Protokoll der Sitzung vom 24.06.2016

Bemerkenswert für Thüringen. Im Weiteren hat das Gericht die generellen Voraussetzungen für ein Parteiverbot im 21. Jahrhundert erörtert. Die Parlamentarische Kontrollkommission unterstützt das Parteiverbotsverfahren, hat jedoch auch Bedenken, die sie bereits im Rahmen früherer Tätigkeitsberichte äußerte. In der Gewährleistung der V-Mann-Freiheit des Verfahrens sieht die Kommission einen wesentlichen Beitrag Thüringens für den erfolgreichen Abschluss des Verbotsverfahrens.

Es wäre allerdings von vornherein falsch, die Bekämpfung des Rechtsextremismus allein auf ein NPD-Verbot zu konzentrieren, insbesondere vor dem Hintergrund des wachsenden Bedeutungsverlusts der Partei und der Neubildung parteilicher Strukturen in diesem Phänomenbereich in den letzten Monaten, ich hatte bereits auf die Parteien Der III. Weg und Die Rechte hingewiesen. Entscheidend ist vielmehr, dass wir, insbesondere wir Abgeordnete des Thüringer Landtags, die politische Auseinandersetzung mit den Rechtsextremisten und ih

ren menschenverachtenden Ansichten in aller Deutlichkeit und auf allen Ebenen führen. Insbesondere junge Menschen müssen wir gegen das braune Gedankengut immunisieren. Wir brauchen hier eine wirksame Prävention. Dies gelingt nur, wenn wir demokratisches Handeln leben und vorleben.

(Beifall CDU)

Auch wir als Abgeordnete sollten uns doch in der Wortwahl mäßigen, denn der Respekt vor dem anderen im politischen Diskurs ist unserem demokratischen Gemeinwesen mehr als zuträglich. Herr Landtagspräsident Carius hatte bereits mehrfach hierauf hingewiesen; seinen Anmerkungen können wir uns hier anschließen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im aktuellen Berichtszeitraum dienten auch Musikveranstaltungen als wirksames Instrument, um junge Menschen an die braune Ideologie heranzuführen, Netzwerke aufzubauen und bestehende zu festigen. Hierzu schreibt die Zeitung „Die Welt“ auf der Grundlage verschiedener Antworten der Bundesregierung auf parlamentarische Anfragen am 18. Februar 2016 unter der Überschrift „Das sind die Musik-Pilgerstätten der Neonazis“, dass erstmals seit Jahren die Zahl von Rechtsrockkonzerten wieder steigt, während die Live-Events in den letzten Jahren an Attraktivität einzubüßen schienen. Die meisten rechtsextremen Musikveranstaltungen fanden danach in Sachsen und Thüringen – ja, in Thüringen – statt, auffällig viele davon in Torgau und in Kirchheim – also Torgau in Sachsen, Kirchheim bekanntermaßen bei uns. Der Grund für die Häufigkeit wird darin gesehen, dass sich die Immobilien im Besitz von Rechtsextremisten befinden bzw. von diesen problemlos angemietet werden können.

Deutschlandweit fanden 2015 insgesamt 69 neonazistische Konzerte statt und damit 25 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Seit dem Jahr 2005 mit den meisten Veranstaltungen – 193 – war die Zahl fast kontinuierlich gesunken. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass gerade Liederabende, eine scheinbar überholte Form der rechtsextremistischen Live-Musik, zuletzt einen überraschenden Auftrieb erfahren haben. So fanden in den vergangenen beiden Jahren jeweils mehr als 60 solcher Abende statt. Dies sind die bislang höchsten dokumentierten Werte. Bezogen auf Thüringen gab es im Berichtszeitraum in Kirchheim insgesamt elf Konzerte, die Beobachtungsstelle MOBIT zählte seit 2009 sogar insgesamt 90 neonazistische Aktivitäten.

Zudem dürfte Kirchheim auch der einzige Ort in Deutschland sein, an dem mit der DVU, der NPD und der Partei Der III. Weg gleich drei rechtsextreme Parteien schon ihre Bundesparteitage abgehalten haben. Auch dies ist ein Beispiel dafür, dass Thüringen aufgrund der zentralen Lage im Rahmen der nationalen und auch internationalen Vernetzung

rechtsextremer Strukturen eine besondere Bedeutung zukommt.

