Dass Niqab und Burka keineswegs irgendwelche beliebigen Kleidungsstücke sind, hat die Reaktion des Hauses auch bei der letzten Plenardebatte hinreichend gezeigt, als die Kollegin Muhsal mit NiqabVerschleierung den Landtag betreten hat. Da gab es plötzlich von allen Seiten Empörung über das Tragen eines solch unwürdigen Kleidungsstücks. Wenn ich die Aufforderung des Landtagspräsidenten an Frau Muhsal,
sich des Niqabs zu entledigen richtig deute, dann geht er wohl auch davon aus, dass das Tragen einer solchen Gesichtsverschleierung in diesem Hause untersagt ist. Das finde ich interessant, weil die Rechtslage insofern ziemlich diffus erscheint.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie verwechseln mal wie- der Plenum und Showbühne!)
Andererseits wäre es aber auch gut so, wenn die Rechtslage so wäre. Nur habe ich die leise Befürchtung, dass es bei der Toleranz der Altparteien für dieses Kleidungsstück hier im Landtag hauptsächlich darauf ankommt, wer drinsteckt. Das, meine Damen und Herren, das ist nicht gut, das ist willkürlich.
Alle in diesem Hohen Haus wissen, dass Niqab und Burka keine normalen Kleidungsstücke sind, aber Sie alle von den Regierungsfraktionen und von der CDU wollen die Konsequenz ihrer eigenen Einsicht nicht ziehen, weil Ihnen der Mut fehlt. Er fehlt Ihnen, weil Sie die Gefahr des religiösen Extremismus mit Ihrer Politik der offenen Grenzen überhaupt erst fahrlässig bzw. sogar vorsätzlich importiert haben und sich nun vor diesem Eingeständnis drücken.
Aber, meine Damen und Herren, um dieses Eingeständnis werden Sie nicht herumkommen. Es wird nur schmerzhafter für Sie werden, je länger Sie dafür brauchen. Das gilt auch für Sie von der CDU.
ein Verbot der Gesichtsverschleierung die betroffenen Frauen letztlich dazu zwinge, zu Hause zu bleiben. Ein Verbot würde die Frauen erst recht in die gesellschaftliche Isolation treiben und ihre gesellschaftliche Teilhabe unterbinden. Das ist ein besonders absurdes Argument, was auch in der letzten Debatte gebracht worden ist. Die Logik dahinter ist nämlich folgende: Weil diese Frauen von ihren Männern und religiösen Fanatikern ihrer Religionsgemeinschaft unterdrückt werden, weil das so ist, müssen wir das auch zulassen. Denn wir müssen zulassen, dass sie in der Öffentlichkeit unterdrückt werden, denn ansonsten werden sie ja nur zu Hause unterdrückt.
Besonders absurd ist diese Logik deshalb, weil die Vorgänger von Ihnen, also die 68er, damals noch den BH verdammten, weil der angeblich die Freiheit der Frau einschränkt, aber heute streiken sie für die Burka.
Spätestens hier kommt das nächste absurde Argument, nämlich dass muslimische Frauen das Tragen der Vollverschleierung selbst wünschen. Als ob diese Frauen jemals eine Wahl gehabt hätten. Was passiert denn mit Frauen oder mit Mädchen in muslimisch-patriarchalischen Familien mit einem gewissen religiös-extremistischen Einschlag, wenn die Frau oder das Mädchen Spaß an der verdorbenen westlichen Lebensweise entwickelt? Sie wissen es doch. Sie brauchen doch nur die Zeitung lesen. Im besten Fall werden diese Frauen und Mädchen in der eigenen Familie geächtet, in der Regel geht es viel rabiater zu und die schlimmsten Fälle sind Ihnen bekannt, von den Ehrenmorden ist ja regelmäßig in den Zeitungen zu lesen.
Wer durch solche Kulturgehirnwäsche herbeigeführte Verhaltensweisen bei Frauen als Freiheit der Frau verkauft, sich dann aber den Kampf für die Gleichberechtigung von Frauen sozusagen vorn auf die Brust schreibt und da den dicken Max macht, indem er Frauenquoten in Aufsichtsräten oder sonstige absurde Antidiskriminierungsregeln fordert, der muss sich nicht wundern, wenn sein Engagement für die Gleichheit aller Menschen als lächerlich und unglaubwürdig daherkommt.
