Nur gut ausgebildete Fachkräfte können die Betreuung aller Pflegebedürftigen absichern. Das gilt gerade auch im ambulanten Bereich, wenn die Familien dabei unterstützt werden sollen. Hier stellt sich die nächste Frage, nämlich immer wieder die des Geldes frei nach Goethe: „Am Gelde hängt, nach Golde drängt doch alles. Ach wir Armen!“, nämlich die, wenn die Pflegekräfte in anderen Bundesländern 500 bis 800 Euro mehr verdienen, dann muss
sich niemand wundern, dass Thüringen als Niedriglohnland gemieden wird. Bei all den Maßnahmen, die in der letzten Debatte zum Pflegepakt dargelegt wurden, konnte in Fragen der besseren Bezahlung nichts erreicht werden. Das heißt aber auch, dass alles andere ins Leere läuft. Das Gesundheitsministerium hat sich gewundert, warum der Pflegepakt bei all seinen angeblichen Maßnahmen den Fachkräftemangel nicht behebt. Es liegt schlicht an der Bezahlung.
Selbst wenn noch mehr Interessenten für die Ausbildung gewonnen werden, es nützt nichts, wenn die dann gut ausgebildeten Fachkräfte Thüringen verlassen in die nachbarlichen Bundesländer, wo einfach mehr bezahlt wird. Bei 800 Euro oder selbst 500 Euro lohnt sich auch ein täglicher Fahrweg. Tun Sie etwas dagegen, dass Thüringen nur als Ausbildungsstätte für Bayern und Hessen dient. Doch so begrüßenswert eine bessere Bezahlung ist, so muss auch bedacht werden, dass dies auch getragen werden muss. Nicht allein der Wunsch der Angehörigen nach Betreuung in den eigenen vier Wänden spricht für mehr Betreuung in der Familie, sondern auch die gesellschaftlichen Kosten der Pflege. Deshalb ist über eine neue Form von Finanzierung nachzudenken. Warum können wir nicht die Hauspflege schrittweise mit der Heimpflege finanziell gleichstellen? Das Geld, es wäre da und es sollte denen zugute kommen, die es dringend brauchen, nämlich den zu Pflegenden.
Es liegt hier ein Systemfehler vor, den auch das zweite Pflegestärkungsgesetz nicht beheben wird. Die Pflege alternder Menschen in einer alternden Gesellschaft muss auf alle Schultern verteilt werden. Darüber hinaus muss darüber nachgedacht werden, ob längere Auszeiten zur Pflege von Familienangehörigen mit Rentenpunkten belohnt werden könnten. Damit schafft man eine finanzielle Grundlage, um das Zusammenleben von Familien zu fördern. Die derzeitige Gesetzeslage nach dem Pflegezeitgesetz, die mit finanziellen Nachteilen einhergeht, muss ganz dringend reformiert werden. All diese Vorschläge sind jedoch nur die zweitbeste Lösung. Stärken Sie die Familien und das Modell der Familie, damit die Pflegebedürftigen dort betreut werden können, wo sie es wünschen – im Kreise ihrer Familien. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wer morgen eine gute Pflege für seine Angehörigen und sich will, muss heute handeln. Vor über einem Jahr hat die CDU einen Antrag in den Thüringer Landtag eingebracht, welcher die Qualität in der Pflege und den Thüringer Pflegepakt thematisiert hat. In diesem Jahr ist viel passiert: Auf Landesebene hatte der Ausschuss für Soziales und Gesundheit zu einer umfangreichen Anhörung eingeladen und zahlreiche Expertinnen und Experten dazu befragt. Auf Bundesebene wurden verschiedene Pflegestärkungsgesetze auf den Weg gebracht und das Pflegeberufegesetz wurde im Bundeskabinett verabschiedet. Aus grüner Sicht ist das das komplexeste Gesetz, welches die Ausbildung der Pflegeberufe neu regeln soll, aber noch viele Fragen offenlässt. Hier will ich nur beispielhaft die Umsetzungsverordnung nennen und die Finanzierung des Gesetzes. Vor allem werden hier die Länder noch im Unklaren gelassen. Doch jetzt geht es um Thüringen und was wir als Koalitionsfraktionen gemeinsam mit der Landesregierung tun können, um in Thüringen sowohl für Pflegende als auch für Gepflegte die besten Bedingungen zu schaffen. Aus diesem Grund bringen wir heute diesen Alternativantrag ein.
