Protokoll der Sitzung vom 30.09.2016

Die genannten und umgesetzten Maßnahmen von 2015 – der höhere Beitrag in der Pflegeversicherung für kinderlose Beitragszahler, die beitragsfreie Familienversicherung in der Krankenversicherung und nicht zuletzt die Anerkennung der Kindererziehungszeiten für die gesetzliche Rentenversicherung – bestätigen uns in der Auffassung, dass der Bund seiner Verpflichtung gegenüber den Familien mit Kindern nachkommt, sie ständig auf den Prüfstand stellt und darauf eingeht. Damit erscheint die Aufforderung an die Landesregierung für eine Bundesratsinitiative unangemessen und aussichtslos. Nichtsdestotrotz fordert auch die CDU-Landtagsfraktion von der Landesregierung eine stärkere Unterstützung der Familien in Thüringen ein. Dies muss sich allerdings, anders als von der AfD gefordert, auf die Bereiche konzentrieren, in denen sie Gesetzgebungskompetenz und damit verbundene Gestaltungsmöglichkeiten hat. Hier fehlt es seitens der Regierungskoalition allerdings bisher an klaren Konzepten und zeitnahen Planungen zur Entlastung von Familien.

Frau Ministerin sprach es an, momentan ist das Landesprogramm für solidarisches Zusammenleben der Generationen in der Findungsphase – so will ich es einmal nennen – und soll bis Mitte 2018 in Kraft treten. Wir werden genau verfolgen, Frau Ministerin, was Sie mit diesem Programm umset

(Ministerin Werner)

zen, was Sie Gutes für die Familien tun und wie Sie es realisieren.

Zuletzt noch einmal zurück zum Antrag in Punkt 3. Den in Ihrer Begründung in Erwägung gezogenen Anreiz für Arbeitgeber, durch geringe Beiträge potenzielle Arbeitnehmer einzustellen, halte ich für vage. Letztendlich werden die Qualifikation, die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt und die Flexibilität des Arbeitnehmers wesentliche Grundlagen für eine beabsichtigte Einstellung sein. Grundvoraussetzung ist hier wohl eher beispielsweise flexible Kinderbetreuung in bezahlbaren Kindertageseinrichtungen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Aus diesen Gründen werden wir diesen Antrag ablehnen. Danke.

(Beifall CDU)

Danke schön, Herr Thamm. Als Nächste hat Abgeordnete Stange für die Fraktion Die Linke das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, der Antrag, der uns heute in der Drucksache 6/2546 vorliegt und der im Frühjahr schon einmal durch die AfD eingereicht worden war, ist ein beredtes Beispiel dafür, wie Populisten hier in diesem Landtag Politik machen wollen und der Menschheit das Thema „Soziale Gerechtigkeit“ vorgaukeln.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Diesem Antrag kann man nur das Stoppschild vorhalten: Mit uns nicht!

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Auch die Linke und die Koalition stehen für faire und angemessene Anerkennung der Erziehungsarbeit. Wir sind auch dafür, dass die Unterstützung von Familien und Kindern und Menschen mit Kindern in den Familien gut organisiert und perspektivisch besser unterstützt wird – auch um dem in Deutschland, aber auch in Thüringen immer noch bestehenden Problem, und ich sage es hier etwas zugespitzt, des Armutsrisikos Nummer 1 der Kinder endlich entgegenzuwirken.

Allerdings – das ist die gute Nachricht an der Stelle – haben wir von der Böckler-Stiftung erfahren können, dass Kinderarmut in Thüringen in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Das heißt aber nicht, dass man sich mit den Zahlen zufriedengeben muss. Es heißt auch nicht, dass man an der Stelle nichts mehr für Familienfreundlichkeit und für die Unterstützung der Kinder tun muss. Für Familien – und das ist sicher – muss es ein menschenwürdiges Existenzminimum geben. Davon sind wir meiner Meinung nach in Deutschland weit entfernt.

