Protokoll der Sitzung vom 29.09.2016

Herr Abgeordneter Möller, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ja, ich komme gleich zum Schluss.

Nein, die Redezeit ist schon weit überschritten.

Na gut, danke.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Abgeordnete Rothe-Beinlich das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Religions- und Menschenverachtung, die wir eben von diesem Pult erleben mussten, spottet wirklich jeglicher Beschreibung.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen möchte ich jetzt versuchen, wieder sachlich auf das zurückzukommen, worum es eigentlich geht. Ich war Herrn Walk ausgesprochen dankbar für seinen sehr sachlichen Beitrag, den er hier zu Beginn der Debatte vom Pult gehalten hat. Das eigentliche Motiv der AfD ist ja spätestens mit der Rede von Herrn Möller offensichtlich geworden. Es geht offenkundig darum, sich über eine Neuauflage der Kopftuchdebatte mal wieder gegen eine vermeintliche Islamisierung zu positionieren. Wie viel das mit der Thüringer Lebensrealität zu tun hat, sei jetzt mal dahingestellt.

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Sie merken erst, dass es eine Islamisierung gibt, wenn Sie in einem Niqab stecken!)

Die Grundintention des Gesetzentwurfs liegt also mitnichten wie behauptet in einer Entschärfung weltanschaulicher und interreligiöser Konflikte. Nein, mit der Debatte über den Gesetzentwurf sollen vielmehr weiter Konflikte geschürt werden. Fragen aus dem Spannungsverhältnis zwischen Staat und Religion bedürfen aber einer differenzierten Betrachtungsweise und ich weiß, das fällt Ihnen von der AfD sehr schwer. Grundrechtlich geschützte Prinzipien wie – und jetzt müssen Sie es noch mal hören, Herr Möller – die Religionsfreiheit und auch das Neutralitätsgebot des Staats müssen in

jedem einzelnen Bereich des öffentlichen Dienstes gegeneinander abgewogen werden. Genau das will ich jetzt auch mit meiner Rede tun.

Wir haben da zum Ersten den religionsverfassungsrechtlichen Rahmen. Das Religionsverfassungsrecht des Grundgesetzes entwirft die Bundesrepublik als säkularen, nicht aber als laizistischen Staat. Im Gegensatz zum laizistischen Ansatz, der nämlich dazu tendiert, alles Religiöse möglichst aus dem öffentlichen Raum zu verbannen, bekennt sich der säkulare Staat zur religiösen und weltanschaulichen Neutralität und gewährleistet genau dadurch die religiöse Vielfalt im gesellschaftlichen Zusammenleben. Durch Artikel 4 Grundgesetz wird ein Raum geschaffen, aus dem sich ein individuelles Grundrecht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit ableitet. Als Bündnis 90/Die Grünen orientieren wir uns religionspolitisch im Übrigen am Menschenrecht der Glaubens-, Gewissens- und Weltanschauungsfreiheit. Das heißt, im Rahmen einer pluralen Gesellschaft ist es für uns maßgebend, das Recht des Individuums sowohl auf positive als auch auf negative Religionsfreiheit zu schützen. Das ist das, was Frau Marx auch schon ausgeführt hat. Jemand kann sich für den Glauben entscheiden oder eben auch nicht. Das ist genau das Recht eines jeden und einer jeden Einzelnen. Dabei stehen wir für einen Staat, der sich einerseits gegenüber Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften neutral verhält, der aber gleichzeitig den Rahmen gewährleistet, in dem Menschen ihr Grundrecht auf religiöse, auf persönliche Freiheit in religiösen und weltanschaulichen Fragen selbstbestimmt leben können. Für die Gesellschaft bedeutet das, das Spannungsverhältnis zwischen negativer und positiver Religionsfreiheit auszuhalten und die Bereitschaft, die Grenzen der Religionsfreiheit immer wieder neu auszuhandeln. Es gibt dazu einen sehr lesenswerten Artikel von Matthias Drobinski in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 1. Juli 2016, aus dem ich kurz zitieren möchte. Da heißt es: „Und die Härte, mit der um dieses Verhältnis gerungen wird, zeigt, wie sehr das Menschenrecht auf Religionsfreiheit ein Recht auf gegenseitige Zumutung ist – und sein muss. Der Andersgläubige und Andersdenkende ist ja immer eine Zumutung […]. Religionsfreiheit bedeutet aber, dies auszuhalten – und anderen den eigenen (Un-)Glauben zumuten zu dürfen. […] Das gegenseitige Recht auf Zumutung hat dort Grenzen, wo der Übergriff beginnt. Wo das ist, muss immer wieder neu und mühsam ausgehandelt werden.“

