Michael Heym
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Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste auf der Tribüne und auch am Livestream, ich freue mich, heute Morgen wenigstens Teile des Plenums zu sehen.
Ich bedanke mich bei den Linken, bei den Grünen, bei der SPD, bei der AfD und bei Teilen der CDU,
dass sie es heute Morgen in den Plenarsaal geschafft haben – und auch Teile der Regierung, das stimmt.
Ein Teil, genau.
Aber das soll uns nicht hindern, in die Tagesordnung einzusteigen und wie angekündigt, alljährlich einmal den Bericht des Petitionsausschusses zur Kenntnis zu nehmen. Ich freue mich, dass das heute auch wieder der Fall ist und gemäß § 103 der Geschäftsordnung unseres Landtags den Arbeitsbericht vorstellen zu können. Der Bericht dokumentiert einmal mehr die umfangreiche Tätigkeit des Petitionsausschusses. Er gibt Auskunft über die Zahl der im Berichtszeitraum eingegangenen Petitionen und erläutert beispielhaft einige Fälle, mit denen sich der Petitionsausschuss im Jahr 2018 befasst hat. Dabei wird auch die Arbeit der Strafvollzugskommission beleuchtet.
Bei dem vorliegenden Bericht handelt es sich zwar nicht um den letzten in dieser Wahlperiode; dies wird vielmehr der Tätigkeitsbericht für das Jahr 2019 sein. Allerdings ist dies der letzte Bericht, den ich in meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Petitionsausschusses in dieser Wahlperiode vorstellen werde.
Ich möchte daher diesen Bericht mit dem Dank an meine Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss für die jederzeit konstruktive und sachliche Zusammenarbeit beginnen. Trotz aller Differenzen, die sich naturgemäß auch im Petitionsausschuss im Rahmen der Beschäftigung mit den von den Petenten vorgetragenen Themen ergeben haben, freue ich mich besonders darüber, dass es im Ausschuss immer wieder gelungen ist, Fragestellungen ausschließlich im Interesse der Petenten und ohne parteipolitische Zwänge zu erörtern. Wie wir alle wissen, ist dies im Rahmen der parlamentarischen Arbeit keineswegs der Regelfall. Der Landtag und seine Ausschüsse befassen sich ja vielmehr mit abstrakten Fragestellungen. Im Petitionsausschuss dagegen steht der Einzelne mit seinem Anliegen im Vordergrund.
Artikel 14 der Thüringer Verfassung ermöglicht jedermann, sich mit Bitten oder Beschwerden an die Volksvertretung zu wenden. Das Petitionsrecht ist damit in unserer Verfassung verankert und dementsprechend kommt der Arbeit im Petitionsausschuss eine große Bedeutung zu.
Der Petitionsausschuss ist für die Bürgerinnen und Bürger die wichtigste Anlaufstelle, wenn es darum geht, mögliche Ungerechtigkeiten und Fehleinschätzungen bei den Behörden des Freistaats aufzuzeigen, mögliche Lücken bei der Gesetzgebung zu schließen oder einfach ihren ganz persönlichen Kummer mit der Hoffnung auf Hilfe gegenüber dem Parlament darzulegen. Der Petitionsausschuss als Schnittstelle zwischen Parlament und Bürgern er
fährt somit praktisch aus erster Hand, wie die Gesetze bei der Bevölkerung ankommen und wie die Verwaltung die Gesetze auch ausführt.
Oft ist in der Öffentlichkeit von Politikverdrossenheit die Rede; da heißt es dann „die da oben“ wüssten gar nichts von den Sorgen der Bevölkerung. Hier liegt es an dem Petitionsausschuss, in der täglichen Arbeit zu zeigen, wie wichtig diese Sorgen der Menschen genommen werden. Wir dürfen dabei nie aus den Augen verlieren, dass es sich bei den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger nicht selten um existenzielle Probleme handelt. Hinter jeder einzelnen dieser Petitionen steht letztlich ein persönliches Schicksal. Da geht es ebenso um Baugenehmigungen oder den Datenschutz wie um aufenthaltsrechtliche Fragen und dienst- oder steuerrechtliche Belange.
Manchmal sind es aber auch die vermeintlich kleinen Herausforderungen, vor denen die Menschen stehen, die wir nicht übersehen dürfen, sondern ernst nehmen müssen. Auch wenn deren Lösung manchmal zeitaufwendig ist und in der Regel wenig öffentlichkeitswirksam, darf auch insoweit nicht der Eindruck entstehen, wir würden uns nur um Petitionen kümmern, die große öffentliche Unterstützung, nicht zuletzt in den Medien, erfahren.
Ich glaube, darin zeigt sich, dass das Petitionsrecht ein wesentlicher Bestandteil einer lebendigen Demokratie ist. Abraham Lincoln – die meisten kennen seinen Satz – hat einmal gesagt: „Demokratie ist die Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk.“ Damit sind die wesentlichen Elemente einer funktionierenden Demokratie in einem Satz umschrieben.
Demokratie lebt nicht nur von Wahlen allein. Wesentliche Elemente der Demokratie sind vielmehr das Engagement von und die politische Auseinandersetzung mit Bürgerinnen und Bürgern, die sich einmischen und aktiv am Prozess der parlamentarischen Willensbildung teilhaben wollen. Die Abgeordneten müssen sich daher – wie es das Bundesverfassungsgericht betont hat – kontinuierlich an den politischen Präferenzen des Volkes bzw. an dessen Willen orientieren.
Mit den schon angesprochenen drei wesentlichen Funktionen – der Hilfe, wenn Bürgerinnen und Bürgern Unrecht geschieht, der Versöhnung mit staatlichen Entscheidungen, sofern Abhilfe nicht möglich ist, und der Ermöglichung der Mitwirkung an der Gesetzgebung – ist das Petitionsrecht ein Spiegelbild der Entwicklung parlamentarischer Demokratie.
Gerade die Petitionsausschüsse der Länderparlamente leisten einen wichtigen Beitrag, die parlamentarische Demokratie zu stärken und Politik- und
Staatsverdrossenheit entgegenzuwirken. Dabei sollten wir niemals vergessen: Politik verliert ihre Legitimation, wenn zu viele Menschen den Eindruck haben, ihre Stimme und ihre Interessen würden nicht mehr zählen oder die gewählten Repräsentanten nicht mehr interessieren.
Wie wichtig es ist, die Menschen ernst zu nehmen und Bürgernähe zu vermitteln, wo Problemlösungen oftmals an den Hürden der Bürokratie scheitern, zeigt sich schon darin, wie viele Bürgerinnen und Bürger jedes Jahr den Weg zum Petitionsausschuss suchen. So sind auch im Berichtszeitraum wieder 831 neue Petitionen beim Petitionsausschuss eingegangen.
Nachdem der Petitionsausschuss in den fünf Jahren zuvor kontinuierlich über 1.000 Eingaben im Jahr registrieren konnte, ist damit erstmals wieder ein Rückgang der Eingangszahlen zu verzeichnen. Allerdings haben wir zum jetzigen Zeitpunkt schon wieder mehr Eingang an Petitionen als zum selben Zeitpunkt des Vorjahres.
Wie der Petitionsausschuss auch bei seinem Besuch in Berlin im Jahr 2017 erfahren hat, hat der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags schon seit mehreren Jahren deutlich rückläufige Eingangszahlen zu verzeichnen. Aus diesem Grunde wurde das Thema auch im Rahmen der Tagung der Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des Bundes und der Länder im vergangenen Jahr im September in Stuttgart erneut angesprochen. Bereits im Jahr 2017 hatte die Bundestagsverwaltung im Rahmen einer öffentlichen Anhörung von Sachverständigen versucht, den Ursachen für die rückläufigen Petitionszahlen auf die Spur zu kommen.
Es scheint eine Herausforderung für das parlamentarische Petitionsverfahren zu geben, nämlich offensichtlich die große Attraktivität von Anbietern privater Petitionsplattformen. Diese niedrigschwelligen Angebote privater Portale werden von einem zunehmend jüngeren Publikum oftmals vor allem als kollektive Protestplattform wahrgenommen.
Mit der Veröffentlichung ihrer Petitionen erreichen die Nutzer zwar eine gewisse öffentliche Diskussion ihres Anliegens. Auch wenn Einzelpetitionen vor allem im parlamentarischen Bereich immer noch eine sehr große Rolle spielen, ist bei den privaten Plattformen aus dem individuellen Gesuch aber eher ein kollektives und auf Themensetzung gerichtetes Instrument geworden. Wie Professor Linden von der Universität Trier in seinem Gutachten im Rahmen der bereits angesprochenen Sachverständigenanhörung betont hat, führt gerade die Vielzahl der Petitionsplattformen aus Sicht der Bürgerinnen und
Bürger zu einer Unübersichtlichkeit des Partizipationsangebotes.
Im Zeitalter sozialer Medien beschränkt sich die Bereitschaft der Menschen, sich für bestimmte Anliegen einzusetzen und zu verwenden, oft genug auf das Anklicken eines entsprechenden Buttons, ohne dass hinreichend hinterfragt wird, ob die damit zum Ausdruck gebrachte Unterstützung überhaupt einen kompetenten Adressaten erreicht und hinreichend effektiv bearbeitet werden kann. Meistens ist den betreffenden Bürgerinnen und Bürgern gar nicht bewusst, dass ihre Anliegen in der Regel in den Parlamenten überhaupt nicht behandelt werden, sondern im Nirwana landen.
Gleichwohl machen gerade der einfachere Zugang zu privaten Petitionsplattformen und die oftmals deutlich einfachere Sprache offenbar die hohe Attraktivität eines solchen niederschwelligen Angebotes aus.
Wir sollten aber versuchen, die privaten Portale nicht unbedingt als Konkurrenz zu sehen, sondern uns zu bemühen, einen Weg zu finden, um mit ihnen zu kooperieren. Der Petitionsausschuss hat bereits den Dialog gesucht und Gespräche mit dem Geschäftsführer der Firma openPetition geführt und diesem die Möglichkeit gegeben, die eigenen Angebote, die ebenfalls auf eine Kooperation mit den Petitionsausschüssen der Länder abzielen, zu erläutern.
Dass dieser Prozess nicht einfach ist, habe ich an dieser Stelle sowie in Potsdam und in Stuttgart im Kreis der Vorsitzenden der Petitionsausschüsse mehrfach nachdrücklich betont. Dabei spielen datenschutzrechtliche Aspekte eine ebenso wenig zu unterschätzende Rolle wie die Tatsache, dass die Betreiber privater Plattformen letztlich auch ein wirtschaftliches Interesse verfolgen.
Das Problem wird sich letztlich aber nicht zufriedenstellend lösen lassen, wenn sich die Plattformen nicht auch gewisse Regeln auferlegen. Dies heißt in erster Linie, dass auf den Portalen zwingend darauf hingewiesen werden muss, dass Petitionen auf privaten Plattformen nicht automatisch eine parlamentarische Bearbeitung erfahren.
Nach § 14a unseres Petitionsgesetzes können Petitionen veröffentlicht werden, wenn sie ein Anliegen von öffentlichem Interesse zum Gegenstand haben und für eine sachliche Diskussion geeignet sind. In 23 von 61 im Berichtszeitraum beantragten Fällen hat der Ausschuss diese Voraussetzungen als gegeben angesehen und einer Veröffentlichung zugestimmt. Eine öffentliche Anhörung erfolgt in der Re
gel aber nur, wenn ein veröffentlichtes Anliegen innerhalb eines Zeitraums von sechs Wochen von mindestens 1.500 Unterstützern mitgezeichnet wird. Insgesamt 11.658 elektronische Mitzeichnungen konnten im Jahr 2018 auf der Plattform des Thüringer Landtags verzeichnet werden. In knapp 11.700 Fällen haben Bürgerinnen und Bürger eine auf der Petitionsplattform veröffentlichte Petition mitgezeichnet und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie ein politisches Thema ganz konkret bewegt und sie sich die Unterstützung vom Landtag erhoffen.
Im Berichtszeitraum hat der Petitionsausschuss letztlich sieben Petenten und deren Vertrauenspersonen die Möglichkeit einer öffentlichen Anhörung gegeben. Wie gut dieses Instrument von Bürgerinnen und Bürgern auch weiterhin angenommen wird, zeigt sich darin, dass der Petitionsausschuss auch im Jahr 2019 bereits fünf öffentliche Anhörungen durchgeführt hat. In einem Fall haben sich die Mitglieder des Ausschusses darauf verständigt, den Petenten öffentlich anzuhören, obwohl auf der Petitionsplattform nur 933 Mitzeichnungen erfolgten. Allerdings hatten die Petenten ihre Petition „Die Welt spricht KINDERGARTEN“ bereits auf der privaten Plattform openPetition veröffentlicht und dort über 7.000 Unterstützer gefunden. Auch in diesem Fall war den Petenten nicht bewusst, dass ihr Anliegen zunächst nicht ohne Weiteres parlamentarisch behandelt werden konnte. Aufgrund des großen öffentlichen Interesses hat sich der Ausschuss aber für eine öffentliche Anhörung ausgesprochen, in deren Rahmen die Petenten und ihre Vertrauenspersonen ihr Anliegen vorgestellt und eindrucksvoll erläutert haben.
Ich betone an dieser Stelle aber nachdrücklich, dass eine solche im Übrigen von allen Fraktionen befürwortete Ausnahme, nämlich letztlich die Anerkennung von auf einem privaten Petitionsportal gesammelten Unterschriften, im Rahmen eines parlamentarischen Petitionsverfahrens nicht zum Regelfall werden kann, da eine Abgrenzung zu den privaten Plattformen ansonsten kaum noch möglich wäre. Dabei darf vor allem nicht von der Masse der Beteiligungen auf privaten Plattformen auf Verfahrensqualität und Akzeptanz geschlossen werden. Auch ein Rückgang von Eingabezahlen ist weder ein Krisenindikator, noch lässt er auf eine umfassende Bürgerzufriedenheit schließen.
