Protokoll der Sitzung vom 18.12.2015

(Beifall AfD)

Das Wort hat Abgeordneter Kobelt, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Haben Sie die „BILD“-Zeitung durchgearbeitet? Seite 3 auch?)

Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Brandner, ich wäre vorsichtig, sonst muss ich wieder auf das Zitat von meiner Kollegin Henfling von gestern zurückkommen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Was hat sie denn gesagt?)

Aber lassen Sie uns zur Sache kommen.

Sehr geehrter Herr Gruhner, Sie stellen immer die Bürgerbeteiligung und Bürgerbewegung Ihrer Partei stark in den Vordergrund. Wenn es um Windräder geht, setzen Sie sich angeblich für die Bürgerinteressen ein. Ich frage mich allerdings: Wo ist die CDU, wenn es um die Interessen der Bürger geht, wenn zum Beispiel in Neumark 500 Menschen vom Ausbau einer Schweinemastanlage belästigt werden, wo es um 60.000 Schweine geht? Da ist von der CDU nichts zu spüren. Aber immerhin haben Sie Ihren Landwirtschaftsminister zwar jetzt nicht in die Karibik geschickt, aber vielleicht liegt er mittlerweile gerade auf der Solarbank. Zumindest hier ist er nicht mehr.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Herr Kobelt, ist etwas an Ihnen vorbeigegangen?)

Herr Gruhner, noch mal ganz kurz was zu dem Geld: Sie haben uns vorgeworfen, dass wir mit wenig Geld viel erreichen. Aber bei Ihnen ist es in den letzten Jahren andersrum gewesen, Sie haben mit viel Geld wenig erreicht.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Das sind Phrasen, die Sie hier loslassen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin daher sehr froh, dass wir auch mit einem kleinen Einzelhaushalt für den Umweltbereich in den Jahren 2016 und 2017 quasi einen Neuanfang in den

Bereichen Umwelt, Naturschutz und Energiewende starten können.

(Zwischenruf Abg. Dr. Voigt, CDU: Das emp- finden die Bürger anders!)

Umwelt, Naturschutz und Energiewende sind für uns Grüne besonders wichtig, wenn es um den Erhalt einer lebenswerten Zukunft für unsere Kinder, Kindeskinder und auch Urenkel und die nächste Generation geht. Dazu ist der Klimaschutz ein grundlegender Baustein. Klimaschutz ist pure ökonomische Vernunft, denn nichts ist teurer als nicht zu handeln. Wir Grünen sind der Meinung, dass Klimaschutz eine Generationenaufgabe ist und deshalb Gesetzeskraft braucht. Nötig ist ein dauerhafter und rechtsverbindlicher überparteilicher Konsens darüber, dass der Klimaschutz ein gemeinsames Ziel der Politik ist. Deshalb schaffen wir mit diesem Haushalt die Voraussetzungen für ein Thüringer Klimagesetz. Das ist der Startschuss für einen umfassenden gesellschaftlichen Prozess, der die nächsten Jahre mit großer Bürgerbeteiligung die Politik prägen wird. Gerade für den erfolgreichen Kampf gegen den Klimawandel brauchen wir den Erfolg der Energiewende.

Ganz besonders an der Solarstromnutzung lässt sich zum Beispiel ablesen, welche Wirkung Industriepolitik, aber auch Umweltpolitik haben kann. Denn wir reden hier zum Beispiel von einer dramatischen Kostensenkung seit 2001. Schon heute liegen die Kosten für Strom aus neuen PV-Anlagen bei rund 10 Cent, während man beim Stromversorger/Energieversorger 27 Cent dafür bezahlt. Ich habe jetzt eigentlich erwartet, dass die AfD wieder auf die Subventionen und die Wirtschaftlichkeit eingeht. Da müssen wir aber auch ganz klar zur AfD sagen: Lieber kein Gold im Keller, sondern mehr Solar aufs Dach.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Erfolgsgeschichte Solar hat auch die Entwicklung in Thüringen beflügelt. So lag die installierte Leistung 2014 bei rund 1 Gigawatt. Das kommt schon an die Leistung des Atomkraftwerks, das jetzt zum Glück abgeschaltet wurde, in Grafenrheinfeld heran. Der Anteil der Solarerzeugung ist mittlerweile auf 17 Prozent gestiegen. Das muss man sagen: Das ist ein guter Wert für Thüringen und ist auch eine gute Entwicklung in dem Bereich. Allerdings war das bis 2013, und seitdem ist es abwärtsgegangen.

