Protokoll der Sitzung vom 24.08.2016

Sie haben auch an einer dritten Stelle nicht die Wahrheit gesagt, nämlich an der Stelle, als Sie gesagt haben, dass Sie zu keinem Zeitpunkt wahrgenommen haben, dass es ein Kompromissangebot seitens des Kultusministeriums gegeben hat, nämlich dass es das Angebot gab – nicht nur für Sie, sondern für eine weitere Familie –, die Leistungsfeststellung dann nachzuholen, wenn beiden Kindern das zeitlich möglich ist. Es gab aber dieses Kompromissangebot. Ihre Behauptung, Sie haben das nicht wahrgenommen, ist gestern ins Reich der Legenden verwiesen worden. Sie wollten – und das ist die Wahrheit – von Anfang an darauf bestehen, dass eine Versetzung ohne Leistungsfeststellung erfolgt. Das sieht aber das Thüringer Schulgesetz zu keinem Zeitpunkt – und auch nicht in Ausnahme für Sie – vor. Sie wollten Recht für sich reklamieren, das Ihnen nach den Gesetzen dieses Landes zu keinem Zeitpunkt zustand.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren! Deshalb müssen Sie sich auch gegenüber der Öffentlichkeit und vor allen Dingen gegenüber den Schülern – dankenswerterweise ist das gestern noch mal im Ausschuss vorgetragen worden –, gegenüber den aktuell 6.207 Schülerinnen und Schülern, die eine BLF absolviert haben, von denen 139 eine Ehrenrunde drehen müssen, rechtfertigen. Denen müssen Sie erklären, warum die einen die Prüfung machen müssen, durchfallen und die Klasse wiederholen müssen, und warum Sie für sich ein Privileg in Anspruch nehmen, was keinem in diesem Land zusteht.

Soweit wir gefragt haben und die Staatskanzlei gestern geantwortet hat, dass es statistisch nicht erfasst sei, will ich die Behauptung aufstellen: Es ist noch nie vorgekommen, seitdem die BLF eingeführt wurde, dass jemand auf der Grundlage, von der Sie behaupten, dass sie in den Gesetzen stünde, um die BLF herumgekommen ist. Es ist ein einmaliger Ausnahmetatbestand, den Sie für sich reklamiert haben, der keine Grundlage findet. Sie wollten Recht haben, was Ihnen nicht zusteht. Auch an dieser Stelle sei das noch mal markiert.

(Beifall CDU)

Sie müssen der Öffentlichkeit erklären, wie die Privatmannausrede, an der Sie tagelang festgehalten haben, aufgehen soll, wenn das halbe Kabinett von Rot-Rot-Grün in dieser Angelegenheit befasst war. Mit der Befassung Ihrer Kabinettskollegen haben

Sie die Privatangelegenheit zur politischen gemacht. Das ist der Fakt und der Gegenstand. Keinem Vater und keiner Mutter in diesem Freistaat Thüringen steht es je zu – und sie hätten auch nicht die Möglichkeit –, dass gleich drei Kabinettsmitglieder mit einer Sache befasst sind, die ins Private geht.

(Beifall CDU)

Dieses Privileg haben Sie aufgrund Ihres Amtes ausgenutzt.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben Ihr Amt an dieser Stelle missbraucht.

(Beifall CDU)

Sie sind der Öffentlichkeit die Erklärung schuldig, wie es denn sein kann, dass nach Ihrem morgendlichen Anruf am 20. Juni innerhalb von wenigen Tagen eine Entscheidung zustande kommt, die offensichtlich sonst im Behördenapparat Thüringens Tage, Wochen, vielleicht sogar Monate dauert, Gutachten geschrieben werden, Entscheidungen revidiert werden und plötzlich in neuer Qualität dargestellt werden. Und Sie müssen erklären – und das hätten wir vom Sofortbericht erwartet, wenn er denn angekündigt ist, dass Sie dies endlich aufklären –, wie die Vorgänge zwischen dem 20. Juni und dem 27. Juni wirklich gewesen sind. Das ist gestern im Ausschuss nicht der Fall gewesen. Aber es lohnt, an der Stelle nachzufragen, was nach einem Anruf am 20. Juni passiert ist, dem nochmaligen Anruf am 20. Juni, der durch die Ministerin Klaubert gestern erklärten abschließenden Entscheidung am 23. Juni und wie es denn sein kann, dass Sie im Vorbeigehen mit der Kultusministerin und dem Staatskanzleiminister – offensichtlich ohne sich anzugucken – klären, dass Sie mit der drohenden Entscheidung der Kultusministerin nicht einverstanden sind, daraufhin die Kultusministerin ein Gutachten aus der Staatskanzlei einfordert, obwohl diese doch schon am 23. Juni abschließend entschieden hat, und dann am 27. eine weitere Entscheidung gemacht wird, nachdem die Staatskanzlei fachlich anders votiert hat als sämtliche Fachjuristen und Fachleute im Kultusministerium. Diese Frage haben Sie nicht geklärt. Sie lohnt sich zu hinterfragen und sie ist notwendig zu hinterfragen, weil dieser Entscheidungshorizont nach wie vor im Dunkeln und im Nebel in Ihrem Haus und in Ihren Häusern liegt.

