Meine Damen und Herren, die Sicherung des derzeitigen Bestands ist von immenser Bedeutung. Die EEG-Novelle muss deshalb den Anlagebetreibern für anstehende Investitionsentscheidungen Orientierung und Planungssicherheit geben und wirtschaftliche Perspektiven für effiziente und umweltverträgliche Neu- und vor allem Bestandsanlagen schaffen. Wenn dies nicht gelingt und es keine Anschlussregelung gibt, steht die Biogasproduktion in Deutschland vor dem Aus. Sie wird über die nächs
ten Jahre zum Erliegen kommen, mit erheblichen negativen, energiepolitischen und wirtschaftlichen Folgen müssen wir rechnen. Im EEG 2016 ist für die Biomasse ein Ausschreibungsverfahren vorgesehen, das für neue und Bestandsanlagen offenstehen soll. Die Bestandsanlagen, die kostengünstig und effizient sind, müssen weiter betrieben, modernisiert und flexibilisiert werden. Da ab 2020 vermehrt Anlagen aus den jeweils auf 20 Jahre angelegten EEG-Förderungen herausfallen, käme es ohne eine Anschlussregelung zu einem Abbau des Bestands über zehn bis zwölf Jahre auf nahezu Null bis 2032. Zur Steigerung der Nachhaltigkeit und um die Vorteile der Bioenergie im ganzheitlichen Konzept zur Geltung zu bringen, sollten in den Ausschreibungen Anforderungen gestellt werden hinsichtlich des Substrateinsatzes, das heißt zur Verwendung ökologisch vorteilhafter, nachwachsender Rohstoffe und von Reststoffen. Bei Neuanlagen könnten beispielsweise hohe Reststoffanteile vorgeschrieben werden.
Ganz wichtig ist auch, die in den Biogasanlagen erzeugte Wärme – Stichwort Kraft-Wärme-Kopplung – muss genutzt werden. Biogasanlagen ohne eine gute Wärmekopplung können bei Ausschreibungen nicht zum Zug kommen, da ihnen die Erlöse aus dem Wärmeverkauf fehlen.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie herzlich: Stimmen Sie unserem Antrag zu, er berücksichtigt im Gegensatz zum Koalitionsantrag die tatsächlich notwendigen Thüringer Positionen zur EEG-Novelle, Positionen und Interessen der Bürger und der Landwirte statt Interessen einer Ökostromlobby. Danke schön, dass Sie mir zugehört haben.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Mir liegen jetzt keine weiteren Redemeldungen aus den Reihen der Abgeordneten vor. Ich schaue noch mal ins Rund, das bleibt auch so. Jetzt hat die Landesregierung das Wort. Frau Ministerin Siegesmund, bitte, Sie haben das Wort.
Vielen Dank und danke auch, sehr geehrte Damen und Herren, für die lebendige Debatte. Die Beschlüsse der Klimakonferenz in Paris leiten eine neue Phase der internationalen Klimapolitik ein und, ja, die Energiewende ist das größte Klimaschutzprogramm schlechthin. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der AfD, die Energiewende werden Sie genauso wenig aufhalten wie Sie ein Klavier werfen können. Das hat die Debatte heute auch hier im Plenum gezeigt.
Bis zum Ende des Jahres 2016 wird erwartet, dass wir 176 Terawattstunden allein aus dem Bereich der Erneuerbaren in der Bundesrepublik einspeisen werden. Das sind knapp 30 Prozent. Damit sind wir europaweit nicht nur Vorreiter, damit setzen wir Standards. Felix Matthes vom Öko-Institut hat das für das EEG, was tatsächlich eine Erfolgsgeschichte ist, so zusammengefasst – Zitat: „Die frühen und umfangreichen Investitionen Deutschlands in erneuerbare Energien haben einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass diese erheblich preiswerter geworden sind. So konnte gezeigt werden, dass ein Energiesystem auf der Basis neuer Energiequellen wie Sonne und Wind praktisch und inzwischen auch kostengünstig funktionieren kann.“
Da das Kostenargument immer wieder im Raum steht und ja auch im Antrag der CDU eine große Rolle spielt, will ich dazu zwei Dinge sagen. Zum einen, Beispiel Solarenergie: Seit 1990 gibt es, was die Kosten der Solarstromerzeugung angeht, nachgewiesenermaßen einen Rückgang der Gestehungskosten um fast 90 Prozent. Warum? Weil zwischen 2004 und 2012 insbesondere die Nachfrage so hoch war, dass wir hier bei den Gestehungskosten ganz eindeutig nicht nur Markteinführung über das EEG gestalten konnten, sondern auch eine Marktplatzierung, die sich weitererzählen lässt. Damit haben wir auch die Voraussetzungen für das erfolgreiche Zustandekommen des Pariser Klimaschutzabkommens geschaffen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Dass dann mit der Ausschreibungspraxis für die Fotovoltaik eine – Zitat Staatssekretär Barke – „Blutspur“ bei der Fotovoltaik entstanden ist und damit ein schmerzhafter Abbruch dieser Industrie auch hier organisiert worden ist, zeigt, dass es Fehlanreize gegeben hat, die auch bedeuten: Ausschreibungen per se heißen nicht, dass wir beim Ausbau der Erneuerbaren den richtigen Weg gehen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Das Zweite, das ich sagen möchte: Wenn man die AfD mal versucht aus der Dunkelkammer rauszuholen, in der sie nicht nur energiepolitisch sitzt, dann können wir uns noch mal angucken, wie sich denn der Strompreis bei uns eigentlich zusammensetzt. Gehen wir mal von dem von Herrn Harzer richtigerweise genannten Durchschnittspreis für Strom – nicht Ökostrom – von 28 Cent pro Kilowattstunden aus. Manche haben den günstigeren – ich darf jetzt keine Werbung für regionale Anbieter in Thüringen machen, aber es gibt ihn günstiger –, manche bezahlen ein bisschen mehr. Wie setzt der sich zusammen? 28 Cent, der ist aus verschiedenen Teilen zusammengesetzt, die Stromerzeugung, Strom
transporte, Steuern und Abgaben betreffen. Ob Sie es glauben oder nicht, der größte Anteil des Preises dieser Kilowattstunde Strom ist nicht die EEGUmlage mit 6 Cent, sondern sind die Netzentgelte mit 26 Prozent.