Neben dem Objekt in Kirchheim, welches zwischenzeitlich als Veranstaltungszentrum Erfurter Kreuz firmiert, gibt es weitere Örtlichkeiten, die für Konzertveranstaltungen, Liederabende und Versammlungen genutzt werden. Als Beispiele seien hier genannt die „Kammwegklause“ im Erfurter Süden oder auch die Gaststätte „Goldener Löwe“ in Kloster Veßra. Regelmäßig kommt es in diesem Zusammenhang mit solchen Veranstaltungen zu Propagandadelikten, Körperverletzungen, Volksverhetzung und politisch motivierten Beleidigungen, die von Polizeikräften aufgenommen werden. Auch dienen die Veranstaltungen als Informationsplattform für im rechtsextremistischen Bereich tätige Parteien wie Der III. Weg oder auch die „Gefangenenhilfe“ zur Spendeneintreibung und auch zum Verkauf einschlägiger Tonträger.

Wenngleich zumeist Polizeikräfte vor Ort sind, ist ein behördliches Einschreiten oft erst möglich, wenn von den Veranstaltungen beispielsweise Lärmbelästigungen auf die Umgebung ausgehen. Ergangene Verbotsverfügungen werden oftmals von den Verwaltungsgerichten aufgehoben und die Veranstaltungen können unter Auflagen stattfinden. Über die Signalwirkung solcher Verbotsaufhebungen in der Szene, aber auch in der Gesellschaft, haben wir auch hier im Hause schon oft miteinander diskutiert.

Die Beispiele zeigen einmal mehr, dass Thüringen auch schon aufgrund seiner zentralen Lage für rechtsextreme Kreise häufig als Versammlungsörtlichkeit genutzt wird und wie schwierig es ist, Veranstaltungen dieser Art zu verhindern, wenn sie in privaten Örtlichkeiten stattfinden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Thema bestimmt seit mehreren Monaten die politische Agenda auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene. Infolge der kriegerischen Auseinandersetzungen in Syrien und dem Irak mit all ihren Schrecken, in Afrika und Afghanistan machten und machen sich Hunderttausende Menschen auf den Weg nach Europa, um dem Elend und den Gefahren für Leib und Leben zu entfliehen. Die Aufnahme dieser Menschen fordert viel von Deutschland und Thüringen und es wird viel geleistet. Sicher bedarf es auch einer angemessenen europäischen Reaktion.

Neben vielfältigem ehrenamtlichen Engagement bezüglich der Aufnahme und Integration ist zu konstatieren, dass sich der Protest gegen den Zuzug der Flüchtlinge und Asylbewerber in unserem Land seit mehreren Monaten offen Bahn bricht. Sie alle kennen die Protestbewegung „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“, so die Langbezeichnung, besser bekannt unter dem Akronym Pegida. Ausgehend von der sächsischen

Landeshauptstadt Dresden demonstrieren Menschen seit mehreren Monaten in vielen deutschen Städten, und die Pegida-Bewegung hat bereits viele Ableger mit den unterschiedlichsten Bezeichnungen, auch in Thüringen. Natürlich hat jeder in unserem Land das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Die in den Demonstrationen geäußerten Sorgen und Nöte sind ernst zu nehmen. Gleichwohl stellt sich bei den Demonstrationen mehr und mehr die Frage: Kennen die Teilnehmer und die Protagonisten eigentlich die Werte des Abendlandes, die sie bedroht sehen und die sie meinen verteidigen zu müssen? Die hohe Zahl von Anschlägen auf bestehende oder geplante Unterkünfte für Geflüchtete sollte uns mit großer Sorge erfüllen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Statement war uns – den Mitgliedern der Parlamentarischen Kontrollkommission – wichtig, bevor ich zu den eigentlichen Ausführungen komme.

Lassen Sie mich nun näher auf Entwicklungen in Thüringen eingehen. Ich hatte es bereits angedeutet: Die Pegida-Bewegung, die vor über eineinhalb Jahren in Dresden ihren Ausgang nahm, hat zwischenzeitlich viele Ableger, so auch bei uns. Unter dem Motto „Sügida – Südthüringen wehrt sich!“ fanden seit Anfang des letzten Jahres mehrere Veranstaltungen statt. Zwischenzeitlich haben sich die Protestkundgebungen auf das gesamte Land ausgedehnt. Die neu gegründete Bewegung „Thüringen gegen die Islamisierung des Abendlandes“ – kurz THÜGIDA – führte und führt Veranstaltungen in verschiedenen Städten Thüringens mit unterschiedlichen Teilnehmerzahlen durch. Eine weitere Veranstaltungsausprägung firmiert seit einiger Zeit unter den Bezeichnungen „Wir lieben Ostthüringen“/„Wir lieben Gera“. Auch anderenorts haben sich Bürgerwehren gegründet oder Rechtsextreme versucht, Bürgerinitiativen zu instrumentalisieren und die Grenzen des bürgerlichen und zivilgesellschaftlichen Protests zu verwischen. Eine besonders perfide Form dieses sogenannten Protests ist auch das Aufstellen von Grablichtern auf öffentlichen Plätzen.