Wo die Grenzen der Religionsfreiheit in Bezug auf Bekleidungsvorschriften in den einzelnen durch den Gesetzentwurf aufgeführten Bereichen des öffentlichen Dienstes liegen, will ich nun für die einzelnen Bereiche noch einmal einordnen. Da haben wir zunächst das Kopftuchverbot an öffentlichen Schulen. Auch das hat Herr Möller allerdings wieder nur an

satzweise zitiert, nämlich nur solange es offenkundig zu seiner Ideologie passt. Seit 2015 ist ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrerinnen an öffentlichen Schulen durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig. Ein Verbot ließe sich demnach nur dann rechtfertigen, wenn von einer äußeren religiösen Bekundung wie beispielsweise einem Kopftuch eine hinreichend konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität ausginge. Das hat Frau Marx hier auch schon dargestellt. Diese Grundsatzentscheidung des Verfassungsgerichts hat Auswirkungen auf die Verbotsgesetze der Bundesländer, die diese nachjustieren müssen. Während einige Länder das bereits getan haben, ist dies allerdings noch nicht im Land Berlin, an dessen Neutralitätsgesetz sich der Gesetzentwurf der AfD anlehnt – Herr Walk hatte es erwähnt –, geschehen. Die bisherige Landesregierung –

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Der immer noch gilt!)

die müssen aber nachjustieren, Herr Möller, das müssen auch Sie anerkennen.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Nein, müssen wir nicht! Das ist totaler Unsinn!)

Doch das ist so. Das Bundesverfassungsgericht hat gesprochen. So ist das nun mal.

Die bisherige Landesregierung hatte entschieden, das Gesetz trotz des Verfassungsgerichtsurteils nicht zu ändern, während das Arbeitsgericht Berlin im April 2016 die Klage einer muslimischen Lehramtsreferendarin mit der Begründung ablehnte, es halte das Berliner Neutralitätsgesetz für nicht verfassungswidrig. Zuvor war jedoch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Abgeordnetenhauses zum Ergebnis gekommen, das Gesetz sei zumindest in Teilen verfassungswidrig.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Sie haben aber genau das Gegenteil gesagt!)

Da heißt es auf Seite 26: Der bisherige Berliner Gesetzestext lässt sich – wie im Gutachten im Einzelnen dargelegt – in dieser Hinsicht nicht verfassungskonform auslegen. Es besteht daher insoweit Änderungsbedarf. – Hört, hört, Herr Möller!

Der vorliegende Gesetzesentwurf der AfD ignoriert also die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und steht somit von vornherein unter verfassungsrechtlichen Vorbehalten.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das ist doch lächerlich!)

Er ist deshalb schon aus rechtlichen Gründen nicht zustimmungsfähig. Die Grundsätze des Verfassungsgerichtsurteils von 2015 bezogen sich nur auf schulische Lehrkräfte und können deshalb nicht automatisch auch auf andere Bereiche des öffentli

chen Diensts wie zum Beispiel die Justiz übertragen werden. Dennoch hält der ehemalige Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde das Urteil für auf Beschäftige in der Justiz übertragbar. Das Verfassungsgericht habe sich klar gegen ein generelles Kopftuchverbot im Staatsdienst ausgesprochen. Die Bekenntnisfreiheit könne nur bei einer konkreten Gefährdung eingeschränkt werden. Eine abstrakte Gefahr aber, die Beeinträchtigung der Neutralität etwa, sehe er nicht – so auch nachzulesen in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 28. Juni 2016.

Es darf jetzt also die Frage gestellt werden, ob durch Kopftuchträgerinnen die Neutralität der Justiz überhaupt gefährdet wäre. Hierzu exemplarisch der zurzeit vor dem Verwaltungsgericht anhängige Fall von Aqilah Sandhu in Bayern. Das Oberlandesgericht, an dem die Muslimin ihren juristischen Vorbereitungsdienst absolvierte, untersagte ihr nämlich als Referendarin das Tragen des Kopftuchs. Die Begründung war: „Kleidungsstücke, Symbole oder andere Merkmale“ können das „Vertrauen in die religiös-weltanschauliche Neutralität der Dienstausübung beeinträchtigen“. Das Oberlandesgericht bezog sich dabei auf eine Dienstanweisung des Justizministeriums von 2008. Sandhu, die aufgrund der Anweisung keine Zeugen vernehmen oder staatsanwaltschaftliche Plädoyers halten konnte, empfand ihre Ausbildung als unvollständig und klagte gegen die Entscheidung. Das Augsburger Verwaltungsgericht erklärte im Juni 2016 die Anordnung des OLG für ungültig, das Bayerische Justizministerium hat Berufung eingelegt.

