Protokoll der Sitzung vom 20.05.2016

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne.

Ich begrüße auch die fünf Gäste auf der Besuchertribüne.

Für diese Plenarsitzung hat als Schriftführer neben mir Herr Abgeordneter Christian Herrgott Platz genommen. Die Redeliste führt Frau Abgeordnete Engel.

Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt: Herr Abgeordneter Gentele, Herr Abgeordneter Krumpe, Frau Abgeordnete Tasch, Herr Minister Lauinger und Herr Minister Tiefensee, zeitweise.

Ich darf noch zur Tagesordnung darauf hinweisen, die Fraktionen sind übereingekommen, die heutige Plenarsitzung gegen 17.30 Uhr zu beenden.

Zu Tagesordnungspunkt 17 wird eine Neufassung des Alternativantrags der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Drucksache 6/2180 verteilt. Änderungswünsche zur Tagesordnung sehe ich nicht, sodass wir direkt in die Tagesordnung eintreten.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 25

Arbeitsbericht des Petitionsausschusses für das Jahr 2015 Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/2167

Ich erteile das Wort dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses Herrn Abgeordneten Heym für den Bericht des Petitionsausschusses. Bitte, Herr Heym.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen und liebe Zuschauer im Internet, ich darf Sie von dieser Stelle aus ganz herzlich begrüßen. Ich begrüße ganz besonders Polina Schakijewa und Sofija Sormanowa, zwei Austauschschülerinnen aus Russland, die zurzeit in Thüringen weilen, in Meiningen, zusammen mit ihren Gasteltern, der Familie Koob.

(Beifall im Hause)

Ich freue mich, dass wir jetzt fast vollzählig dem alljährlichen Bericht des Petitionsausschusses für das vergangene Jahr lauschen.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Na, nur Ihre Fraktion schwächelt ein wenig!)

(Heiterkeit CDU)

Ich habe auch ohne Brille gesehen, dass es fast voll ist.

(Heiterkeit im Hause)

Ich freue mich, dass ich heute gemäß § 103 unserer Geschäftsordnung über die Arbeit des Petitionsausschusses im Jahr 2015 berichten kann.

Mit der heutigen Berichterstattung möchte ich ausgewählte Punkte der Ausschussarbeit vorstellen. Ich werde versuchen, mich kurzzufassen, obwohl es natürlich genügend Problempunkte gibt, die es verdient hätten, näher dargestellt zu werden. Gleichzeitig gibt der mit der Unterrichtung des Landtagspräsidenten als Broschüre verteilte Arbeitsbericht einen umfassenden Überblick über die Tätigkeit des Petitionsausschusses. Im Einzelnen informiert der Bericht über die Zahl und den Inhalt der bearbeiteten Petitionen sowie die Entscheidungen des Ausschusses und beleuchtet im Übrigen auch die Tätigkeit der Strafvollzugskommission.

Nach Artikel 14 der Thüringer Verfassung hat jedermann das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden. Die Erwähnung als Grundrecht zeigt die Bedeutung, die dem Petitionsrecht beigemessen wird. „Das Petitionsrecht [ist auch] in einer Zeit, in der es Verwaltungsverfahren und verwaltungsgerichtliche Verfahren gibt, [nicht] überflüssig […] Das Petitionsrecht [kann] Angelegenheiten [vielmehr] auf eine Art und Weise klären, wie dies im Rechtswege und im Instanzenzug nicht möglich [wäre]. Mit Hilfe des Petitionsrechts können Konflikte auf unbürokratische Art und Weise gelöst werden. Das Petitionsrecht ist eine wertvolle Ergänzung zu Verwaltungsverfahren und gerichtlichem Rechtsschutz. Es wird auf keinen Fall durch diese Verfahren überflüssig.“ Mit diesen Worten begann die damalige Vorsitzende des Petitionsausschusses Johanna Köhler die erste Berichterstattung zur Arbeit des Petitionsausschusses am 26. März 1992. Die Worte der damaligen Ausschussvorsitzenden haben ihre Aktualität bis heute nicht verloren. Sie spiegeln nach wie vor die wesentliche Funktion der Arbeit des Ausschusses wider.

