diskriminierendes Süppchen kochen. Die Message – Sie haben dann am Ende auch die Botschaft gesagt –: Wer sich nicht Ihren Vorstellungen von Kleidung fügen will, der hat das Land zu verlassen. Das war das, was Sie sagen wollten, und diese Botschaft sollte hier von diesem Landtag ausgehen. Diese Botschaft geht von diesem Landtag aber nicht aus.
Das war das doch, was Ihr wunderbarer Herr Möller, in dessen Genpool ich auch nicht gehören möchte, dass der uns
weisgemacht hat, dass das die Botschaft an alle Muslima und Muslime sei, die sich hier in unserem Land integrieren wollen, dass dieses Ablegen von Kleidungsvorschriften, die man nicht lustig finden muss, sozusagen eine Voraussetzung dafür ist, dass man Integration hier in Deutschland bejaht oder nicht. Das ist nicht der Fall. Diese Toleranz bringen Sie nicht auf. Auf den Zusammenhang mit Ihrem merkwürdigen Wahlprogramm – ich habe mir das im Gegensatz zum Kollegen Fiedler angetan und habe es gelesen –, ist auch schon hingewiesen
worden. Sie sind alles andere als eine freiheitsliebende Partei. Sie sind alles andere als eine Verfechterin
der Gleichberechtigung von Frauen. Deswegen können wir einfach nur – ich muss schon sagen – mit Abscheu auf Ihre ständigen, erneuten Versuche reagieren,
Menschen, die in unserem Land Zuflucht gefunden haben, Menschen, die andere Vorstellungen religiöser Art und auch andere Vorstellungen von Kleidung haben, hier einfach zu diskriminieren und ihnen Nähe zum radikalen Islamismus, zum Terror
und zu sonstigen Dingen zu unterstellen. Also es ist wirklich einfach unwürdig. Wir lehnen Ihren Antrag erneut ab!
Es liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion der AfD in Drucksache 6/2558 in zweiter Beratung. Wer stimmt für den …
Es ist namentliche Abstimmung beantragt und ich bitte die Schriftführer, die Stimmzettel einzusammeln. Hatten alle die Gelegenheit? Ich bitte, meine Stimmkarte noch einzusammeln, Herr Kobelt. Ich schließe die Abstimmung und bitte um Auszählung.
Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen das Abstimmungsergebnis bekannt geben. Anwesende Abgeordnete zu Sitzungsbeginn: 85. Es wurden 76 Stimmen abgegeben. Mit Ja stimmten 7, mit Nein 69 (namentliche Abstimmung siehe Anlage 2). Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen (Gesetz zur Einfüh- rung von Verfassungsreferen- den) Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/2559
Ich will noch mal darauf hinweisen – ich hatte es aufgerufen –, dass wir bei Feststellung der Tagesordnung übereingekommen sind, das Gesetz in zweiter und dritter Beratung zu behandeln, wenn keine Ausschussüberweisung beschlossen wird. Wir beginnen mit der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs. Ich eröffne die Aussprache und als Erster hat Abgeordneter Kießling das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Abgeordnete, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuschauer auf der Tribüne, die Bürger sollen über Verfassungsänderungen abstimmen können. Das ist die klare Forderung, die die AfD hier vorgelegt hatte. Für solch eine Forderung erübrigt sich eigentlich jede Argumentation. Es ist schlicht Ausdruck einer demokratischen Notwendigkeit, dass die Bürger bei einer Änderung der Grundlagen des Staatswesens ein Wörtchen mitzureden haben. Das ist mal Fakt. Aber weil der Gesetzentwurf von der AfD kommt, musste man ihn natürlich ablehnen, so wie wir das häufig hier im Plenum erleben dürfen. Die ins Feld geführten Argumente grenzen mal wieder an Klamauk. Das geht schon damit los, diesen Gesetzentwurf als „mit der repräsentativen Demokratie nicht vereinbar“ zu bezeichnen. Bei Ihren Ausführungen, Frau Marx, waren Sie auf einem interessanten Holzweg. Holzwege sind schön, gerade wenn es ein Steg ist, der auf einen See hinausführt. Die Partnerländer von Thüringen nach der Wiedervereinigung waren nämlich neben Rheinland-Pfalz auch Hessen und Bayern. Und genau diese Bundesländer haben diese Regelung in ihrer Verfassung stehen, liebe Frau Marx. Es wäre schön, wenn Sie nebenbei zuhören würden, denn da können Sie nämlich mal lernen, dass unsere Forderung hier nicht irgendwo aus der Luft gegriffen ist, sondern dass andere Bundesländer diese Forderung, die wir hier vorbringen, bereits in ihrer Verfassung verinnerlicht haben. Mit Ihren Worten, Frau Marx: Sie diskreditieren das politische System jener, die Thüringen damals in den Stunden des Aufbaus geholfen haben und von denen Thüringen vieles übernommen hat. Auch hier sollte man sich an diesen Ländern ein Beispiel nehmen.