Die Qualität des parlamentarischen Petitionsverfahrens ist unbestritten, sodass vielfach von einer Kooperation mit privaten Plattformen abgeraten wird. Gleichwohl glaube ich – wie ich bereits angesprochen habe –, dass wir uns dem Dialog mit den Privaten nicht verschließen und über Möglichkeiten
nachdenken sollten, auch unser Angebot vielleicht noch attraktiver zu gestalten. Als eine der im Rahmen der Sachverständigenanhörung beim Deutschen Bundestag angesprochenen Maßnahmen, den beim dortigen Petitionsausschuss sinkenden Eingabezahlen entgegenzusteuern, wurde vor allem die Erweiterung der Öffentlichkeitsarbeit angesprochen. Allein um mehr Menschen anzusprechen und zu gewährleisten, dass Bürgerinnen und Bürger nicht bei den öffentlichen Plattformen mit ihrem Anliegen leerlaufen, sondern sich der ihnen mit unserem Petitionsrecht eröffneten Möglichkeiten bewusst werden, sollten auch wir Aspekte des Ausbaus der Öffentlichkeitsarbeit reflektieren. Eine Möglichkeit könnte darin bestehen, öffentliche Anhörungen regelmäßig im Livestream des Thüringer Landtags zu übertragen. Im laufenden Jahr haben gerade die bereits genannte Petition „Die Welt spricht KINDERGARTEN“ sowie eine weitere Petition, die im Rahmen einer öffentlichen Anhörung vorgestellt wurde und die die Nachqualifizierung und Anerkennung ausländischer Ärztinnen und Ärzte zum Gegenstand hatte, gezeigt, dass die betreffenden Themen überregionale Bedeutung haben und teilweise auch im Ausland beachtet werden. Gerade diese Unterstützer, die in der Regel nicht die Gelegenheit haben, die betreffende öffentliche Anhörung unmittelbar als Zuschauer vor Ort zu verfolgen, sollten zumindest regelmäßig die Möglichkeit haben, die öffentliche Sitzung im Internet zu verfolgen. Als weitere Möglichkeit käme in Betracht, über eine noch bürgerfreundlichere Ausgestaltung durch einen leichteren Zugang nachzudenken. Immer wieder wird der Petitionsausschuss nämlich damit konfrontiert, dass Petenten lieber auf die klassische Unterschriftensammlung setzen, um die Bedeutung ihres Anliegens zu betonen. Auch wenn es in diesem Bereich keinen im Thüringer Petitionsgesetz angelegten Automatismus gibt, hat der Petitionsausschuss allerdings bereits mehrfach solche Unterschriftenlisten bei der Berechnung des Quorums von 1.500 Mitzeichnungen einbezogen. Auch hier ist den Mitgliedern des Ausschusses für diese parteipolitisch neutrale Arbeitsweise zu danken.
Wir haben es gestern erlebt: Gestern wurde uns wieder eine Petition mit über 4.000 Unterschriften in Schriftform übergeben. Um dem Gesetz Genüge zu tun, werden wir jetzt sicherlich diese Petition auch noch auf der Plattform unseres Portals veröffentlichen. Aber es gibt eben keinen Automatismus, um die Petenten dann auch öffentlich anzuhören. Ich gehe davon aus, dass wir es tun werden. Aber ich denke mal, da wird für die nächsten Jahre noch Handlungsbedarf sein, um da eine rechtliche Lücke zu schließen.
Auch bei dem im Jahr 2018 behandelten öffentlichen Petitionen hat der Petitionsausschuss von der Möglichkeit Gebrauch gemacht. Wie bereits angesprochen, wurden im Jahr 2018 sieben öffentliche Anhörungen durchgeführt. Dabei ging es um eine Petition, mit der die Funktionsstellen Seminarschulrat und Seminarrektor für Fachleiter in der Ausbildung von Lehramtsanwärtern entsprechend der Schulart in der Besoldungsgruppe A 13, A 14 wieder eingeführt werden sollten. Eine andere Petentin begehrte gleich die Besoldung im Eingangsamt A 13, E 13 für alle Lehrämter in Thüringen, unabhängig von der Schulform.
Ebenfalls im Rahmen einer öffentlichen Anhörung setzte sich ein Petent für eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Abwasserpolitik im ländlichen Raum ein. Auch eine beabsichtigte Straßeneinziehung zwischen Thüringen und Bayern sowie die Errichtung einer Verkehrsanlage in Weida beschäftigten den Petitionsausschuss im vergangenen Jahr.
Mit den vorgenannten Petitionen begehrt ein Petent die Errichtung einer Kreisverkehrsanlage an der Kreuzung zweier Bundesstraßen. Nach den Ausführungen des Petenten gilt die Kreuzung seit Jahrzehnten als eine der gefährlichsten Verkehrsunfallschwerpunkte der Region. Dabei waren auch bereits Todesopfer zu beklagen, tragischerweise auch im Familienkreis des Petenten.
Im Rahmen der öffentlichen Anhörung zu dem Anliegen stellte der Vertreter des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft verschiedene Möglichkeiten zum Umbau des Verkehrsknotens mit einem Vorschlag für eine Vorzugsvariante vor. Ziel war es, eine Variante zu entwickeln, die den Überholdruck auf dem Streckenabschnitt abbaut, ausreichend Überholfahrlängen in beide Fahrtrichtungen schafft sowie eine verkehrssichere Lösung für die Kreuzung gewährleistet. Im Rahmen der Abwägung für eine Vorzugsvariante wurden neben den verkehrstechnischen Belangen auch die Aspekte Raumstruktur, Wirtschaftlichkeit und Naturschutz berücksichtigt. Der Petent selbst forderte ergänzend, dass bis zur Umsetzung der entsprechenden Variante weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit ergriffen werden sowie eine bessere Beschilderung der gefährlichen Kreuzung und die Errichtung von Anlagen zur Geschwindigkeitskontrolle.
Nach den Feststellungen des um Mitberatung ersuchten Ausschusses für Infrastruktur und Landwirtschaft entspricht der gegenwärtige Ausbaugrad der in Rede stehenden Bundesstraße nicht den verkehrlichen Bedürfnissen. Nach den Ausführungen der Landesregierung ist mittelfristig vorgesehen,
den Knotenpunkt im Zusammenhang mit dem Umund Ausbau einer der beiden Bundesstraßen verkehrsgerecht zu gestalten. In diesem Zusammenhang wurde betont, dass eine singuläre Betrachtung der Kreuzung nicht zielführend sei, da im gesamten Streckenabschnitt ein nicht zu ignorierendes Unfallgeschehen nachgewiesen worden sei.
Im Oktober 2018 wurde dem Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur ein Voruntersuchungsbericht mit mehreren Varianten für den Ausbau der Bundesstraße im genannten Streckenabschnitt vorgestellt und zur Prüfung übergeben, der auch Varianten zur Umgestaltung des Knotenpunktes enthält. Das BMVI hat der von der Landesregierung vorgeschlagenen Vorzugsvariante zugestimmt – nämlich der Erhöhung der Durchfahrtsstrecke nebst einem darunter liegenden Kreisel. Die mit dem Bund abgestimmte Variante kann nunmehr planerisch weiter bearbeitet und nach Schaffung des Baurechts durch ein Planfeststellungsverfahren entsprechend der haushalterischen Möglichkeiten umgesetzt werden. Da bis zur Umsetzung der Maßnahme sicherlich noch einige Zeit vergehen wird, hat das Ministerium für Inneres und Kommunales zwischenzeitlich die Installation von stationären Geschwindigkeitsmessanlagen im Bereich der Kreuzungsanlage eingeleitet.
Der Petitionsausschuss geht im Ergebnis der Petition davon aus, dass mit den genannten Maßnahmen eine Entschärfung der verkehrlichen Situation an der betreffenden Kreuzung ermöglicht werden kann.
Ein weiteres Anliegen, das den Petitionsausschuss im Übrigen auch schon im Jahre 2017 beschäftigt hatte, wurde von den Petenten 2018 nochmals im Rahmen einer öffentlichen Anhörung vorgetragen. Das Problem, mit dem die Petenten von den Behörden allein gelassen werden und für das sie erst im Petitionsausschuss Gehör gefunden haben, ist aber so unglaublich, dass es durchaus wert ist, nochmals hier in diesem Haus angesprochen zu werden:
Die Bewohner der Siedlung Schern, eines Ortsteils der Gemeinde Werther bei Nordhausen, hatten sich mit der Bitte um Hilfe an den Petitionsausschuss gewandt, weil das Wasser, das sie aus eigenen Brunnen beziehen, in hohem Maße nitratbelastet ist und als Trinkwasser nicht verwendet werden darf. Die Betroffenen beklagen, dass der zuständige Zweckverband, der Wasserverband Nordhausen, sich seiner Verantwortung entziehe und weder zu einem Anschluss der Siedlung an die zentrale Trinkwasserversorgung noch zu einer sonstigen sozial verträglichen Lösung des Problems bereit sei.
Auch nachdem das Gesundheitsamt festgestellt hatte, dass das Trinkwasser aus den Brunnen auf den Grundstücken der Siedlung hohe Nitratwerte aufweist und aufgrund der davon ausgehenden Gesundheitsgefahr nicht für die Zubereitung von Getränken und Speisen geeignet ist, ja nicht einmal das Duschen ohne gesundheitliches Risiko möglich ist, lehnt der Zweckverband einen Anschluss der Siedlung Schern an sein Trinkwassernetz ab, da dies wirtschaftlich nicht vertretbar sei.
Nachdem eine erste im Rahmen einer im Jahre 2017 erfolgten Ortsbesichtigung erfolgte Erörterung der Situation mit Vertretern der Landesregierung keine Anhaltspunkte für eine Lösung ergeben hat, hat der Petitionsausschuss mehrfach an die beteiligten Behörden appelliert, mit Nachdruck nach Möglichkeiten zu suchen, um sicherzustellen, dass die Haushalte des Ortsteils mit unbedenklichem Trinkwasser versorgt werden. Aus diesem Grunde hat der Ausschuss die Petenten sowie Vertreter der Landesregierung und der beteiligten Behörden im Anschluss an eine weitere Ortsbesichtigung im Rahmen einer auswärtigen öffentlichen Sitzung an einen Tisch gebeten, um endlich einen Ausweg aus der für die Petenten kaum noch erträglichen Situation zu finden.
Zunächst ist es mir wichtig, das offensichtliche Interesse der Landesregierung an einer Lösung für die betreffenden Anwohner zu betonen. Ich möchte daher an dieser Stelle ausdrücklich den Herren Staatssekretären Höhn, Dr. Sühl und Möller für ihre engagierte Teilnahme an der Gesprächsrunde danken.
Angesichts der Bemühungen der Landesregierung, der Mitglieder des Petitionsausschusses sowie der beteiligten Fachausschüsse war es sicherlich nicht vermessen, davon auszugehen, an diesem Tage möglicherweise akzeptable und sozial verträgliche Lösungsansätze für eine angemessene Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit Trinkwasser zu erarbeiten.
Ich muss aber offen gestehen: Was im Rahmen dieser Sitzung von der lokalen Behördenseite geäußert wurde, hätte ich vorher schlicht nicht für möglich gehalten.
Die Ausführungen des bedauerlicherweise nicht einmal durch seinen Vorsitzenden vertretenen Zweckverbandes beschränkten sich darauf, sich auf eine rein formale Position zurückzuziehen und mehrfach zu betonen, dass der Zweckverband rechtlich nicht verpflichtet sei, eine Versorgung der im Außenbereich wohnenden Mitbürgerinnen und
Mitbürger mit Trinkwasser zu gewährleisten. Man muss sich das vorstellen: 21. Jahrhundert in Thüringen und die öffentliche Hand sieht sich nicht in der Lage, oder die rechtliche Notwendigkeit, seinen Bürgern vernünftiges Trinkwasser zur Verfügung zu stellen.
Der Petitionsausschuss hat in der Sitzung allerdings deutlich gemacht, dass für ihn die Frage der rechtlichen Verpflichtung nur ein Aspekt der Betrachtung dieser Petition ist. Im vorliegenden Fall geht es vielmehr in erster Linie um die Gewährleistung der Daseinsvorsorge. Ob eine mögliche Klage der betroffenen Anwohner gegen den Zweckverband möglicherweise zum Scheitern verurteilt wäre, mag an dieser Stelle dahinstehen. Wir sind im Petitionsausschuss nicht auf eine rechtliche Prüfung von an uns herangetragenen Anliegen beschränkt. Das Petitionsrecht eröffnet außerhalb des förmlichen Rechtsschutzes einen thematisch unbegrenzten Zugang zu uns als Volksvertretung. Mit der Möglichkeit, Petitionen einzulegen, ist für die Bürgerinnen und Bürger der Weg eröffnet, ihre Probleme außerhalb förmlicher Rechtsmittel und gerichtlicher Verfahren prüfen zu lassen. Eben Artikel 14 unserer Verfassung eröffnet damit letztlich ein eigenständiges Verfahren, mit dem die Exekutivorgane gezwungen werden sollen, sich mit der Frage zu beschäftigen, ob und wie dem Anliegen eines Petenten Rechnung getragen werden kann.
Im vorliegenden Falle geht es meines Erachtens auch nicht um die Frage der Zweckmäßigkeit, sondern gerade auch um die Frage des Anstands.
So darf vorliegend nicht außer Acht gelassen werden, dass der Zweckverband nach Feststellungen des Petitionsausschusses Gewinne erwirtschaftet, was für sich genommen zwar noch nichts Unanständiges ist. Allerdings wurden diese Gewinne, die auf Gebühren der Bürgerinnen und Bürger beruhen, zum Teil an die Mitgliedsgemeinden ausgeschüttet. Allein zu diesem Umstand hätte man eine ganze Reihe von Fragen zu stellen. Ich will es hier nicht vertiefen.
