmöglich und widerspricht allen humanitären Gesichtspunkten, zu glauben, Deutschland kann sich einzäunen und dadurch das Problem lösen. Sie werden die Menschen, die sich auf den Weg gemacht haben, nicht dadurch aufhalten können, dass Sie Zäune errichten und diese Zäune immer höher bauen und zum Schluss, in der Endkonsequenz – das ist natürlich auch notwendig – diese Zäune sichern. Es hilft nicht nur, dass Sie Zäune bauen, sondern Sie müssen zuletzt auch in der Konsequenz bereit sein, Menschen, die diese Zäune überwinden wollen, mit Gewalt daran zu hindern, diese Zäune zu überwinden. Das heißt nicht – um das klar zu sagen, das hat diese Regierung auch immer gesagt –, dass Grenzkontrollen notwendig sind. Es ist notwendig, dass wir mithilfe von Grenzkontrollen registrieren und feststellen, wer in dieses Land kommt. Aber Grenzkontrollen und Grenzzäune sind etwas deutlich Unterschiedliches. Von daher danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, dass der Antrag abgelehnt wird.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Minister Lauinger)

Sie hatten eine Anfrage des Abgeordneten Möller zugelassen, Herr Minister.

Herr Lauinger, Sie hatten eben gesagt, dass die Verfassung jedem garantiert, hier in Deutschland einen Asylantrag zu stellen und zu diesem Zweck dann eine zumindest befristete Aufenthaltsmöglichkeit zu haben. Ist Ihnen denn der Artikel 16 a Abs. 2 Satz 1 bekannt, der eben genau das verneint, der sagt, dass Menschen, die aus einem sicheren Drittstaat einreisen, sich gerade nicht auf das Asylgrundrecht berufen können?

Ohne dass eine Einreisemöglichkeit besteht und ohne dass ein Asylverfahren durchgeführt werden kann, macht ein Asylgrundrecht – das ist meine tiefe Überzeugung – keinen Sinn.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb ist es tatsächlich so, dass ich der Auffassung bin – das sage ich auch ganz deutlich –, wenn ein Land ein Recht gewährt und die Menschen nicht einreisen lässt, um Antrag auf dieses Recht zu stellen, dann ist das Recht ad absurdum geführt.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Möller, Sie haben kein Recht, jetzt etwas vorzulesen. Sie haben maximal ein Recht, eine Frage zu stellen.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Es wäre noch Redezeit gewesen!)

Der Herr Minister ist aber vom Pult gegangen.

Gibt es jetzt aus den Reihen der Abgeordneten noch weitere Wortmeldungen? Das kann ich nicht erkennen. Es ist keine Ausschussüberweisung beantragt. Deswegen kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der AfD in Drucksache 6/1309. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Bei den Gegenstimmen der Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/ Die Grünen, SPD und CDU und der fraktionslosen Abgeordneten ist bei Zustimmung der Fraktion der AfD der Antrag der AfD abgelehnt.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und die heutige Beratung. Die Fraktionen sind übereingekommen, da nur noch zwei Tagesordnungspunkte auf der Tagesordnung stehen, diese morgen abzuarbeiten einschließlich der letzten Fragen. Wir sehen uns morgen 9.00 Uhr hier im Plenum.

Ende: 18.08 Uhr