Wir hatten bis Ende des Jahres 2013 laut dem Thüringer Landesamt für Statistik circa 87.000 Pflegebedürftige in Thüringen. Gemessen an der Thüringer Gesamtbevölkerung war damit jeder 25. Thüringer Bürger pflegebedürftig. Ende 1999 war es jedoch jeder 40. Thüringer bzw. Thüringerin. Sie sehen diese immense Steigerung, die uns gesamtgesellschaftlich vor eine große Herausforderung stellt.
Nach Angaben der Techniker Krankenkasse zahlen die Thüringerinnen und Thüringer aktuell im Vergleich zu anderen Bundesländern einen der geringsten Eigenanteile bei den Pflegeheimkosten. Das mag einer der Gründe sein, warum die Zahl der Pflegehilfeempfänger von 2005 bis 2013 um über 60 Prozent gestiegen ist. Das ist die dritthöchste Wachstumsrate im Ländervergleich.
Die Löhne, die Thüringer Altenpflegerinnen und Altenpfleger bekommen, zählen ebenfalls zu den niedrigsten im Bundesvergleich. Weiß man, dass rund 75 Prozent der Kosten in der Pflege Personalkosten sind, ist der Zusammenhang zwischen Pflegeheimkosten und der Vergütung der Pflegekräfte nahe liegend. Die Herausforderungen für das Pflegeland Thüringen werden dadurch nicht kleiner. Klar ist, dass bis 2020 wahrscheinlich 95.000 Pflegebedürftige in Thüringen leben werden und dass im Jahr 2020 zudem 15.000 Beschäftigte in der Altenpflege fehlen werden. Es ist also höchste Zeit, dass wir zu Taten schreiten, um die Pflege zukunftsfest
zu machen. Es ist unsere Pflicht, dem Pflegemangel umfassend zu begegnen und die pflegerische Versorgung in Thüringen nachhaltig aufzustellen. Eine Antwort ist der Thüringer Pflegepakt, dessen Partnerinnen und Partner intensiv daran arbeiten, diesen sicherzustellen.
Im November 2012 wurde der Thüringer Pflegepakt auf den Weg gebracht. Dieser soll jetzt 2016 gemeinsam mit allen relevanten Partnerinnen und Partnern stetig weiterentwickelt werden und dazu braucht es konkrete Maßnahmen und Ziele. Gute Pflege fordert politisches Handeln und ein politisches Bekenntnis zu einer fachlich gut aufgestellten Pflegelandschaft. In dieser Pflegelandschaft soll einerseits eine angemessene Entlohnung gewährleistet sein und andererseits die gesellschaftliche Anerkennung von Pflege, sowohl von Pflegekräften als auch von Angehörigen, ernsthaft vorangebracht werden. Deshalb ist es für uns Grüne unerlässlich, dass wirklich alle relevanten Partnerinnen und Partner im Thüringer Pflegepakt an einem Tisch sitzen und diesen weiterentwickeln. Für uns ist es außerdem unerlässlich, dass hier im Landtag eine regelmäßige Berichterstattung über die erreichten Ergebnisse stattfindet. Schlecht wäre eine fehlende Ergebniskontrolle, gerade bei einem so wichtigen gesellschafts- und gesundheitspolitischen Thema. Weiterhin bitten wir die Landesregierung, die Gespräche zwischen den Tarifpartnern für einen Tarifvertrag in der Altenpflege zu moderieren, damit Thüringen nicht mehr als Niedriglohnland gilt und darunter sowohl die Beschäftigten als auch der Bereich Pflege an sich leidet.
Herr Kubitzki hat es schon gesagt, ich kann es nur noch mal unterstreichen: Ich finde es außerdem sehr wichtig, dass auch in diesem Prozess die Pflegebedürftigen und die Pflegenden mit einbezogen werden, weil diese unter anderem letztendlich die Erhöhung mitzahlen. Unser Ziel in der Koalition ist eine ernsthafte und spürbare Anhebung der Entlohnung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und damit eine grundsätzliche Anhebung des Lohnniveaus. Außerdem soll endlich und zeitnah die Rechtsverordnung zum Thüringer Gesetz über betreute Wohnformen und Teilhabe auf den Weg gebracht werden. Als weitere konkrete Maßnahme zur Steigerung der gesellschaftlichen Anerkennung des Pflegeberufs regen wir schon in der Ausbildung an, dass das Marketing des Pflegepakts zusätzlich die verstärkte Nutzung der digitalen Medien prüft und beispielsweise den Tag der Internationalen Pflege am 12. Mai noch intensiver nutzt.
