Protokoll der Sitzung vom 25.02.2016

Aber lassen Sie mich bitte kurz zu Ihrem Hauptargument kommen: Warum beschäftigen wir uns nicht intensiver mit Ihrem Antrag? Die Frage ist recht einfach zu beantworten. Sie haben ganz klar geschrieben, Ihre Ziele in diesem Antrag lauten: 50 Prozent erneuerbare Energien bis 2050. Das sind noch 35 Jahre. Jetzt fragen sich viele: Woher wollen Sie eigentlich in 35 Jahren noch so viel Braunkohle, so viel Uran, so viel Atomenergie und so viel Öl nehmen, um diese 50 Prozent, die übrig bleiben, zu füllen? Da sagt selbst die Bundesregierung mit der Kanzlerin: Wir haben uns zum Ziel gesetzt, bis 2050 80 Prozent CO2 einzusparen und – ich zitiere –, „dazu wollen wir nahezu vollständig auf erneuerbare Energien umstellen“. Jetzt können wir uns sicherlich streiten. Heißt „nahezu vollständig“ 80 Prozent, 90 Prozent, 95 Prozent? Auf jeden Fall heißt es nicht 50 Prozent, wie Sie es hier in Ihrem unambitionierten Antrag vorgeschlagen haben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Daher haben wir uns ganz klar als rot-rot-grüne Koalition zum Ziel gesetzt, bis 2040 100 Prozent erneuerbare Energie in Thüringen umzusetzen. Das geht weit über Ihren unambitionierten Vorschlag hinaus und deshalb müssen Sie doch auch verstehen, dass wir sagen: Wenn die Zielrichtung schon falsch ist – das ist maximal die Hälfte von unseren Zielrichtungen, von dem, was die Bürgerinnen und Bürger erwarten, denn es hat in allen Wahlprogrammen gestanden und es steht im Koalitionsvertrag –, dann müssen Sie doch eingestehen, dass wir nicht in fünf Ausschüssen noch darüber debattieren können. Wenn die Zielrichtung falsch ist, müssen wir Ihren Antrag ablehnen und das ist berechtigt und das kann man auch verstehen. Unterstützen Sie uns dabei, ambitioniertere Ziele umzusetzen! Da haben Sie unsere Unterstützung. Leider müssen wir Ihren Antrag ablehnen. Danke.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Nein, das kann man nicht verstehen!)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin Siegesmund jetzt für die Landesregierung.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Möller, Sie tappen ja energiepolitisch komplett im Dunkeln – wo immer er gerade ist, an der Debatte will er nicht teilnehmen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und nicht nur energiepolitisch haben wir von der AfD eigentlich nichts anderes erwartet. Ich will Ih

nen drei Punkte sagen, mit denen Sie sich wenigstens mal annähernd beschäftigen müssten:

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Mach ich!)

Es ist schön, dass Sie der Debatte wieder beiwohnen.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Für Sie im- mer!)

Als Erstes habe ich wahrgenommen, dass Sie der kompletten Landesverwaltung unterstellen, dass sie Heizung an und Fenster auf hinkriegt. Lesen Sie mal mindestens den ersten und zweiten Umweltbericht meines Hauses und Sie werden sehen, dass die komplette Landesverwaltung in den vergangenen Jahren sehr wohl und sehr bewusst darauf geachtet hat, wie sie Energiekosten einsparen kann.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist eine Unterstellung für die vielen Menschen, die im Sinne des Landes arbeiten, dass Sie meinen, ihnen unterstellen zu müssen, dass sie nicht wissen, wie Energie eingespart und Energieeffizienz betrieben werden kann.

Dann finde ich sehr spannend, dass Sie sagen: Mit Stand-by kommen wir weiter. Ich würde wirklich gern von Ihnen wissen, ob Sie ein einziges Programm kennen, zum Beispiel den StromsparCheck, den die Caritas macht, wo es genau um solche Dinge geht, miteinander zu sprechen. Sie erwähnen nicht mal, dass es so etwas gibt, sondern Sie tun so, als ob Stand-by eine Erfindung der AfD wäre. Das gab es schon vor Ihnen, wie vieles andere auch. Sie blenden völlig aus – als ob es die letzten 20 Jahre energiepolitisch nicht gegeben hätte –, dass es so etwas wie ein Erneuerbare-EnergienGesetz gibt, dass es einen Ausstieg aus der Atomenergie gibt,

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Da hatte ich die Redezeit nicht!)

dass es Klimakonferenzen gegeben hat. Wenn Sie den Anspruch haben, energiepolitisch in irgendeiner Form diesem Parlament und den Abgeordneten hier etwas mitteilen zu wollen, dann müssen Sie irgendwie auch an das andocken, was Realität ist. Fangen Sie doch damit einfach mal an!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es beginnt im Übrigen bei den Begriffen: Das Wort „Fotothermie“ gibt es nicht, das heißt Solarthermie. Und die DENEFF gibt es auch nicht – das ist die DENA.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie ernst genommen werden wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren der AfD, dann bemühen Sie sich wenigsten redlich, hier etwas

(Abg. Kobelt)

vorzutragen, was wir ernst nehmen können. Im Übrigen: Sie diskreditieren nicht nur die Thüringer Landesverwaltung, Sie diskreditieren das, worüber wir gestern hier diskutiert haben, sämtliche Bürgerenergiegenossenschaften.