Im Folgenden werde ich ein paar Tatsachen und Argumente benennen, mit denen wir klarmachen – wenn ich sage „wir“, dann ist das die Auffassung der Koalitionsfraktionen –, warum der Antrag der AfD abgelehnt werden muss. Er geht unserer Meinung nach von einem veralteten, konservativen Familienbild aus und tritt inhaltlich ein falsches und unbrauchbares Lösungsmodell an, er greift unserer Meinung nach viel zu kurz. Wir halten eine Art Familienfinanzausgleich über eine Beitragsermäßigung für Beitragszahler mit Kindern gesellschaftspolitisch für falsch, nicht nur im Blick auf die Pflegeversicherung, sondern auch auf die anderen Versicherungszweige wie Krankenversicherung und Rentenversicherung. Diese unterschiedliche Behandlung in den Beitragszahlungen stellt eine Schwächung des Solidarprinzips zwischen den Versicherten und den Beitragszahlern dar. Dieses Solidarprinzip ist für die gesetzliche Sozialversicherung prägend und unverzichtbar, werte Kolleginnen und Kollegen. Die gesetzliche Sozialversicherung als Solidargemeinschaft begründet und definiert genau dieses Prinzip. Auch deshalb fordern die Fraktionen, die hier Rot-Rot-Grün seit gut zwei Jahren stellen, dass es eine Bürgerversicherung geben muss. Wir fordern auch, dass es zur Einzahlung für Beamte und auch Abgeordnete kommt, denn

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

dann wäre eine wirkliche solidarische Finanzierung der Versicherungssysteme machbar. Einen ähnlich fatalen Angriff stellt der unzulässige Angriff auf die Versicherungssolidarität dar, das Einfrieren der Arbeitgeberbeitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung – wie Sie das fordern. Damit ist die Beitragszahlerparität zerstört und die Arbeitgeber sind praktisch nur noch zu festen Basisbeiträgen verpflichtet. Das, werte Kolleginnen und Kollegen, sollte mit uns als rot-rot-grüner Koalition weiß Gott nicht machbar sein.

Doch zurück zum Thema „Existenzsicherung von Familien“. Statt für Beitragsunterschiede in der Sozialversicherung zu plädieren, sollte es als einen wichtigen Baustein einen Familienausgleich oder einen Kinderausgleich im Steuerrecht geben. Das Steuerrecht ist unserer Meinung nach der passende Regelungsort für solche Umverteilungsmechanismen zugunsten von Familien und Kindern. Ein weiterer passender Regelungsort für Existenzsicherung und wirksame Unterstützung von Kindern und Familien ist das Sozialrecht, wie zum Beispiel bessere Leistungen im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII, bessere Berücksichtigung von Kindern in Familien bei der Ausstattung von existenzsichernden Leistungen wie beim ALG II, bei der Sozialhilfe, aber auch beim Kindergeld.

(Abg. Thamm)

Uns als Linke ist es an der Stelle noch einmal wichtig zu sagen: Das falsche System kann im Moment nur überwunden werden, wenn auch die Hartz-IVRegelsätze endlich so angepasst werden, dass Kinder nicht als kleine Erwachsene gesehen werden, sondern wirklich einen Kindern entsprechenden Hartz-IV-Satz bekommen.

(Beifall DIE LINKE)

Das Freibetragsmodell und das Modell der Zahlungserleichterung kommen nur den Leuten zugute, die viel Einkommen und Vermögen haben und die sie auch zur Zuzahlung verpflichten. Menschen, die von Transferleistungen leben, die geringe Einkünfte haben, die also finanziell am Rande der Gesellschaft stehen, denen bringen solche Modelle, wie sie hier bereits angesprochen worden sind, überhaupt nichts.

Ich möchte noch einmal auf das Urteil zur Pflegeversicherung eingehen, welches das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1992 gefällt hat. Es sagte eindeutig, die Pflegeversicherung könne nicht dafür herangezogen werden, in allgemeiner Form Kosten der Kindererziehung auszugleichen. Es sei vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe im Rahmen des Familienlastenausgleichs, der vorzugsweise im Steuerrecht und beim Kindergeld durchgeführt werde. Das haben schon die Bundesverfassungsrichter im Urteil vom 7. Juli 1992 bestätigt. Hier sage ich – und Frau Ministerin hat es in ihrer Darlegung noch einmal formuliert: Wir haben hier überhaupt keine Möglichkeit, an der Stelle anders zu agieren. Die Urteile sind eindeutig. Hier möchte ich auch auf den Antrag der AfD-Fraktion hinweisen, in dem in der Begründung auf Seite 1 meiner Meinung nach einiges falsch formuliert ist. Sie nehmen die Entscheidung von 2001 auf und haben aber gleichzeitig dort die Jahreszahl 2011 formuliert. Ich denke, es ist nicht nur ein Tippfehler, sondern Sie haben mit dieser Darlegung Ihrer Antragsbegründung wie immer versucht, wählerisch und tendenziös Anträge zu stellen und Menschen zu verwirren.