Zum Abschluss des Antrags möchte ich noch auf zwei wichtige Aspekte eingehen, die uns besonders wichtig sind. Wir glauben, dass eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Projekte zur Gesundheitsförderung in der Pflege besonders gefördert werden müssen und erwarten dies auch von der Landesre
gierung. Im letzten AOK-Pflegereport 2016 ist zu lesen, dass die meisten pflegenden Angehörigen die zusätzlichen Leistungsangebote der gesetzlichen Pflegeversicherung zwar kennen, diese aber kaum nutzen. Zudem sagt demnach jeder vierte Pflegehaushalt, der weder Pflegedienst noch Tagespflege oder Kurz- oder Verhinderungspflege in Anspruch nimmt, dass er genau diese Leistung eigentlich benötigte. Hier braucht es eine bessere Informationsarbeit und eine unabhängige Beratung sowohl für Gepflegte als auch für Angehörige.
Auf Bundesebene will Thüringen die Umsetzung des Gesetzes zur Reform der Pflegeberufe kritisch begleiten. Die Koalition sieht hier noch viele Knackpunkte, die noch völlig ungeklärt sind. Hiermit meine ich viele finanzielle und organisatorische Fragen. Es droht eine Situation, die im schlimmsten Fall dazu führen würde, dass die Zahl der Ausbildungsplätze und entsprechend der Pflegekräfte zumindest vorübergehend zurückgeht. Die derzeitigen Strukturen sind vielfach für die vorgesehene generalisierte Ausbildung nicht geeignet. Weder gibt es genügend entsprechend qualifizierte Lehrkräfte noch ausreichend Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter. Die Ausbildungsträger werden ihre Auszubildenden nur noch die Hälfte der Zeit im Betrieb haben. Da ist es schwierig, die komplette Verantwortung für die praktische Ausbildung zu übernehmen. Besonders in der Kinderkrankenpflege gibt es viel zu wenig Praxiseinsatzorte. Hier wird es besonders in ländlichen Regionen durch die Vielzahl an verschiedenen Praxiseinsatzorten zu teilweise sehr langen Wegen des Auszubildenden führen. Bei der Finanzierung sind die Mehrkosten der Ausbildung zu niedrig angesetzt. Das Ausfallrisiko tragen allein die Länder.
Sehr geehrte Damen und Herren, Ziel einer solch großen Reform muss es jedoch sein, die berufliche und rechtliche Eigenständigkeit durch klare Zuschreibung und Hervorhebung eigener Kernkompetenzen zu fördern und das berufliche Selbstbewusstsein zu stärken. Eine zukunftsfähige Gesundheits- und Pflegepolitik muss eine sektorenübergreifende, interprofessionelle, regionale und wohnortnahe Versorgung gewährleisten. Die Pflege hat auf dem Weg in eine solche Versorgungsstruktur eine große Bedeutung. Es ergeben sich neue Aufgaben und Handlungsfelder für die Pflege, etwa in der multiprofessionellen Teamarbeit, bei der Weiterentwicklung von Qualitätsmanagement und Versorgungskonzepten, bei der Prävention, der Gesundheitsförderung und in der Beratung, Schulung und Anleitung. Eine solche umfassende, passgenaue Versorgung erfordert ein grundlegendes Umdenken aller Aktiven, aller beteiligten Akteure, was nicht von heute auf morgen funktioniert. Eine Selbstverständlichkeit muss die landesweite Kostenfreiheit der Ausbildung sein sowie eine gesicherte und gerechte Finanzierung. Auch feste Angebote
für eine hochschulische Pflegeausbildung, die über die derzeitigen Modellprojekte oder befristeten Modellstudiengänge hinausgehen, sind wichtig für die Attraktivität des Pflegeberufs. Wir befürchten mit dem nun vorgelegten Entwurf des Pflegeberufegesetzes einen Verlust an Fachwissen, das in der alternden Gesellschaft dringender denn je gebraucht wird.