Die Wassergebühr ist weder eine Steuer noch eine Abgabe, sondern eine Verbrauchsgebühr. Die Bürger zahlen anlassbezogen für eine in Anspruch genommene Leistung, was – letztlich auch gestützt auf Angaben auf im Internet veröffentlichte Angaben des Zweckverbandes – zumindest im Jahre 2017 nach Abzug sämtlicher Positiv- und Negativposten bei dem Zweckverband zur Erwirtschaftung
eines Gewinns in Höhe von 2,06 Millionen Euro geführt hat. Ein Betrag von circa 1,19 Millionen Euro ist dann anschließend an die Verbandsgemeinden ausgeschüttet worden.
Die Frage ist erlaubt, warum es sich der Zweckverband dann wirtschaftlich nicht leisten kann, für die Anwohner der Siedlung Schern vor Ort eine Trinkwasserversorgung, zumindest aber mit Blick auf die Erstellung einer möglichen Brunnenanlage eine Probebohrung zu veranlassen.
Der Zweckverband hielt gleichwohl an seiner Auffassung fest, dass ihm sowohl für einen Anschluss der Siedlung an das öffentliche Trinkwassernetz als auch für eine finanzielle Unterstützung der Einwohner bei einer dezentralen Lösung, das heißt der Suche nach einem geeigneten Brunnenstandort zur Versorgung der Haushalte durch ein zu errichtendes örtliches Leitungsnetz, die rechtliche Grundlage fehlen würde.
Erst nachdem seitens der Vertreter der Landesregierung und des Petitionsausschuss nachdrücklich die moralische und natürlich auch politische Dimension der Angelegenheit in Erinnerung gerufen wurde, sagte der Bürgermeister von Werther zu, sich einzusetzen, dass seine Gemeinde in der Verbandsversammlung des Zweckverbandes einen Antrag auf eine Trinkwasserversorgung für die Siedlung stellen werde, was zum Unverständnis der Anwesenden – man bedenke, dass das Problem bereits seit zwei Jahren behandelt wird – bis dahin weder geschehen noch auch nur in Erwägung gezogen worden war.
Im Weiteren wurde der Antrag der Gemeinde Werther in der Verbandsversammlung des Zweckverbandes allerdings mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ja.
Da somit in der Angelegenheit keine Fortschritte greifbar waren, hat der Ausschuss die Petition zwischenzeitlich der Landesregierung mit der Bitte überwiesen, den Fall unter Berücksichtigung der Auffassung des Ausschusses erneut zu prüfen.
Mit der Überweisung an die Landesregierung stellt das Petitionsgesetz dem Petitionsausschuss die Möglichkeit zur Verfügung, die Landesregierung dazu zu bewegen, sich nochmals intensiv mit der Angelegenheit zu befassen. Der Ausschuss bat die Landesregierung daher, unter Einbeziehung aller beteiligten Ressorts gegebenenfalls im Wege einer
Arbeitsgruppe nach Möglichkeiten für das Anliegen der Petenten zu suchen. Geprüft werden soll dabei auch die Möglichkeit der Bereitstellung von Fördermitteln unter Verweis auf die von Frau Ministerin Siegesmund vorgeschlagene finanzielle Unterstützung der sogenannten Brunnendörfer in Ostthüringen. Auch soll die Rechtsauffassung des Zweckverbandes nochmals einer Prüfung unterzogen werden. Außerdem wurde die Möglichkeit erörtert, die rechtlichen Grundlagen zu schaffen, um die Aufgabenträger der Trinkwasserversorgung zum Anschluss auch abgelegener, aber historisch gewachsener Siedlungsstrukturen zu verpflichten.
Nach Mitteilung der Landesregierung haben daraufhin bereits Gespräche der beteiligten Ressorts stattgefunden. Das Umweltministerium prüft danach derzeit die Möglichkeiten einer finanziellen Unterstützung für eine dezentrale Brunnenlösung. Die Landesregierung wird dem Ausschuss in einem abschließenden Bericht über das Ergebnis der Gespräche berichten. Der Ausschuss hofft, dass das Petitionsverfahren, das jetzt in sein drittes Jahr gegangen ist, doch noch mit einer für die Anwohner der Siedlung Schern zufriedenstellenden und akzeptablen Lösung abgeschlossen werden kann.
Aber, wie gesagt, verbunden mit dem Dank für die Aktivitäten der Landesregierung ist wirklich auch die Annahme, dass der Zweckverband dort dazu bewegt wird, dass er dort nicht aus seinen Pflichten entlassen wird, nicht dass am Ende mit Landesgeldern diese Infrastruktur hergestellt wird und der Zweckverband nach wie vor meint, für die Dinge lokal nicht zuständig zu sein.
Gerade der vorstehend geschilderte Fall zeigt eindringlich, wie wichtig es ist, dass den Menschen mit dem Petitionsausschuss eine unabhängige Stelle zur Verfügung steht, an die sie sich mit ihrem täglichen Kampf im Behördendschungel wenden können.
Ich bin fest davon überzeugt, dass das Hilfeersuchen der Petenten aus Schern letztlich zu einer akzeptablen Lösung führen wird, die ohne Vermittlung des Petitionsausschusses schon im Ansehen der offenbarten Gleichgültigkeit der beteiligten regionalen Behörden nicht möglich gewesen wäre.
Ein weiteres Beispiel für die positive Wirkung einer öffentlichen Anhörung, aber auch für die gute und zielgerichtete Zusammenarbeit mit den Fachausschüssen, war im Berichtszeitraum sicherlich die
Anhörung zur Waldbewirtschaftung auf dem Ettersberg bei Weimar. Die lokal aktive Bürgerinitiative hat sich im Rahmen der Anhörung als fachkundiger und sachlicher Ansprechpartner präsentiert und ein nachvollziehbares Bild von der angestrebten nachhaltigen Waldbewirtschaftung auf dem Ettersberg gezeichnet.
Nach der Anhörung wurde die Thematik auf Ersuchen des Ausschusses zunächst im zuständigen Fachausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten mitberaten. Dort ist es den Kolleginnen und Kollegen in der Diskussion mit der Landesregierung gelungen, einen Sieben-Punkte-Plan zu entwickeln, um ThüringenForst konkrete Leitlinien für eine schonende Waldbewirtschaftung auf dem Ettersberg an die Hand zu geben. Insbesondere sollen fortan verstärkt Pferde statt Schwertechnik bei der Rückung des Holzes zum Einsatz kommen. Auf dieser Grundlage konnte der Petitionsausschuss die Petition der Bürgerinitiative letztendlich erfolgreich abschließen. Dabei darf jedoch nicht verschwiegen werden, dass die Umsetzung des Sieben-Punkte-Plans aufseiten der BI noch einmal Fragen aufgeworfen hat, die gegenwärtig vom Petitionsausschuss in einem weiteren Verfahren aufgearbeitet werden; an der Thematik bleiben wir also dran.
Wie ich bereits angesprochen habe, erreichten den Petitionsausschuss 831 neue Petitionen. Mit 169 Petitionen kamen die meisten Eingaben erneut aus dem Bereich Straf- und Maßregelvollzug. Darüber hinaus waren der Bereich Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie mit 148 Petitionen, der Bereich Wissenschaft, Bildung und Kultur mit 100 Petitionen sowie der Bereich Wirtschaft, Infrastruktur und Verkehr mit 88 Petitionen bei den Neueingängen am häufigsten vertreten. In 19 Sitzungen, davon sieben öffentlichen Anhörungen, hat der Petitionsausschuss mit noch aus dem Vorjahr stammenden Petitionen insgesamt 949 Eingaben behandelt, 408 davon abschließend. Bei 10 Prozent der abgeschlossenen Petitionen konnte der Petitionsausschuss erfreulicherweise feststellen, dass dem Anliegen der Petenten ganz oder teilweise abgeholfen wurde. In nur etwa 7 Prozent der abschließenden Entscheidungen musste der Petitionsausschuss feststellen, dass dem betroffenen Anliegen nicht abgeholfen werden konnte.
Gegenüber 314 Petitionen aus dem Strafvollzug im vergangenen Jahr sind die betreffenden Neueingaben im Berichtszeitraum mit 169 Petitionen deutlich zurückgegangen. Dies dürfte in erster Linie daran liegen, dass sich im Jahr zuvor eine große Zahl von Gefangenen aus der JVA Tonna über Personalmangel und damit einhergehend erhebliche Einschrän
kungen des Freizeitangebots gegenüber dem Petitionsausschuss beklagt hatte. Ursächlich war dies auf Umbaumaßnahmen in der JVA Tonna zurückzuführen. Die Umbaumaßnahmen sind zwar noch nicht abgeschlossen, während der Schließung des jeweiligen durch die Umbaumaßnahmen betroffenen Hafthauses wird das Personal der übrigen Hafthäuser durch die jeweiligen Vollzugsmitarbeiter allerdings aufgestockt, sodass in der Folge der Ausfall von Arbeits- und Freizeitmaßnahmen eingedämmt werden konnte und kann.
Auch wenn die Zahl der Petitionen aus dem Strafvollzug zurückgegangen ist, bedeutet dies nicht, dass seitens des Petitionsausschusses und der Strafvollzugskommission in diesem Bereich keine gravierenden Mängel mehr festzustellen gewesen wären. Besonders irritiert hat die Mitglieder des Ausschusses ein Fall, in dem ein Gefangener gegenüber dem Petitionsausschuss beklagt hat, dass er trotz einer entsprechenden einstweiligen Verfügung des Landgerichts keine Ausführung zur Jugendweihe seines Patenkindes erhalten habe. Vielmehr sei ihm gegenüber seitens der JVA zu erkennen gegeben worden, dass die von dem Gericht offensichtlich angenommenen Voraussetzungen für die Durchführung der Ausführung nach deren Auffassung nicht vorlägen. Wie der Petitionsausschuss feststellte, hatte die zuständige Strafvollstreckungskammer zunächst festgestellt, dass der Petent zu der genannten Familienfeier auszuführen sei, nachdem ein entsprechender Antrag des Petenten seitens der JVA mehrfach abgelehnt worden war. Gleichwohl wurde der Petent in der Folge nicht zu der Jugendweihe seines Patenkindes ausgeführt.
Die JVA, die zuvor im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens die Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu dem Antrag nicht genutzt hatte, war nunmehr vielmehr der Auffassung, dass der Petent nicht glaubhaft habe vortragen können, dass es sich um sein wirkliches Patenkind handele. Dem Petenten sei es nicht um die Teilnahme an der offiziellen Feier gegangen, sondern er habe lediglich eine private Familienfeier besuchen wollen. Die Aufrechterhaltung solcher sozialer Kontakte sei zwar wichtig, dies könne allerdings auch durch den Empfang von Besuchen oder das Führen von Telefonaten geschehen.
Das ist nun schon eine äußerst eigenwillige Auffassung von Recht und Gesetz, die die JVA in dem geschilderten Fall offenbart hat. Der Petitionsausschuss hat das Vorgehen der JVA daher auch ausdrücklich missbilligt. Seitens des Ministeriums wurde zwar betont, die JVA nachdrücklich darauf hinweisen zu wollen, dass Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer zu beachten seien. Für den Pe
titionsausschuss allerdings war es in keiner Weise nachvollziehbar, dass es insoweit überhaupt eines Hinweises bedarf: Wie will eine JVA ihrem Auftrag nachkommen, Strafgefangene zu resozialisieren und auf ein künftiges straffreies Leben in Freiheit vorzubereiten, wenn in der JVA selbst elementar rechtliche Grundsätze nicht eingehalten werden? Hier gilt es nach Auffassung des Ausschusses, rechtsstaatliche Defizite gründlich aufzuarbeiten.
Gleiches gilt in einem weiteren Fall, in dem in einer JVA die Auffassung vertreten wurde, dass eine verdeckte Kameraüberwachung zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt erforderlich sei. Ein Gefangener hatte gegenüber dem Petitionsausschuss beklagt, dass im Besucherraum der JVA eine weitere Überwachungskamera angebracht worden sei, ohne dass auf die bisherige Praxis der Videoüberwachung oder auf die nunmehr noch intensivierte Videoüberwachung hingewiesen worden sei. Der Petent hielt diese verdeckte Überwachung für unzulässig. Darüber hinaus befürchtete er, dass mit der Installation einer weiteren Kamera auch eine akustische Überwachung von Besuchen ermöglicht werde.
Das insoweit um Stellungnahme gebetene Justizministerium versicherte zunächst, dass eine akustische Überwachung von Besuchen nicht möglich sei. Zur Überraschung des Petitionsausschusses vertrat das Ministerium allerdings die Auffassung, dass ein Hinweis auf die Videoüberwachung in dem Besucherraum der Anstalt nicht erforderlich sei. Die Kameras seien aus Sicherheitsgründen angebracht worden, sodass ein Hinweis auf die Videoüberwachung den Zweck dieser Maßnahme unterlaufen würde. Die Betroffenen, wozu ausdrücklich auch die Besucher der Gefangenen zu zählen seien, sollten über eine ohne ihre Kenntnis vorgenommene Erhebung ihrer Daten allerdings nur unterrichtet werden, soweit vollzugliche Zwecke dadurch nicht gefährdet würden. Dies sei bei einem Hinweis auf die Praxis der Videoüberwachung vorliegend nicht der Fall. Vielmehr sei bei einem Hinweis auf die Videoüberwachung von einer entsprechenden Gefährdung vollzuglicher Zwecke auszugehen.
Der Petitionsausschuss hielt den fehlenden Hinweis auf die Videoüberwachung aus datenschutzrechtlichen Gründen für bedenklich und wies darauf hin, dass eine aus Gründen der Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt erfolgende Beobachtung einzelner Bereiche des Anstaltsgebäudes mit optisch elektronischen Einrichtungen zwar zulässig sei, eine solche Videoüberwachung allerdings durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen sei.