Unumstritten ist, dass jeder Verfahrensbeteiligte ein Recht auf unvoreingenommene Richter und Staatsanwälte hat. Wenn Verbotsbefürworter wie der bayrische Justizminister allerdings durch das Kopftuch dieses Vertrauen durch das äußere Erscheinungsbild für erschüttert ansehen und für den Bürger nicht zumutbar halten, sprechen sie einer Kopftuchträgerin – hört, hört – damit indirekt auch die Fähigkeit zur Unabhängigkeit und Neutralität ab.

Sandhu gehörte in ihrem Studienjahrgang übrigens zu den Besten, hat an der Universität als wissenschaftliche Mitarbeiterin gearbeitet und Studierende unterrichtet. Sie sagt, sie habe auch aufgrund ihres eigenen Falls Vertrauen in den Rechtsstaat. Sie sagte: „Ich weiß, dass ich in 99 Prozent der Fälle vor nichtmuslimischen Richtern sitze, fühle mich aber dadurch nicht in geringster Weise benachteiligt oder voreingenommen behandelt.“

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Wenn ich so etwas immer höre!)

Es ist jedenfalls nicht gerechtfertigt, einer Kopftuchträgerin ohne konkrete Anhaltspunkte Befangenheit zu unterstellen. Ebenso wenig kann sich ein Prozessbeteiligter auf die negative Religionsfreiheit berufen, also die Freiheit, einen Glauben nicht aufge

zwungen zu bekommen, nur weil ihm eine Kopftuchträgern im Gerichtssaal gegenübersitzt. Eine Gesellschaft, die sich zur Pluralität bekennt – und wir tun das ja im Gegensatz zur AfD –, dürfte sich also auch an Richterinnen mit Kopftuch gewöhnen können. Die bisher weithin geübte Praxis, einerseits christliche Symbole im Gerichtssaal zuzulassen und gleichzeitig gegen einzelne Religionen gerichtete Bekleidungsvorschriften zu erlassen, kann nicht aufrechterhalten werden. Es sollte zumindest nach dem Grundsatz verfahren werden, entweder alle religiösen Symbole im Gerichtssaal zu untersagen oder eben keine.

Zum Kopftuchverbot bei der Polizei, den letzten im Gesetzentwurf angesprochenen Bereich des öffentlichen Dienstes: In Großbritannien – hören Sie mir zu! – dürfen Polizistinnen schon seit mehreren Jahren das islamische Kopftuch im Dienst tragen. Auch Schweden, Norwegen und Kanada erlauben das Tragen des Kopftuchs im Dienst. Kürzlich schlug übrigens der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Ruprecht Polenz vor, dem schottischen Beispiel zu folgen. So sagte er im „Berlin-Journal“ am 13. Juni 2016: „Das UK hat mit Muslimen mehr Erfahrung als Deutschland. Und Schottland macht um das Kopftuch offensichtlich weit weniger Gewese als wir. Aber gegen Bilder im Kopf kommt die Praxis nicht an. [...] Auf das Grundgesetz verpflichtet und polizeilich ausgebildet zeigen sie augenfällig, dass auch gläubige Musliminnen einen Männerberuf im Kernbereich staatlicher Souveränität ausüben können. Weil Sie auch einen männlichen Glaubensgenossen festnehmen können, wird aufs Schönste demonstriert, welches Recht in Deutschland gilt.“ Eine solche Diskussion im Bereich der Polizei mag für deutsche Verhältnisse zwar zunächst abwegig erscheinen, ich meine aber: Der Blick über die Grenzen sollte zeigen, dass es sich hierbei um eine lohnende Debatte handeln würde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir folgende Schlussbemerkung: Unsere Fraktion steht selbstverständlich zum Neutralitätsgebot des Staats. In generellen Verboten sehen wir allerdings keinen Beitrag zur Befriedung gesellschaftlicher Konflikte, im Gegenteil. Wir wollen Neutralität durch Pluralität schaffen. Da der vorliegende Gesetzentwurf außerdem an der Thüringer Lebensrealität komplett vorbeigeht und wir den vorgeblichen Regelungsbedarf nicht sehen, lehnen wir den Gesetzentwurf ab. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat sich Abgeordnete Marx noch einmal zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, es geht auch schnell. Es geht eigentlich nur noch um einen Satz: Das absolut perfide an dem Vorschlag der AfD ist doch, dass für ihre Islamophobie alle Religionen in Mithaftung genommen werden sollen, dass der Staat eben dann nicht mehr neutral, sondern areligiös zu sein hat.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Gehen Sie doch auch mal auf unsere Argumente ein! Wir haben Ihnen doch gesagt, warum wir das machen!)