Im Oktober 2015 beging der Petitionsausschuss den 25. Jahrestag der Aufnahme seiner Tätigkeit. Waren es bis zum Ende des Jahres 1990 trotz aller damaligen Umwälzungen und Veränderungen in einem Zeitraum von nur knapp drei Monaten immerhin bereits 32 Petitionen, mit denen sich der Petitionsausschuss befassen musste, stieg die Zahl der Eingaben in den folgenden Jahren stetig. Die Zahl der jährlichen Neueingänge ist seither nahezu konstant geblieben. Obwohl im Jahr 2014 bereits 1.120 neue Petitionen aufgenommen wurden, stieg die Zahl der Neueingänge im Berichtszeitraum 2015 nochmals und erreichte mit 1.130 Petitionen den höchsten Stand seit 17 Jahren.

Seit jenem Oktober 1990 hat der Petitionsausschuss knapp 25.000 Petitionen bearbeitet. Dies ist eine ungeheure Zahl, bei der wir nicht aus den Augen verlieren dürfen, dass hinter jedem dieser Fälle Einzelschicksale stehen, also Menschen mit unterschiedlichsten Problemlagen.

Entgegen den insoweit üblichen Gepflogenheiten möchte ich in diesem Jahr zunächst mit dem Dank an meine Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss für die jederzeit konstruktive und sachliche Zusammenarbeit beginnen. Der Dank ist an dieser Stelle durchaus angebracht, weil es die Mitglieder des Petitionsausschusses im Jahre 2015 wirklich nicht leicht hatten. Die Landtagswahl sowie die darauf folgenden Sondierungs- und Koalitionsgespräche bedeuteten eine unfreiwillige und ungewohnt lange Pause für die Arbeit des Ausschusses. Da im Zusammenhang mit den Landtagswahlen mehrere Monate keine Sitzungen durchgeführt werden konnten, konnten während dieser Zeit naturgemäß auch keine Petitionen abgeschlossen werden, sodass der neue Petitionsausschuss mit der Aufnahme seiner Tätigkeit im Januar 2015 zunächst eine große Zahl aufgelaufener Eingaben abarbeiten musste.

Bis auf zwei Abgeordnete hatte der Petitionsausschuss aufgrund des Wechsels der Wahlperiode im Jahr 2014 eine völlig neue personelle Zusammensetzung. Die neuen Mitglieder des Ausschusses haben sich ihrer Aufgabe jedoch mit großem Engagement und mit großer Sorgfalt angenommen, wobei mich besonders gefreut hat, dass es auch dem neuen Ausschuss immer wieder gelungen ist, Fragestellungen im Wesentlichen ohne parteipolitische Zwänge ausschließlich im Interesse der Petenten zu erörtern. Dies ist – wie wir alle wissen – im Rahmen der parlamentarischen Arbeit keineswegs immer der Fall. Der Landtag und seine Ausschüsse befassen sich ja vielmehr eher mit abstrakten Fragestellungen. Im Petitionsausschuss steht dagegen der Einzelne mit seinem persönlichen Anliegen im Vordergrund. Daher bin ich der Meinung, dass das Petitionsrecht ein wesentlicher Bestandteil einer lebendigen Demokratie ist.

(Beifall CDU, DIE LINKE)

Gerade im Petitionsausschuss wird der Charakter des Parlaments als Volksvertretung besonders deutlich, was nicht zuletzt auch dadurch zum Ausdruck kommt, dass der Petitionsausschuss der einzige in unserer Verfassung vorgesehene Pflichtausschuss ist.

Wie bereits angesprochen, haben den Petitionsausschuss im Jahr 2015 so viele Petitionen erreicht wie seit 1998 nicht mehr. Die meisten Petitionen betrafen wie schon in den vergangenen Jahren mit 238 Petitionen den Bereich Straf- und Maßregelvollzug sowie den Bereich Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit mit 202 Petitionen. Im Weiteren sind die Bereiche Wirtschaft, Infrastruktur und Ver

kehr mit 96 Petitionen sowie Kommunales mit 75 Petitionen zahlenmäßig hervorzuheben.