Der um eine weitere Stellungnahme gebetene Thüringer Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit bestätigte die Auffassung des Petitionsausschusses. Der Beauftragte widersprach ausdrücklich der Meinung des Ministeriums, dass im Fall eines Hinweises auf die Videoüberwachung deren Zweck vereitelt würde. Im Gegenteil reicht in dem Fall der Anbringung eines Hinweises allein der Umstand der Kenntnis der Überwachung möglicherweise aus, um mögliche Straftaten wie etwa die Einbringung verbotener Gegenstände in die Anstalt zu verhindern.
Der Petitionsausschuss bat das Ministerium daher, einen entsprechenden Hinweis auf die Videoüberwachung im Besucherraum der betreffenden JVA anzubringen, was das Ministerium zusagte, sodass der Petition letztendlich in vollem Umfang abgeholfen werden konnte.
Lassen Sie mich nun den Blick auf die Arbeit der Strafvollzugskommission richten. Die Kommission hat sich im Berichtszeitraum mit einer Reihe aktueller Probleme aus dem Bereich Strafvollzug befasst. Die Strafvollzugskommission ist nicht darauf beschränkt, Vollzugsanstalten zu besuchen und in Gesprächen mit Gefangenen oder Vollzugsbediensteten Petitionen aufzunehmen, die dann zur weiteren Bearbeitung an den Petitionsausschuss weitergeleitet werden. So haben sich die Mitglieder der Kommission unter anderem mit der Situation älterer Menschen im Strafvollzug befasst. Ein weiterer Schwerpunkt war – gerade in Ansehung des immer wieder von Petenten angesprochenen Personalmangels – die Personalentwicklung und Nachwuchskräftegewinnung im Thüringer Justizvollzug.
Intensiv hat sich die Strafvollzugskommission auch mit der bereits im Oktober 2017 erfolgten Flucht eines Strafgefangenen aus der JVA Suhl-Goldlauter und der Entweichung dreier jugendlicher Gefangener aus der Jugendstrafanstalt Arnstadt im Januar 2018 auseinandergesetzt. Dies ist ein Teil der besonderen Vorkommnisse, über die sich die Mitglieder der Kommission seitens der Landesregierung regelmäßig berichten lassen. Dazu gehören neben der bereits angesprochenen Flucht von Gefangenen aus zwei Justizvollzugsanstalten auch Suizide, Hungerstreiks oder gewaltsame Auseinandersetzungen unter Strafgefangenen bzw. gegenüber Vollzugsbeamten.
Üblicherweise unterrichtet das zuständige Ministerium zunächst die Vorsitzende der Strafvollzugskommission, die den Sachverhalt dann in einer ihrer nächsten Sitzungen behandelt. Da die Vertreter der Landesregierung in der Vergangenheit dazu geneigt haben, Informationen über aktuelle, den Strafvollzug betreffende, besondere Vorkommnisse
nach Möglichkeit erst dem zuständigen Fachausschuss zur Verfügung zu stellen, bevor die Mitglieder der Strafvollzugskommission unterrichtet wurden, hat die Strafvollzugskommission 2018 ein Gutachten in Auftrag gegeben, um die strittige verfassungsrechtliche Frage der Information durch die Landesregierung einer Klärung zuzuführen. Das Ergebnis dieses Gutachtens möchte ich in aller Kürze zusammenfassen:
Die Strafvollzugskommission nimmt – letztlich auch im Wege der Selbstbefassung – eine wichtige parlamentarische Kontrollfunktion im Bereich des Thüringer Justizvollzugs wahr. Durch das weitgehende Selbstbefassungsrecht sind die Befugnisse der Strafvollzugskommission deutlich denen eines Ausschusses angenähert. Einer der wesentlichen Ansprüche auf Auskunftserteilung gegenüber der Landesregierung ergibt sich aus Artikel 67 Abs. 2 Thüringer Verfassung. Danach kann jedes Ausschussmitglied verlangen, dass die Landesregierung dem Ausschuss zum Gegenstand seiner Beratungen Auskünfte erteilt. Im Rahmen der Bereitstellung entsprechender Informationen ist es nicht möglich, Prioritäten hinsichtlich der zeitlichen Abfolge einzelner Unterrichtungen zu setzen und etwa Informationen bis zur erfolgten Unterrichtung eines anderen Ausschusses zurückzuhalten. In Ansehung des gesetzlich eingeräumten weiten Kompetenzrahmens kann folglich auch nicht von einem Rangverhältnis ausgegangen werden, welches seine Grundlage in der Stellung der Strafvollzugskommission als Unterausschuss findet.
An dieser Stelle möchte ich meinen Bericht beenden, dies aber nicht, ohne wie auch in den vergangenen Jahren nachdrücklich zu betonen, dass wir das Bewusstsein der Menschen stärken müssen, dass sie den Verwaltungsbehörden nicht hilflos ausgeliefert sind, sondern mit dem Petitionsausschuss ein Gremium haben, das ihnen bei ihren Fragen und Schwierigkeiten zur Seite steht. Dieser verantwortungsvollen Aufgabe werden sich die Mitglieder des Petitionsausschusses auch künftig mit großem Engagement stellen.
Mein Dank gilt nunmehr den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Petitionsreferats der Landtagsverwaltung, die mit sorgfältigen Recherchen die große Zahl von Anliegen, die an den Ausschuss herangetragen wurden, für die Sitzungen aufbereitet haben, für ihre kompetente und engagierte Arbeit.
Darüber hinaus möchte ich mich ausdrücklich auch bei dem Thüringer Bürgerbeauftragten Dr. Herzberg und den Mitarbeitern der Staatskanzlei – in der Regel Herr Hasenbeck – sowie den Ministerien für die in aller Regel gute Zusammenarbeit bedanken.
Abschließend bedanke ich mich bei Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, namens meiner Fraktion beantrage ich namentliche Abstimmung.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen und liebe Gäste auf der Tribüne – das ist auch noch überschaubar –, aber auch liebe Zuschauer an den Bildschirmen!
Bericht des Petitionsausschusses
Gestern hat ein Kollege, den ich im Übrigen hier heute Morgen auch noch nicht sehe, darum gebeten, er möge von lustigen Petitionen berichtet bekommen. Da ist mir eingefallen – die ist zwar schon etwas älter –, es hat mal jemand geschrieben, wir mögen uns darum kümmern, dass Weihnachten abgeschafft wird, weil ja eh nur gekauft wird und weil es den Weihnachtsmann nicht gäbe. Ich habe die deshalb so lustig gefunden, weil man ja damit feststellt, dass es tatsächlich noch welche gibt in diesem Land, die nicht an den Weihnachtsmann glauben.
Ich denke mal, der größte Teil hier im Haus weiß, dass das anders ist.
Aber ich möchte einsteigen in den Bericht und ich freue mich, Ihnen heute gemäß § 103 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags über die Arbeit des Petitionsausschusses aus dem Jahr 2017 zu berichten.
Der Bericht dokumentiert einmal mehr die umfangreiche Arbeit dieses Ausschusses. Mit der heutigen Berichterstattung möchte ich beispielhaft einige ausgewählte Aspekte der Ausschussarbeit vorstellen. Ich werde versuchen, mich kurzzufassen, obwohl es natürlich genügend Problempunkte gibt, die es verdient hätten, näher dargestellt zu werden.
Artikel 14 der Thüringer Verfassung ermöglicht jedermann, sich mit Bitten oder Beschwerden an die Volksvertretung zu wenden. Die an den Ausschuss gerichteten Eingaben kann man als „das Spiegelbild der Sorgen und Nöte der Menschen im Freistaat“ bezeichnen.
Wenn auch der Petitionsausschuss nicht allen an ihn herangetragenen Anliegen abhelfen kann, so versuchen die Mitglieder des Ausschusses doch stets, sachgerechte Lösungen im Interesse der Petenten zu entwickeln. Der Petitionsausschuss bietet den Petenten damit eine Plattform zum Austausch von Informationen und Argumenten mit der Verwaltung. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass der Ausschuss bei der Bearbeitung der an ihn herangetragenen Anliegen nicht nur auf eine rechtliche Prüfung beschränkt ist, sondern die Zweckmäßigkeit einer Maßnahme auch dann noch prüfen kann, wenn vielleicht sogar schon ein rechtskräftiges Urteil in einer Angelegenheit vorliegt.
Die Mitglieder des Ausschusses erhalten mit der Petition oft auch wertvolle Anregungen für ihre parlamentarische Arbeit. Treten beispielsweise im Rahmen der Bearbeitung einer Petition mögliche Mängel einer gesetzlichen Regelung oder Gesetzeslücken zutage, so können durch die Einbeziehung der zuständigen Fachausschüsse über den jeweiligen Einzelfall hinaus mögliche grundsätzliche Verbesserungen erreicht werden.
Die Menschen setzen großes Vertrauen in den Petitionsausschuss. Auch im Berichtszeitraum haben den Petitionsausschuss wieder mehr als 1.100 Petitionen erreicht. Insgesamt 1.125 neue Eingaben wurden an den Ausschuss herangetragen. Nach dem Jahr 2015 mit 1.130 neuen Petitionen war dies die höchste Zahl in den vergangenen fünf Jahren. Seit 2013 lag die Zahl der Neueingaben dabei kontinuierlich über 1.000 Petitionen.
Zwar gibt es Petenten, die sich gleich mit mehreren Anliegen an den Petitionsausschuss wenden, andererseits gibt es auch immer wieder sogenannte Sammelpetitionen, die von einer größeren Zahl von Bürgerinnen und Bürgern mitgezeichnet werden, sodass die tatsächliche Zahl der Menschen, die sich Hilfe von dem Ausschuss erhoffen, deutlich höher liegen dürfte, als die 1.125 Neueingaben ausweisen.
Natürlich sagen die Zahlen letztlich wenig über die Zufriedenheit oder Unzufriedenheit der Menschen mit ihrer Landesregierung aus. Ebenso wenig wie man aus der vorgenannten großen Zahl von Petitionen eine grundsätzliche Unzufriedenheit der Bürger erkennen kann, wäre es zulässig, aus rückläufigen Zahlen zu schließen, dass die Bürgerinnen und Bürger mit der gesamten Arbeit der Landesregierung und unseren Behörden zufrieden wären und keinerlei Anlass für Kritik sähen.
Wie bei einem Seismografen, der aufzeigt, wie Gesetze funktionieren und wie diese von der Verwaltung umgesetzt werden, zeigt sich vielmehr, wie die Bürgerinnen und Bürger im Einzelfall mit der Verwaltung zurechtkommen.
Oftmals fehlt es den Behörden insoweit leider einfach an der Bereitschaft, mit den Bürgerinnen und Bürgern zu kommunizieren. Anstatt zunächst nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen, wird der Bürger nicht selten auf den Rechtsweg verwiesen, was oft sehr teuer ist und im Instanzenzug darüber hinaus Jahre in Anspruch nehmen kann und nebenbei – wie gesagt – auch oft viel Geld kosten kann.
Lassen Sie mich an dieser Stelle beispielhaft einen aktuellen Fall schildern, in dem sich der Petitionsausschuss den Interessen der Bürger angenommen hat, die sich von den zuständigen öffentlichen Stellen zu Recht mit ihren Sorgen alleingelassen fühlen: Die Bewohner der Siedlung Schern, eines Ortsteils der Gemeinde Werther bei Nordhausen, hatten sich mit der Bitte um Hilfe an den Petitionsausschuss gewandt, weil das Wasser, das sie aus eigenen Brunnen beziehen, in hohem Maße nitratbelastet ist und als Trinkwasser nicht verwendet werden darf. Die Betroffenen beklagen, dass der zuständige Zweckverband „Wasserverband Nordhausen“ sich seiner Verantwortung entziehe und weder zu einem Anschluss der Siedlung an die zentrale Trinkwasserversorgung noch zu einer sonstigen akzeptablen Lösung des Problems bereit sei. Der Fall ist gestern bei der Debatte um die Novellierung des Wassergesetzes auch schon angesprochen worden. Der Petitionsausschuss unterstützt das Anliegen der Anwohner und sieht den Zweckverband in der Pflicht, im Rahmen der Daseinsvorsorge sicherzustellen, dass die Haushalte des Ortsteils mit gesundheitlich unbedenklichem Trinkwasser versorgt werden. Vor etwa zwei Jahren hat das Gesundheitsamt festgestellt, dass das Trinkwasser aus den Brunnen auf den Grundstücken der Siedlung extrem hohe Nitratwerte aufweist und aufgrund der davon ausgehenden Gesundheitsgefahr nicht für die Zubereitung von Speisen und Getränken geeignet ist. Seitdem sind die Anwohner gezwungen, ihren Trinkwasserbedarf mit Flaschenwasser aus dem Handel zu decken. Ursache für die hohen Nitratwerte ist wahrscheinlich der ehemalige intensive Einsatz von Düngemitteln in der Landwirtschaft. Gleichwohl lehnt der Zweckverband einen Anschluss der Siedlung Schern an sein Trinkwassernetz unter Hinweis darauf ab, dass dies aufgrund der geringen Anzahl der Haushalte und der Länge der erforderlichen Versorgungsleitung wirtschaftlich nicht mehr vertretbar sei. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Ein Zweckverband hält es für unwirtschaftlich, Anstrengungen zu unternehmen, um Menschen mit sauberem Trinkwasser zu versorgen, und das in Deutschland, in diesem modernen, reichen Land. Der Petitionsausschuss hat den Zweckverband daher aufgefordert, den Bewohnern eine annehmbare Alternativlösung anzubieten. In diesem Zusammenhang hat er auch einen ersten Ortstermin durchgeführt, um sich über die Situation zu informieren und mit den Bewohnern und Vertretern des Zweckver
bands das Petitionsanliegen zu erörtern. Im weiteren Verlauf zeichnete sich die Möglichkeit ab, die Siedlung über einen an geeigneter Stelle anzulegenden zentralen Brunnen zu versorgen, sofern hierfür ein Standort mit möglichst wenig belastetem Grundwasser gefunden werden kann. Der Zweckverband geht aber nach wie vor davon aus, sich an den dafür erforderlichen Investitionen und auch an den Kosten einer zunächst benötigten Probebohrung nicht beteiligen zu müssen, da die Finanzierung Sache der Anwohner sei. Für den Petitionsausschuss ist die Haltung des Zweckverbands weder nachvollziehbar noch akzeptabel. Der Ausschuss ist fraktionsübergreifend der Auffassung, dass die Abgeordneten die Einwohner der Siedlung mit ihren Problemen nicht im Stich lassen dürfen und dass alle Haushalte im Verbandsgebiet in die Lage versetzt werden müssen, zu vertretbaren Bedingungen sauberes Trinkwasser zu beziehen. In diesem Zusammenhang hat der Ausschuss auch auf die jährlich seitens des Zweckverbands erwirtschafteten Gewinne hingewiesen. Man muss sich das vorstellen: Auf der einen Seite wird gesagt, die Investition ist nicht wirtschaftlich, auf der anderen Seite erwirtschaftet der Zweckverband Gewinne und schüttet die an seine Mitgliedsgemeinden aus. Die geschilderte Petition ist noch nicht abgeschlossen. Der Ausschuss wird vielmehr am 29. Juni dieses Jahres ein weiteres Gespräch mit allen Beteiligten führen. Die Mitglieder des Ausschusses hoffen, dass auch die zuständigen Minister an dem Gespräch teilnehmen werden und dass der Zweckverband letztlich dazu bewegt werden kann, seine starre Haltung aufzugeben und die Bewohner der Siedlung bei der Suche nach einer Lösung für sauberes Trinkwasser zu unterstützen.