Ich finde, eine regionale Ungleichverteilung insbesondere der Regelzone 50Hertz, was also die fünf ostdeutschen Bundesländer betrifft, ist ein Standortnachteil. Das kann man politisch geißeln, aber nicht die Tatsache, dass wir Spitzenreiter in Europa beim Ausbau der innovativsten Technologien, nämlich der erneuerbaren sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, machen Sie sich ehrlich beim Thema Strompreis. Und ja, Investitionen müssen auch irgendwo herkommen und werden sich auch bezahlt machen. Mit 6 Cent ist die EEG-Umlage – der Abgeordnete Kobelt hat es gesagt – natürlich auch gesättelt für die nächsten Jahre. Darüber reden wir und nicht darüber, dass es eine weitere Steigerung gab. Im Gegenteil: Im vergangenen Jahr gab es sogar ein Senken.
Wie kommt die zustande? Auch das muss man erklären. EEG war Markteinführungsinstrument, in Ihrem Absatz 1 steht: ist es. Vor 16 Jahren war es das. Die kommt so zustande, dass Betreiber von Ökostromanlagen ihren Strom an der Strombörse verkaufen, sie erhalten den Börsenpreis. Da dieser aber nur einen Teil der Erzeugung deckt, gibt es die EEG-Umlage, um tatsächlich auch den Weg für den Ausbau der Erneuerbaren zu bahnen. Das ist vor 16 Jahren mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, mit dem wir Geschichte geschrieben haben, in der Bundesrepublik angefangen worden, und das müssen wir jetzt zu Ende denken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Gesetz, die EEG-Novelle, ist im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig. Aber ich bitte Sie in der CDUFraktion und in der AfD – ich meine, unsere Fraktionen wissen das –, das zur Kenntnis zu nehmen, dass diese Landesregierung in den letzten acht Monaten alles im Sinne des Landes Thüringen unternommen hat an Bundesratsinitiativen, was nur mach- und denkbar ist.
Bei der Gestaltung der EEG-Novelle geht es weniger um Ideologie oder mehr oder weniger Öko. Da geht es jedem von uns um die Frage, was ist das Beste für das Land Thüringen. Natürlich streite auch ich dann als Energieministerin sehr gern mit meinem Kollegen in Schleswig-Holstein. Das freut mich sehr, dass Robert Habeck erzählt: „Wir sind übrigens 2017 mit der Energiewende fertig.“ Dass
das aber zeigt, dass wir die Situation in BadenWürttemberg, Bayern, Thüringen, Hessen usw., an vielen anderen Stellen, ganz anders gestalten müssen, das müssen wir doch zusammendenken. Deswegen sage ich Ihnen: Nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir hier erfolgreich im Bundesrat gestritten haben, zum Beispiel – Herr Primas, Sie haben heute Geburtstag, herzlichen Glückwunsch – für das Thema „Bioenergie“. Wir haben als Land Thüringen Seit‘ an Seit‘ mit dem Land Bayern und dem Land Rheinland-Pfalz eine Initiative auf den Weg gebracht, die eine Anschlussförderung für den Bereich Bioenergie garantiert. Wir haben eine Mehrheit im Bundesrat dazu errungen, dass wir nach 2020 die Anschlussförderung haben, dass wir die Kosten, die bislang auch bei Bioenergie nicht gedeckt werden können, weil es kein Anreiz für Innovation ist, dass wir die auch reinholen, dass es Unterstützung gibt. Wir haben mit den Landwirten Seit‘ an Seit‘ hier vor dem Landtag gestanden und gesagt: Wir brauchen euch bei der Energiewende, wir brauchen euch als festen Bestandteil – für Bioenergie, die grundlastfähig ist, weil wir nur so in Thüringen unsere Ziele erreichen können. Dann sage ich Ihnen: Adressieren Sie Ihren Wunsch, die Bioenergie im EEG zu retten, bitte nicht an uns, die dafür gekämpft haben, sondern adressieren Sie es bitte im Bundestag an Ihre Fraktionen, an diejenigen, die es entscheiden müssen.