Die Gesamtschau zeigt, dass die Zahl der Veranstaltungen der genannten Initiativen zugenommen hat, gleichzeitig allerdings der Zuspruch tendenziell sank. Die Intention der Veranstalter, Asylbewerber und andere Zuwanderer zu diffamieren und mit derartigen Argumentationsmustern breite, insgesamt unzufriedene Bevölkerungsschichten anzusprechen, traf, von Ausnahmen abgesehen, immer weniger auf Resonanz. Das Teilnehmerfeld verengte sich auf einen jeweils teilidentischen rechtsextremistischen Personenkreis. Dies sollte uns jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es den Protagonisten anlassbezogen durchaus immer wieder gelingt, eine mehrere hundert Personen umfassende, bis in den vierstelligen Bereich gehende Teil

nehmerzahl zu mobilisieren und berechtigte Sorgen mit scheinbar einfachen Argumentationsmustern aus dem rechtsextremistischen Bereich zu lösen suggeriert.

Leider mussten wir im vergangenen Jahr auch einen sprunghaften Anstieg von Anschlägen auf bestehende, geplante oder vermutete Flüchtlingsund Asylunterkünfte zur Kenntnis nehmen. So wurden von Januar bis Dezember insgesamt 71 Straftaten gegen solche Objekte verübt. Davon war in sieben Fällen wegen des Verdachts von Brandstiftungen zu ermitteln. Sie alle kennen die Bilder von brennenden Gebäuden. Auf den Zeitraum von Januar bis November bezogen, waren 32 davon der politisch motivierten Kriminalität von rechts zuzuordnen. Im Jahr 2014 waren es neun Straftaten gegen bestehende, geplante oder vermutete Flüchtlings- und Asylunterkünfte, von denen acht der politisch motivierten Kriminalität – rechts zuzuordnen sind.

Die Parlamentarische Kontrollkommission kann hier dem Innenminister nur zustimmen, wenn er sagt, dass diese Entwicklung der Gewaltbereitschaft und inakzeptabler Straftaten gegenüber anderen Kulturen alarmierend und besorgniserregend ist.

(Beifall CDU)

Im Zuge der hohen Zahlen der nach Deutschland einreisenden Flüchtlinge verstärkten sich nicht nur die rechtsextremistische Asyl-Agitation, sondern auch die entsprechenden Aktivitäten. Diese reichen unter anderem von Sachbeschädigungen, dem Verbreiten von Flyern über demonstrative Aktionen bis hin zu Straftaten wie Brandanschläge auf Unterkünfte. Überdies hat insbesondere die rechtsextremistische Propaganda und Hetze im Internet an Schärfe gewonnen, und – das werden mir meine Kollegen aus der Kommission sicherlich gestatten, wenn ich hier noch einmal hinzufüge – wir alle hier im Thüringer Landtag – das, denke ich, sage ich nicht nur für die Kommissionsmitglieder – sind entschiedene Gegner dieses menschenfeindlichen Vorgehens und wir werden uns dagegen zur Wehr setzen, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Demokraten in diesem Land werden dies tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Weisse Wölfe Terrorcrew – so die martialisch klingende Bezeichnung einer gewaltbereiten rechtsextremistischen Vereinigung – gründete sich im Jahr 2008 in Hamburg als Fangruppe der rechtsextremistischen Skinhead-Band Weisse Wölfe. Nachdem die Gruppierung zunächst vor allem subkulturell geprägt war, politisierte sie sich in den Folgejahren deutlich. Im Jahr 2012 rief die Weisse Wölfe Terrorcrew gemeinsam mit der NPD und Kameradschaften zu einer Demonstration in Hamburg auf, zu der mehrere

Hundert Nazis aus Deutschland kamen. Bereits in den Monaten zuvor gab es umfangreiche Aufmärsche. Nachdem die Gruppierung zunächst überwiegend im Hamburger Raum und weiteren Umland aktiv war, begann eine überregionale Expansion. So wurden in mehreren Bundesländern weitere sogenannte WWT-Sektionen gegründet. Sie setzten dabei insbesondere auf Rechtsrockkonzerte, um in der Szene an Einfluss gewinnen zu können und um neue Anhänger zu mobilisieren. Mitglieder der Gruppierung stehen im Verdacht, unter anderem Propaganda- und Körperverletzungsdelikte verübt zu haben.

