Protokoll der Sitzung vom 17.08.2016

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Kräuter, DIE LINKE: Das ist ein Spekulant!)

Ach ja, wenn es nicht ein ehemaliger Kollege Bürgermeister wäre, würde ich jetzt was sagen.

Aber dazu und insbesondere zur Rolle des Datenschutzbeauftragten in dieser Angelegenheit komme ich später ohnehin noch einmal ausführlich.

Zurück zum Ausschuss: Zweifelhaft war auch, dass die Vertreter von Rot-Rot-Grün gegen das von meiner Fraktion beantragte Wortprotokoll stimmten, und dies,

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: So was!)

obwohl die Wogen der medialen Entrüstung über den Sachverhalt aus dem rot-rot-grünen Lager zuvor immens waren.

Meine Damen und Herren, es war bisher immer guter Brauch, wenn es um wichtige Dinge ging, dass man im Ausschuss ein Wortprotokoll macht, damit alle Dinge da drin festgehalten sind. Ich erinnere mich an die letzten Jahre, Herr Kollege Adams, weil wir gerade so schön im Gefecht sind, was Sie da immer gesagt haben. Aber erinnern Sie sich daran, wir haben sehr oft während unserer Regierungszeit selber Wortprotokolle gefordert und die Wortprotokolle sind dann auch angefertigt worden; dann hat man die Aussagen und Daten, die dann da sind.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist Ihre Sichtweise!)

Klar ist das meine Sichtweise. Seitdem Sie jetzt regieren, haben Sie das alles vergessen. Jetzt findet das alles nicht mehr statt. Sie regieren ja jetzt.

(Beifall CDU)

Da ist die Information nicht mehr so wichtig. Selbst der Ministerpräsident hatte sich hastig über sein Lieblingsmedium Twitter – ich könnte mal gucken, ob er gerade twittert, aber das wäre unanständig – eingeschaltet und Aufklärung gefordert und ver

sprochen. Das finde ich gut, Herr Ministerpräsident, dass Sie das gefordert haben und dass das auch versprochen wird. Das halte ich übrigens für selbstverständlich. Tatsache ist aber, dass die Landesregierung zahlreiche der aufgeworfenen Fragen im Ausschuss nicht oder noch nicht beantworten konnte und damit kaum Licht ins Dunkel brachte. Da frage ich mich, was die Landesregierung eigentlich berichten wollte – jetzt komme ich noch auf das zurück –, wenn das Sonderplenum bereits in der vergangenen Woche erfolgt wäre. Es war ja so gewollt. Gott sei Dank hat der Präsident oder die Präsidentschaft dort anders entschieden. Der Präsident – ja, Frau Präsidentin – hat entschieden und er hat richtig entschieden. Denn wäre hier was vorgetragen worden, wo keiner was Richtiges dazu sagen könnte – man kann die Öffentlichkeit auch über öffentliche Erklärungen informieren, Herr Minister, indem man sagt, dass hier Dinge da sind, worüber wir uns unterhalten müssen. Da kann man Rundbriefe schreiben. Da kann man sich öffentlich dazu äußern, kann man alles machen. Aber ob dazu eine Sondersitzung der richtige Punkt ist, daran möchte ich zumindest mal ein Fragezeichen setzen.

Unter anderem blieb unklar, warum sich die Hausspitze des Ministeriums erst Anfang August 2016 zu den angeblichen Verstößen in der Polizei öffentlich äußerte und den Landtag informierte. Es ist weiterhin unklar, ob und gegebenenfalls warum eine Kleine Anfrage 2013 von der Frau Kollegin Marx vom damaligen Finanzministerium tatsächlich fehlerhaft beantwortet wurde. Auch das muss selbstverständlich hinterfragt werden. Wer ein bisschen weiß, wie das läuft in den Häusern – ich habe mir das mal von jemandem berichten lassen: Das Finanzministerium war federführend. Dann stimmen die sich mit dem zuständigen Innenministerium ab. Dann geht das Ganze in die Staatskanzlei. Und da wird das noch einmal – und dann wird da die Antwort gegeben. Das ist sicher heute nicht viel anders, als das damals war.