Ich kann an der Stelle nur für die Koalitionsfraktionen sagen: Mit uns ist so eine Antragstellung nicht durchzuführen. Wir lehnen diesen Antrag ab und wir wissen: Die Landesregierung wird sich in den kommenden drei Jahren auf Bundebene für die Verbesserung des Kinder- und Familienrechts einsetzen. Wir wissen aber auch, hier im Lande sind weitere familienpolitische Maßnahmen vorgesehen, Frau Ministerin hat es bereits erwähnt. Ich denke, zur gegebenen Zeit können wir auch hier über diese Maßnahmen reden. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke. Als Nächster hat Abgeordneter Höcke für die AfD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Ministerin Werner, Sie können sich sicherlich denken, dass mich Ihre Argumentation bezüglich der Zurückweisung der Bundesratsinitiative durch die Landesregierung nicht überzeugt hat. Ich denke, dass es ein guter erster Schritt wäre, diese Initiative einzuleiten, denn mit dieser Initiative wäre eine große mediale Aufmerksamkeit verbunden. Über diese mediale Aufmerksamkeit würde etwas generiert werden, was unsere Familien brauchen: große mediale Aufmerksamkeit. Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, wir müssen in diesem Land die Familie wieder zur Chefsache machen.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: Aber nicht durch Sie!)

Sehr geehrter Herr Kollege Thamm! – Wo ist er denn? Er ist gar nicht mehr da. – Sie haben einige Maßnahmen referiert, die bezüglich der Förderung von Familien tatsächlich schon durchgeführt werden. Aber eines konnten Sie auch nicht wegargumentieren oder wegdiskutieren, dass wir tatsächlich nicht nur in Thüringen, sondern in Deutschland eine systematische Diskriminierung von Familien, gerade von Mehrkindfamilien, im Bereich der Rentenversicherung, des Steuerrechts und anderer Sozialversicherungssysteme haben. Das ist ein Faktum und dagegen müssen wir endlich anarbeiten, sehr verehrte Kollegen Abgeordnete,

(Beifall AfD)

gerade vor dem Hintergrund, dass unser Land ein gewaltiges Demografieproblem hat. Im ehemaligen Westdeutschland werden seit über 40 Jahren zu wenige Kinder geboren, auf dem Gebiet der ehemaligen DDR seit dem Jahr 1990. Jede Generation reproduziert sich nur noch zu zwei Dritteln. Das heißt, wir befinden uns in einer Phase – man könnte es so nennen – eines exponentiellen Schrumpfungsprozesses. Das ist eine katastrophale Entwicklung, die wir schon seit Jahrzehnten zu konstatieren haben, und es ist bedauerlich, dass ich hier und heute feststellen muss, dass leider die Altparteien, egal wer gerade in Regierungsverantwortung war, niemals entscheidende Schritte eingeleitet haben, diese katastrophale Entwicklung zu stoppen.

(Beifall AfD)

Die Sozialversicherungssysteme in Deutschland sind als Umlagesysteme angelegt. Aus den gezahlten Beiträgen werden die aktuellen Ausgaben der

(Abg. Stange)

Versicherungen bestritten. Es erfolgt keine oder kaum eine Rücklagenbildung, weil die grundsätzlich bei einem gesunden Bevölkerungsaufbau logischerweise auch nicht notwendig ist. Das Verhältnis von Beitragszahlern und Beitragsempfängern hat sich allerdings in den letzten Jahrzehnten dramatisch – und kein anderes Wort trifft das so im Kern – verändert und massiv verschlechtert. In der Rentenversicherung wird das sehr gut deutlich. 1962, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, kamen noch sechs Erwerbstätige auf einen Rentner, während es 2012 nur noch zwei waren. Wenn diese katastrophale Entwicklung nicht gestoppt wird, wenn dieser katastrophalen Entwicklung nicht Einhalt geboten wird, dann werden die Rentenzahlungen bis zum Jahr 2030 entweder halbiert oder die Beiträge bis zum Jahr 2030 verdoppelt werden müssen. Deswegen sagen wir als AfD-Fraktion: Die Kinderlosigkeit in Deutschland bzw. der Kampf gegen die Überalterung unserer Gesellschaft muss auf der Prioritätenliste ganz oben stehen.

