Wenigstens in der Hinsicht ist das Ministerium verlässlich. 2016/2017 gehen 750 Kollegen in Ruhestand. Dieses Jahr planen Sie 500 einzustellen, okay. Nein, okay ist es auch nicht. 2017/2018 gehen 940 Kollegen in den Ruhestand. 2018/2019, im Wahljahr, gehen 967 Kollegen in den Ruhestand. 2019/2020 gehen 1.030 Kollegen in den Ruhestand und 2020/2021 gehen 1.004 Kollegen in den Ruhestand. Das sind 4.691 Kollegen von 17.348. 27 Prozent aller Thüringer Lehrer gehen in den nächsten fünf Jahren in den Ruhestand.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist aber nicht erst seit vorgestern bekannt!)
Das ist unsere Hauptaufgabe, die wir in dieser Wahlperiode haben und außerdem natürlich auch die Bildung der zu uns gekommenen Flüchtlingskinder und die spezifische Förderung von Kindern mit Förderbedarf. Angesichts dieser Aufgaben erscheint es wenig sinnvoll, den Thüringer Schulen, Lehrern und Eltern jetzt eine zusätzliche Schulgesetzdebatte aufzuzwingen. Meine Damen und Herren, und weil Frau Rosin und Herr Wolf in seltener Einigkeit heute ergänzt auch um die AfD immer betonen, wie wenig Lehrer in den vergangenen Jahrzehnten eingestellt wurden. Erstens, Frau Rosin, war es Ihr Bildungsminister, der wie kein anderer in der letzten Landesregierung zusätzlich Geld für seinen Bereich erhalten hat. Was damit passiert ist, haben wir uns in den Schulen damals oft gefragt. Zweitens, Herr Wolf, Sie sollten doch aus Ihrer früheren Tätigkeit als Gewerkschafter genau wissen, wie sich die Schüler- und Lehrerzahlen in den Jahren nach der Wiedervereinigung entwickelt haben.
Gut, Sie haben nie an einer Schule gearbeitet. Sie haben vielleicht nicht gesehen, dass sich das bei den Schülern nahezu halbiert hat und bei den Lehrern ja gleich geblieben ist. Aber Ihnen dürfte nicht entgangen sein, dass es damals einen erheblichen Abfall in den Schülerzahlen gab. Anders als übrigens in der Gegenwart, wo Sie Verantwortung tragen; derzeit steigen die Schülerzahlen.
Die Bildungspolitik hatte damals, Frau Rothe-Beinlich, zwei Möglichkeiten, um auf diesen Überhang von Unterrichtsstunden zu reagieren. Der erste – den favorisieren Linke, Grüne, SPD wahrscheinlich –: Man hätte Tausende Kollegen entlassen können, so wie das in anderen Bundesländern leider passiert ist.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Als ob wir entlassen wür- den, das ist eine Frechheit!)
Was wollen Sie jetzt? Na klar, das ist doch Ihr Vorschlag. Das wäre die Alternative. Wir hatten zwei Alternativen. Man hätte Tausende Kollegen – Frau Abgeordnete, Sie können sich ja gern dort hoch setzen, da können Sie auch dazwischenrufen. Man hätte erstens Tausende Kollegen entlassen können oder zweitens: Man findet eine Möglichkeit, um die Herausforderungen der fehlenden Wochenstunden möglichst gleich zu verteilen und Kündigungen zu vermeiden. Dass das Floating und die Teilzeitverbeamtung nicht preisverdächtig waren, haben alle Bildungspolitiker immer gewusst und immer gesagt. Aber wir haben verhindert, zeitweise – Frau Taubert will davon wahrscheinlich nichts mehr wissen – haben wir sogar gemeinsam mit den Sozialdemokraten verhindert, dass Tausende Lehrer in Thüringen auf das Arbeitsamt gehen mussten. Und natürlich führt dies leider dazu, dass so ein hoher Altersdurchschnitt aufgebaut wurde. Aber ich finde: Lieber eine gesicherte berufliche Perspektive für die verdienten Lehrer auch aus DDR-Zeiten, die im System waren, als Existenzängste und Arbeitslosigkeit in den 90er-Jahren, wo das eben die Riesenherausforderungen waren und wo nicht zuletzt damals auch die PDS richtig von dieser Klientel profitiert hat. Vielleicht wollten Sie damals Missionärsklientel haben, deswegen ist das jetzt Ihre nachträgliche Forderung.