(Beifall CDU)

Sie müssen erklären, und das ist gestern vollständig zutage getreten, wie Ihre Ausrede, dass Sie sich als Justizminister in diesem Land auf Vertrauensschutz berufen, obwohl die Staatskanzlei gestern ausdrücklich und abschließend erklärt hat, dass die Mitteilung der Schule an Sie vom 10. Dezember 2015 von Anfang an und zu jedem Zeitpunkt rechtswidrig gewesen ist, wie Sie sich als Ju

rist und als Vertreter des Rechts in diesem Land, der das Recht wie seinen Augapfel hüten muss, darauf berufen können, Vertrauensschutz zu entwickeln auf Grundlage einer Mitteilung,

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es geht um § 48 Verwaltungsver- fahrensgesetz, Herr Mohring!)

die von Anfang an nur durch Feststellung der Staatskanzlei rechtswidrig gewesen ist. Ein Jurist in diesem Land, zumal der oberste Jurist in diesem Land, der kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, wenn er weiß, was Wort und Buchstabe in den Gesetzen sind und wenn er weiß, dass die Entscheidung rechtwidrig war, der kann sich nicht auf Rechtswidrigkeit berufen. Das steht einem Juristen und einem Justizminister nicht zu, sich auf Rechtswidrigkeit zu berufen und damit Vertrauensschutz zu begründen. Das ist einmalig und absurd, was Sie hier an den Tag gelegt haben.

(Beifall CDU)

Dass Sie in den ersten Stunden Ihrer Erklärungsversuche in Ihrer privaten Pressekonferenz versucht haben, die Öffentlichkeit zu täuschen, weil sie unvollständig aus der Rechtsnorm zitiert haben und tatsächlich als Justizminister, dem man zunächst Vertrauen durch das Amt entgegenbringt, erklärt haben, genau für Ihren speziellen, einzelnen Privatfall gäbe es rechtliche Regelungen im Land, und dann beim Nachschlagen herauskommt, dass Sie bewusst täuschten, bewusst schummelten, bewusst die Rechtsnormen unvollständig zitiert haben, um Ihre Rechtsposition zu untermauern, da kann ich nur sagen: Das können viele in diesem Land vielleicht probieren, aber der Justizminister darf das nicht mal fahrlässig tun. Und dass Sie es offensichtlich vorsätzlich getan haben, zeigt, dass Sie mit Ihrem Amt als Justizminister völlig überfordert sind und diesem Amt nicht gewachsen sind.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, es bedarf deutlicher und weiterer Untersuchungen zu folgendem Sachverhalt:

Gestern hat die Kultusministerin im Ausschuss erklärt, sie hat selbstständig entschieden, dass die rechtswidrige Formulierung der Mitteilung der Schule vom 10. Dezember 2015 – festgestellt die Rechtswidrigkeit auch durch die Staatskanzlei durch Erklärung gestern im Ausschuss –, dass diese rechtswidrige Formulierung aus der Mitteilung der Schule an die Familie Lauinger Eingang in das Zeugnis des Schülers und damit in eine Urkunde in diesem Land findet. Sie, Herr Minister, und Sie, Frau Ministerin, müssen erklären, wie dieser – ich behaupte das – deutschlandweit einmalige Vorgang zustande kommen kann, dass eine Kultusministerin ganz persönlich Formulierungen für ein Zeugnis formuliert und das Schulamt anweist, diese rechtswid

