Protokoll der Sitzung vom 30.09.2016

(Zuruf Abg. Mohring, CDU: Ja!)

Gibt es da Widerspruch? Das kann ich nicht erkennen. Dann stimmen wir zunächst über die Überweisung des Sofortberichts an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Das war einheitlich geschlossen in diesem Haus – das ist sehr selten.

Wir stimmen über die Überweisung der Nummer II des Antrags der Fraktion der CDU in Drucksache 6/2284 an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Ebenfalls ein einheitliches Votum. Damit ist die Nummer II des Antrags an den Ausschuss überwiesen.

Wir stimmen über die Ausschussüberweisung des Alternativantrags der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in Drucksache 6/2741 an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? 1 Gegenstimme aus der Fraktion der AfD. Stimmenthaltungen? Damit ist auch dieser Alternativantrag an den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft überwiesen.

(Abg. Müller)

Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 16

Freiwilliges Engagement als Form der gesellschaftlichen Teilhabe – Menschen mit Behinderungen im Ehrenamt von Freiwilligenagenturen in Thüringen Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/2354

Es ist signalisiert, dass die Fraktion der CDU das Wort zur Begründung wünscht. Frau Abgeordnete Meißner, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnetenkollegen, werte Zuschauer! Woran denken Sie zuerst, wenn Sie die beiden Wörter „Ehrenamt“ und „Behinderung“ hören? Vielleicht denken Sie an den Ehrenamtlichen, der sich in seiner Freizeit um den Rollstuhlfahrer kümmert? Oder Sie denken an die Studentin, die ihren blinden Kommilitonen in die Uni begleitet? Oder Sie denken an eine Fußballmannschaft, die behinderte Sportler integriert? Aber die Wenigsten denken doch bei Ehrenamt und Behinderung daran, dass sich Menschen mit Behinderungen selbst freiwillig ehrenamtlich engagieren. Behinderte werden häufig als Hilfeempfänger angesehen, also eher als passive Mitbürger. Ehrenamtliche werden im Gegensatz dazu als Hilfegebende angesehen, als aktive und gestaltende Mitbürger. Das macht deutlich, dass nach unserer Meinung hier ein Perspektivenwechsel erfolgen muss. Deshalb haben wir den vorliegenden Antrag eingereicht.

Meine Damen und Herren, die Sichtweise auf Behinderung und Ehrenamt – ich hoffe, da sind wir uns alle einig – muss sich anpassen. Auch allen Thüringern mit Behinderungen soll es möglich sein, sich mit ihren Fähigkeiten einzubringen. Dafür müssen nicht zuletzt in den Köpfen Barrieren abgebaut werden.

(Beifall CDU)

Es sollten mehr Gelegenheiten dafür geschaffen werden, dass sich alle mit ihren Fähigkeiten, Ideen und Eigenheiten einbringen können. Vor allem die Thüringer Freiwilligenagenturen bieten unserer Meinung nach hier optimale Chancen als Ansprechpartner für alle Ideen, Fragen und Projekte rund um das freiwillige Ehrenamt in ihrer jeweiligen Region.

(Beifall CDU)

Erst vor Kurzem erschien von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen die Analyse „Lust auf Verschiedenheit [...]“, die sich mit dem Thema „Inklusion und Engagement“ beschäftigt und

bundesweit 92 Freiwilligenagenturen befragt hat. Da finde ich eine These sehr passend, die ich gern zitieren möchte: „Inklusion bedeutet: Alle Menschen gehören dazu. Uns ist es wichtig, dass auch alle Menschen sich freiwillig engagieren können – ob mit oder ohne Behinderungen. Freiwilligenagenturen sind wichtige Anlaufstellen […].“

(Beifall CDU)

Ein wesentliches Ergebnis dieser bagfa-Analyse ist, dass Kontakte zu Einrichtungen der Behindertenhilfe fast flächendeckend vorhanden sind. Im Zentrum steht bei diesen Kontakten allerdings das Gegenteil, wie ich schon anführte, nämlich die Vermittlung von Engagierten zur Unterstützung von Menschen mit Behinderungen. Rund zwei Drittel der Kontakte vermitteln an Einrichtungen der Behindertenhilfe. Diese erprobte Form der Zusammenarbeit gilt es unserer Meinung nach nun zu erweitern und Menschen mit Behinderungen selbst in den Fokus als Engagierte zu nehmen. Auch müssen Strategien dafür entwickelt werden, Menschen mit Behinderung außerhalb der Einrichtungen der Behindertenhilfe zu erreichen. Das Ziel sollte eine gezielte Öffnung aller Lebensbereiche unserer Gesellschaft für Menschen mit Behinderungen sein.