Leider hat das Urteil zur Vollzeitverbeamtung auch seine Schattenseiten. Klar haben sich damals Tausende von Lehrern gefreut – ungefähr 500 Euro im Monat, wer schlägt das aus? So hatte Thüringen aber 2008 schlagartig 1.500 Lehrer zusätzlich bei sinkenden Schülerzahlen. Die Schattenseite: Es gab eben auch damals Hunderte von Referendaren und einige ganz wenige befristet eingestellte junge Kollegen, die seit circa 2010 bis 2013 kaum berufliche Perspektiven im Thüringer Schuldienst beka
men und uns häufig verloren gegangen sind. Sie haben letzte Woche so ein Beispiel in der Zeitung lesen können, ich könnte Ihnen auch ganz persönlich Geschichten erzählen und ich glaube, fast jeder von uns kennt solche Beispiele.
Doch das Floating und die Teilzeitverbeamtung haben dazu geführt – als in der Hausleitung noch gemeinsam in die Zukunft gedacht wurde –, dass dieser große, sich deutlich abzeichnende Generationswechsel frühzeitig mit entsprechenden Strategien angegangen wurde. Deswegen wurden eben seit 2006 – und jetzt können die Linken gerne noch mal schön zuhören, das mögen sie nicht so gerne, wenn sie mit der Wahrheit konfrontiert werden – stetig die Referendarzahlen in Thüringen erhöht, bis sie dann 2015 durch eine linke Hausleitung abgebrochen wurden. Deswegen wurden die unbefristeten Einstellungen stetig auf 500 erhöht, bis dies 2015 durch eine linke Hausleitung aufgegeben wurde. Wo aber Stellen stetig erhöht werden, das ist im Leitungsbereich des Ministeriums: neuer Büroleiter, neuer Pressesprecher, zusätzlicher Pressereferent – in der Ausschreibung steht, man höre genau zu: „mit Humor“, kann ich verstehen. Aber der Hammer ist: auch eine zusätzliche Stelle mit dem Aufgabenfeld „Trainer, Coach für die Staatssekretäre“.
Und heute hört man ja jetzt ganz aktuell, dass scheinbar wieder personelle Umbrüche im Büro der Ministerin zu verzeichnen sind. Man kann es nicht verübeln, wenn da jemand die Handtücher hinwirft.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Regierungsfraktionen bejubeln sich für circa 470/480 Ersatzeinstellungen. Ja, das ist nötig und das ist gut so. Aber Sie wissen doch genau, wer diesen Korridor vorbereitet hat. Ihr Versagen liegt darin, dass Sie sich auf den Vorarbeiten der letzten Landesregierung, damals unter Minister Matschie, ausruhen. Sie ruhen sich darauf aus und drehen sogar getroffene Entscheidungen für mehr Einstellungen in den Thüringer Schuldienst zurück, wie das Beispiel der Referendare zeigt. Seit Längerem sagen wir Ihnen: Sie müssen die Einstellungsbedingungen für neue Lehrer deutlich verbessern und Sie müssen viel früher mit den Einstellungsverfahren beginnen. Thüringen kann es sich nicht leisten, weiterhin gute junge Lehrer in andere Länder abwandern zu lassen, nur weil sie aus anderen Ländern bereits mehrere Zusagen bekommen haben, bevor in Thüringen das Bewerbungsverfahren überhaupt begonnen hat. Wenn Sachsen nun die Rückkehr zur Verbeamtung erwägt – und das einzige Allheilmittel der SPD liegt ja aktuell auch in der Verbeamtung, interessant – und gleichzeitig in Sachsen Regelschullehrer zwei Gehaltsklassen über Thüringen eingestuft werden, wird das den Lehrermangel in Thüringen in nächster Zeit weiter verschärfen. Da hilft es auch nicht, sich jammernd an
den Tisch der Kultusministerkonferenz setzen zu wollen und die Attraktivität anderer Länder zu beklagen, was aktuell scheinbar die Strategie der Hausleitung ist.
Dass die Einstellungsbedingungen schlecht sind, hat nun endlich auch Herr Wolf erkannt; vorige Woche ein großes Interview in der OTZ – okay. Allerdings, Herr Wolf, für jemanden wie Sie als maßgeblichen Bildungspolitiker in der Regierung Ramelow mit Standleitung in das Büro der Ministerin oder der Staatssekretärin – je nachdem – ist es etwas dünn, einfach nur Interviews zu geben. Wir warten eben auf Ihre Anträge, auf Ihre Vorschläge, aber da kommt nichts hier im Parlament an. Es zeigt sich eher, dass Sie Ihre Arbeit hier nicht wahrnehmen und dass unsere Sondersitzung heute einmal mehr wirkt, denn Sie greifen unsere Vorschläge auf, diskutieren sie und hoffentlich überweisen Sie sie mit uns dann auch gleich an den Ausschuss. Und dass Sie uns des Öfteren in den letzten zwei Jahren hinterhergeeilt sind, zeigt doch die Tatsache, wie Sie mit unseren Anträgen aus dem Bildungsbereich umgehen. Ich sage nur, wo wir Ihnen vorneweg gelaufen sind und Sie uns hinterher gelaufen sind, ein paar Beispiele: Freie Schulen – wir hatten ein Gesetz dazu –,
(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schule für Flüchtlinge? Ihre Land- räte wollen die doch alle rausschmeißen!)