(Beifall AfD)

Zweifellos, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, und ich glaube, darüber müssen wir auch gar keine Diskussion führen, muss sich der Staat bei der Beurteilung verschiedener Lebensentwürfe zurückhalten. Allerdings muss die Verantwortung für die Folgen eines Lebensentwurfs doch vom Einzelnen getragen werden. Kinderlosigkeit als Lebensentwurf hat Folgen für die ganze Gesellschaft und die Stabilität unserer Sozialsysteme. Dabei ist es völlig unerheblich – ich muss Sie enttäuschen –, ob diese Kinderlosigkeit gewollt oder ungewollt ist, denn die Folgen für unsere Gesellschaft sind vollständig unabhängig von der Ursache. Eltern bringen einen großen Teil ihrer Zeit und ihrer finanziellen Kraft für ihre Kinder auf. Das, was Eltern tagtäglich leisten, leisten sie auch für die Stabilität der Sozialsysteme und diese Leistung ist vom Bundesverfassungsgericht 2001 als der sogenannte generative Beitrag gekennzeichnet worden. Zusätzlich führen Eltern Beiträge in die Sozialversicherung ab. Diese Beiträge werden mit Ausnahme der Pflegeversicherung lediglich nach der Höhe des Einkommens berechnet, unabhängig davon, wie viele Kinder durch das Einkommen versorgt werden müssen. An dieser Stelle sei etwas Wichtiges eingeworfen: Eltern und Kinderlose sind nicht zwei voneinander getrennte Gruppen. Die meisten Menschen sind nämlich den längsten Teil ihres Lebens in einer gewissen Art und Weise kinderlos, nämlich in dem Sinn, dass sie keinen Unterhalt für Kinder aufbringen müssen. Mit diesem Gesichtspunkt sind wir bei einem Kern unseres Antrags angelangt. Es geht uns darum, dass Eltern um den gegenwärtig erbrachten Beitrag ihrer Erziehungsleistung bei den finanziellen Beiträgen entlastet werden sollten. Es geht um Gerechtigkeit von Eltern gegenüber den Kinderlosen der eigenen

Generation. Es geht also um intragenerationelle Gerechtigkeit, sehr verehrte Kollegen Abgeordnete.

(Beifall AfD)

Die Kriterien, auf die das Bundesverfassungsgericht bei seiner Entscheidung 2001 rekurrierte und die positive Diskriminierung – ja, auch so was gibt es, eine „positive Diskriminierung“ – für die Eltern in der Sozialversicherung begründete, waren folgende, drei Stück an der Zahl. Erstens: Das Versicherungsrisiko muss vermehrt im Alter auftreten. Zweitens: Der Großteil der Bevölkerung muss Mitglied in der Sozialversicherung sein. Drittens und Letztens: Es muss erkennbar sein, dass, obwohl es systemerhaltend ist, ein signifikanter Teil der Versicherten keine Kinder mehr bekommt. Diese Kriterien können, nein, sie müssen, wenn wir eine demografische Wende einleiten wollen, auf die Krankenund Rentenversicherung übertragen werden. Wir als AfD – ich betone es noch einmal – wollen diese demografische Wende einleiten, nicht irgendwann, sondern am besten hier für Thüringen heute und sofort.

(Beifall AfD)

Deshalb wollen wir in den sozialen Sicherungssystemen folgende Änderungen anregen: Für die seit 1995 bestehende gesetzliche Pflegeversicherung wurde nach Aufforderung durch das Bundesverfassungsgericht 2005 ein Zusatzbetrag für Kinderlose von 0,25 Prozent eingeführt. Dieser Zusatzbetrag tut etwas für die intergenerationelle Gerechtigkeit, aber nicht für die intragenerationelle Gerechtigkeit. Für die intragenerationelle Gerechtigkeit muss unbedingt der generative Beitrag Berücksichtigung finden. Das liegt daran, dass die Kinderzahl, obgleich sie für die Systemstabilität entscheidend ist, eben nicht berücksichtigt wird. Daher fordern wir, dass der Beitrag zur Pflegeversicherung nach der Kinderzahl gestaffelt werden muss.