Noch ein Argument wurde gegen den Gesetzentwurf vorgebracht, nämlich dass die Vollverschleierung bei uns in Thüringen ja kaum vorkomme. Um
so besser, sage ich. Dann ist es gerade jetzt Zeit, die Gesichtsverschleierung unter Verbot zu stellen. Denn jetzt ist das Problem vergleichsweise schnell zu lösen, jetzt wird es auch schnell akzeptiert, wenn wir eine entsprechende Regelung implementieren. Später braucht es wesentlich härtere Konsequenzen, um das Gebot durchzusetzen. Man sieht das in Frankreich. Im Übrigen geht es aber auch nicht um Quantität bei dem Problem, meine Damen und Herren. Es geht darum, Zustände wie im Westen Deutschlands oder in Berlin zu vermeiden, den öffentlichen Raum als Sphäre der Freiheit zu schützen und zu erhalten. Burka und Niqab sind ein Angriff auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit, die übrigens, lieber Herr Herrgott, grundgesetzlich geschützt ist. Da haben Sie also ihr konkret gefährdetes Rechtsgut, das Sie so gesucht haben. Und sie sind zudem, auch das ist ein grundgesetzlich geschütztes Rechtsgut, ein schwerer Eingriff in die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Ihr Tragen belegt zudem eine hartnäckige Form der Integrationsverweigerung und die Ablehnung, ja sogar die Verachtung unserer gesellschaftlichen Traditionen und Werte.
Es geht hier also um eine prinzipielle Frage, wie wir mit diesem Symbol der Unterdrückung und der Ablehnung in unserer Ordnung umgehen wollen und es geht darum, dass man solche Probleme zu einem Zeitpunkt löst, wenn es noch nicht zu schweren Folgen für die Gesellschaft gekommen ist. Das Verbot der Gesichtsverschleierung wäre also ein erstes wichtiges Instrument unseres Staats, den islamistischen Fanatikern und Integrationsverweigerern unter den muslimischen Männern ein deutliches Stoppsignal zu senden. Die Mehrheitsverhältnisse – wir haben es ja eben schon mitbekommen – und die Angst der Thüringer CDU vor Angela Merkels langem Arm werden das wahrscheinlich nicht zulassen. Aber die Mehrheitsverhältnisse werden sich ändern und auch Angela Merkel wird einem Politikwechsel nicht mehr lange im Weg stehen. Insofern geht von unserem Gesetzentwurf schon heute an alle islamistischen Integrationsverweigerer eine Botschaft aus, nämlich dass es mit der rot-rot-grünen und zum Teil leider auch schwarzen Toleranz von religiösem Fanatismus und archaischen Traditionen hier in Thüringen spätestens in drei Jahren vorbei ist.
Wir werden hier in Thüringen und allgemein im Osten Deutschlands nicht dieselben Fehler der Integrationspolitik begehen wie die westlichen Bundesländer. Als AfD-Fraktion sagen wir allen Muslimen, die im letzten Jahr zu uns gekommen sind, dass sie es schaffen müssen, ihren traditionell konservativen Islam in eine reine Religion zu transformieren, die nicht mit unseren Traditionen, Werten
und unserem Recht kollidiert, und zwar müssen sie das schnell hinbekommen. Das wird für viele Menschen eine schwere Herausforderung, manche kriegen es vielleicht auch leichter hin, aber je früher man sich dieser Herausforderung stellen muss, um so größer ist die Chance auf Erfolg und um so sicherer werden wir verhindern, dass sich islamistisch geprägte Lebensweisen auch in Thüringen festsetzen.
Und an alle islamistischen Fanatiker, die, egal ob Mann oder Frau, hierzu nicht bereit sind, an all die geht folgende Botschaft unseres Gesetzentwurfs: Ihr seid hier nicht willkommen. Und wenn in drei Jahren diese rot-rot-grüne Koalition ihr Ende gefunden hat und ihr immer noch da seid, dann werden wir euren religiösen Fanatismus und eure archaischen Traditionen nicht mehr mit Sozialpädagogen ergebnislos therapieren, sondern die Steuergelder dafür aufwenden, um euch Integrationsverweigerer loszuwerden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir haben gerade am Ende der Rede des Abgeordneten Möller gehört, worum es der AfD geht. Es geht nicht
um eine Debatte um Sicherheit, es geht nicht um eine Debatte um Integration. Es geht um eine Botschaft an Menschen in diesem Land, die Zuflucht gesucht haben. Und es ist eine Botschaft nicht nur des Unfriedens, sondern es ist eine Botschaft der Drohung.
Ich glaube, wir sind gut beraten, als Parlamentarier in diesem Land, die sich für Demokratie und Freiheit einsetzen, hier auch ein deutliches Signal auszustrahlen, dass es widerlich ist, derartige Botschaften von diesem Pult aus zu äußern.
Aber es schließt sich eben auch an den peinlichen Auftritt der Abgeordneten Muhsal an, am Rande des letzten Parlaments hier mit einem Niqab verkleidet zu erscheinen. Es war eine geplante Provo
kation der AfD. Die hat nicht zu Empörung wegen der Verschleierung, sondern zu Empörung wegen des Theaters geführt. Aber die als Provokation der AfD geplante Aktion von Frau Muhsal hat noch etwas anderes gezeigt, nämlich eine Parallelität mit Neonazis in dieser Stadt, die den Niqab nutzen, um im Ortsteil Marbach Stimmung gegen den Bau einer Moschee an dieser Stelle zu erzeugen, und dort seit einigen Wochen gemeinsam mit AfD-Funktionären mobilisieren und für diese Aktion in einem Niqab auftreten und Menschen ganz bewusst Angst machen und diese Stimmung für ihre Politik des Unfriedens ausnutzen wollen. Diese Parallelität hat die Aktion von Frau Muhsal deutlich zum Ausdruck gebracht und ich werde auf die inhaltliche Parallelität im Rahmen meines Beitrags noch mal zurückkommen.