Am 16. März 2016 hat der Bundesminister des Innern die Vereinigung verboten. Dem Verbot waren umfangreiche, mehrmonatige Ermittlungen vorausgegangen, unter anderem auch durch die Thüringer Sicherheitsbehörden. Im Rahmen des Vollzugs des Vereinsverbots kam es in zehn Bundesländern gegen führende Mitglieder, so auch beim Thüringer Sektionsleiter der Gruppierung in Erfurt, zu Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahmen. Dabei wurden in Erfurt unter anderem zahlreiche T-Shirts mit dem Aufdruck „Weisse Wölfe Terrorcrew“ und CDs sichergestellt. Insgesamt waren 15 Objekte und 16 Personen betroffen. Die Gruppierung war regelmäßig Gegenstand der Berichterstattung in der Parlamentarischen Kontrollkommission.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich nun zu einem weiteren Schwerpunkt der Parlamentarischen Kontrollkommission kommen, dem Phänomenbereich Linksextremismus. Im linksextremistischen Bereich lagen die Unterrichtungsschwerpunkte bei den Aktivitäten der autonomen Szene und hier insbesondere im Aktionsfeld Antifaschismus. Einer der Schwerpunkte war die Beteiligung an bürgerlichen Protestveranstaltungen gegen rechtsextremistische bzw. rechtsextremistisch dominierte oder beeinflusste Demonstrationen gegen die aktuelle Asyl- und Flüchtlingspolitik in Thüringen. Darüber hinaus kam es zu linksextremistisch motivierten Sachbeschädigungen und zu Hausbesetzungen. Zudem wiesen die Proteste gegen den 2. Wiener Akademikerball und gegen die Eröffnung der neuen Zentrale der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main Bezüge nach Thüringen auf.

Im Berichtszeitraum kam es wieder verstärkt zu sogenannten Outing-Aktionen gegen vermeintliche oder tatsächliche Angehörige der rechtsextremistischen Szene.

Im Rahmen des Landtagswahlkampfs 2014 mobilisierte die linksextremistische Szene zu Protestveranstaltungen gegen die NPD-Wahlkampftour. Im Zusammenhang mit der Landtagswahl kam es zudem auch zu zahlreichen politisch motivierten Sachbeschädigungen. Überwiegend wurden dabei Wahlplakate des politischen Gegners herunterge

rissen, teilweise entwendet, beschädigt oder verbrannt. Die in der Regel unbekannten Täter dürften zumeist im linksextremistischen Milieu verortet sein.

Wenngleich jeder Protest gegen die NPD mehr als gerechtfertigt ist – da sind wir uns hier im Hohen Haus sicherlich alle einig – ist nicht jede Protestform legitim, geschweige denn legal.

(Beifall CDU)

Vielmehr darf der Protest nur mit zulässigen Mitteln geführt werden. Gerade auch die Art des Protests sollte sich von der NPD unterscheiden. Die Begehung von Straftaten gehört jedenfalls nicht dazu und ist abzulehnen.

(Beifall CDU)

Darüber hinaus kam es im Februar des letzten Jahres auch zu mehreren Sachbeschädigungen durch Besprühen von Wohnhäusern von in Weimar lebenden Akteuren der rechtsextremistischen Szene bzw. durch Steinwürfe auf eine von der rechtsextremistischen Szene genutzte Wohngebietsgaststätte in Erfurt. Vor Ort fanden sich Symbole und Parolen der Antifaschistischen Aktion.

Anlässlich von rechtsextremistischen und rechtsextremistisch beeinflussten Demonstrationen kam es regelmäßig zu Blockaden und Blockadeversuchen aus dem linksextremistischen Spektrum. Neben Flaschen- und Eierwürfen sowie Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte kam es zu gefährlichen Körperverletzungen bei Polizisten, beispielsweise durch das Versprühen von Reizgas. Auch wurden personenbezogene Daten und Fotos von Angehörigen der rechtsextremistischen Szene auf einer einschlägigen Internetplattform veröffentlicht.