(Beifall AfD)

Die intragenerationelle Gerechtigkeit ist trotz der drei Entgeltpunkte je Kind auch in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht verwirklicht. Während Eltern von ihrem Einkommen finanzielle Beiträge abführen und Geld für die Versorgung der Kinder aufbringen müssen, sind Kinderlose nur durch die Beiträge belastet und können sonstige freie Ressourcen zur privaten Altersversorge entsprechend verwenden und einspeisen in den Aufbau einer eigenen privaten Altersvorsorge.

Auf die gesetzliche Krankenversicherung treffen die Kriterien des Bundesverfassungsgerichts, die ich genannt habe, ebenfalls zu. Auch dort begegnen uns zentrale Gerechtigkeitsdefizite. In diesem Kontext wurde in letzter Zeit immer wieder kontrovers diskutiert, ob das Risiko Krankheit, also das erste der drei Kriterien des Bundesverfassungsgerichts, tatsächlich vermehrt im Alter auftritt. Man glaubt, so

eine Diskussion sei überflüssig, aber sie wird tatsächlich geführt. Die Zahlen des Statistischen Bundesamts sind allerdings tatsächlich eindeutig. Die durchschnittlichen jährlichen Krankheitskosten steigen von unter 1.500 Euro bei den unter 15-Jährigen auf 2.100 Euro bei den 15bis 65-Jährigen, 6.500 Euro bei den 65- bis 80-Jährigen, um bei 14.000 Euro für die über 80-Jährigen zu landen. Krankheit tritt also definitiv im Alter vermehrt und verstärkt auf.

Die beitragsfreie Mitversicherung wird dann oft als Argument angeführt, wie Eltern vom System profitieren. Der eine oder andere Vorredner hat das ebenfalls getan. Ich sage, die beitragsfreie Mitversicherung stellt keinen Ausgleich zwischen Kinderlosen und Eltern her. Auch darauf verwies das Bundesverfassungsgericht in seinem Pflegegerichtsurteil 2001. Diese Sicht muss nach Meinung der AfDFraktion auf die gesetzliche Krankenversicherung übertragen werden, und das gerade vor dem Hintergrund, dass nicht erwerbstätige kinderlose Ehepartner bei ihrem erwerbstätigen Ehepartner beitragsfrei mitversichert werden können.

Sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, summa summarum: Unsere umlagenfinanzierten Sozialsysteme stehen vor dem Kollaps. In Anbetracht dieses Faktums, das kaum noch geleugnet werden kann, gehört das Thema „Familie“, gehört das Thema „Kinder“, gehört das Thema „Ja zu Kindern“ auf die Tagesordnung der Politik hier in Deutschland und hier in Thüringen.

(Beifall AfD)

Wir müssen dieses Thema immer wieder in die politische Diskussion einbringen. Wir müssen immer wieder Aufmerksamkeit für Familien mit Kindern generieren und die Diskussion nach vorn treiben, denn wir wissen, dass kapitalgedeckte Sicherungssysteme kein Ersatz für umlagefinanzierte Sicherungssysteme sein können. Der generative Beitrag von Eltern muss in den Sozialsystemen entsprechend berücksichtigt werden. Die intragenerationelle Gerechtigkeitslücke muss geschlossen werden. Der demografische Niedergang, sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, muss gestoppt werden, damit wir die Erosion unserer sozialen Sicherungssysteme aufhalten können.

Noch einmal meine Bitte zum Abschluss: Lassen Sie uns hier ein Zeichen setzen für die Familie in Thüringen. Lassen Sie uns, Frau Ministerin Werner, diese Initiative starten. Sie haben die Möglichkeit, sich über diese Initiative in einer positiven Art und Weise zu profilieren. Machen Sie Thüringen zum Familienland Nummer 1. Sie hätten unsere Unterstützung, Sie hätten die Unterstützung der AfDFraktion im Thüringer Landtag. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)