Denn an der Stelle muss kommunale Selbstverwaltung anders interpretiert werden.
Der Petitionsausschuss hätte sich hier ein bürgerfreundlicheres Verhalten der beteiligten Behörden gewünscht. Dies umso mehr, als diese Petition den Ausschuss bereits seit zwei Jahren beschäftigt. Glücklicherweise haben die Menschen ihre Hoffnung auf eine Lösung noch nicht aufgegeben. Gerade dieser Fall beweist, wie wichtig es ist, dass es mit dem Petitionsausschuss eine unabhängige Stelle gibt, die die Betroffenen mit ihren Sorgen und Nöten im Umgang mit den Behörden unterstützt. Leider fehlt es den Behörden oftmals an Mut, eine eigene Entscheidung einmal zu überdenken und auch das eigene Handeln infrage zu stellen. Bei den Behörden das Bewusstsein zu entwickeln, Menschen ernst zu nehmen und auch Bürgernähe zu vermitteln, wo Problemlösungen scheinbar an den Hürden der Bürokratie scheitern, sieht der Petitionsausschuss als eine seiner wesentlichen Aufgaben an.
Nicht selten handelt es sich bei den Anliegen, die an den Ausschuss herangetragen werden, um existenzielle Probleme. Deren Lösung ist oftmals wenig öffentlichkeitswirksam, nicht selten aber zeitaufwendig. Wichtig ist es dennoch stets, dass die Menschen das Gefühl haben, mit ihren Fragen ernst genommen zu werden.
Das gilt nicht zuletzt auch für Petitionen von Strafund Untersuchungsgefangenen oder Patienten aus dem Maßregelvollzug. Das Thüringer Petitionsgesetz sieht vor, dass sich diese Menschen ohne Kontrolle durch die Anstalt oder die verwahrende Einrichtung direkt an den Petitionsausschuss wenden können. Gerade hier zeigt sich, wie Anliegen oder Befindlichkeiten, die von Menschen in Freiheit eher als Bagatellen angesehen werden, eine ganz besondere Bedeutung haben können. Denken wir dabei an den Strafgefangenen, der in seinem Haftraum einen Vogel halten möchte, was ihm seitens der Justizvollzugsanstalt verwehrt wird. Hier sind besonderes Einfühlungsvermögen und hohe Sensibilität der Mitglieder des Petitionsausschusses gefordert.
Mit 340 Petitionen kamen im Übrigen auch die meisten Eingaben im Berichtszeitraum aus dem Bereich Straf- und Maßregelvollzug. Alles in allem waren dies für den Bereich des Straf- und Maßregelvollzugs noch einmal knapp 30 Prozent mehr Anliegen als im Jahr 2016.
Die Mitglieder des Petitionsausschusses sowie der Strafvollzugskommission werden nicht müde, immer wieder die schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe der im Strafvollzug tätigen Bediensteten zu betonen. Natürlich auch für sie haben die Abgeordneten bei ihren Besuchen in den Vollzugsanstalten stets ein offenes Ohr. So hatten einige Bedienstete der zum Jahresende 2017 geschlossenen JVA Gera gegenüber den Mitgliedern der Strafvollzugskommission beklagt, erst wenige Tage vor dem Besuch der Kommission darüber in Kenntnis gesetzt worden zu sein, dass noch im laufenden Jahr mit der Schließung der Anstalt gerechnet werden müsse. Manche Bedienstete äußerten ihr Unverständnis hinsichtlich der Entscheidung, die JVA Gera aufzugeben, wobei die Höhe der von dem Ministerium angeführten erforderlichen Investitionskosten ebenso bezweifelt wurde wie die von dem Ministerium genannte Zahl der noch in der JVA Gera untergebrachten Gefangenen. Beklagt wurden überdies die mit der Renovierung zumindest eines Hafthauses in der JVA Hohenleuben verbundenen Kosten, die infolge einer Überführung einer größeren Zahl von Gefangenen aus der JVA Gera in die JVA Hohenleuben befürchtet wurde. Viele Bedienstete befürchteten darüber hinaus nicht zuletzt private Nachteile aufgrund eines absehbaren erforderlichen Wechsels ihres Arbeitsplatzes bzw. ihres Dienstortes.
Ich will mich insoweit kurzfassen, da ich schon im vergangenen Jahr über die mit der seinerzeit noch beabsichtigten Schließung der JVA Gera verbundenen Schwierigkeiten berichtet habe. Letztendlich muss wohl konstatiert werden, dass sich der Betrieb der JVA Gera schon aufgrund ihrer innerstädtischen Lage bereits seit Jahren schwierig gestaltete und auch immer wieder zu Petitionen von Strafgefangenen geführt hat. Die Zukunft wird zeigen, wie es in der JVA Hohenleuben gelingt, die dorthin gewechselten Bediensteten zu integrieren und die aus der JVA Gera übernommenen Gefangenen zu betreuen.
Die bis zu ihrer Schließung von der JVA Gera wahrgenommene Funktion als umlaufleitende Transportbehörde für Gefangenensammeltransporte des Freistaats wird im Übrigen bereits seit dem 23. Oktober 2017 von der JVA Goldlauter wahrgenommen. Wie sich im Ergebnis der Prüfung der Petitionen zeigte, hat die Landesregierung insoweit allerdings durchaus große Anstrengungen unternommen, um die Auswirkungen für die betroffenen Bediensteten der JVA Gera, die an einen neuen Arbeitsplatz wechseln mussten, in einem vertretbaren Rahmen zu halten. So wurde nicht zuletzt versucht, erforderliche Versetzungen in die JVA Hohenleuben oder die JVA Suhl-Goldlauter zunächst auf freiwilliger Basis zu vollziehen. Auch Einsatzmöglichkeiten im allgemeinen Justizdienst wurden insoweit in Betracht gezogen.
Bei allem Verständnis für die wirklich nicht einfache Arbeit im Strafvollzug dürfen wir aber nicht die Verantwortung für die Resozialisierung straffällig gewordener Menschen außer Acht lassen. Nicht zuletzt von der Qualität der dabei geleisteten Arbeit hängt es ab, ob und inwieweit Strafgefangene nach ihrer Haftentlassung in alte kriminelle Verhaltensweisen zurückfallen und erneut straffällig werden.
Gestatten Sie mir, an dieser Stelle zwei Fälle anzuführen, die nicht nur zu deutlicher Kritik an der Arbeit der betreffenden Justizvollzugsanstalten, sondern auch an der Arbeit der Aufsichtsbehörde, also des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, Veranlassung geben.
In einem Falle beklagte ein noch jugendlicher Gefangener gegenüber dem Petitionsausschuss, dass ihm trotz einer entsprechenden mündlichen Zusage die Aufnahme einer externen beruflichen Ausbildung unter Gewährung entsprechender Vollzugslockerungen verwehrt worden sei. Die JVA beabsichtige vielmehr, ihn in eine andere Einrichtung zu verlegen, wo die Möglichkeiten für die Aufnahme einer Ausbildung deutlich schwieriger seien. Im Laufe der Prüfung des Anliegens stellte der Ausschuss fest, dass die Verlegung des Petenten aus Sicherheitsgründen erfolgen sollte, da er über ein halbes Jahr zuvor Opfer eines gewaltsamen Übergriffs von Mitgefangenen geworden war. Der Petent hatte zu
nächst selbst aus Sicherheitsgründen seine Zustimmung und sein Interesse an einer Verlegung in eine andere JVA bekundet. In der Folge ist es jedoch nicht zu einer Verlegung gekommen. Vielmehr wurden mehrere Anträge des Gefangenen mit dem Ziel der Durchführung seiner Straftataufarbeitung unter Hinweis auf die immer noch mögliche Verlegung in eine andere JVA zurückgestellt.
In der Folge dann wurden dem Petenten die für die Aufnahme einer beruflichen Ausbildung erforderlichen Lockerungsmaßnahmen seitens der JVA nicht gewährt, weil er aufgrund der noch fehlenden Straftataufarbeitung als nicht lockerungsgeeignet angesehen wurde. Nach Auffassung des Ausschusses war es absolut unangemessen, dem Petenten die nicht erfolgte Straftataufarbeitung, die er mehrmals beantragt hatte, im Hinblick auf seinen Lockerungsantrag vorzuhalten und entsprechende Lockerungsmaßnahmen abzulehnen. Dass der Petent noch keine Straftataufarbeitung durchführen konnte, war nicht von ihm, sondern einzig und allein von der Anstaltsleitung zu verantworten.
Ein weiteres Kuriosum war, dass dem Petenten die Teilnahme an einem Vorstellungsgespräch hinsichtlich seiner beabsichtigten Berufsausbildung im Wege eines unbegleiteten Ausgangs ermöglicht wurde. Gleichwohl wurden, nachdem der Petent die Aufnahmeprüfung bestanden hatte und einen Ausbildungsvertrag unterzeichnet hatte, weitere Lockerungsmaßnahmen mit dem Hinweis auf eine mögliche Missbrauchsgefahr verwehrt. Vielmehr wurde dem Petenten, nachdem er sich zwischenzeitlich an den Ausschuss gewandt hatte, eröffnet, dass er nunmehr aus Sicherheitsgründen kurzfristig in eine andere JVA verlegt werden müsse. Nachdem die Verlegung zuvor über ein halbes Jahr nicht realisiert wurde, im Übrigen während dieses Zeitraums auch keine weiteren Übergriffe auf den Petenten erfolgten, war es für den Petitionsausschuss nicht nachvollziehbar, dass nunmehr kurzfristig eine mit entsprechenden Sicherheitsgründen begründete Verlegung vorgenommen werden sollte. Trotz der Bitte des Petitionsausschusses, die Verlegungsmaßnahme bis zu einer endgültigen Prüfung des Ausschusses zurückzustellen, wurde der Petent umgehend verlegt, nachdem ein Mitglied des Petitionsausschusses vor Ort Gespräche mit der Anstaltsleiterin und dem Petenten geführt hatte. Erst nachdem sich der Petitionsausschuss in mehreren Sitzungen mit dieser Angelegenheit befasst und gegenüber dem zuständigen Ministerium mehrfach seine Verwunderung über das Vorgehen in dieser Angelegenheit zum Ausdruck gebracht hatte, wurde schließlich seitens des Ministeriums mitgeteilt, dass dem Petenten auch in der JVA Hohenleuben die Aufnahme einer Berufsausbildung ermöglicht worden sei und er die insoweit erforderlichen Lockerungsmaßnahmen erhalten werde. Zwar konnte die Petition letztendlich erfolgreich im Sinne des Pe
tenten abgeschlossen werden, gleichwohl bleibt festzuhalten, dass dem Petenten offensichtlich auch bereits in der Jugendstrafanstalt in Arnstadt die entsprechende Möglichkeit hätte eingeräumt werden können. Seitens des Petitionsausschusses wurde die starre Haltung der Anstaltsleitung und die geringe Bereitschaft des Ministeriums als Aufsichtsbehörde, sich überhaupt mit den Interessen des Petenten auseinanderzusetzen, sehr bedauert.
Immer wieder gibt es auch Fälle, in denen sich Strafgefangene darüber beklagen, bei Ausführungen außerhalb der JVA sowohl an Händen und Füßen gefesselt zu werden. In diesem Zusammenhang hat der Petitionsausschuss regelmäßig gegenüber dem Justizministerium betont, dass eine solche Doppelfesselung nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig ist. Gleichwohl wurden Fesselungen an Händen und Füßen nach wie vor mit dem einfachen Hinweis auf eine mögliche Fluchtgefahr begründet.