(Beifall CDU)

Deswegen haben wir den Ihnen vorliegenden Antrag eingebracht und wir hoffen auf eine gute Beratung. Vielen Dank.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung erstattet einen Sofortbericht zu Nummer II des Antrags. Für die Landesregierung erteile ich Ministerin Heike Werner das Wort.

Ja, herzlichen Dank. Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Fraktion der CDU hat darum gebeten, zum Thema „Freiwilliges Engagement als Form der gesellschaftlichen Teilhabe – Menschen mit Behinderungen im Ehrenamt von Freiwilligenagenturen in Thüringen“ zu berichten. Des Weiteren hat sie den Antrag gestellt, die Rahmenbedingungen für ehrenamtliches Engagement in Bezug auf Inklusion zu verbessern. Namens der Landesregierung gebe ich dazu folgenden Sofortbericht:

Ehrenamtliches Engagement hat in Thüringen einen hohen Stellenwert und ist aus der öffentlichen Wahrnehmung nicht mehr wegzudenken. So ist es auch im Antrag der Fraktion der CDU ausgeführt. In seinen vielfältigen Formen ist das Ehrenamt ein wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens. Thüringen nimmt hier eine Spitzenposition im

(Vizepräsidentin Jung)

Vergleich der neuen Bundesländer ein. Die Thüringer Ehrenamtsstiftung, deren Errichtung als rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts mit dem Beschluss der Landesregierung „Neue Initiativen zur Förderung des Ehrenamts“ im Jahr 2002 beschlossen wurde, arbeitet seit über 14 Jahren erfolgreich in der Förderung des ehrenamtlichen Engagements in Thüringen. Dabei ist sie nicht nur Förderer, sondern auch Impulsgeber und fachlicher Partner der zahlreichen Verbände, Vereine, Einrichtungen, Initiativen und Unternehmen, die ehrenamtliches Engagement unterstützen und in ihren Strukturen verankern. Maßgebliches Ziel der Thüringer Ehrenamtsstiftung ist die Etablierung einer Infrastruktur, die bürgerliches Engagement fördert, vernetzt und weiterentwickelt, Kommunikation und Kooperation ermöglicht und innovative Ansätze unterstützt. In den letzten Jahren ist der erfolgreiche Auf- und Ausbau eines flächendeckenden Netzwerks von Freiwilligenagenturen und Bürgerstiftungen im Freistaat Thüringen gelungen. Die Stiftung hat dazu beigetragen, den Zugang zum ehrenamtlichen Engagement für viele Thüringerinnen und Thüringer zu öffnen, und trägt dazu bei, dass bereits engagierte Menschen auch Anerkennung und Würdigung erfahren. Sie ermöglicht es, die Situation Ehrenamtlicher qualifiziert zu evaluieren und den Einsatz von Fördermitteln effizienter zu gestalten.

Sehr geehrte Damen und Herren, nach neuesten Schätzungen sind in Thüringen circa 750.000 Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich tätig und bürgerschaftlich engagiert. Das entspricht einem Bevölkerungsanteil von etwa 39,3 Prozent. Damit liegt Thüringen leicht über dem Durchschnitt der neuen Länder. Etwa die Hälfte der Bevölkerung Thüringens ist zumindest in einem Verein Mitglied, fast ein Viertel von ihnen sogar in zwei oder mehr Vereinen.

Ermöglicht wird die Arbeit der Thüringer Ehrenamtsstiftung durch die Förderung des Freistaats. Im Jahr 2015 wurden 1,57 Millionen Euro vom Freistaat Thüringen zur Erfüllung des Stiftungszwecks bereitgestellt. Im laufenden Jahr sind es 1,7 Millionen Euro. Hinzu kommen für beide Jahre insgesamt noch etwa 75.000 Euro für das Projekt „Netzwerk pflegeBegleitung“. Das aktuelle Projekt „nebenan angekommen“ wird in diesem Jahr mit 165.000 Euro aus dem Landeshaushalt gefördert.