In 14 Sitzungen hat der Petitionsausschuss mit noch aus dem Vorjahr stammenden Petitionen insgesamt 1.694 Petitionen behandelt, 1.361 davon abschließend. Dass dabei den Anliegen in circa 13 Prozent der Fälle ganz oder teilweise entsprochen werden konnte, ist eine sehr erfreuliche Zahl, zumal wenn man darüber hinaus bedenkt, dass knapp 45 Prozent der Petitionen mit Auskünften zur Sachund Rechtslage abgeschlossen werden konnten. In den letztgenannten Fällen ist es dem Petitionsausschuss gelungen, Entscheidungen der Behörden für die Petenten jedenfalls nachvollziehbarer zu machen.

Das Petitionsrecht eröffnet jedermann außerhalb des förmlichen Rechtsschutzes einen thematisch unbegrenzten Zugang zur Volksvertretung. Mit der Möglichkeit, Petitionen einzulegen, eröffnet sich für die Bürgerinnen und Bürger der Weg, ihre Probleme außerhalb förmlicher Rechtsmittel und gerichtlicher Verfahren prüfen zu lassen. Artikel 14 der Thüringer Verfassung eröffnet damit letztlich ein eigenständiges Verfahren, mit dem die Exekutivorgane gezwungen werden sollen, sich mit der Frage zu beschäftigen, ob und wie dem Anliegen eines Petenten Rechnung getragen werden kann. Gerade wenn die Durchführung formaler Verfahren nicht mehr möglich ist oder von dem Petenten vielleicht auch nicht gewollt, bietet das Petitionsrecht dem Betroffenen Hilfe in dem oft nur schwer durchschaubaren Behördendschungel.

Aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten Gewaltenteilung ist es dem Petitionsausschuss zwar nicht möglich, die Exekutive quasi anzuweisen, bestimmte Entscheidungen oder Maßnahmen zu treffen, in jedem Fall aber bietet der Petitionsausschuss dem Petenten eine Plattform zum Austausch von Informationen und Argumenten mit der Verwaltung. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass der Petitionsausschuss bei der Bearbeitung von Petitionen nicht nur auf eine rechtliche Prüfung beschränkt ist, sondern auch die Zweckmäßigkeit einer Maßnahme auch dann noch überprüfen kann, wenn der Rechtsweg gegebenenfalls verschlossen ist. Auch dort, wo es nicht gelingt, den Anliegen der Petenten in vollem Umfang oder zumindest teilweise zu entsprechen, hat der Ausschuss jedenfalls die Möglichkeit, Entscheidungen der Verwaltung transparenter zu machen und damit das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unseren Rechtsstaat zu stärken. Wichtig ist dabei stets, dass Petenten das Gefühl vermittelt wird, mit ihren Anliegen – gleich welcher Art sie sind – wirklich ernst genommen zu werden. Ich betone das so, weil gerade dies so wichtig ist angesichts einer zunehmenden Politikverdrossenheit, die ja auch das Gefühl zum Ausdruck bringt, dass Bürger sich nicht wehren und letztlich nichts aus

richten können. Gerade da ist der Petitionsausschuss so besonders wichtig.

(Beifall DIE LINKE)

Dies ist eine Adresse, von der die Bürger wissen, dass sie sich wehren und Hilfe erwarten können, auch wenn nicht jede Petition – wie wir alle wissen – positiv beschieden werden kann.

Die vorgenannten Zahlen zeigen, dass die Behörden des Freistaats im Großen und Ganzen durchaus ordentlich und auch bürgerorientiert arbeiten. Allerdings erlebt der Petitionsausschuss immer wieder und, wie ich meine, zu oft auch Fälle, in denen Bürgerinnen und Bürger die Arbeit der Verwaltung kaum noch zu vermitteln ist.