Linksextremisten suchen im Rahmen ihres spezifischen Antifaschismusengagements regelmäßig auch die Konfrontation mit dem politischen Gegner. Sie provozieren diesen mitunter im Verlauf von Demonstrationen gegen rechtsextremistische Kundgebungen. Auch Sachbeschädigungen an von der rechtsextremistischen Szene genutzten oder betriebenen Objekten gelten als legitim.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit Beginn der Sügida-Aktivitäten Anfang des letzten Jahres in Suhl formierten sich aus der Gesellschaftsmitte begrüßenswerte bürgerliche Proteste. Ein breites Bündnis, „NoSügida“ bzw. „Südthüringen gegen Sügida“, zog dabei zusätzlich auch Linksextremisten an. Einschlägige Gruppierungen thematisierten die Protestveranstaltungen im Internet oder mobilisierten dort zur Teilnahme. Zunehmend kam es jedoch zur Distanzierung von den bürgerlichen Protesten und zu deutlicher Kritik. Zum Teil kam es aus diesen Protestveranstaltungen heraus zu Sitzblockaden mit der Folge, dass die vorgesehenen Aufzugsstrecken nicht eingehalten werden konnten.

Im Rahmen dieser Aktionen waren auch Verstöße gegen das Versammlungsgesetz und Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte zu verzeichnen.

(Beifall CDU)

Allen diesen Protestveranstaltungen ist gemein, dass im Vorfeld auf einschlägigen Internetplattformen mobilisiert wird und im Nachgang Auswertungen auf entsprechenden Websites stattfinden. Wenngleich sich Linksextremisten an den bürgerlichen Protestkundgebungen beteiligten, stehen sie diesen gleichwohl kritisch distanziert gegenüber bzw. lehnen sie grundweg als nicht weitgehend genug ab.

(Beifall CDU)

Dieses Phänomen ist nicht neu; vielmehr haben wir bereits in unserem letzten Tätigkeitsbericht darauf hingewiesen. Aus den Gegendemonstrationen heraus wird bürgerlicher Protest als wenig wirksam angesehen und der Polizei regelmäßig eine Art Kumpanei mit den rechtsextremistischen Demonstrationsteilnehmern unterstellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich auf ein weiteres Ereignis aus dem Phänomenbereich Linksextremismus eingehen, welches Bezüge zu Thüringen aufweist. Aus Anlass des 2. Wiener Akademikerballs im Januar 2014 fanden Proteste und kritische Veranstaltungen unter Beteiligung auch deutscher Linksextremisten in der österreichischen Hauptstadt statt, die der Veranstaltung einen rechtsextremistischen Anstrich nachsagten. Auf einschlägigen Internetplattformen und auch im Rahmen einer Mobilisierungsveranstaltung in Jena wurde zur Teilnahme an den Protesten mobilisiert. Etwa 6.000 Menschen demonstrierten friedlich gegen die Veranstaltung. Aus einem circa 100 Personen zählenden sogenannten Schwarzen Block heraus kam es hingegen zu erheblichen Ausschreitungen. Es entstand ein Sachschaden in Höhe von 500.000 Euro.

(Beifall CDU)

Und auch an einer weiteren gewalttätigen Veranstaltung waren Thüringer Linksextremisten maßgeblich beteiligt. Bei den Protesten anlässlich der Eröffnung des Neubaus der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main im März des letzten Jahres kam es insbesondere in den frühen Morgenstunden zu massiven Ausschreitungen. Es wurden 150 Polizeibeamte verletzt, zwei davon schwer, und zahlreiche Polizeifahrzeuge beschädigt, einige davon sogar in Brand gesetzt. In der Folge kam es zu Identitätsfeststellungen und es wurden Platzverweise erteilt sowie Strafverfahren, unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, eingeleitet.

(Beifall CDU, AfD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Berichtszeitraum kam es auch vermehrt zu sogenannten Outing-Aktionen auf auch von Linksextremisten genutzten Internetportalen. Das Outing umfasst neben der Bekanntgabe personenbezogener Informationen im Internet wie Name, Anschrift, Fotos sowie der Auflistung politischer Aktivitäten auch die Verteilung von entsprechenden Flyern im Wohngebiet. Offenbar werden auch die Facebook-Eintragungen verfolgt und entsprechend wiedergegeben.

Linksextremisten setzen mit Outing-Aktionen darauf, mutmaßliche oder tatsächliche politische Gegner als Rechtsextremisten öffentlich zu machen und so über deren politische Aktionen – wie sie es nennen – „aufzuklären“ sowie diese nach Möglichkeit in ihrem privaten Umfeld und sozial zu isolieren. Outing-Aktionen können mitunter auch zu weiteren Straftaten führen. Insoweit sind verbale Attacken, Sachbeschädigungen, aber auch körperliche Übergriffe nicht auszuschließen. Ziel ist es, ein Bedrohungsszenario gegenüber der geouteten Person aufzubauen. Diese Vorgehensweise stellt vor dem Hintergrund möglicher Folgen und Gefahren für die Geouteten keine legitime Protestform gegen die rechtsextremistische Szene dar.