alles Anträge, die wir in das Parlament eingebracht haben, wo Sie dann nervös geworden sind und immer noch nervös werden, weil wir für Sie die Arbeit machen, Ihnen die Vorschläge liefern und Ihnen nichts Besseres einfällt, Herr Adams, als in der Opposition einfach zu schreien: Nein, das wollen wir nicht!
(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist unverschämt, was Sie hier für ein Zeug erzählen!)
ja, Grün wirkt, schön wär’s –, Grün wirkt jedenfalls bei manchen Sachen etwas schlecht, wenn man so an die aktuellen Beispiele denkt. Schwarz wirkt! Ich komme deswegen darauf, weil ihr da mal so einen vernünftigen Spruch hattet, vielleicht klappt es ja auch mal irgendwann, na ja.
Dann aber muss Thüringen dringend die Ausbildungsplatzkapazitäten an den Studienseminaren erhöhen. Das ist ein ganz wichtiger Vorschlag – ich habe das jetzt schon zweimal so leicht angedeutet, mir liegt das wirklich sehr am Herzen. Sie haben dafür gesorgt, dass die Referendarzahlen von eigentlich 600 im letzten Jahr auf 500 reduziert werden. Sich dann hier hinzustellen …
Sich dann hier hinzustellen und zu sagen, es wird nichts gemacht, das ist verkehrt. Wir haben heute hier 18 Forderungen vorgeschlagen. Wir würden diese Forderungen gern mit Ihnen im Bildungsausschuss weiter diskutieren, weil wir uns um unser Land sorgen und vor allem, weil wir in Thüringen eine gute und erfolgreiche Schulqualität erhalten wollen.
Herr Abgeordneter Tischner, Ihre Redezeit ist sogar um 30 Sekunden aufgestockt worden, weil die Ministerin länger geredet hat. Ich will nur darauf aufmerksam machen. Es gibt eine weitere Wortmeldung der Abgeordneten Rothe-Beinlich, Bündnis 90/Die Grünen. Sie haben das Wort.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, auch wenn es jetzt schon spät am Nachmittag ist, möchte ich zu Beginn auch noch allen Schülerinnen und Schülern, allen Lehrerinnen und Lehrern, allen Erzieherinnen, Sozialpädagoginnen, Schulsozialarbeiterinnen, allen an Schulen Tätigen einen guten Start in das neue Schuljahr wünschen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach dem, wie Mike Mohring diesen Tagesordnungspunkt für die CDU eröffnet hat, werde auch ich etwas anders beginnen müssen, als ich mir das eigentlich vorgestellt habe. Herr Mohring wirft einem Minister Schummelei vor, hat die Backen groß aufgeblasen
und hat auch behauptet, es wäre am Handeln des Ministers, der als Vater in einer Privatangelegenheit gehandelt hat, vieles gesetzlich falsch gewesen.
Herr Mohring, wie Sie sich hier vorn gebärdet haben: Es war und ist schlicht und allein schäbig, auf dem Rücken eines Kindes Politik zu machen.
Sie haben diese Sondersitzung missbraucht, um jemanden vorzuführen, dessen Schmähung Sie offenkundig nicht verkraften konnten, die vor über zwei Jahren passiert ist. Das hat sich sehr deutlich gezeigt, als Sie eben den Brief aus der sogenannten Zimmermann-Affäre zitiert haben. Aber ich will durchaus etwas zu diesem Fall sagen, denn, Herr Mohring, auch ich habe Kinder. Und ich kenne keine Eltern, seien sie Politikerinnen, Ärztinnen, Krankenschwestern, Kfz-Schlosser, Briefträger – ich kenne kein Elternteil, welches, nachdem es einen rechtsgültigen Bescheid von einem Schulamt bekommen hat und welches drei Tage vor der Zeugnisausgabe erfährt, dass das Zeugnis für das Kind entgegen dem bis dahin vorliegenden Bescheid nicht ausgehändigt wird, und erfährt, dass dafür eine Entscheidung aus dem Ministerium ursächlich sei, nicht eben bei diesem Ministerium nachfragt. Das ist völlig normal, dass Eltern sich darum kümmern, was ihren Kindern widerfährt.