Doch nun komme ich zum heutigen Thema, dem freiwilligen Engagement von Menschen mit Behinderungen in Thüringen als Teil der gesellschaftlichen Teilhabe. Uneingeschränkte Teilhabe, Gleichberechtigung und das Recht auf Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen bedeutet auch, Barrieren zu beseitigen, die ehrenamtliches Engagement behindern. Es ist auch das bürgerschaftliche Engagement von Menschen mit Behinderungen selbst, das Integration unterstützt und Barrieren abzubauen hilft. Dazu, wie hoch der Anteil der ehrenamtlich engagierten Bürgerinnen und

Bürger ist, die mit einer Behinderung leben, gibt es keine Erhebungen bzw. konkreten Erkenntnisse. Aber es ist ein großes Anliegen, dass in allen bürgerschaftlichen Projekten selbstverständlich Menschen mit Behinderungen tätig werden können. Im Thüringer Maßnahmenplan zur Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention finden sich im Handlungsfeld 4.4 „Kultur, Freizeit und Sport“ Ausführungen zum freiwilligen Engagement von Menschen mit Behinderungen. Der hohe Stellenwert dieser Form der gesellschaftlichen Teilhabe wird an dieser Stelle explizit hervorgehoben. Im Zuge der für das Jahr 2017 geplanten Fortschreibung des Thüringer Maßnahmenplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention besteht nun die Aufgabe, diesbezüglich bisher allgemein gehaltene Aussagen mit spezifischen Einzelmaßnahmen zu unterlegen. Um die Belange der Menschen mit Behinderungen im Fortschreibungsprozess umfassend zu erfassen, wurde im ersten Halbjahr 2016 ein breites Interessenbekundungsverfahren durchgeführt. Im Ergebnis gingen mehr als 250 Anmeldungen für die Mitarbeit in den Arbeitsgruppen ein. Ganz nach dem Motto „Nicht über uns ohne uns“ werden also Menschen mit Behinderungen am Fortschreibungsprozess teilnehmen und ihre Forderungen und Wünsche unmittelbar einbringen können.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte die Gelegenheit nutzen, bereits bestehende Projekte mit zum Teil inklusivem Ansatz für freiwilliges Engagement von Menschen mit Behinderungen an dieser Stelle beispielhaft vorzustellen. Die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege benannte beispielsweise folgende zwei Projekte:

Das Projekt „Haltepunkt“ der AWO-Tagesstätte für Menschen mit psychischer Erkrankung in Bad Salzungen. Die tagesstrukturierten und therapeutischen Angebote der Tagesstätte orientieren sich an den individuellen Bedürfnissen der Adressaten und basieren zum Teil auf ehrenamtlichem Engagement der Besucher der Tagesstätte sowie interessierter Bürgerinnen und Bürger.

Das Café „Leuchtturm“ der AWO-Tagesstätte für psychisch kranke Menschen in Sonneberg. Im Café „Leuchtturm“, einem offenen Begegnungstreff, geben psychisch erkrankte Menschen anderen ehrenamtlich durch „Peer Counseling“ die Möglichkeit, am Leben in der Gemeinschaft teilzuhaben. Dieses „Peer Counseling“ meint im Projekt dabei vordergründig die gegenseitige Beratung zwischen Menschen mit psychischen Erkrankungen. Das Café wird eigenständig von psychisch erkrankten Menschen geführt. Die PARITÄT verweist auf die PARITÄTISCHE Akademie, die eine Reihe von Veranstaltungen für Ehrenamtliche anbietet. Diese Veranstaltungen sind insoweit inklusiv angelegt, als sie sich selbstverständlich auch an ehrenamtlich Tätige mit Behinderungen wenden. Das Diakonische Werk Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland e. V.

(Ministerin Werner)

benannte die Freiwilligenagentur Gotha des Diakoniewerks Gotha. Diese arbeitet eng mit dem familienunterstützenden Dienst des Bodelschwingh-Hof Mechterstädt e. V. zusammen. Der Dienst unterstützt Menschen mit Behinderungen. Gemeinsam ist eine Aktion in der Woche des bürgerschaftlichen Engagements geplant, um für ein Engagement in diesem Bereich zu werben.