rige Formulierung, auf die ihre Hausjuristen seit Monaten ihr gegenüber hingewiesen haben, dass sie das nicht machen soll, Eingang in eine Urkunde dieses Landes finden kann. Das ist nicht nur unerhört, das ist nicht nur unangemessen, das ist nicht nur einmalig, sondern es ist auch unverschämt, was Sie sich erlauben, wie Sie Recht hier in diesem Land missbrauchen und Bananenrepublik spielen. Das hat dieses Land nicht verdient, so wie Sie sich als Regierung verhalten.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Soll ich dir mal eine Banane vorbringen?)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lieber Kollege Adams, das können wir gern machen. Sie waren gestern offensichtlich nicht die ganze Zeit bei Ohr. Aber die Ministerin hat erklärt, dass sie ganz persönlich die Verantwortung trägt, dass die Formulierung – das ist fast O-Ton, was ich jetzt sage – des Verwaltungsakts Eingang in das Zeugnis gefunden hat, weil sie das Schulamt angewiesen hat. Das muss man sich mal vorstellen. Die Entscheidung ist vom 10. Dezember 2015. Die Entscheidung der Ministerin nach dem Gutachten der Staatskanzlei ist vom 27. Juni 2016. Das heißt, dazwischen liegen sieben Monate durch Begutachtung der Fachleute und Feststellung der Rechtswidrigkeit. Dann weist die Ministerin an, dass diese rechtswidrige Formulierung nach sieben Monaten auch Eingang in ein Zeugnis findet. Sie werden keinen Kultusminister in diesem Land finden, der jemals eine Formulierung in einem Zeugnis persönlich angeordnet hat. Das gibt es nur hier bei RotRot-Grün.

(Beifall CDU)

Sie wollten alles besser machen. Sie machen alles schlechter in diesem Land. Sie sind den Ämtern nicht gewachsen und auch nicht würdig. Das ist das Ergebnis Ihrer Arbeit.

(Unruhe DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Hät- test du mal dein Jurastudium abgeschlos- sen!)

Sehen Sie – und das unterscheidet uns von Ihnen, ich will das gern an anderer Stelle noch machen, weil das in diesen Tagen auch Thema gewesen ist –, wenn wir jetzt in der Regierung wären und man stelle sich nur eine Sekunde den Sachverhalt vor, es hätte einer unserer Minister gemacht,

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

dann wäre der Oppositionspolitiker Lauinger wie 2013 sofort zum Staatsanwalt gerannt, weil er nicht der politischen Debatte gewachsen ist, sondern ge

meint hat, er muss das Politische durch den Staatsanwalt klären lassen.

(Beifall CDU)

Das ist doch der Sachverhalt.

(Unruhe DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Das ist doch hier Vergeltung für euch!)

Ich sage auch ganz klar für meine Partei und meine Fraktion, damit es kein Wackeln gibt: Wir führen die politische Debatte hier mit allen Instrumenten, die uns die Geschäftsordnung hergibt.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das merkt man!)

Wir rennen nicht zum Staatsanwalt. Das ist der Unterschied zu Ihrer Politik. Das unterscheidet uns von Ihnen. Politik wird hier drin gemacht und Politik wird nicht mit Maßstäben des Staatsanwalts gemessen, sondern mit den Möglichkeiten der Geschäftsordnung. Das unterscheidet uns von Ihnen, von Ihrem Handeln in der Vergangenheit, aber auch von dem Handeln aktuell. So wie Sie hätten wir nicht gehandelt.

(Beifall CDU)

Ich sage Ihnen ganz klar: Dieser Vorgang „Zeugnis“ muss geprüft werden, weil es natürlich spannend zu sehen ist, was denn die Aktenlage hergibt. Hat die Ministerin sich denn selbst hingesetzt und hat die Zeugnisformulierung geschrieben?

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wenn du dagewesen wärst und zugehört hättest, wüsstest du es!)

Oder gab es Fachleute, die ihr zugearbeitet haben? Oder gab es gar Außenstehende, die ihr die Formulierung für das Zeugnis als Hilfestellung gegeben haben, damit das Schulamt das Richtige aufnimmt?

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dann hätte man bei der Ausschusssitzung bis zum Ende dabei gewe- sen sein müssen!)

Dieser Vorgang, dass eine Kultusministerin Zeugnis schreibt und damit in die Inhalte eines Zeugnisses eingreift und bewusst und vorsätzlich auf einer rechtswidrigen Formulierung besteht, bedarf weiterer Nachfragen und Untersuchung. Er kann nicht so stehen bleiben. Sie haben nicht alles beantwortet. Sie haben neue Fragen aufgeworfen, neue Widersprüche sind zutage getreten. Wir müssen die Sachen weiter untersuchen. Sie sind Antwort schuldig geblieben.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, wenn man schaut, was ist da gestern Nachmittag und am späten Abend passiert, dann liest sich die Geschichte der Landes