In einem entsprechenden Fall hat ein Strafgefangener neben der Einbeziehung des Petitionsausschusses auch um gerichtlichen Rechtsschutz ersucht. Im Rahmen der gerichtlichen Prüfung hatte das Thüringer OLG in einer Leitentscheidung schließlich die Auffassung des Petitionsausschusses im Wesentlichen bestätigt. Das Oberlandesgericht stellte klar, dass eine Fesselung an Händen und Füßen nur unter strenger Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in Betracht kommt und auf besondere Ausnahmefälle beschränkt sein muss. Eine mögliche Fluchtgefahr reicht als Begründung für eine Doppelfesselung also nicht aus. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist die Annahme einer Fluchtgefahr vielmehr die Voraussetzung, um einen Gefangenen überhaupt fesseln zu dürfen. Im Weiteren gab der Petent gegenüber dem Petitionsausschuss an, er habe vor einem Gefangenentransport im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die angeordneten Sicherheitsmaßnahmen überprüfen lassen. Das angerufene Landgericht Gera habe daraufhin festgelegt, dass eine Doppelfesselung nicht erfolgen dürfe und eine Fesselung während der Unterbringung in der Zelle des Transportfahrzeugs zu unterbleiben habe. Der Petent beklagt jedoch gegenüber dem Petitionsausschuss, trotz der gerichtlichen Anordnung während des gesamten Transports gefesselt worden zu sein. Dieses Versäumnis wurde im Rahmen der Beratung der Petition seitens der Landesregierung eingeräumt und lapidar damit begründet, der zuständige Transportbeamte habe keine Kenntnis von dem Gerichtsbeschluss gehabt. Im Übrigen hätte das Landgericht in erster Instanz ebenfalls eine andere Rechtsauffassung vertreten.
Für die Mitglieder des Petitionsausschuss war es überhaupt irritierend, dass von der Aufsichtsbehörde hier versucht wurde, einen offensichtlichen Fehler – die Nichtumsetzung eines Gerichtsbeschlus
ses – mit derartigen fragwürdigen Argumenten zu rechtfertigen. Der Petitionsausschuss hofft, dass das Justizministerium die Petition vielmehr zum Anlass nehmen wird, diesen problematischen Fall sorgsam zu prüfen und gegenüber den Bediensteten deutlich zu machen, dass auch in der Welt des Strafvollzugs Entscheidungen nach Gutsherrenart nicht akzeptiert werden können.
Lassen Sie mich zum Abschluss dieser Materie nochmals betonen: Die Vollzugsbediensteten der Thüringer JVAs leisten eine verantwortungsvolle und schwere Arbeit. Als Vorsitzender der Strafvollzugskommission habe ich in den Strafanstalten früher das auch immer wieder betont. Das große Engagement der Bediensteten ist umso höher zu würdigen, als deren dienstliche Aufstiegsmöglichkeiten, wie wir immer wieder gehört haben, eher begrenzt sind. Allerdings darf dies nicht dazu führen, die Defizite im Strafvollzug, mit denen der Petitionsausschuss und die Strafvollzugskommission immer wieder konfrontiert werden, aus den Augen zu verlieren.
Weitere hohe Eingangszahlen waren im Jahr 2017 mit 160 Petitionen in dem Bereich Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie sowie mit 150 Petitionen in dem Bereich Infrastruktur und Landwirtschaft zu verzeichnen. Den Bereich Bildung, Jugend und Sport betrafen im Berichtszeitraum 100 Petitionen. Ein hohes Maß an Aufmerksamkeit erhielten auch alle Petitionen, die sich mit dem Thema „Gebietsreform“ auseinandersetzten.
In 14 Sitzungen hat der Petitionsausschuss mit noch aus dem Vorjahr stammenden Petitionen die gewaltige Zahl von 1.041 Petitionen behandelt und 989 davon abgeschlossen. Erfreulicherweise konnte in circa 12 Prozent der Fälle den Anliegen der Petenten ganz oder jedenfalls teilweise abgeholfen werden. In mehr als jedem zweiten Fall wurde eine Petition mit Auskünften zur Sach- und Rechtslage abgeschlossen. In lediglich 7 Prozent der abschließend behandelten Petitionen hat der Ausschuss keine Möglichkeit gesehen, den geschilderten Anliegen zu entsprechen.
Vollumfänglich abgeholfen werden konnte der Petition einer gemeinnützigen Organisation, die den Petitionsausschuss um Unterstützung für den Aufenthalt einer Familie aus dem Kosovo bat. Im Rahmen der Prüfung des Anliegens stellte sich heraus, dass bereits alle von den kosovarischen Staatsangehörigen und ihren Kindern betriebenen Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen waren. Auch ein zuvor bei der Härtefallkommission eingereichter Antrag auf Anerkennung als Härtefall war letztlich erfolglos geblieben. Da keine Ausreisehindernisse vorlagen und die jederzeitige freiwillige Ausreise der Familie in den Kosovo möglich gewesen wäre, kam auch eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen letztlich nicht in Betracht. In Fällen
einer nachgewiesenen nachhaltigen Integration besteht zwar die Möglichkeit, Ausländern eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen; dies gilt aber nur, wenn sich der oder die Betreffende mindestens vier Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat. Im vorliegenden Falle war die Familie jedoch erst im Jahre 2015 eingereist, sodass die Voraussetzung für eine entsprechende Aufenthaltsgewährung nicht erfüllt werden konnte.
Der Petitionsausschuss wies allerdings darauf hin, dass einem Ausländer auch eine Duldung erteilt werden kann, wenn unter anderem dringende humanitäre oder persönliche Gründe seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Ein solcher persönlicher Grund kann zum Beispiel die Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland sein. Nachdem beide Kinder entsprechende Ausbildungsverträge unterzeichnet hatten, wurde ihnen daher eine entsprechende Duldung für die Dauer ihrer Ausbildung erteilt, die nach Abschluss der Ausbildung auch noch verlängert werden kann. Sofern die Kinder der Familie im Anschluss an die Ausbildung eine Beschäftigung aufnehmen, können sie sogar eine Aufenthaltserlaubnis für die Dauer von zwei Jahren erhalten.
Erfolgreich konnte auch das Petitionsverfahren eines Grundstückseigentümers abgeschlossen werden, der sich an den Petitionsausschuss wandte und beklagte, dass durch die seiner Ansicht nach falsch angelegte Neigung der Straßendecke der Gemeindestraße bei Regen Oberflächenwasser auf sein Grundstück laufe und die Gemeinde nicht zu einer sachgerechten Lösung bereit sei. Auf seinem Grundstück seien daher bereits Wasserschäden entstanden. Gleichwohl argumentierte die Gemeinde, dass das Wasser nicht von der Gemeindestraße, sondern von dem Nachbargrundstück auf das Anwesen des Petenten fließe.
Der Berichterstatter des Petitionsausschusses machte sich zunächst persönlich ein Bild von den örtlichen Gegebenheiten. Aufgrund der Informationen des betreffenden Abgeordneten war für den Petitionsausschuss die Einschätzung der Landesregierung, dass kein Oberflächenwasser von der anliegenden Straße auf das Grundstück gelangen könne, keineswegs zwingend. Da die vorhandenen Borde unmittelbar an der Grundstücksgrenze zu dem benachbarten Garagenkomplex endeten und deutlich abgeflacht sind, hielt der Petitionsausschuss es durchaus für möglich, dass bei entsprechend starkem Niederschlag das Wasser auf das Grundstück des Petenten fließt. Dieser Eindruck wurde auch dadurch bestärkt, dass sich in der Nähe des Grundstücks keine Straßeneinläufe befanden.
Der Petitionsausschuss bat die Landesregierung daher, die Petition unter Beachtung der vorgeschilderten Auffassung des Petitionsausschusses erneut zu prüfen. Wie das zuständige Ministerium daraufhin berichtete, sei im Rahmen einer nochmaligen Überprüfung der Angelegenheit durch das Landesamt für Bau und Verkehr festgestellt worden, dass bei stärkeren Regenereignissen in der Tat, wenn auch in geringem Maße, augenscheinlich Oberflächenwasser der Gemeindestraße in den Zufahrtsbereich des benachbarten Garagenkomplexes fließt und von dort auf das Grundstück des Petenten. Somit sei die Gemeinde zwar nicht für die Beeinträchtigung des Grundstücks verantwortlich. Gleichwohl habe sie auf Anregung der Straßenaufsichtsbehörde beschlossen, an der Grenze zwischen dem Garagengrundstück und dem Grundstück des Petenten quer zur Fahrbahn Borde zu setzen, um ein etwaiges Abfließen des Wassers von der Straße auf dessen Grundstück zu verhindern. Für den Petitionsausschuss war damit gewährleistet, dass jedenfalls von der Gemeindestraße kein Wasser mehr auf das Grundstück des Petenten gelangt.
Im Berichtszeitraum hatte sich der Ausschuss auch mit der interessanten Konstellation zweier gegenläufiger Petitionen zu beschäftigen. Gegenstand beider Petitionen war die Frage, wie sich die Waldbewirtschaftung in Thüringen in den kommenden Jahren entwickeln wird. Im Rahmen beider genannter Petitionsverfahren hatten die Petenten Gelegenheit, ihre Anliegen im Rahmen einer öffentlichen Anhörung vor einer beachtlichen Zuschauerkulisse vorzustellen und zu erörtern. Auf der einen Seite unterstützten rund 1.600 Personen die Forderung des Petenten, in Thüringen keine weiteren Waldflächen der forstlichen Nutzung zu entziehen. Auf der anderen Seite setzte sich eine von über 2.500 Bürgerinnen und Bürgern unterstützte Petition dafür ein, schnellstmöglich mindestens 5 Prozent des Waldes dauerhaft aus der Nutzung zu nehmen. Weiterhin forderten die Petenten, insbesondere Flächen im Gebiet Possen für eine forstliche Nutzung zu sperren, um dort eine Waldwildnis zu etablieren.
Hintergrund beider Petitionen war eine Festlegung im Koalitionsvertrag der regierungstragenden Parteien, wonach im Laufe der 6. Wahlperiode mindestens 5 Prozent des Waldes in Thüringen dauerhaft der forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden sollten. Weiterhin wurde festgelegt, zur qualitativ anspruchsvollen Absicherung dieses Zieles mindestens drei großflächige Gebiete aus der Nutzung zu nehmen. Für die Gegner dieses Vorhabens führten diese Einschränkungen der forstwirtschaftlichen Nutzung indes lediglich dazu, dass an anderen Orten der Welt die Bewirtschaftung in ökologisch wertvolleren Wäldern intensiviert würde. Die Befürworter des Vorhabens sahen die Etablierung von Waldwildnisflächen demgegenüber als wesentlichen Bei
trag zum Umwelt- und Naturschutz, wodurch gleichermaßen touristische Potenziale im Bereich des Possenwaldes unterstützt werden könnten.
Durch die seitens des Petitionsausschusses um Mitberatung gebetenen Fachausschüsse wurde im Rahmen der sich an die öffentliche Anhörung anschließenden politischen Diskussion deutlich, dass die zuständigen Ressorts der Landesregierung noch keine übereinstimmende Linie zur Umsetzung des im Koalitionsvertrag festgelegten Stilllegungsziels gefunden hatten. Die zuständigen Ministerien legten schließlich im Ergebnis der durch die Petition angeschobenen öffentlichen Diskussion eine Vereinbarung zur Umsetzung der Festlegung im Koalitionsvertrag vor. Demnach soll der Nutzungsverzicht auf 5 Prozent der Waldfläche Thüringens bis zum Jahr 2029 gestreckt werden. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass insbesondere 1.000 Hektar der von ThüringenForst auf öffentlich-rechtlicher Grundlage bewirtschafteten Fläche am Possen unter die Waldstilllegung fallen sollen. Für weitere 500 Hektar angrenzenden Erholungswald erfolgt zudem eine naturnahe und naturschutzgerechte Bewirtschaftung in Abstimmung zwischen den Beteiligten. Schließlich soll am Possen im Zuge der Umsetzung eine Natura-2000-Station errichtet werden.
Festzuhalten blieb abschließend, dass die eingereichten öffentlichen Petitionen einen wichtigen Beitrag im Rahmen der politischen Debatte geleistet haben. In Ansehung des dokumentierten Bürgerwillens hat sich die Landesregierung auf eine vermittelnde Lösung geeinigt. Gleichzeitig kam man überein, das erhebliche regionale Interesse der Bürgerschaft am Possen für eine Stilllegung dort vorhandener Waldflächen zu berücksichtigen.
Ohnehin erfreulich ist, wie viele Bürgerinnen und Bürger auch im Jahre 2017 die Möglichkeit genutzt haben, Petitionen auf der Petitionsplattform zu veröffentlichen und mitzeichnen zu lassen. Mit der Veröffentlichung bestimmter Petitionen wird nochmals eine größere Transparenz des Petitionsverfahrens erreicht.
Im Berichtszeitraum wurden zwar nur in 66 Fällen die Veröffentlichung und deren jeweilige Petition beantragt. Was die reinen Veröffentlichungsanträge betrifft, ist damit ein kontinuierlicher Rückgang seit dem Jahr 2014 festzustellen. Nachdem die entsprechende Möglichkeit im Rahmen einer Änderung der landesgesetzlichen Regelung im Jahre 2013 erfolgte, war im Jahr 2014 zunächst eine deutliche Steigerung auf 273 Petitionen festzustellen. Allerdings zeigt die Zahl von 28 veröffentlichten Petitionen, dass die Bürgerinnen und Bürger weitgehend nur offensichtlich sachlich begründete Anliegen mit einem Antrag auf Veröffentlichung verbinden. Dies bestätigt auch, dass im Jahre 2017 mit acht durchgeführten öffentlichen Anhörungen das Instrumen
tarium des Petitionsgesetzes deutlich mehr genutzt wurde als in den vorangegangenen Jahren.
Wie viel Aufmerksamkeit mit einer Veröffentlichung einer Petition und einer öffentlichen Anhörung vor dem Petitionsausschuss erreicht werden kann, hat bereits der von mir vorgeschilderte Fall der beiden gegenläufigen Petitionen zur Frage der Waldstilllegung in Thüringen gezeigt.