Anführen möchte ich in diesem Zusammenhang den Fall einer Bürgerinitiative, die sich dafür eingesetzt hat, dass ein Mobilfunksendemast nicht neben der unter Denkmalschutz stehenden Kirche im Ortszentrum eines Ortsteils von Suhl, in Suhl-Heidersbach, errichtet wird. Die Petenten kritisierten, dass die Stadt Suhl im Genehmigungsverfahren Belange des Denkmalschutzes nicht ausreichend berücksichtige und ein ebenfalls geeigneter Alternativstandort außerhalb des Ortszentrums nicht ausreichend geprüft werde. Die Bürgerinitiative, deren Vertreter Gelegenheit hatten, ihre Argumente im Rahmen einer öffentlichen Anhörung vorzutragen, war der Auffassung, dass die Versorgung der Bürger mit schnellem Mobilfunk und Internet im Ort bereits gegenwärtig ausreichend gesichert sei und dieser Aspekt daher im Rahmen der Abwägung gegenüber den Belangen des Denkmalschutzes zurücktreten müsse.

Das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie als Denkmalfachbehörde war davon ausgegangen, dass die Nähe und die Bauhöhe des geplanten Funkmasts den Umgebungsschutz des Einzeldenkmals „Heidersbacher Kirche“ beeinträchtigen. Die für die Erteilung der Baugenehmigung erforderliche Zustimmung der unteren Denkmalschutzbehörde stand zunächst noch aus. Im Rahmen der Auswertung der öffentlichen Anhörung teilte der Vertreter der Landesregierung dem Petitionsausschuss jedoch mit, dass die untere Denkmalschutzbehörde zwei Tage zuvor die denkmalschutzrechtliche Zustimmung erteilt habe. Zwar sei die untere Denkmalschutzbehörde fachlich an die Stellungnahme der Denkmalfachbehörde gebunden, die denkmalschutzrechtliche Spannungen festgestellt habe, allerdings habe sie im Rahmen einer Ermessensentscheidung auch die Belange des Denkmalschutzes gegen sonstige öffentliche Belange abzuwägen.

Der Petitionsausschuss teilte die Auffassung der Denkmalfachbehörde, dass nicht auszuschließen sei, dass von dem Funkmast eine Beeinträchtigung des Denkmals ausgehe. Überdies kritisierte der Ausschuss, dass mit der für die Erteilung der denk

malschutzrechtlichen Zustimmung gegebenen Begründung, der Funkmast sei als neuzeitliche Ergänzung eines denkmalgeschützten Objekts anzusehen, jeder Denkmalschutzgedanke ad absurdum geführt werden könne. Der Ausschuss beschloss daher, die Petition der Landesregierung zu überweisen und die Angelegenheit unter Beachtung der Auffassung des Petitionsausschusses erneut zu prüfen. Dabei äußerte er die Erwartung, dass sich die Stadt Suhl mit der Erteilung der Baugenehmigung zunächst zurückhalten werde.

Bereits knapp zwei Wochen später aber erteilte die Stadt Suhl als Bauaufsichtsbehörde dennoch die Baugenehmigung für die Aufstellung des Funkmasts. Die zuvor vom Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Kommunales erbetene Stellungnahme wurde gleichwohl erst im April 2016 und damit mit mehrmonatiger Verspätung abgegeben. Das zuständige Ministerium wies darauf hin, dass die oberste Denkmalschutzbehörde nunmehr eine umfassende Prüfung vorgenommen habe und aufgrund einer Qualitätssteigerung bei der Bewertung zu der Auffassung gelangt sei, dass die von der Denkmalfachbehörde in ihrer Stellungnahme geäußerten denkmalschutzrechtliche Bedenken nicht stichhaltig seien. Die Entscheidung der Stadt Suhl zur Erteilung der Baugenehmigung sei daher nicht zu beanstanden. Ich muss mal sagen: Ich bin seit fast 17 Jahren in diesem Ausschuss und so eine Argumentation seitens der Verwaltung haben wir uns noch nicht anhören müssen. Das stimmt schon nachdenklich.