Inzwischen ist bekannt geworden, dass die Hausspitze des Ministeriums durch ein an Staatssekretär Götze – das haben wir erst am Freitag erfahren – persönlich adressiertes Schreiben des zuständigen Staatsanwalts bereits Anfang Mai 2016 auf die Vorfälle aufmerksam gemacht worden war. Man höre und beachte das Datum: Anfang Mai! 6. Mai geschrieben, ich glaube, am 9. angekommen, an den Herrn Staatssekretär. Das ist natürlich dann die Hausspitze. Der Minister soll nicht involviert gewesen sein. Ungeachtet der ganz offensichtlich bestehenden persönlichen Verbindung von Absender und Adressat stellt sich zudem die Frage, was Herr Staatssekretär Götze bzw. die Hausspitze unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Detail veranlasst und unternommen hat. Auch der Fakt, dass es zwischen dem im Innenministerium zuständigen Abteilungsleiter 4 und Staatssekretär Götze

erst Anfang Mai 2016 zu einem Gespräch in dieser Angelegenheit kam, wirft kein gutes Bild darauf. Unklar ist überdies, warum das Innenministerium im Nachgang der im Februar 2014 erfolgten Aufschaltung der Landeseinsatzzentrale oder spätestens mit Abschluss der erweiterten Testphase nicht auf die angeblichen Verfehlungen aufmerksam und anschließend tätig wurde. Das war nämlich gerade die Übergangszeit Geibert, der Probelauf und dann der Übergang zum neuen Innenminister, wo man das hätte auch abschließend klären können. Hinzu kommt, dass der Innenminister am Freitag am Rande der Sondersitzung gegenüber dem MDR in einem Interview sagte, die Dienstanweisung hätte bereits seit drei Jahren überarbeitet werden können, aber nichts dazu sagte, warum die Überarbeitung nicht in den vergangenen 24 Monaten seiner Amtszeit erfolgte. Das hat er nicht dazu gesagt. Ich weiß nicht, was ihn da geritten hat oder was auch immer. Jedenfalls hat er es dort so gesagt. Unklar ist überdies, was mit jenen vom Datenschutzbeauftragten in einem Interview ins Spiel gebrachten schriftlichen Vermerken im Innenministerium geschah, die angeblich zu bereits gelöschten Telefonaten angefertigt worden sein sollen. Ohnehin, meine Damen und Herren, spielte der Thüringer Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit im gesamten Fall eine mehr als merkwürdige Rolle, die einer näheren Betrachtung bedarf. Ich will jetzt gar nicht groß auf dessen fragwürdiges und geheimnisvolles Gebaren im Innenausschuss am vergangenen Freitag sowie seine indirekten Vorwürfe gegen die aktuelle Hausleitung eingehen, sondern mich auf dessen Rolle im Zusammenhang mit der Dienstanweisung beschränken.

Meine Damen und Herren, aber eines muss ich Ihnen jetzt schon sagen, sonst platze ich irgendwann. Oder warte ich noch ein Stückchen?

(Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Da habe ich Angst, wenn du platzt!)

Da hast du Angst? Herr Ministerpräsident, man kann sich ja da rüber setzen, wo noch der Herr Kollege Hoff sitzt. Da wird es vielleicht nicht mehr so gefährlich.

Meine Damen und Herren, ein einmaliger Vorgang! Im Innenausschuss wird gefragt – und jeder weiß, wie das Ganze vonstattengeht; darauf hat auch der Herr Ausschussvorsitzende hingewiesen. Wenn wir die Fragen gestellt haben, der Herr Datenschutzbeauftragte kann im Innenausschuss reden und er muss reden, wenn der Ausschuss das will. So ist die Rechtslage. In dem Fall ging das Ganze hin und her und es wurde gefragt: Herr Datenschutzbeauftragter, seit wann wissen Sie das? Da musste man mehrfach nachfragen, um zu Antworten zu kommen usw. usf. Dann kommt das ganz Interessante, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen und die Koalitionäre müssten hier doch eigentlich

mit rot werden – Frau Marx wird schon ein bisschen rot, aber das liegt vielleicht an der Hitze hier. Ich will nur sagen: Was da passiert ist, meine Damen und Herren, ist mir in 26 Jahren noch nicht untergekommen. Da dreht sich der Herr Datenschutzbeauftragte Hasse – wer die Anordnung kennt, hier sitzt die Opposition, da sitzen die Regierungsfraktionen, hier sitzt der Datenschutzbeauftragte – nach rechts, vor allen Dingen in Richtung von Frau Kollegin Marx – die zwei sind ja ein enges Bündnis –, und sagt dort: Soll ich es jetzt schon sagen? Meine Damen und Herren!

Herr Abgeordneter Fiedler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kräuter?