Ausgebildete Pflegefachleute sollen sich künftig auf eigene Faust nachqualifizieren, wenn sie in einem spezifischen Sektor Altenpflege, Krankenpflege, Kinderkrankenpflege arbeiten wollen. Tun sie das nicht, ist ihre Ausbildung weniger wert als heute.
Ziel einer vorausschauenden Politik im Bereich der Pflege muss sein, die Folgen der demografischen und sozialen Veränderungen durch entsprechende Weichenstellungen zu lenken und Rahmenbedingungen für eine zukünftige bedarfsgerechte Pflegeinfrastruktur zu schaffen. Dabei bleibt es zentrales Ziel eines modernen Pflegeverständnisses und eines an der Würde des Menschen orientierten politischen Handelns, dem Betroffenen ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben in möglichst autonomer Lebensgestaltung zu ermöglichen. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich bemühe mich jetzt, nicht alles zu wiederholen, was die Vorredner und Vorrednerinnen schon gesagt haben. Aber eins möchte ich auch noch mal deutlich ausführen – Herr Kubitzki hat das schon gesagt: Ich möchte mich ganz herzlich bedanken bei über 27.000 Beschäftigen, die in der Altenpflege tagtäglich Enormes leisten – ein herzliches Dankeschön für Ihre Arbeit.
Nach intensiver Beschäftigung im Sozialausschuss mit der Situation der Altenpflege in Thüringen ist das etwas, was mal ganz deutlich gesagt werden muss, und es muss auch gesagt werden, dass dieser Beruf, die Arbeit an und mit den Menschen, die im Alter Pflege und Hilfe benötigen, eine höhere gesellschaftliche Anerkennung braucht und natürlich eine bessere Entlohnung. All das wurde auch in der Anhörung deutlich, die wir im Sozialausschuss durchgeführt haben.
Und es darf in diesem Bereich bei Gott nicht nur bei Worten bleiben und beim Dankeschön, es braucht alle Akteure an einem Tisch, es braucht die Akteure, die gemeinsam in eine Richtung arbeiten. Dazu wurde bereits 2012, damals noch von Sozialministerin Heike Taubert, der Thüringer Pflegepakt initiiert. Es konnte auch mit diesem Pflegepakt schon viel bewegt werden und es wird noch einiges bewegt.
Zur Imagekampagne „Pflege braucht Helden“ ist schon einiges gesagt worden. Solche Kampagnen sind sicherlich noch ausbaufähig und können auch noch viel besser und intensiver gestaltet werden. Es gab qualifizierungsbegleitende Hilfe bei der Ausbildung, um Ausbildungsabbrüche zu vermeiden. Ich bin an dieser Stelle Herrn Thamm und auch Jörg Kubitzki sehr dankbar, die noch mal auf das Pflegeberufegesetz eingegangen sind. Ja, auch wir sehen die generalisierte Ausbildung sehr kritisch, denn – und das muss man deutlich an dieser Stelle sagen – solange die Frage der Entlohnung und eine Anpassung der Entlohnung in der Altenpflege auch hinsichtlich der Pflege im Krankenhausbereich nicht eindeutig geklärt und angehoben worden sind, werden die Leute natürlich ins Krankenhaus abwandern. Und ich glaube, genau das können wir im Bereich der Altenpflege überhaupt nicht gebrauchen. Herzlichen Dank auch an das Ministerium, das sich auch auf Bundesratsebene eindeutig in dieser Richtung verhält.
Es gab seinerzeit schon, was den Pflegepakt angeht, Informationen und Prognosen über die zukünftigen Herausforderungen und Bedarfe in der Thüringer Altenpflege und es wurde auch deutlich gesagt, der medizinische Fortschritt, der es möglich macht, dass die Lebenserwartung nach wie vor und immer wieder höher wird, und auch die damit verbundene Hochaltrigkeit sowie die demografische Entwicklung insgesamt führen zum Altern unserer Gesellschaft.