In der Beratung brachte der Petitionsausschuss nachdrücklich sein Befremden über diese Behandlung der Angelegenheit zum Ausdruck. War es für den Ausschuss schon schwer nachvollziehbar, dass die untere Denkmalschutzbehörde im Rahmen ihrer Zustimmung zu dem Bauvorhaben die von der Denkmalfachbehörde festgelegten Bedenken anderen öffentlichen Belangen untergeordnet habe, so war es um so verwunderlicher, dass eine Prüfung durch die oberste Denkmalschutzbehörde im Nachhinein die fachliche Einschätzung des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie letztlich revidiert hat, zumal im Rahmen der öffentlichen Anhörung gerade auch im Hinblick auf die Einschätzung der Denkmalfachbehörde durchaus noch der Eindruck entstanden war, dass noch begründete Hoffnung bestehe, das Vorhaben zu verhindern.

Dieser Fall ist ein Beispiel dafür, wie Behörden mit Bürgern nicht umgehen sollten. Hier wurde offensichtlich versucht, eine von Beginn an durchaus feststehende Entscheidung im Nachhinein mit dem Hinweis auf eine angebliche Qualitätssteigerung der Bewertung der Angelegenheit zu begründen. Im Übrigen stellt dieses Verfahren auch einen unglaublichen Vorgang gegenüber dem Petitionsausschuss dar, der trotz der erfolgten Anhörung letztlich vor vollendete Tatsachen gestellt wurde. Es

bleibt nur zu hoffen, dass es sich hierbei um einen Einzelfall gehandelt hat und die beteiligten Behörden aus der Angelegenheit lernen, dass ein Petitionsverfahren beim Landesparlament ernst zu nehmen ist.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dies gilt umso mehr, wenn man sieht, wie sorgfältig und akribisch die Petenten ihren Vortrag im Rahmen der öffentlichen Anhörung vorbereitet haben. Ich sage hier ganz klar und unmissverständlich, dass das Vorgehen der Verwaltung in dieser Angelegenheit nicht angetan war, der Politik- und Staatsverdrossenheit der betroffenen Bürger entgegenzuwirken. Hier musste sich bei dem Petenten der Eindruck verfestigen, letztendlich nicht ernst genommen zu werden. Genau das ist es aber, was es zu vermeiden gilt und woran die Mitglieder des Ausschusses arbeiten. Schließlich hoffe ich, dass wir alle eine solche unwürdige Vorstellung der Verwaltung nicht mehr erleben müssen.

Ohnehin kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren – und dies zeigt auch die Praxis –, dass Stellungnahmen zu überwiesenen Petitionen eher zum Anlass genommen werden, lediglich die bereits zuvor vertretene Auffassung nochmals, nunmehr vielleicht noch etwas ausführlicher, zu begründen. Inhaltlich ist in aller Regel dann nicht mehr zu lesen. Dabei wird nicht selten eine große Möglichkeit vertan, im Interesse der Petenten auf einen gemeinsamen Konsens hinzuweisen. Ich bin dankbar, wenn sich Petenten und Petentinnen an uns wenden, zeigt dies doch, dass sie neben dem persönlichen Vorteil, den sie sich von ihrer Eingabe erhoffen, am politischen Geschehen teilhaben möchten. Es zeigt auch, dass sie Vertrauen zu uns Abgeordneten haben. Dieses Vertrauen gilt es zu rechtfertigen und dies jeden Tag.

(Beifall CDU, DIE LINKE)

Sehr erfreulich ist daher, wie viele Bürgerinnen und Bürger auch im Jahr 2015 die Möglichkeit angenommen haben, Petitionen auf der Petitionsplattform, unserer Internetseite vom Landtag, zu veröffentlichen und mitzeichnen zu lassen. Mit der Veröffentlichung bestimmter Petitionen wird nämlich nochmals eine größere Transparenz des Petitionsverfahrens erreicht. Im Jahr 2015 wurde in 211 Fällen die Veröffentlichung der jeweiligen Petition beantragt, 45 Petitionen erfüllten dabei die im Thüringer Petitionsgesetz geregelten Voraussetzungen und wurden schließlich veröffentlicht. In vier Fällen wurde letztendlich auch eine öffentliche Anhörung durchgeführt.