Herr Gruhner, ich weiß nicht, wie Sie auf die abenteuerliche Idee kommen, dass wir bei Wind an Land irgendwas teurer oder anders machen wollen. Was wir wollen, ist Folgendes – ich bleibe wieder bei meinem Kollegen Robert Habeck, das ist ja unverdächtig, wenn ein Grüner über einen Grünen redet: Wenn ein Projektierer kommt und zehn Windenergieanlagen in Schleswig-Holstein oder in Thüringen im Zweifel errichten möchte, dann wird er, wenn er die Wahl hat, natürlich nach Schleswig-Holstein gehen. Warum? Aus zwei Gründen: Er kriegt es leichter zugänglich und er hat eine höhere tatsächliche Windquote, um am Ende auch das Tagesmehr zu verdienen, auch bei Wind an Land, denn wenn der Strom aber in Schleswig-Holstein vor allen Dingen produziert wird, kriegen wir die Tatsache, dass wir regional erzeugen und regional verbrauchen wollen, nicht zusammen. Also sagen wir: Wir brauchen eine regionale Quote, die die Wind-an-Land-Komponente so aufteilt, dass wir 40 Prozent im Norden und 40 Prozent im energiehungrigen – zum Beispiel Baden-Württemberg, Bayern – Süden haben können. Auch dieser Aspekt ist erfolgreich durch den Bundesrat mit Mehrheit gegangen, und sogar die Nordländer haben dem zugestimmt, weil sie sehen, wie schwer wir uns mit den Debatten des Leitungszubaus tun, die der Abgeordnete Harzer vorhin als Verkupferung der Landschaft bezeichnet hat, weil
sie sehen, dass die Länder, die für die Akzeptanz der Energiewende werben wollen, auch vor Ort Projekte brauchen, und weil sie sehen, dass wir, die wir Kampagnen machen unter der Überschrift „Thüringen wird Energiegewinner“ die Geschichte der Energiewende in Thüringen auch erfolgreich erzählen wollen. Deswegen gab es die Mehrheitsbeschlüsse im Bundesrat. Allein die Bundesregierung ignoriert sie. Deswegen noch einmal: Adressieren Sie Ihre Wünsche, was den regionalen Ausbau angeht, sowohl bei Bioenergie als auch Wind an Land oder Fotovoltaik, an die richtige Stelle, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Und zum Schluss will ich vor allen Dingen darauf abheben, dass Sie in Ihrem Antrag schreiben, Ausschreibungen sind allein das richtige Argument, um die Energiewende voranzubringen. Konkludent gedacht müsste man ja für die Bioenergie dann auch ein Ausschreibungsmodell im EEG-Referentenentwurf haben. Steht nicht drin, wir haben es geschrieben, wir machen die Hausaufgaben der Bundesregierung. Aber ich will auf einen anderen Punkt hinaus. Es gibt eben Bürgerenergiegenossenschaften, die die Energiewende von unten betreiben – richtig –, die sich das nicht leisten können, nächtelang Ausschreibungsszenarien auf ihren Schreibtischen hoch und runter zu wälzen. Für die brauchen wir auch Ausnahmetatbestände, für die brauchen wir De-minimis-Regelungen. Wie wollen Sie die Akzeptanz der Energiewende vor Ort stärken, wenn Sie nicht im Interesse unserer Kommunen, unserer kleinen Energiebetreiber und auch derjenigen, die auf Stadtwerkeebene unterwegs sind und dafür sorgen, dass wir dezentral und regional unterwegs sein können? Die hinten runterfallen zu lassen, wäre ein fatales Signal, mit dem wir uns beim EEG wahrlich einen Bärendienst erweisen.
Meine sehr geehrten Damen und Herrn, am 31. Mai entscheiden die Ministerpräsidenten. Bis dahin haben wir noch zwei Wochen Zeit, um vernünftig die
Interessen des Landes Thüringen einzupreisen – das werden wir tun –, für Mehrheiten zu werben – das werden wir tun –, aber machen Sie bitte auch Ihre Hausaufgaben an den Stellen, wo Sie Ihre Punkte an uns adressieren. Sie sind diejenigen, die im Zweifel in der Bundesregierung und auch im Bundestag mit entscheiden können, wie es mit der Energiewende in Thüringen weitergeht. Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich schließe die Aussprache und wir kommen nun zu den Abstimmungen. Ausschussüberweisung ist nicht beantragt und so kommen wir jetzt direkt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 6/2150. Wer dem seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Das sind die Stimmen aus den Koalitionsfraktionen. Die Gegenstimmen, bitte. Gegenstimmen kommen aus den Reihen der CDU-Fraktion und denen der AfD-Fraktion. Stimmenthaltungen? Kann ich nicht erkennen. Damit ist dieser Antrag angenommen und damit hat sich auch die Abstimmung über den Alternativantrag der CDU-Fraktion in der Drucksache 6/2187 erübrigt.