(Beifall SPD)

Sie haben all jene Bürgerinnen und Bürger in Thüringen, die sich damit beschäftigen, Solarthermie, Fotovoltaik oder andere energiepolitische Projekte voranzutreiben, gerade als Energiesubventionierer und Projektentwickler diskreditiert, denen es nur darum geht, Manna, Manna zu machen. Man denkt über andere nur so viel Schlechtes, wie man selber tun kann, meine sehr geehrten Damen und Herren. Deswegen bin ich der festen Überzeugung: Sie tappen im Dunkeln wie bei jedem anderen Thema, womit sich die AfD beschäftigt.

Das musste ich einfach mal loswerden, weil ich es wirklich bitter finde, wie Sie meinen, sich an dieser Debatte immer beteiligen zu müssen.

In der Hinsicht danke ich der CDU, die einen Diskussionsvorschlag vorgelegt hat. Herr Gruhner, das Leben und die Welt sind nicht schwarz-weiß. Wir haben uns hier sehr wohl intensiv mit Ihrem Gesetzentwurf in der ersten Lesung beschäftigt. Jede Fraktion hat sowohl bei der ersten Lesung, auch jetzt hier vorgetragen, wo die Probleme liegen. Gut gedacht ist eben nicht gut gemacht. Wenn Sie diesen Energiesparfonds wollen, warum haben Sie nicht einen einzigen Änderungsantrag zum Doppelhaushalt 2016/2017 gestellt und da eingepreist? Wenn Sie der Ansicht sind, dass Sie hinter die Bundesgesetzgebung beim Thema „Erneuerbare“ zurückfallen wollen, dann müssen Sie es wenigstens auch gut begründen und das macht Ihr Gesetz nicht. Wenn Sie nicht zur Kenntnis nehmen, dass es auf Bundesebene gerade eine EEG-Novelle gibt, die weitestgehend alle Ihre Punkte, die Sie im Gesetz stehen haben, ausräumt, dann lassen Sie das doch nicht einfach an sich vorbeiziehen, sondern nehmen Sie das doch zur Kenntnis, dass wir uns sehr wohl mit Ihrem Gesetzentwurf beschäftigt haben und dass ich es Ihnen hoch anrechne, dass Sie das Thema „Energieeffizienz“ für sich entdecken – aber wenn, dann muss man es halt auch richtig machen.

Es stellt sich auch weiterhin die Frage nach der inhaltlichen Bestimmtheit Ihres Gesetzes. Sie haben Industrie und Verkehr ausgeblendet. Sie haben sich nur auf einen Teilaspekt konzentriert. Sie haben die Fördermaßnahmen des Bundes und des Landes völlig ausgeblendet. Das Energieeffizienzprogramm „GREEN invest“ – 59 Millionen Euro schwer, von den Wirtschaftsverbänden in Thüringen gelobt, entsprechend auch mit hohen Antragsnachfragen gewürdigt – läuft; Energieeffizienz in Thüringen, insbesondere bei Unternehmen, aber auch in den

kommunalen Unternehmen läuft. Darüber kann ich Ihnen gern berichten.

Energieeffizienz kann zu einer echten Erfolgsgeschichte werden, wenn wir sie in den bestimmten Fokus rücken, wo sie auch hingehört, wenn wir die Unternehmen, die beispielsweise energieeffizienter bei Wärmepumpen und anderen Stellen werden wollen, noch unterstützen, und das tun wir schon. Ich finde es schade, dass Sie das völlig ausblenden.

Und deswegen, weil Ihr Gesetz keine inhaltliche Bestimmtheit hat, weil es hinter die Prämissen sogar der jetzigen Bundesregierung zurückfällt, weil es die Thüringer landestypischen Bedingungen, inklusive Förderprogramme, die wir schon haben, komplett ignoriert, ist es ein Energieeffizienzbremsengesetz, was Sie uns vorgelegt haben. So gut gemeint es ist, es ist an dieser Stelle kein wirklicher Gewinn für das Thema.

Zum Klimagesetz: Sie haben gefragt, wann es kommt. Ich bin Ihnen immer sehr dankbar, Herr Gruhner, dass Sie quasi der Wächter über den Koalitionsvertrag sind und uns regelmäßig daran erinnern, was noch zu tun ist. Ich bin genauso ungeduldig wie Sie.