Der Petitionsausschuss wird in Kürze zwei weitere öffentliche Anhörungen durchführen, die die Thüringer Lehrerinnen und Lehrer interessieren dürften. Gegenstand der ersten Anhörung ist die Wiedereinführung der Funktionsstelle des Fachleiters im Thüringer Besoldungsgesetz. Mit der Änderung des Thüringer Besoldungsgesetzes zum 1. Oktober 2011 wurden die Ämter „Seminarschulrat“ und „Seminarrektor“ für Fachleiter in der Ausbildung von Lehramtsanwärtern ersatzlos gestrichen. Seitdem erhalten die Fachleiter in Thüringen nur noch eine nicht ruhegehaltsfähige und nicht dynamisierte Stellenzulage; der Aufstieg in die bisherigen Ämter ist nicht mehr möglich. Die Petentin begehrt deshalb, die vorgenannten Funktionsstellen entsprechend der Schulart mit der Besoldungsgruppe A 13/A 14 wieder einzuführen.
Mit der zweiten Petition wird eine gleiche Besoldung im Eingangsamt A 13/E 13 für alle Lehrämter in Thüringen gefordert, um die Gleichwertigkeit der Abschlüsse unabhängig von der Schulform anzuerkennen. Die Urheberin dieser Petition kritisiert insbesondere, dass im Entwurf des Thüringer Gesetzes zur Änderung der Lehrerbesoldung sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften die Thüringer Grundschullehrer unberücksichtigt bleiben. Darüber hinaus wird mit der Petition die Möglichkeit des Festhaltens an Beförderungsämtern für Lehrkräfte aller Schulformen gefordert, damit Leistungsanreize ermöglicht werden. Der Petitionsausschuss wird sich am 15. Juni 2018 mit diesen interessanten Fragen befassen.
Darüber hinaus wird der Petitionsausschuss eine öffentliche Anhörung in Südthüringen durchführen. Hintergrund ist eine beabsichtigte Straßensperrung zwischen den Orten Gerthausen im Landkreis Schmalkalden-Meiningen und dem Ortsteil Weimarschmieden der Stadt Fladungen im benachbarten Unterfranken. Die Straße ist nach der Wende eine der ersten Verbindungen nach Bayern gewesen und wird heute vor allem von Pendlern aus der Region genutzt. Der Petitionsausschuss geht aufgrund der Informationen des zuständigen Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft derzeit davon aus, dass die in Rede stehende Straße förmlich als Kreisstraße zu betrachten ist. Dies bedeutet, dass eine Einziehung oder auch Teileinziehung der Straße durch die Gemeinde Rhönblick nicht in Betracht kommt, da die Gemeinde nicht Trägerin der Straßenbaulast ist. Vor einer genauen Termi
nierung der Anhörung wird der Petitionsausschuss noch eine weitere Stellungnahme der Landesregierung abwarten.
Lassen Sie mich nun noch einen weiteren Fall aus dem Bereich Bildung, Jugend und Sport schildern, der den Petitionsausschuss im vergangenen Jahr beschäftigt hat. Ein Vater begehrte eine bessere und effektivere Betreuung der Kinder in Thüringer Kindertageseinrichtungen. Er war der Auffassung, dass die Zahl der für die Kinder zur Verfügung stehenden Erzieherinnen und Erzieher nicht ausreichend war, um eine sachgerechte Betreuung zu ermöglichen. Er sah dadurch sogar die Umsetzung des Thüringer Bildungsplans gefährdet. Der Petent forderte daher eine Änderung des in dem Thüringer Kindertagesstättengesetz festgelegten Personalschlüssels. Für die Betreuung von je zwei Kindern unter einem Jahr müsse, so der Petent, mindestens ein Betreuer zur Verfügung stehen. Für Kinder bis zu zwei Jahren müsse eine Relation von mindestens einer Erzieherin bzw. einem Erzieher für jeweils drei Kinder angestrebt werden.
Die Petition wurde wegen des erheblichen öffentlichen Interesses ebenfalls auf der Petitionsplattform des Thüringer Landtags veröffentlicht. Da am Ende des sechswöchigen Mitzeichnungszeitraums über 2.100 Mitzeichner das Anliegen unterstützten, führte der Petitionsausschuss insoweit eine öffentliche Anhörung durch.
Nach dem Gesetzentwurf der Landesregierung zum Thüringer Gesetz über die Neuregelung der Kindertagesbetreuung ist die notwendige Anzahl geeigneter pädagogischer Fachkräfte gewährleistet, wenn eine pädagogische Fachkraft zeitgleich regelmäßig nicht mehr als vier Kinder bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres betreut. Mit zunehmendem Alter steigt auch die Zahl der von einer Fachkraft zu betreuenden Kinder.
Der Petitionsausschuss hat im Rahmen der Behandlung der Petition den zuständigen Fachausschuss für Bildung, Jugend und Sport hinzugezogen, der den Gesetzentwurf in mehreren Sitzungen beraten und drei schriftliche Anhörungsverfahren durchgeführt hat. Im Ergebnis hatte der Fachausschuss empfohlen, den Personalschlüssel dahin gehend zu ändern, dass eine pädagogische Fachkraft zeitgleich regelmäßig nicht mehr als zwölf Kinder zwischen dem vollendeten dritten und vor Vollendung des vierten Lebensjahres sowie nicht mehr als 16 Kinder nach der Vollendung des vierten Lebensjahres bis zur Einschulung betreut. Der entsprechende Gesetzentwurf wurde in der 104. Sitzung des Landtags in zweiter Lesung beraten und mit der genannten Beschlussempfehlung verabschiedet. Nach Auffassung des Petitionsausschusses konnte damit eine deutliche Verbesserung des Personalschlüssels im Sinne der Petenten erreicht werden.
Leider konnte der Petitionsausschuss nicht allen an ihn herangetragenen Anliegen gerecht werden. So in dem Fall zweier Familien, die verzweifelt beklagten, dass seitens der Polizei, aber auch der Justiz gegen einen örtlich bekannten Gewalttäter nicht mit dem nötigen Nachdruck vorgegangen werde. Die Petenten zeigten keinerlei Verständnis dafür, dass der Staat offensichtlich nicht in der Lage ist, entschlossen gegen einen Menschen, der bereits eine Vielzahl von Gewalttaten verübt hat, vorzugehen. Sie befürchteten, dass offensichtlich erst Schlimmeres passieren müsse, bevor mit angemessenen Mitteln gegen einen solchen Störer eingeschritten werde.
Der betreffende Mann hatte bereits diverse Sachbeschädigungen begangen, wobei auch Scheiben eingeschlagen und Autos demoliert wurden. Darüber hinaus hatte er mit einer Axt in der Hand Drohungen ausgesprochen. Eine seitens der Petenten erwirkte einstweilige Anordnung ignorierte der Täter, sodass die Petenten sogar erwogen, aus ihrer Wohnung auszuziehen, um nicht mehr in der Nähe des Störers leben zu müssen.
Das zuständige Ministerium für Inneres und Kommunales informierte den Petitionsausschuss darüber, dass die Polizei bereits versucht habe, eine Gefährdungsansprache mit dem Störer durchzuführen, wobei auch der Sozialpsychiatrische Dienst eingeschaltet worden sei. Obwohl auch dies alles erfolglos gewesen sei, sei der Sozialpsychiatrische Dienst der Auffassung gewesen, dass die Voraussetzungen für eine zwangsweise Unterbringung des Mannes noch nicht vorgelegen hätten.
In der Folge wurde gegen den Mann zwar eine Freiheitsstrafe verhängt. Da er gegen das entsprechende Urteil jedoch Berufung eingelegt hatte, blieb er zunächst auf freiem Fuß. Trotz erhöhter Streifentätigkeit der Polizei war es offensichtlich auch nicht zu vermeiden, dass der Mann gegenüber den Petenten weiter übergriffig wurde, sodass weitere Ermittlungsverfahren eingeleitet werden mussten.
Zumindest wurde nun ein laufendes Bewährungsverfahren widerrufen, sodass der Täter endlich tatsächlich in Strafhaft genommen wurde. Mit der Inhaftierung des Störers konnten die Petenten nunmehr zwar wieder in Ruhe leben, allerdings war leider auch zu konstatieren, dass dem Rechtsstaat offensichtlich Grenzen gesetzt sind. Das zwischenzeitliche Ohnmachtsgefühl der Petenten und die damit verbundene Hilflosigkeit waren für den Ausschuss nachvollziehbar. Der Ausschuss bedauerte daher, dass die langen Laufzeiten von Strafverfahren auch gravierende Auswirkungen auf die Opfer von Gewaltstraftaten haben können. Auch die Frage, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine zwangsweise Unterbringung von Straftätern nicht möglicherweise zu hoch angesetzt sind, gab der Petitionsausschuss den Behörden mit auf den Weg.
Dabei handelt es sich zwar durchaus um einen massiven Grundrechtseingriff, andererseits muss auch sichergestellt werden, dass die Bürgerinnen und Bürger sicher leben können.
An dieser Stelle möchte ich meinen Bericht beenden. Lassen Sie mich abschließend aber ausdrücklich betonen, dass wir das Bewusstsein der Menschen stärken müssen, dass sie den Verwaltungsbehörden nicht hilflos ausgeliefert sind. Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern vergegenwärtigen, dass sie Entscheidungen der Verwaltung durchaus kritisch überprüfen können und dass sie mit dem Petitionsausschuss ein Gremium haben, das ihnen bei ihren Fragen und Schwierigkeiten zur Seite steht.
Mein Dank gilt nun den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Petitionsreferats der Landtagsverwaltung für die kompetente und engagierte Arbeit.
Darüber hinaus möchte ich mich ausdrücklich bei dem Thüringer Bürgerbeauftragten und bei den Mitarbeitern der Staatskanzlei sowie der Ministerien für die stets gute Zusammenarbeit bedanken.
Und nicht zuletzt möchte ich von dieser Stelle aus auch einen Dank an alle Mitglieder des Ausschusses aussprechen, denn in aller Regel und weitestgehend ist die Arbeit in diesem Ausschuss von Unparteilichkeit und von Orientierung an der Sache gezeichnet und getragen. Dafür darf man dankbar sein. Ich möchte damit meinen Bericht beenden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, es sei mir gestattet, als Vorsitzender des Petitionsausschusses hier noch mal die ganze Thematik zu der angesprochenen Petition Revue passieren zu lassen. Der Petitionsausschuss hat in seiner 31. Sitzung am 9. März 2017 gemäß § 17 Nr. 9 Petitionsgesetz festgestellt, dass der Petition, dass dem angebrachten Anliegen nicht abgeholfen werden kann. Der Petent hatte mit seiner Petition die Herstellung eines Regenrückhaltebeckens gefordert, um das Straßenoberflächenwasser der Südtangente Landesstraße 2146 Gotha zeitversetzt an die Retentionsfläche des Boilstädter Wassers einleiten zu können. Er ist der Auffassung, dass das Fehlen des Rückhaltebeckens ursächlich für den Wasserschaden in seinem Keller sei. Der Petitionsausschuss hatte zunächst der Landesregierung die Möglichkeit gegeben, aus ihrer Sicht zu der Eingabe Stellung zu nehmen, so wie das gängige Praxis ist. Das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft ist daraufhin in mehreren Stellung
nahmen ausführlich auf die Entwässerungslösung der Südtangente Gotha eingegangen.
In seiner 17. Sitzung am 3. März 2016 hatte der Petitionsausschuss die Durchführung eines Ortstermins beschlossen, der am 4. April 2016 auf dem Grundstück des Petenten stattfand – das auch mit medialer Begleitung. In der Folge hatte sich der Petitionsausschuss in seiner 18. Sitzung am 7. April 2016, seiner 24. Sitzung am 24. November 2016 sowie anschließend und abschließend in seiner 31. Sitzung am 9. März dieses Jahres eingehend mit dem Anliegen auseinandergesetzt. Die Beratungen in mehreren Sitzungen des Ausschusses und nicht zuletzt die Durchführung eines Ortstermins machen deutlich, dass der Ausschuss sich seine Entscheidung wahrlich nicht leicht gemacht hat. Nunmehr wurde gemäß § 100 Abs. 2 der Geschäftsordnung beantragt, den Beschluss des Petitionsausschusses aufzuheben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich empfehle dem Landtag, diesen Antrag abzulehnen, da es nach gegenwärtigem Stand der Dinge keine Möglichkeit gibt, der Petition abzuhelfen.
Ich möchte daher noch mal kurz auf das Anliegen eingehen. Der Neubau der Südtangente Landesstraße 2146 Gotha wurde mit Plangenehmigung vom September 2005 genehmigt. Der Plan sieht die Einleitung von Niederschlagswasser aus der Straßenentwässerung in die Fließgewässer Uelleber Graben, Boilstädter Wasser und Ratsrinne im Einvernehmen mit der Wasserbehörde vor.
Ursprünglich war geplant, das in den Straßengräben anfallende Niederschlags- und Oberflächenwasser ungedrosselt in die Vorfluter einzuleiten. Da jedoch die Retentionsräume Uelleber Ried und Boilstädter Wasser nicht ausreichend leistungsfähig sind, wurde von der Wasserbehörde eine ungedrosselte Einleitung nur für genehmigungsfähig in Aussicht gestellt, wenn die Retentionsräume zur Herstellung der hydraulischen Leistungsfähigkeit durch die Stadt Gotha umfassend saniert werden. Da zweifelhaft war, ob diese Maßnahme bis zur Inbetriebnahme der Südtangente Gotha durch die Stadt Gotha umgesetzt wird, wurde in Abstimmung mit der unteren Wasserbehörde, dem Staatlichen Umweltamt und der Stadt Gotha zunächst der Einbau von Grabensperren zur gedrosselten Wassereinleitung beschlossen. Die zunächst als Übergangslösung geplante Entwässerungslösung wurde schließlich so umgesetzt, dass sie dauerhaft funktioniert.