Ein Beispiel wie Solarstromnutzung bürgerschaftliches Engagement anregt, zeigt dieser Tage die Energiegenossenschaft Rittersdorf im Weimarer Land. Dort wird durch Fotovoltaik Strom erzeugt und dieser direkt vermarktet. Dafür hat die kleine Kommune mit ihren Bürgerinnen und Bürgern in der Genossenschaft in Rittersdorf einen Klimaschutz

(Abg. Kießling)

preis von der Agentur für Erneuerbare Energien bekommen. Dazu von mir noch einmal herzlichen Glückwunsch!

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das zeigt einmal mehr, dass die Bürgerinnen und Bürger die Energieversorgung in ihre Hände nehmen wollen und dies auch erfolgreich tun. Es wundert deshalb stark, dass die CDU-Bundesregierung gerade diese Erfolgsgeschichte stoppen will und dafür gesorgt hat, dass die installierte Leistung von 2012 von 7.600 Megawatt mittlerweile um 80 Prozent gesunken ist.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Umso wichtiger ist es, dass wir in Thüringen diese bürgerfreundliche Energie vorantreiben. Thüringen setzt jetzt auf lokale Wertschöpfung durch Sonnenwärme und Sonnenstrom. Deshalb haben wir erreicht, dass das 1000-Dächer-Programm mit 1,5 Millionen Euro jährlich fortgeführt und die Erfolgsgeschichte zumindest in Thüringen fortgeschrieben wird. Wir machen uns dabei dafür stark, dass Innovationen angeregt werden, dass zum Beispiel Kombinationen von Fotovoltaikspeichern und Elektromobilität stärker gefördert werden. Uns liegt besonders die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Energiewende am Herzen. Deshalb werden wir organisierte Bürgerenergie in Energiegenossenschaften und Bürgerkraftwerken besonders fördern. Daneben kommt es auch darauf an, neue Modelle zum Beispiel für die Mieterinnen und Mieter zu generieren, und da wollen wir die Thüringer Wohnungswirtschaft aktiv mit dem Programm unterstützen.

(Beifall SPD)

Ein anderer wesentlicher Partner in der Bürgerenergie ist die ThEGA. Dort haben wir im Haushalt zusätzliche Gelder zur Verfügung gestellt und mittlerweile haben wir dort ein Budget von 2,3 Millionen Euro und es können Bürgerinnen und Bürger beraten werden und es können Projekte über erneuerbare Energien angeregt werden. Wir wollen ganz klar, dass die Bürgerinnen und Bürger in Thüringen zu Gewinnern der Energiewende werden.

(Unruhe CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein anderes Thema, was uns sehr am Herzen liegt, ist der Hochwasserschutz. Gerade das Thema „Hochwasser“ kann viele Menschen in ihrer persönlichen Umwelt sehr konkret betreffen. Wir Grüne haben mit dem Landesprogramm Hochwasserschutz für die Jahre 2015-2021 in diesem Haushalt auf diese Herausforderung reagiert. Mit den Partnern, den Kreisen und den Kommunen, werden mehr als 3.000 Maßnahmen mit einem Investitionsvolumen von mehr als 200 Millionen Euro in den kommenden Jahren festgelegt. Denn eins muss uns be