Ich will aber auch deutlich sagen für die Diskussion, die wir öffentlich führen, Herr Herrgott, um der Frage notwendiger Rechtsänderung und möglicherweise der Verdeckung des Gesichts in bestimmten Zusammenhängen öffentlicher Rechtsgestaltung auch etwas zu begegnen: Wir haben tatsächlich in vielen Bereichen bereits ausreichend Regelungen, die das Verdecken des Gesichts verhindern, wenn es zur Durchsetzung und zur Abwehr von Gefahren notwendig ist, beispielsweise im Versammlungsrecht, aber auch im Straßenverkehrsrecht. Und jetzt zeigt sich doch die Frage ganz offen: Warum gibt es darüber hinaus überhaupt eine Notwendigkeit, über Vollverschleierung oder über Vermummung zu reden? Es gibt keine, jedenfalls nicht in Anbetracht der Zahlen, die ich in der ersten Lesung hier bereits genannt habe, es sei denn, man will getragen von einem politischen Klima eine Debatte führen, die sich ausschließlich – und ich sage wirklich ausschließlich – auf den Islam bezieht. Da werde ich Ihnen auch sehr deutlich sagen: Es nützt nichts in diesem Zusammenhang, wenn es uns darum geht, zu kultureller Veränderung beitragen zu wollen, auch im Zusammenleben mit Menschen, die möglicherweise andere Erfahrungen auch mit Geschlechterrollen in dieser Gesellschaft machen. Da will ich Ihnen noch mal ganz deutlich sagen: Wir sollten in der Bundesrepublik auch den Mund nicht zu voll nehmen. Bis vor 40 Jahren musste der Ehemann hier noch zustimmen, wenn die Frau arbeiten wollte.
Ich finde, in Anbetracht dieser Entwicklungsgeschwindigkeit, die wir hier vollziehen, sollten wir vielleicht die Hände öffnen, uns zum Dialog bereit erklären und gemeinsam mit Männern wie mit Frauen darüber streiten, wie das künftige Zusammenleben von Geschlechtern, auch von Menschen unterschiedlichen Glaubens organisiert werden sollte, und zwar nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch darüber hinaus, weil es eben keine Frage von
Nationalitäten ist, sondern eine Frage des Menschseins, wie Menschen miteinander umgehen, wie Menschen miteinander leben. Nur finden wir für diese Diskussion keine Bereitschaft, wenn wir mit Zwang und Verbot einem vermeintlichen Zwang und einem Verbot begegnen wollen,
weil das tatsächlich die wahre Situation vollkommen außer Acht lässt. Wie wenig die AfD tatsächlich vom Islam weiß – aber es interessiert sie im Prinzip ja auch gar nicht, das ist auch deutlich geworden –
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, das interessiert die überhaupt nicht!)
und wie wenig die AfD sich wirklich mit dem Islam beschäftigt hat, wird deutlich, wenn sich der Abgeordnete Möller hier vorn hinstellt und behauptet, für Männer gäbe es im Islam überhaupt keine Bekleidungsvorschriften. Es gibt in der Tat, meine Damen und Herren, sehr viele Bekleidungsvorschriften auch für Männer
im Islam und auch darüber sollten wir diskutieren, denn die finde ich auch überkommen, genauso wie Bekleidungsvorschriften für Frauen. Aber das ist eine andere Diskussion und diese Diskussion will ich doch gern führen und die will ich doch auch mit den Frauen, die zu uns kommen und muslimischen Glaubens sind, führen. Nur glaube ich, dass die AfD dafür kein Diskussionspartner ist, sondern Diskussionspartner genau für die Auseinandersetzung um die Rechte der Frauen sind doch in erster Linie die muslimischen Frauen, die eben den Niqab, die Burka und andere Kleidungsvorschriften nicht zu ihrer eigenen individuellen Entscheidung gemacht haben, sondern von sich selbst ein anderes Frauenbild entwickelt haben. Denn das sind die Frauen, die in erster Linie mit den Frauen kommunizieren und interagieren, die entweder per Zwang, religiöser Verbundenheit oder eben auch freiwillig auf derartige Bekleidungsvorschriften zurückgreifen. Da findet doch eine längst viel intensivere Debatte um die Rolle der Frau statt in den muslimischen Communities unter Frauen, als das, was Sie uns hier vormachen wollen.