Die Herstellung eines Regenrückhaltebeckens zur Absicherung einer gedrosselten Einleitung in das Boilstädter Wasser war nicht erforderlich, da die Drosselung bereits mit der vorliegenden Ausgestaltung der Entwässerungsgräben erreicht wird. Der genehmigte Plan zum Bau der Südtangente sieht daher kein Regenrückhaltebecken vor.
Nach den Feststellungen des Petitionsausschusses lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die plangenehmigte und realisierte Entwässerungslösung nicht die in den wassertechnischen Berechnungen ermittelten Drosselungen erzielt. Gleichwohl wurde die Petition zum Anlass genommen, noch mal zu prüfen, ob die Entwässerungslösung der Südtangente Gotha im Abschnitt zwischen Kreisverkehr Uelleber Straße und Kreisverkehr HELIOS Krankenhaus insgesamt tatsächlich funktionstüchtig ist. Im Ergebnis der Prüfung informierte das Straßenbauamt Mittelthüringen den Petitionsausschuss darüber, dass die mit der Fertigstellung der Südtangente vorgesehene Umbindung des Entwässerungsabschnitts östlich des Kreisverkehrs Uelleber Straße – wo es eine befristete Einleiterlaubnis in den Uelleber Graben gegeben hatte – nicht erforderlich war und weiterhin 80 Liter pro Sekunde in den östlichen Straßengraben der Uelleber Straße eingeleitet wurden. Außerdem stellte das Straßenbauamt fest, dass ein Teil der Grabensperren nicht mehr voll funktionstüchtig war. Diese Mängel wurden bis Juli 2015 behoben und das Straßenbauamt beauftragt, die Grabensperren regelmäßig zu kontrollieren und gegebenenfalls nachzubessern.
Zudem wird die Funktionsfähigkeit der Entwässerungseinrichtungen an der Südtangente Gotha künftig bei örtlichen Starkregenereignissen gezielt geprüft. Darüber hinaus hat das Landesverwaltungsamt am 21. Oktober 2015 einen Ortstermin durchgeführt. Dabei wurde augenscheinlich festgestellt, dass der nördliche Entwässerungsgraben abschnittsweise nicht wie in der Plangenehmigung vorgesehen nach Westen abfällt. Die Überprüfung ergab, dass sowohl der nördliche als auch der südliche Straßengraben der Südtangente abweichend von den wasserrechtlichen Berechnungen und Genehmigungen auf circa 140 Meter nach Osten in den westlichen Straßengraben der Uelleber Straße und nicht nach Westen in den Uelleber Graben entwässert. Dabei handele es sich jedoch lediglich um geringfügige Wassermengen. Es wurde ein Lösungsvorschlag erarbeitet, damit die anfallenden Wassermengen entsprechend der in den Plangenehmigungen enthaltenen Bedingungen und zulässigen Mengen schadlos Richtung Uelleber Graben abgeleitet werden. Die Umsetzung dieser Maßnahme wurde bis Ende 2016 abgeschlossen.
Nach Einschätzung des Petitionsausschusses sind die festgestellten Widersprüche zur Plangenehmigung mit den vorgenannten Maßnahmen beseitigt. Vor einer abschließenden Beratung der Petition bat der Petitionsausschuss aber noch das Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz, sich zu der Frage zu äußern, ob die Behauptung des Petenten zutreffend sei, dass die durchgeführten baulichen Maßnahmen für das Eindringen des Wassers in sein Haus ursächlich bzw. verstärkend verantwortlich seien. Die Landesanstalt für Umwelt und Geo
logie hat hierzu folgende Einschätzung abgegeben: Für den von dem Petenten angegebenen Bereich bzw. dessen Grundstück stehe keine Grundwassermessstelle zur Beobachtung der Grundwasserstände zur Verfügung, sodass keine Aussagen zum Schwankungsbereich des Grundwassers möglich seien. Möglich sei eine Aussage zum Grundwasserflurabstand nach der hydrologischen Übersichtskarte 1 : 200.000 als Annäherung an die tatsächlichen Verhältnisse. Der Grundwasserflurabstand beschreibe die Mächtigkeit der ungesättigten Zone bis zum oberen Grundwasserleiter. Er sei in Regionen mit gespannten Grundwasserverhältnissen anhand der Grundwasseranschnitte von Bohrungen sowie bei ungespannten Grundwasserverhältnissen unter Verwendung mittlerer Grundwasserstände und unter Verwendung des digitalen Geländemodells berechnet worden. Die Berechnung stehe flächendeckend für Thüringen in der Auflösung eines Hundertmeter-Rasters zur Verfügung. Für den infrage kommenden Bereich liege der berechnete mittlere Grundwasserflurabstand bei circa 2 Metern. Der tatsächliche mittlere Grundwasserflurabstand könne vor Ort von dem berechneten mittleren Grundwasserflurabstand abweichen und auch erheblichen zeitlichen Schwankungen unterliegen.
Unabhängig von den damit verbundenen Kosten wurde auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens thematisiert. Vonseiten der TLUG wurde allerdings bezweifelt, ob die Ursache für den Schaden im Keller des Petenten nachträglich gutachterlich zu ermitteln ist. Fest stehe, dass das Grundwasser in diesem Bereich überall sehr hoch anstehe. Ob die Straßenbaumaßnahmen bei dem Grundstück des Petenten zu einem weiteren Grundwasseranstieg geführt hätten, könne nicht beurteilt werden. Unter Berücksichtigung des Grundwasserflurabstandes von 2 Metern dürfte aber unabhängig von Straßenbauarbeiten eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Durchnässung des Kellers bestanden haben.
Aufgrund der vorgenannten Informationen hat der Petitionsausschuss im Ergebnis seiner Beratung keine Möglichkeit gesehen, dem Anliegen zu entsprechen. Nach der Auffassung des Petitionsausschusses hat die Landesregierung mehrfach nachvollziehbar dargelegt, dass die Entwässerungssysteme zweckdienlich sind und weiter davon auszugehen ist, dass die Entwässerung nicht ursächlich für die Wasserschäden in dem Wohnhaus des Petenten ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus den dargelegten Gründen sehe ich für das Plenum keine Veranlassung, den Beschluss des Petitionsausschusses zu der Petition E-687 aus dem Jahr 2014 aufzuheben. Ich wiederhole unsere Empfehlung, den Antrag des Abgeordneten Kießling auf Aufhebung der Entscheidung des Petitionsausschusses abzulehnen.
Genehmigung des Schulnetzplans des Kreises Weimarer Land durch die Landesregierung
Am 16. März 2017 hat der Kreistag des Kreises Weimarer Land den Schulnetzplan für die Schuljahre von 2017/2018 bis 2027/2028 beschlossen. Er gibt Auskunft über die künftige Entwicklung der einzelnen Schulstandorte im Kreisgebiet. Am 23. März 2017 wurde der Schulnetzplan dem Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport zur Genehmigung zugeleitet. Bis heute liegt jedoch keine Zustimmung des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport für den Schulnetzplan vor. In einem Schreiben vom 5. Mai 2017 an den Landrat des Kreises Weimarer Land informiert die Landesregierung, den Prüfbescheid bis 2018/2019 aufgrund der geplanten Änderungen des Thüringer Schulgesetzes und vor dem Hintergrund der Ziele der Raumordnung und der Landesplanung und damit den im Rahmen der Gebietsreform möglichen Veränderungen der Gemeindestrukturen auszusetzen. Nach § 41 Abs. 5 Thüringer Schulgesetz ist die Genehmigung von Schulnetzplänen jedoch nur zu versagen, wenn der vorgelegte Plan den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Anforderungen nicht entspricht oder wenn er mit einer zweckmäßigen Schulorganisation nicht vereinbar ist oder einer ordnungsgemäßen Gestaltung des Unterrichts entgegensteht.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wann ist mit einer Genehmigung des Schulnetzplans des Kreises Weimarer Land durch die Landesregierung zu rechnen?
2. Auf welcher Grundlage hat die Landesregierung die Erstellung eines Prüfbescheids bis zum Jahr 2018/2019 ausgesetzt, wenn doch die geplante Gebietsreform erst im Jahr 2021 in Kraft treten soll?
3. Wie begründet die Landesregierung die Aussetzung des Prüfbescheids im Hinblick auf die Kompetenz des Kreises Weimarer Land, als Schulträger über seine Schulstruktur zu entscheiden, die Verlässlichkeit hinsichtlich der Schulstandortentwicklung und die Beantragung möglicher Fördermittel ohne genehmigten Schulnetzplan?
4. Gibt es weitere Fälle, in denen Schulnetzpläne vor dem Hintergrund der zu erwartenden Veränderungen der Gemeindestruktur im Zuge der beabsichtigten Gebietsreform nicht genehmigt beziehungsweise ausgesetzt wurden und wenn ja, bitte konkret untersetzen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe jetzt nicht vor, meinen Vortrag aus der Debatte zur Einbringung des Gesetzentwurfs von der AfD-Fraktion zu wiederholen.
Wir hätten uns – das habe ich damals für meine Fraktion gesagt – gewünscht, man hätte sich dem gestellt und über die Dinge in dem zuständigen Ausschuss diskutiert.
Das hat eine Mehrheit dieses Hauses nicht gewollt. Demzufolge sehen wir uns in der Situation, dass es Dinge in diesem Gesetzentwurf gab, über die hätte geredet werden können. Da das nicht möglich war, kündige ich an, dass wir uns bei der Abstimmung zu diesem Gesetz enthalten werden.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, die im Plenarsaal sind!
Ich begrüße Sie alle ganz herzlich heute Morgen und freue mich, Ihnen den alljährlichen Bericht des Petitionsausschusses für das in diesem Fall abgelaufene Jahr 2016 zukommen zu lassen.
Der Bericht dokumentiert einmal mehr die umfangreiche Tätigkeit des Petitionsausschusses. Er gibt Auskunft über die große Zahl der im Berichtszeitraum eingegangenen Petitionen und erläutert beispielhaft einige Fälle, mit denen sich der Ausschuss im Jahr 2016 befasst hat. Der Bericht beleuchtet darüber hinaus auch die Arbeit der Strafvollzugskommission.
Nach Artikel 14 der Thüringer Verfassung hat jedermann das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit Bitten oder Beschwerden an die Volksvertretung zu wenden. Eine ergänzende Regelung erfährt das Parlamentsrecht in Artikel 65 der Thüringer Verfassung. Danach obliegt dem Petitionsausschuss die Entscheidung über die in den Landtag eingereichten Eingaben.
Das bedeutet zum einen, dass alle Eingaben, aus denen mittels Auslegung zu entnehmen ist, dass der Petent eine parlamentarische Überprüfung seines Anliegens wünscht, dem Petitionsausschuss zuzuleiten sind. Zum anderen sieht die Verfassung im Gegensatz zu den Verfassungen der meisten anderen Bundesländer eine abschließende Entscheidung des Petitionsausschusses vor und nicht nur die Vorbereitung einer Entscheidung des Landtags.
Aus der verfassungsrechtlichen Regelung wird die besondere Bedeutung des Petitionsrechts ersichtlich. Das Petitionsrecht ist, wie es Prof. Hartmut Bauer aus Potsdam einmal ausdrückte, ein Urgestein europäischer Rechtskultur.
Nicht zuletzt aus dessen historischer Entwicklung lassen sich die ausgeprägten demokratischen, partizipatorischen Dimensionen des Petitionsrechts erkennen.
Hat eine Eingabe an den Landesherrn ursprünglich eher die Bedeutung einer Supplikation im Sinne eines untertänigen Bittens, hat sich ab dem Ende des 18. Jahrhunderts der Begriff der Petition verändert. Im Allgemeinen Preußischen Landrecht wurde im Jahr 1794 bereits festgelegt, wie mit Anliegen und Bitten umzugehen ist. Die landständische Verfassung des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach vom Mai 1816 war dann die erste deutsche Verfassung, die ausdrücklich ein Petitionsrecht beinhaltete. Später sah die sogenannte Paulskirchenverfassung von 1848/1849 vor, dass sich jeder Deutsche mit Bitten und Beschwerden an die Volksvertretungen und den Reichstag wenden
konnte. Eine ähnliche Formulierung enthielt auch die Weimarer Reichsverfassung.
Dies gilt unverändert und vielleicht gerade auch heute trotz unserer Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit und trotz eines weitreichenden Sozialleistungssystems. Reinhard Bockhofer, der sich jahrzehntelang mit der Entwicklung des Petitionsrechts befasst hat und der trotz hohen Alters anlässlich der Tagung der Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des Bundes und der Länder im Jahre 2014 in Bremen einen beeindruckenden Vortrag über die Bedeutung des Petitionsrechts gehalten hat, hat dazu ausgeführt: Das Petitionsrecht erkenne die Unvollkommenheit des Rechts- und Sozialstaats. Und in der Tat: Es gibt immer noch genug Anlässe für Bitten und Beschwerden, es gibt Notfälle, die durch das Raster der Leistungssysteme fallen, und es gibt vielleicht Unrecht, das im komplizierten System des Rechtsschutzes möglicherweise nicht hinreichend ausgeglichen werden kann. Nicht alle Probleme lassen sich eben auf dem Rechtsweg bewältigen.
Dabei zeigt sich ein großer Vorteil des Petitionsrechts, der darin liegt, dass der Petitionsausschuss nicht auf eine Prüfung der Rechtmäßigkeit einer behördlichen Maßnahme beschränkt ist, sondern sich flexibel und vielleicht auch unkonventionell um Lösungen bzw. Kompromisse bemühen kann. Das Petitionsrecht gewährt einen unmittelbaren und thematisch unbegrenzten Zugang zu den Volksvertretungen.