Aber die Verbiegung lässt sich noch steigern. Herr Scherer konnte nicht einmal selbst argumentieren, sondern er las aus einem Zeitungsartikel vor. Das sind die Folgen, wenn man 25 Jahre lang jede Stärkung der direkten Demokratie zu verhindern versucht hat. Es reicht aber nicht, die Worte des Prof. Patzelt aus dem Zusammenhang zu reißen, denn 1994 stimmte das Thüringer Volk über die Verfassung ab. Das muss man mal zur Kenntnis nehmen. Wir haben bereits schon mal abgestimmt.
Das war damals „ein unzulässiges Weiterreichen der Verantwortung des Parlaments an das Volk“. So bezeichnet es Herr Scherer. Da muss man sich wirklich fragen: Machen Sie mit Ihrer Kritik nicht den feierlichen Moment eines Referendums über die Verfassung kaputt? Und treten Sie damit nicht die eigene Thüringer Geschichte mit Füßen? Wenn die Verfassung durch eine Volksabstimmung ihre Weihe erhalten hat, dann ist folgerichtig, dass jede Änderung eine Volksabstimmung benötigt.
Herr Scherer, wussten Sie, dass der von Ihnen zitierte Artikel identisch ist mit dem Vortrag, den Herr Patzelt bei einem AfD-Kongress zum Thema „Direkte Demokratie“ gehalten hat? Ich sage das nur, damit Sie wissen, wo es herkommt. Aber hinter Ihren Worten, Herr Scherer, verbirgt sich die Angst vor dem Volk und zugleich der Hochmut, dass Sie alles besser wüssten. Aber weder das eine noch das andere ist der Fall. Die Bürger können die Regelungen der Verfassung sehr gut nachvollziehen und sie haben auch eine Meinung dazu. Nur die Bürger können als einziges und letztes Kontrollorgan dienen, wenn die Abgeordneten an die Grundlagen des Staatswesens Hand anlegen. Wer sonst soll die Abgeordneten kontrollieren, wenn sie in eigenen Fragen entscheiden? Erst wenn das Volk die Abgeordneten in ihrem Handeln überwachen kann, ist der Kreis der demokratischen Kontrolle geschlossen. Ich sage Ihnen: Die AfD wirkt!
Welche Überraschung, als wir letzte Woche in einer Zeitung gelesen haben, dass die Linken-Fraktionschefin über die Verfassung abstimmen lassen will. Gerade sagte die Linke noch, dass eine Ausweitung der Mitbestimmung per Referendum mit Demokratie nichts zu tun hat – und schon übernimmt Frau Hennig-Wellsow unsere Position. Sehr gut, Frau Hennig-Wellsow!
Vor drei Wochen erblickte die Linke im fakultativen Referendum nichts als Zwang und Diktatur. Aber die Diktatur haben Sie ja schon bis 1989 bewiesen. Und jetzt bringt die Linke den identischen Vorschlag ein. Ich sage noch einmal: AfD wirkt!
Dabei ist ganz klar, das der geistige Diebstahl unserer Ideen nicht dazu führen kann und wird, dass sich die Linke oder SPD oder CDU für eine Stärkung der direkten Demokratie einsetzen werden.
Was wir jetzt gerade sehen, ist eine beispiellose Posse, deren Titel „Umgang der Altparteien mit der direkten Demokratie“ lautet. Sie stehen sinnbildlich
für die fehlende Aufrichtigkeit der Politik in diesem Zusammenhang in diesem Haus gegenüber den Bürgern. Zuerst kommt die CDU in der Rolle des Datterichs und schlägt das fakultative Referendum vor. Wie glaubwürdig das ist, nachdem Sie, die sogenannten Christdemokraten, ein Vierteljahrhundert lang jegliche Teilhabe der Bürger verhindert haben, das fragt man sich. Die CDU hat die identischen Ideen der AfD-Fraktion kurz zuvor im Parlament abgelehnt und bringt sie jetzt geklaut wieder ein. An die Seite des Datterichs tritt nun der Geselle in Gestalt der Linken. Die verrät ihre eigenen Ideale und vollendet diese Posse, denn 25 Jahre lang stritt die Linke für mehr direkte Demokratie. Jetzt, da sie die Möglichkeit hat, dies umzusetzen, klagt sie vor dem Verfassungsgericht gegen ein Volksbegehren oder stellt vor dem Verfassungsgericht fest, ob es denn zulässig ist, dass der Bürger hier sein Wort erheben darf. Das ist ein Dolchstoß für die Glaubwürdigkeit der Politik in Thüringen, meine Damen und Herren.