Nein, das steht in Ihrem Gesetzentwurf. Sie haben jetzt keine Redezeit mehr. Jetzt müssen Sie mich hier auch mal anhören. Ich habe Ihnen ja auch zugehört. Es ist mir schwergefallen bei Ihren merkwürdigen Äußerungen. Aber ich kann es noch einmal sagen: Wegen Ihrer Islamophobie nehmen Sie sämtliche anderen Religionen in Mithaftung und Sie wollen deswegen auch jedem Lehrer, jeder Lehrerin verbieten, ein Kreuzchen um den Hals zu tragen. Und das lassen wir uns nicht gefallen.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Das Wort hat für die Landesregierung Minister Lauinger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, dem Gesetzentwurf der AfD-Fraktion zu einem Thüringer Neutralitätsgesetz lehnt die Thüringer Landesregierung ab. Der Gesetzentwurf zielt zum einen darauf ab, Lehrkräften und anderen Beschäftigten mit pädagogischem Auftrag in Schulen sowie Beschäftigten in Kindertageseinrichtungen in staatlicher Trägerschaft zu verbieten, während der Dienstzeit sichtbare religiöse oder weltanschauliche Symbole sowie auffallend religiöse oder weltanschaulich geprägte Kleidungsstücke zu tragen. Ausgenommen davon soll nur die Erteilung von Religionsunterricht sein. Doch der Gesetzentwurf geht sogar noch weiter. Es soll dort auch explizit geregelt werden, dass alle Bediensteten, Beamte wie Angestellte und Auszubildende, die im Bereich des Justizvollzugs, in der Rechtspflege oder der Polizei tätig sind, während der Dienstzeit keine sichtbaren religiösen oder weltanschaulichen Symbole sowie keine auffallenden religiös oder weltanschaulich geprägten Kleidungsstücke tragen dürfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein solches Gesetz brauchen wir hier in Thüringen nicht.

(Abg. Rothe-Beinlich)

(Beifall DIE LINKE)

Wir brauchen es schon deswegen nicht, weil für solche pauschalen und undifferenzierten Verbote kein Bedarf besteht, weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das haben Ih- re Leute mitgetragen! Das gibt es doch gar nicht!)

So ist im Bereich des Justizvollzugs und der Polizei das Tragen der Dienstkleidung bereits hinreichend geregelt. Das gilt ebenso für das Tragen einer Amtstracht im Bereich der Rechtspflege. Ich verweise an dieser Stelle wie meine Vorrednerinnen und Vorredner auf die einschlägigen Bestimmungen des Thüringer Beamtengesetzes und des Thüringer Ausführungsgesetzes im Gerichtsverfassungsgesetz. Und für ein gesetzliches Verbot für Lehrkräfte und Beschäftigte in Kindertagesstätten, während der Dienstzeit sichtbare religiöse oder weltanschauliche Symbole sowie auffallende, religiöse oder weltanschaulich geprägte Kleidungsstücke zu tragen, sieht die Landesregierung keine Notwendigkeit. In dem Gesetzentwurf wird unterstellt, dass eine Beibehaltung der derzeitigen Rechtslage eine Verschärfung der weltanschaulichen oder interreligiösen Konflikte mit sich bringen würde. Aber wodurch werden interreligiöse Konflikte verschärft? Ich sage es ganz deutlich: Nach meiner Einschätzung werden die nicht durch diese bisherigen Regelungen, sondern durch die islamfeindliche und ausgrenzende Politik der AfD verschärft.

(Beifall DIE LINKE)

Und es ist möglicherweise genau das, was sich hinter diesem Gesetzesantrag verbirgt. Es soll wieder ein Zeichen gesetzt werden gegen das Tragen eines islamischen Kopftuchs, und das unter dem Deckmantel der staatlichen Neutralität. Unbestritten ist der in Artikel 7 Abs. 1 Grundgesetz enthaltene staatliche Erziehungsauftrag unter Wahrung der Pflicht zur weltanschaulich-religiösen Neutralität zu erfüllen. Der demokratische Gesetzgeber hat aber hierbei das normative Spannungsverhältnis zwischen allen betroffenen Verfassungsgütern zu lösen und zu diesen zählt – auch darauf haben bereits zahlreiche Vorredner hingewiesen – auch das in Artikel 4 Abs. 1 und 2 Grundgesetz verankerte Grundrecht auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 27. Januar 2015 klar und unmissverständlich ausgeführt, dass ein Verbot des Tragens eines islamischen Kopftuchs nur dann zu rechtfertigen ist, wenn eine hinreichend konkrete – und ich unterstreiche noch einmal das Wort „konkrete“ – Gefahr für den zur Erfüllung des Erziehungsauftrags notwendigen Frieden oder die staatliche Neutralität feststellbar ist. Generell ist eine solche Regelung nicht verfassungsgemäß. Es ist bezeich