wusst sein: Wasser ist lebensnotwendige Ressource und bedeutet gleichzeitig auch Gefahr. Denn auch Thüringen ist in den letzten Jahren immer öfter durch Hochwasser betroffen worden. Besonders frisch sind die Erinnerungen an das Jahrhunderthochwasser 2013. Das führt uns zum Kern eines vernünftigen Gewässerschutzes. Einerseits brauchen Gewässer mehr Raum, gleichzeitig muss Infrastruktur in Städten und Dörfern stärker geschützt werden. Deshalb ist es so unendlich wichtig, auch Rückhalteräume wiederzugewinnen, Deichrückverlegungen im großen Stil zu verlegen und Auen zu renaturieren. Zusätzliche Flutpolder und Hochwasserrückhaltebecken müssen gebaut und Deiche saniert werden. Dafür bedarf es auch, meine sehr geehrten Damen und Herren, einer ausreichenden Finanzierung, um gerade diese Maßnahmen in Gewässern erster und zweiter Ordnung durchzuführen zu können.

Die Landesregierung unternimmt bei diesem Thema einen neuen Aufschlag. Mit dem Haushalt sind große Anstrengungen getätigt worden und es werden bis 2021 230 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Hinzu kommt ein zusätzlicher jährlicher Investitionsbedarf an Landesmitteln in Höhe von mindestens 10 Millionen Euro, der an bestehenden Thüringer Hochwasserschutzanlagen durchgeführt werden muss. Aber jeder Euro, der für die Finanzierung und Erhaltungsmaßnahmen fließt, ist günstiger als die Folgekosten von Hochwasser, ganz abgesehen von den immateriellen Schäden der Betroffenen. Daher müssen wir auch – das sage ich hier ganz offen – über zusätzliche Mittel für diesen Bereich des Hochwasserschutzes diskutieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Naturschutz liegt ein weiterer Schwerpunkt dieses Haushalts. Wir verfolgen daher mit der Einrichtung von Natura-2000-Stationen einen neuen Lösungsansatz. Die Natura-2000-Stationen sind regionale Einrichtungen für den Naturschutz, im Besonderen zur Koordination von Erhaltungs- und Pflegemaßnahmen in Natura-2000-Gebieten. Über Thüringen verteilt werden zehn Stationen in den kommenden zwei Jahren aufgebaut. Das ist ein erster Schritt, aber es ist eine vollkommen neue Situation, die die alte Landesregierung bis jetzt noch nicht gewagt hatte.

Gleichzeitig werden der Vertragsnaturschutz organisiert und praktische Ausführungen von Naturschutzmaßnahmen beraten und unterstützt. Im Sinne einer stärkeren Einbindung der Bevölkerung soll eine natur- und umweltbezogene Öffentlichkeitsund Bildungsarbeit für unsere Schutzgebiete organisiert werden.

(Unruhe CDU)