Anstatt den Trennungsvorbehalt der Verfassung zu streichen – die Möglichkeit hätten Sie ja –, vollzieht die arme und hilflose Koalition jetzt genau die Regeln, die sie 25 Jahre lang abschaffen wollte. Die Bürger durchschauen Rot-Rot-Grün, sie erkennen, wie unaufrichtig die Altparteien hier handeln. Wenn Sie direkte Demokratie voranbringen wollen, liebe Regierungsfraktionen, wenn Sie wirklich Ihren Worten Taten folgen lassen wollen, dann ändern Sie die Verfassung und lassen Sie das Volk daran verbindlich teilhaben, so, wie es die AfD schon immer vorgeschlagen hat. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kollegen! Wie schon in der ersten Lesung zu diesem Gesetzentwurf der AfD möchte ich für die Linke-Fraktion betonen: Wir halten das Modell der fakultativen Referenden für das bessere Modell, denn dort werden die Bürgerinnen und Bürger selbst aus der Gesellschaft heraus aktiv und melden an, zu welchen Verfassungsänderungen, aber auch Änderungen zu sogenannten einfachen Gesetzen sie wirklich abstimmen wollen. Damit geben sie dem Parlament auch das Signal, welche Themen sie für so wichtig halten, dass sie sich diese Themen sozusagen zur eigenen Entscheidung zurückholen wollen. Die einem fakultativen Referendum vorangehende Unterschriftensammlung hat dann auch für die eigentliche Abstimmung eine
wichtige mobilisierende Wirkung. Die Sammlungsphase aktiviert die wichtige inhaltliche Diskussion zum eigentlichen Abstimmungsthema. Diese inhaltliche Diskussion soll ja möglichst breit und intensiv ausfallen, damit der Entscheidungsvorschlag vor der Abstimmung auf all seine Stärken und Schwächen geprüft ist. Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass in der Abstimmung dann auch die sinnvollste Lösung gewinnen kann.
Auf den in der ersten Lösung heftig geführten Wettstreit der beiden Fraktionen CDU und AfD, wer nun der angeblich wahre Erfinder des Referendums ist, möchte ich an dieser Stelle gar nicht eingehen. Man wird als Beobachterin oder Beobachter den Eindruck nicht los, dass es sich hier um eine gehobene Form des Spiels „Du hast mir mein Förmchen geklaut“ im politischen Sandkasten handelt.
Tatsache ist, dass die Schweiz das Modell des Verfassungsreferendums schon mehr als 120 Jahre praktiziert und dass sich vergleichbare Modelle mittlerweile auch schon in deutschen Landesverfassungen finden, zum Beispiel in Artikel 70 der Verfassung der Hansestadt Bremen. Bevor es die CDU oder die AfD aufgegriffen haben bzw. angesichts ihres jugendlichen Parteialters überhaupt aufgreifen konnten, gab es schon Protagonisten wie den Verein Mehr Demokratie, der schon lange für solche Instrumente streitet und wirbt.
Den Skeptikern von Referenden sei abschließend noch gesagt: Wir als Linke lehnen es ab, uns von Instrumenten der direkten Demokratie zu verabschieden, weil sich auch rechte Populisten dieser Instrumente bedienen können. Gegen rechtsorientierte Zeitgenossen ist die Beschränkung oder gar Demontage der Demokratie der falsche Weg, denn weniger Demokratie heißt mehr bevormundender Staat von oben – ein Konzept, das rechte Populisten und andere rechte Typen mit Begeisterung vertreten. Offensichtlich gehen rechte Populisten derzeit davon aus, dass sie in den gesellschaftlichen Diskussionen Oberwasser bekommen können, sonst würden sie keine direktdemokratischen Instrumente unterstützen. Denn diese sind eigentlich von ihrer Grundausrichtung her gesellschaftlich emanzipatorisch. Es geht daher vielmehr darum, die Demokratie auszubauen und mit praktisch relevanten, kritischen, humanen und emanzipatorischen Inhalten zu füllen.
Es geht darum, die gesellschaftlichen Debatten im Rahmen der direkten Demokratie aktiv zu nutzen, um in einer breiten öffentlichen Diskussion rechte und braune Inhalte als das zu entlarven, was sie sind: gesellschaftlich höchst schädliche Scheinlösungen, weil sie die Gesellschaft spalten, weil sie Menschen ausgrenzen und gegeneinander aufhetzen, weil sie versuchen, mit dumpfen, irrationalen Ängsten und Vorurteilen Menschen zu ködern.
Wir als Linke sind immer noch davon überzeugt, dass Menschen jederzeit zu kritischem, emanzipatorischem und solidarischem Handeln fähig sind und dass sie die Einsicht und Fähigkeit besitzen, zwischen den schädlichen rechten DumpfbackenScheinlösungen und gesellschaftlich wirklich sinnvollen Lösungen und Projekten klug zu wählen.