Mittlerweile sind 24 Prozent der Bevölkerung Thüringens über 65 Jahre alt. Die Prognose für Thüringen für das Jahr 2035 besagt, 34,4 Prozent der Bevölkerung werden dann 65 Jahre und älter sein und der Anteil der 20- bis unter 65-Jährigen wird bis dahin noch einmal um 11,2 Prozent auf dann 49,2 Prozent sinken. Demografie wird mal prognostiziert. Davon ausgehend, dass es sich auch so entwickeln wird, kann man dann feststellen, dass in 20 Jahren die eine Hälfte der Thüringer Bevölkerung für die andere Hälfte Sorge tragen muss. Das bedeutet – und auch das ist in der Anhörung deutlich geworden –, dass wir neben dem, dass wir zusätzlich Fachkräfte in der Altenpflege brauchen, auch politisch ein Altern in Würde ermöglichen müssen.
Es ist jetzt auch hier viel gesagt worden, dass die Familie eine ganz wichtige Rolle spielt. Das will kei
ner in Frage stellen. Selbstverständlich muss die Familienangehörigenpflege innerhalb des eigenen Umfelds begleitet und unterstützt werden – das ist gar keine Frage. Aber ich will es auch an dieser Stelle noch mal deutlich sagen, damit das nicht immer in den falschen Hals kommt: Es gibt auch Situationen, wo die Familie Pflege zu Hause nicht übernehmen kann. Ich sage das noch mal in aller Deutlichkeit. Die Familien geben die Menschen, die gepflegt werden müssen, nicht einfach so ohne Weiteres in Pflegeeinrichtungen. Deswegen ist es ganz wichtig, dass wir dann in den Einrichtungen gut ausgebildetes Pflegepersonal haben, das genau das ableisten kann, was ich eben angesprochen habe, nämlich ein Altern in Würde.
Die Herausforderung heißt: eine bedarfsgerechte und dauerhaft soziale Infrastruktur auch in den Kommunen, die dafür Sorge tragen kann, dass auch der Mensch lange zu Hause bleiben kann, und – wie ich eben schon angesprochen habe – die Familie muss bei der Sorgearbeit entlastet und unterstützt werden und es muss auch immer schnell und konkret ein Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Im Übrigen haben wir zu diesem Thema, was die regierungstragenden Fraktionen angeht, im Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass wir die Entwicklung eines Landesprogramms mit dem Titel „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“ ins Leben rufen und umsetzen wollen. Aus diesem Programm heraus erhoffe ich mir auch wichtige Impulse genau für diesen Bereich und für diese Herausforderung.
Eine längere Lebenserwartung führt natürlich auch zu einer steigenden Zahl von Pflegebedürftigen. Vielleicht noch mal ein/zwei Zahlen dazu: In 2005 gab es in Thüringen rund 67.000 Pflegebedürftige, 2013 waren es schon 20.000 mehr und für 2030 werden 108.000 Pflegebedürftige in Thüringen vorausgesagt. Deswegen – genau das ist in der Anhörung sehr deutlich geworden – brauchen wir einen zusätzlichen Fachkräftebedarf, den wir ableisten müssen. Und das ist hochgerechnet worden; es geht dann um rund 8.000 zusätzliche Fachkräfte, die wir bis 2030 brauchen werden. Das war auch ein Schwerpunktthema in der Anhörung.
Ich will mich an dieser Stelle noch mal ganz herzlich bedanken, dass wir parteiübergreifend die mündliche Anhörung im Sozialausschuss beschlossen haben. Dass es leider nicht zu einem gemeinsamen Antrag aller demokratischen Fraktionen gekommen ist, das war dann doch dem geschuldet, dass die einen es konkreter und die anderen etwas allgemeiner ausformuliert haben, und wir sind nicht ganz zusammengekommen. Aber das kann sich ja bei dem einen oder anderen Thema noch ändern.
Das heißt, wir wollen den Pflegepakt weiterentwickeln, wir wollen den Kreis der Paktteilnehmer erweitern und wir wollen insbesondere auch, dass die
Tarifpartner miteinbezogen werden. Wir wollen ein allgemeingültiges Tarifniveau in Thüringen, um eben aus genau dieser Spirale des Wettbewerbs und der niedrigen Löhne zulasten der Beschäftigten herauszukommen.