Es ist völlig normal, dass Eltern nachfragen. Auch Justizminister sind mitunter Väter und Dieter Lauinger hat an dieser Stelle auch nur als Vater gehandelt, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Dann sagen Sie uns doch, Herr Mohring, wenn Sie die Backen so aufgeblasen und die Lippen so toll gespitzt haben, was am Handeln dieses Vaters gesetzlich falsch war. Er hat eine Ausnahmegenehmigung beantragt, er hat sie bekommen ohne Ansehen der Person – und das ist auch richtig so – und er hat nachgefragt, als es plötzlich alles anders kam, als er bis dahin glaubte, nachdem ihm die entsprechende Genehmigung aus dem Schulamt vorlag. Und auch Herr Busch vom Thüringer Lehrerverband, der Sie sich sehr laut und sehr deutlich in der Presse geäußert haben, alle Eltern sollen sich jetzt beim Ministerium melden, wenn sie ein Problem haben – ja, was denken Sie denn, was die Eltern bis jetzt gemacht haben? Was glauben Sie denn, wie viele Hundert Anfragen, Problembeschreibungen bei den Ministerien schon angekommen sind?
Ich weiß ja nicht, ob sich niemand mehr an Sie von der CDU wendet. Das kann ja sein. An uns wird sich gewandt. Auf meinem Schreibtisch stapeln sich die Brief von Einzelfällen. Fragen Sie mal Ihre Kolleginnen und Kollegen im Petitionsausschuss. Das sind alles Einzelfälle, die da vorgetragen werden. Und das ist auch richtig so in einem Rechtsstaat, dass man nachfragt, wenn man sich ungerecht behandelt fühlt oder wenn man meint, etwas nachfragen zu müssen. Da müssen Sie vielleicht auch noch den Begriff „Rechtsstaat“ lernen.
Und, Herr Mohring, weil Sie behauptet haben, der Minister hätte falsch zitiert, und sich dann hier vorn hinstellen und den Punkt 13 in der Durchführungsbestimmung zur Thüringer Oberstufe zitieren, aber nur den Punkt 3 des Punkts 13, werde ich Ihnen jetzt den Punkt 13 in Gänze verlesen, denn dann bricht auch dieses Kartenhaus, was Sie hier aufgestellt haben, in sich zusammen. Dann hören Sie genau zu, da heißt es – ich zitiere –: „Auslandsaufenthalte können bis zur Dauer eines ganzen Schuljahres genehmigt werden.“ Meine Anmerkung dazu: „Bis zur Dauer“ heißt auch „weniger als ein ganzes Schuljahr“, Herr Mohring. Das ist der Absatz 1 und der geht folgendermaßen weiter: „Der Schüler ist verpflichtet, während dieser Zeit eine Schule im Ausland zu besuchen. Der Schulbesuch ist nach Rückkehr nachzuweisen. Der Schüler besucht nach Rückkehr die Klassenstufe, in die er vor dem Auslandsaufenthalt versetzt worden ist. Findet der ganzjährige Auslandsaufenthalt während des Besuchs der Oberstufe statt, erfolgt keine Anrechnung der Zeit des Auslandsaufenthalts auf die Höchstverweildauer in der Thüringer Oberstufe.“ Ja, man muss umfänglich zitieren, denn es gibt auch noch einen Punkt 2, auch den werde ich jetzt noch verlesen, denn auch den haben Sie nicht vorgetragen: „Abweichend kann auf Antrag der Eltern bzw. des volljährigen Schülers der Schulleiter nach Anhörung der Klassenkonferenz vor Antritt des Auslandsaufenthalts außer in der Qualifikationsphase der Thüringer Oberstufe beschließen, dass dem Schüler die Möglichkeit eingeräumt wird, nach Rückkehr aus dem Ausland seine Schullaufbahn in der nächst höheren Klassenstufe fortzusetzen. Die Möglichkeit zum Vorrücken kann eingeräumt werden, wenn auf der Grundlage der bisher gezeigten Leistungen zu erwarten ist, dass der Schüler erfolgreich am Unterricht teilnehmen kann.“ Und dieser Absatz geht auch noch weiter, das haben Sie vorhin sehr gut wissend weggelassen und auch das halte ich nicht für redlich, meine sehr geehrten Damen und Herren.