(Heiterkeit CDU)

Das Klima- und Energiegesetz kommt und es wird eben mehr sein als die von den Ländern SchleswigHolstein, NRW und vielen anderen vorgelegten Klimagesetze, die sich vor allen Dingen auf CO2-Reduzierung konzentriert haben. Wir wollen schon in Thüringen ambitionierter sein und es wird einen Rahmen, einen regulatorischen Rahmen geben, den wir Ihnen vorschlagen, und dann, Herr Gruhner, wenn der Rahmen vorgeschlagen ist, werden wir uns ausreichend Zeit nehmen, im Rahmen der Diskussion zur integrierten Energie- und Klimastrategie mit einem Maßnahmenpaket, viel Bürgerbeteiligung berücksichtigend, über jede einzelne Maßnahme zu diskutieren.

(Zwischenruf Abg. Gruhner, CDU: Sie lachen ja selbst!)

Da freue ich mich auf Ihre rege Beteiligung. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Weitere Wortmeldungen aus dem Plenum sehe ich nicht. Damit schließe ich die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU in der Drucksache 6/1626 in zweiter Beratung. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der CDU-Fraktion plus Herrn Abgeordneten Krumpe. Gegenstimmen?

(Ministerin Siegesmund)

Die kommen aus den Koalitionsfraktionen und der AfD-Fraktion. Damit mit Mehrheit abgelehnt.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 6

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Archivgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/1713 ERSTE BERATUNG

Die Landesregierung wünscht das Wort zur Begründung. Herr Staatssekretär Krückels, bitte, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Frau Walsmann, ich habe ja heute Morgen noch in der Zeitung gelesen, dass Sie sich schon zum Thema geäußert haben; insofern darf ich darauf auch noch mal eingehen.

Ihnen liegt der Gesetzentwurf der Landesregierung zum Ersten Gesetz zur Änderung des Thüringer Archivgesetzes vor. Wir haben das Konzept der Regierungskommission zur Reform der Thüringer Landesverwaltung, das Reformkonzept 2020, das im Jahre 2013 vorgestellt worden ist, also unter der alten Landesregierung, vom 8. November 2013 zum Anlass genommen, eine kostenneutrale Organisationsänderung mit dem Ziel vorzunehmen, eine leistungsfähige und effizientere Landesarchivverwaltung zu schaffen.

Unter Berücksichtigung dieses Konzepts und auch der ersten Schritte dieses Konzepts wird die Zusammenlegung der sechs selbstständigen Staatsarchive – das sind das Hauptstaatsarchiv Weimar, das Staatsarchiv Altenburg, das Staatsarchiv Gotha, das Staatsarchiv Greiz, das Staatsarchiv Meiningen und das Staatsarchiv Rudolstadt – zu einer Behörde, dem Landesarchiv Thüringen, vollzogen. Die bisher selbstständigen Staatsarchive werden als Abteilungen Eingang in diese neue Landesarchivverwaltung finden. Voraussetzung für diese Neuordnung ist die Änderung des Thüringer Archivgesetzes, da in den §§ 8 und 9 festgelegt ist, dass das Hauptstaatsarchiv Weimar und die Staatsarchive als öffentliche Archive des Landes Thüringen für das Archivgut des Landes, für das von ihnen übernommene Archivgut des Bundes sowie für ihnen angebotenes sonstiges öffentliches und kommunales Archivgut zuständig sind. Dabei, und das möchte ich ausdrücklich betonen, bleiben die fachlichen Zuständigkeiten und die regionalen Einbindungen der bisher sechs selbstständigen Staatsarchive als kulturelle Einrichtungen vor Ort selbstverständlich auch nach der Neuordnung erhalten. Sie werden, wenn auch als Abteilungen, weiterhin als Ansprech

partner in der Region fungieren. Mit dieser Veränderung der Organisationsstruktur der Staatsarchive werden die Zuständigkeit und Verfahrensabläufe für die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben unserer Meinung nach sehr deutlich optimiert. Durch eine einheitliche Leitung lässt sich das staatliche Archivwesen besser koordinieren. Ich bin überzeugt, dass die Aufgaben in den einzelnen Standorten besser, kostengünstiger und effizienter durchgeführt werden können, wenn zentrale, archivübergreifende Aufgaben in einer Behörde zusammengeführt werden. Das ist das, glaube ich, was man klassisch unter Synergieeffekten begreifen kann und wenn archivfachliche Konzepte und Strategien einheitlich für alle Standorte erarbeitet und umgesetzt werden.

Die einzelnen Archivstandorte können sich mit ihrem Personal auf ihre Kernaufgaben konzentrieren. Sie gewinnen Luft, um beispielsweise die Bestände zu erschließen und moderne Findhilfsmittel bereitzustellen, mehr konservatorische Maßnahmen durchzuführen, den Bestand zu ergänzen und Auskünfte zu erteilen. Für die Wahrnehmung als historische, weil historisch bedingt und gewachsene Standorte, resultierend aus der Residenzstruktur Thüringens, behalten die Archivstandorte die Bezeichnung „Staatsarchiv“ verbunden mit dem Ortsnamen.