Ein Beispiel noch mal, es ist auch schon angesprochen worden: Eine examinierte Altenpflegerin verdient im Durchschnitt 1.982 Euro brutto im Monat bei einer Vollzeitstelle. Das sind in Hessen rund 500 Euro und in Bayern rund 700 Euro mehr. Ich weiß ganz genau, dass bei dem Träger, den ich vertreten darf, der auch in Sonneberg seinen Sitz hat – da gehen mir die Mitarbeiterinnen natürlich rüber nach Franken. Dann können sie sich sogar innerhalb des eigenen Trägers verändern. Das kann ich natürlich gar keinem vorwerfen, aber meinen Träger gibt es in Sonneberg und in Franken. Dann kann ich auch keiner jungen Frau und keinem jungen Mann vorwerfen, dass man dann auch wechselt.
Die Gewerkschaft ver.di begrüßt die Initiative, dass wir im Bereich der Pflege einen Tariflohn gestalten wollen. Aber selbstverständlich – und auch das ist angesprochen worden, sowohl von der CDU als auch von allen anderen Vorrednern – ist uns allen auch bewusst, dass eine Angleichung an das allgemeine Lohnniveau nur schrittweise möglich ist. Das haben wir auch immer gesagt, das hat Herr Kubitzki noch mal ausgeführt, das hat Herr Thamm gesagt. Natürlich müssen wir die Kostenträger miteinbeziehen. Wir können doch nicht die Betroffenen und die Träger im Regen stehen lassen. Das funktioniert ja nicht.
Wir müssen auch dafür Sorge tragen, dass die Kosten für Pflege, was die Betroffenen, was die zu Pflegenden und deren Familien angeht, nicht ins Unermessliche steigen, wenngleich auch die Diskussion geführt werden muss, dass eine gute Pflege auch Geld kostet. Das ist einfach so, das muss man an jeder Stelle auch wieder deutlich machen.
Deswegen brauchen wir einen allgemein verbindlichen Tarif in der Altenpflege, damit auch die Anerkennung und die Attraktivität in dem Bereich steigt. Im Übrigen gab es ganz aktuell Informationen heute bei „MDR aktuell“, wo auf eine Lohnkürzungsdiskussion innerhalb der Diakonie verwiesen wurde. Also, eine noch weitere Absenkung der Entlohnung im Bereich der Altenpflege halte ich für fatal und ein völlig falsches Zeichen. Ich will nicht mit dem Finger auf irgendeinen Träger zeigen, das ist überhaupt nicht meine Art, aber ich kann die Diakonie nur bitten und hoffe, dass diese Diskussion auf DiakonieBundesebene dann in den nächsten Tagen hoffentlich wieder vom Tisch ist und dass es nicht zu Lohnkürzungen kommt.
Neben der Weiterentwicklung und Stärkung des Pflegepakts und Erhöhung des Lohnniveaus braucht es aus unserer Sicht – und das hat die Kollegin Pfefferlein auch schon gesagt – eine Rechtsverordnung zum Thüringer Gesetz über betreute Wohnformen und auch entsprechende Teilhabe. Wir brauchen in Thüringen auch einen verbindlichen Personalschlüssel in der Altenpflege und erhoffen uns auch durch Rechtsverordnungen die Einführung eines Pflegeschlüssels. Wir brauchen eine Festlegung, was das Fachkräftepotenzial angeht, denn – und ich sagte es vorhin schon – wir brauchen gut ausgebildetes Pflegepersonal, denn die Anforderungen an das Pflegepersonal werden auch immer höher. Gerade bedingt durch die Hochaltrigkeit in den Pflegeeinrichtungen, durch zunehmende Demenzerkrankungen und, und, und kommen noch sehr viel umfangreichere Anforderungen auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Kolleginnen und Kollegen zu.
Vor diesem Hintergrund noch mal ein herzliches Dankeschön an alle, die sich an der Anhörung beteiligt haben, an die Mitglieder im Sozialausschuss, die alle sehr intensiv mitdiskutiert haben, und natürlich bedanke ich mich bei allen Akteuren in der Thüringer Altenpflege für ihre engagierte Arbeit. Und da wir nicht zu einem gemeinsamen Antrag gekommen sind, bitte ich in aller Deutlichkeit um Zustimmung zum Alternativantrag der Koalitionsfraktionen. Ganz herzlichen Dank.