Dazu werden künftig bis zum Ende dieser Legislatur jährlich 1 Million Euro gesichert.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist natürlich so, die Mittel müssen erst einmal durch das Parlament beschlossen werden und dann können Sie auch ausgegeben werden. Das war, glaube ich, in den letzten 25 Jahren auch bei der CDU nicht anders.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Sie haben das Jahr 2015 verschlafen! Ein ganzes Jahr!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit diesem Haushalt legen wir die Basis für einen Ausgleich von Naturschutz und dem Ausbau erneuerbarer Energien im Einklang zum Wohle der Menschen sowie von Natur und Umwelt. Darauf sind wir als Grüne stolz. Wir freuen uns, auch in Zukunft mit unseren Kolleginnen und Kollegen von der Linken und der SPD weiter an der Erfolgsgeschichte Umweltschutz und Energiepolitik weiterarbeiten zu können und freuen uns über die Unterstützung. Vielen Dank!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Frau Ministerin Siegesmund, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Schülerinnen und Schüler und Gäste! Gutes Klima, sauberes Wasser, mehr Natur – das sind die drei großen Ziele, die sich hinter dem Einzelplan 09 verbergen und das Wissen, dass das Jahr 2015 vermutlich das wärmste Jahr sein wird, seitdem es Wetteraufzeichnungen gibt, lässt uns nicht nachlassen in den Bemühungen, umso mehr in gutes Klima, sauberes Wasser und mehr Natur zu investieren. Wetter ist nicht Klima, aber wer von Ihnen weiß, dass man über die letzten 25 bis 50 Jahre weltweit deutlich spüren kann, dass wir hier handeln müssen, wer sich vor Augen führt, was vor wenigen Tagen die Weltgemeinschaft in Paris miteinander beschlossen hat, der sieht, dass wir jetzt eine Schubkraft entwickeln können gerade für Umwelt-, Energie- und Klimathemen, die uns auch in Thüringen sehr zupasskommt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was wollen wir für gutes Klima tun? Wir wollen vor allen Dingen das tun, was auch der Wirtschaft durch innovative Umwelttechnologien zugutekommen kann. Wir wollen Klimaschutz durch effizienten Energieeinsatz zum Standortvorteil entwickeln. Wir sind ein Land der Energiegewinner. Wir müssen nur darauf aufbauen.

Was wollen wir im Bereich Wasser tun? Sauberes Wasser und Hochwasserschutz erhöhen unbenommen die Lebensqualität. Bundesweit wird von Thüringen als dem grünen Herzen gesprochen, also muss es uns darum gehen, unsere Landesprogramme so aufzubauen, dass sie hier auch anknüpfen können. Übrigens brauchen wir auch hierfür den Wassercent, ich komme darauf zurück. Wasser ist und bleibt für alle Thüringerinnen und Thüringer ein entscheidender Gesundheitsfaktor. Natürlich, Herr Gruhner, an dieser Stelle will ich den Punkt auch machen, Umwelt und Gesundheit zusammendenken, das muss die Stärke sein. Es ist auch die Stärke von Rot-Rot-Grün. Die Ammoniakfabriken, die Sie, weil Sie Massentierhaltung noch nie kritisiert haben, einfach tolerieren. Ja, die sind in der Diskussion in dieser Koalition und deswegen wird der Filtererlass auch dafür sorgen, dass wir die Menschen schützen können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Punkt 3, mit dem Natura-2000-Monitoring und der Managementplanung, die Sie jahrelang vernachlässigt und ignoriert haben, die uns gezielt in ein EUVertragsverletzungsverfahren, was richtig teuer werden würde, steuern würden, holen wir auf, meine sehr geehrten Damen und Herren. Bis 2017, Herr Primas, entstehen deswegen zehn Natura2000-Stationen. Wir sind mit dem Landesnaturschutzbeirat in intensiver Diskussion und auch die Landschaftspflegeverbände kommen zum Zug. Sie müssen nur Ihr Ohr in die Szene reinhalten und zuhören, was da eigentlich passiert.

Sie haben Natura-2000-Stationen weder entwickelt noch irgendwo festgeschrieben, geschweige denn eröffnet. Also hören Sie rein in die Szene, die sagt Ihnen, was wir machen, bis hin zur Frage, dass wir das Programm „Entwicklung von Natur und Landschaft“ aufstocken.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Sie müssen mal in die Szene reinhören!)

Wie sehen denn die Zahlen aus? 2016 haben wir Ausgaben von 156 Millionen Euro, 2017 von 171 Millionen Euro vorgesehen. Die Einnahmen 2016 liegen bei 25 Millionen Euro, die für 2017 bei 36 Millionen Euro. Jetzt ist die Frage: Was können wir damit tun? Ist es immer nur dieses Credo von manna-manna-manna und dann passiert schon was, was die CDU hier reitet oder geht es am Ende auch darum, anders an Dinge heranzugehen, zum Beispiel klug zu verhandeln?