Nein. Am Schluss, wenn das noch notwendig ist.

Dann sagt der unabhängige Datenschutzbeauftragte dort in allem Ernst: Soll ich was sagen? Das ist eine Ungeheuerlichkeit von Parteilichkeit sondergleichen, Herr Datenschutzbeauftragter!

(Beifall CDU, AfD)

Da können Sie grinsen, wie Sie wollen. Sie sind zwar unabhängig, aber so was hat es noch nicht gegeben, dass ein Datenschutzbeauftragter fragt: Soll ich was sagen? Es war gerade in dem Moment, als ich die Hände gehoben hatte, und wo Herr Dittes, der Vorsitzende, ganz geschickt darin ist, weil ich nämlich den Ausschuss drüber abstimmen lassen wollte – da hätte man mal gesehen, ob sie mitgemacht hätten oder nicht –, dass der Datenschutzbeauftragte berichten muss, dass das dann ganz geschickt wieder umgangen worden ist. Herr Dittes kann das alles recht gut. Aber ich will das nur verdeutlichen, wie hier gespielt wird. Ich bin mir noch nicht sicher, in welche Richtung das Ganze geht. Zwar ist allgemein bekannt, dass Herr Dr. Hasse dem Innenministerium gegenüber keine besondere Wertschätzung entgegenbringt und zumindest bis zum Regierungswechsel jede Chance nutzte, um gegen das Haus zu schießen, aber inzwischen scheint auch Herr Poppenhäger nicht mehr zum engeren Parteifreundeskreis von Herrn Hasse zu gehören. Das hat man im letzten Ausschuss deutlich gemerkt. Anders kann ich mir nicht erklären, warum seit dem offiziellen Bekanntwerden der sogenannten Abhöraffäre Anfang August 2016 offenbar keine Zusammenarbeit, Abstimmung oder Einbindung des Datenschutzbeauftragten mit dem Ministerium erfolgte. Das erfolgte nicht. Falls dies doch der Fall gewesen sein sollte, müssen Sie sich, Herr Minister, fragen lassen, warum Sie der Datenschutzbeauftragte im Vorfeld der Sondersitzung am Freitag nicht über seine – nach eigenen Angaben – angeblich bereits vor Tagen gewonnenen Erkennt

nisse aus dem LKA informiert hat, stattdessen aber den MDR, der die Meldung ganz zufällig punktgenau zur Sitzung am Freitag veröffentlichte. Den zuständigen Minister hat er aber nicht informiert. Das ging erst mal an die Medien. Man präsentiert sich ja gerne. Dem widerspricht auch der Innenminister nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU, AfD)

Nun sind uns die exzellenten Kontakte des Datenschutzbeauftragten zum MDR nicht erst seit Kurzem bekannt, aber man hätte durchaus erwarten können, dass der Datenschutzbeauftragte den zuständigen Minister zumindest über seine Erkenntnis informiert – noch dazu vor so einer Sitzung. Vorhin ist die informationelle Selbstbestimmung noch mal genannt worden. Hier geht es doch nicht um Peanuts, hier geht es um Dinge, die als Eingriffe – die Bürger betreffend – vor Ort passieren.

Da muss ich doch erwarten, dass insbesondere der Datenschutzbeauftragte, wenn er denn schon Erkenntnisse hat, die gefälligst auch weitergibt.

(Beifall CDU)

Das kann doch wohl nicht wahr sein! Dass auch Frau Kollegin Marx – wen wundert es – über die Erkenntnisse des Datenschutzbeauftragten im Bilde war, aber ganz offensichtlich ebenfalls auf eine entsprechende Information an Minister Poppenhäger im Vorfeld des Ausschusses verzichtete, ist bezeichnend.

Ungeachtet dessen ist hier dringend zu klären, welche Rolle Herr Hasse im Kontext mit der Dienstanweisung sowohl als Datenschutzbeauftragter als auch in seiner vormaligen Tätigkeit im Innenministerium spielte. Auch wenn Herr Hasse seine Vita auf der Homepage des TLfDI nicht aufführt, sollte allgemein bekannt sein, dass er als Referatsleiter 43 für Dienstanweisungen, Organisation sowie Aus- und Fortbildung zuständig war und damit auch mit der Dienstanweisung „Aufzeichnung von Telefongesprächsinhalten in der Thüringer Polizei“ in Berührung kam. Zudem hätte ihm als zuständigem Referatsleiter auffallen müssen, dass die jährlichen Berichte nicht vorgelegt wurden. Das ist ja vorhin genannt worden: In der ganzen Zeit sind lediglich drei Berichte eingegangen. Fünf sind es mittlerweile – gut, Herr Minister, vielen Dank für die Korrektur. Fünf Berichte liegen seit 1999 vor.