Wie viel Aufmerksamkeit mit der Veröffentlichung einer Petition und einer öffentlichen Anhörung vor dem Petitionsausschuss erreicht werden kann, hat nicht zuletzt der Fall einer Bürgerinitiative gezeigt,

die hinsichtlich der Errichtung von Windkraftanlagen eine gesetzliche Regelung zur Einhaltung eines bestimmten Mindestabstands zur nächsten Wohnbebauung vorgeschlagen hat. Die Bürgerinitiative befürchtete, dass der Schutz von Mensch und Natur nach der gegenwärtigen Situation nicht hinreichend berücksichtigt wurde.

In einer weiteren öffentlichen Anhörung befasste sich der Petitionsausschuss mit den Problemen der seit vielen Jahren verschleppten Altlastensanierung in Rositz-Schelditz. Wie Ihnen sicherlich allgemein bekannt ist, kämpft die Gemeinde Rositz im Altenburger Land mit Blick auf das frühere Teerverarbeitungswerk mit einer erheblichen Altlastenproblematik. Eine Bürgerinitiative aus dem Ortsteil Schelditz hat mit ihrer Petition darauf hingewiesen, dass bereits im Jahr 1998 auch außerhalb des ehemaligen Teerverarbeitungswerks Rositz erhebliche Belastungen mit Gift- und Gefahrenstoffen im Erdreich festgestellt worden sind. Der stetig steigende Grundwasserspiegel in der Region hat dazu geführt, dass in Schelditz belastetes Grundwasser in die Keller der Häuser drückt und dort auch gesundheitsgefährdende Belastungen der Raumluft entstanden sind. Aufgrund des steigenden Grundwasserspiegels potenziert sich die Gefahr nach und nach. Immer größere Teile des Ortes und immer mehr Wohngrundstücke werden beeinträchtigt, sodass die Petenten mit ihrer Petition dringend um Abhilfe gebeten und Gegenmaßnahmen gefordert haben. Vor allem wurde seitens der Mitglieder der Bürgerinitiative kritisiert, dass es über Jahre hinweg keine tragfähige Konzeption für eine nachhaltige Lösung des Problems gegeben habe. Mit der Anhörung hatten die Petenten Gelegenheit, vor einer großen Zuschauerkulisse deutlich auf ihre Probleme hinzuweisen. Der von dem Petitionsausschuss einbezogene zuständige Fachausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz hat sich mit großer Detailkenntnis und hohem Engagement bislang in sieben Sitzungen mit dieser Problematik befasst. Die Bemühungen der Mitglieder des Petitionsausschusses und des Ausschusses für Umwelt, Energie und Naturschutz mündeten im Januar dieses Jahres endlich in einer konkreten Sanierungsplanung für den Ortsteil Schelditz, die den betroffenen Bürgern vor Ort persönlich von den Planern und dem Umweltstaatssekretär vorgestellt wurde. Neben Flächenmaßnahmen sowie der Umverlegung eines Bachlaufs und der Anhebung einer Straße wurden für eine Reihe von einzelnen Immobilien endlich konkrete Sanierungskonzepte erarbeitet. Darüber hinaus wurde den unmittelbar betroffenen Anwohnern endlich ermöglicht, in nicht belastete Immobilien umzuziehen. Die Petenten haben gegenüber dem Petitionsausschuss ihre Erleichterung zum Ausdruck gebracht, dass endlich eine konkrete Sanierungsperspektive aufgezeigt werden konnte. Mit Blick auf die noch zu klärenden finanziellen Fragen der umfangreichen Sanierungsmaßnahmen

wird deren konkrete Umsetzung wahrscheinlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Mitglieder des Petitionsausschusses werden auch die weiteren Sanierungsschritte auch nach dem förmlichen Abschluss des Petitionsverfahrens weiterverfolgen und für die Petenten als Ansprechpartner zur Verfügung stehen.