Zudem unterrichtete Herr Hasse Datenschutz als Dozent an der Fachhochschule Polizei und dürfte dabei kaum um die Dienstanweisung herumgekommen sein. Das kann ich mir jedenfalls nicht vorstellen. Auch während seiner anschließenden Tätigkeit beim Thüringer Datenschützer ist nicht auszuschließen, dass er 2008 bei der Verlängerung der Speicherfrist – die ist ja auf Forderung des Datenschutzbeauftragten von 90 auf 180 Tage erhöht worden. Damit kein falscher Eindruck entsteht – der Daten

schutzbeauftragte hat gesagt: Wir brauchen bei manchen Dingen länger Zeit, also bitte erhöht das von 90 auf 180 Tage.

(Zwischenruf Abg. Kräuter, DIE LINKE: Falsch!)

Das ist passiert. Es ist nicht auszuschließen, dass er da schon dabei war. Anders lässt sich auch nicht erklären, warum er die Dienstanweisung selbst als „juristisch nicht schlecht gemacht“ einstuft. Damit lässt sich als Zwischenresümee festhalten, dass Herrn Hasse die Dienstanweisung seit Jahren bekannt war oder zumindest bekannt sein musste. Meine Damen und Herren, das zeigt, wie hier ein unabhängiger Datenschutzbeauftragter agiert. Aber auch der Fakt, dass der TLfDI im Oktober 2015 das Innenministerium bat, zu ganz konkreten Fragen, welche im Kontext mit der Dienstanweisung standen, Stellung zu nehmen, ihm als Antwort aber lediglich die Dienstanweisung übersandt wurde, zeigt, dass er seit spätestens Dezember 2015 gegenüber dem Innenministerium untätig geblieben ist. Auch das muss man einfach mal festhalten.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Aber die, die die Dienstanweisung geschrieben und in Kraft gesetzt haben, sind nicht schuld?)

Wer keine Ahnung von der Materie hat, mit dem muss man jetzt nicht unbedingt hier diskutieren.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Erstaunlich!)

Das kann ja dann später noch passieren, da habe ich gar nichts dagegen.

Meine Damen und Herren, es bleibt festzuhalten, dass Sie, Herr Hasse, in der Sache als befangen gelten. Sie haben jetzt Ihre Konsequenz gezogen, indem Sie ganz schnell noch eine Pressemitteilung rausgeschickt haben. Ich fordere Sie trotzdem auf, Ihr Amt zumindest in dieser Angelegenheit – und von mir aus auch nicht nur in dieser Angelegenheit – bis zum Abschluss der Ermittlungen ruhen zu lassen.

(Beifall CDU)

Ganz klar: So was von parteilich habe ich von einem Datenschutzbeauftragten noch nicht erlebt. Weiterhin, meine Damen und Herren, habe ich auch schon den Präsidenten des Landtags über das unsägliche Verhalten im Innenausschuss informiert und werde diesen bitten, im Rahmen seiner Dienstaufsicht tätig zu werden. Immelborn lässt grüßen, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU)

Hier wird entsprechend nach Parteibuch gehandelt. Ich erinnere mich daran, ein Kollege hat mich heute

angesprochen und sagte, es war mal der Fall, wir brauchten dringend den Datenschutzbeauftragten. Da hat der Datenschutzbeauftragte gesagt, nein, er könne nicht kommen und hätte auch keinen Vertreter. Die zuständige Landtagsverwaltung hat festgestellt, der Datenschutzbeauftragte hat keinen Vertreter, darum konnte er keinen schicken. Jetzt schreibt er in seiner Pressemitteilung, er schickt seinen Vertreter im Amt usw. Ich wundere mich, warum der Vertreter im Amt eigentlich heute nicht hier sitzt.

(Zwischenruf Abg. Marx, SPD: Weil er nicht darf!)

Er kann sich ja auf die Tribüne setzen. Frau Kollegin Marx, der Landtag ist groß und weit und da oben sehe ich noch einige freie Plätze, da könnte man durchaus... Die Verteidigung durch Frau Kollegin Marx ist selbstverständlich;

(Beifall CDU)