Lassen Sie mich nun zu den Freiwilligenagenturen kommen, da sich der Antrag explizit auch auf die Tätigkeit von Menschen mit Behinderungen im Ehrenamt von Freiwilligenagenturen in Thüringen bezieht. In Thüringen sind aktuell elf Freiwilligenagenturen aktiv. Sie beraten und begleiten alle Menschen, die sich freiwillig engagieren wollen oder es bereits tun. Somit stehen sie auch für die Belange und Engagementwünsche von Menschen mit Behinderungen zur Verfügung. Bei der Beratung und Vermittlung von ehrenamtlich Engagierten nehmen sie im Rahmen des Erstgesprächs Rücksicht auf die besonderen Erfordernisse und Interessen der Einzelnen. Die Kontaktdaten der Freiwilligenagenturen und nähere Informationen sind auf der Webseite der Thüringer Ehrenamtsstiftung unter folgendem Link abrufbar: www.thueringer-ehrenamtsstiftung.de. Bezüglich einer Bedarfs- bzw. Istanalyse zum Thema „Ehrenamt und Inklusion in Thüringen“ liegen bisher keine Angaben und Erkenntnisse vor. Umfängliche Informationen zum ehrenamtlichen Engagement sind aber dem Ehrenamtswegweiser der Thüringer Ehrenamtsstiftung zu entnehmen. Dieser bietet als Online-Portal die Möglichkeit, sich über die Ehrenamtsarbeit zu informieren und einen geeigneten Ansprechpartner zu finden. Auf dem Ehrenamtswegweiser können Vereine, Initiativen und Bürger auf einfache Weise miteinander in Kontakt kommen. Organisationen können Freiwillige finden, indem sie sich über das Anmeldeformular registrieren, und Bürgerinnen und Bürger können eine freiwillige Tätigkeit suchen, indem sie in der Datenbank nach Einrichtungen und möglichen Einsatzfeldern suchen. Derzeit sind über die Datenbank 612 Anbieter erreichbar. Weiterhin sind Informationen ortsnah über die Freiwilligenagenturen und Bürgerstiftungen sowie die Ehrenamtsbeauftragten in Landkreisen und kreisfreien Städten erhältlich. Die entsprechenden Übersichten sind auf der Homepage der Thüringer Ehrenamtsstiftung zu finden.

Der Beauftragte für Menschen mit Behinderungen beim Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie, Frauen und Gesundheit, Herr Joachim Leibiger, beantwortet gern die Fragen von Menschen mit Behinderungen zum ehrenamtlichen Engagement oder leitet diese an die zuständigen Stellen weiter. Eine Erhebung, wann und wie oft Informationsangebote zur Ehrenamtsstiftung genutzt oder entsprechende Anfragen gestellt werden, liegt der Landesregierung nicht vor.

Im Folgenden möchte ich eine Auswahl von Maßnahmen und Projekten nennen, die etabliert wurden, um freiwilliges Engagement von Bürgerinnen und Bürgern in Thüringen besonders zu würdigen und anzuerkennen: der Thüringer EngagementPreis, der Thüringer Kompetenznachweis, die Thüringer Ehrenamtscard, das Thüringer Ehrenamtszertifikat, die Auszeichnungen „Thüringer des Monats“/„Thüringer des Jahres“, der Thüringer Ehrenamtsausweis, die Ehrungsveranstaltung der Landkreise und kreisfreien Städte, die Thüringer Rose usw. Auf der Homepage der Thüringer Ehrenamtsstiftung kann man auch unter dem Stichwort „Ehrung/Anerkennung“ entsprechende Informationen finden. Auch die Vereine, Verbände, Projekte, Initiativen, Freiwilligenagenturen, Bürgerstiftungen und Kommunen vor Ort gewährleisten individuelle Maßnahmen zur Gewinnung und Motivation Ehrenamtlicher. Die Thüringer Ehrenamtsstiftung reicht an die Freiwilligenagenturen Fördermittel weiter, wenn diese durch die kommunale Gebietskörperschaft ebenfalls unterstützt werden. Gesonderte Mittel für die Unterstützung von freiwillig engagierten Menschen mit Behinderungen stehen nicht zur Verfügung.

Ich hoffe, ich konnte mit diesen Ausführungen deutlich machen, dass der Thüringer Landesregierung die Förderung des ehrenamtlichen Engagements aller Bürgerinnen und Bürger ein sehr wichtiges Anliegen ist. Zusammenfassend lässt sich daher feststellen, ehrenamtliches Engagement wird in Thüringen umfassend gefördert. Im Rahmen der Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sollen selbstverständlich auch die Möglichkeiten zur Einbringung in Form von freiwilligen Engagements im Ehrenamt gestärkt werden. Bezüglich des im Antrag der Fraktion der CDU angelegten Maßnahmenplans verweise ich daher noch einmal auf die Fortschreibung des Thüringer Maßnahmenplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und die darin enthaltenen Ausführungen zum freiwilligen Engagement von Menschen mit Behinderungen, die ich schon erläutert habe.

Die Thüringer Freiwilligenagenturen stehen für Fragen, Belange und Ehrenamtsengagementwünsche aller an einer ehrenamtlichen Tätigkeit Interessierten selbstverständlich zur Verfügung. Im Rahmen der Beratung und Vermittlung von ehrenamtlich Tätigen werden deren individuelle Interessen bereits berücksichtigt.

Lassen Sie mich aber ganz zum Schluss noch auf einen Satz aus Ihrem Antrag eingehen, der mich sehr geärgert hat. Frau Meißner, Sie haben am Anfang betont, dass man oft, wenn man über ehrenamtliches Engagement nachdenkt, gar nicht so sehr Menschen mit Behinderungen selbst im Blick hätte. Ich muss sagen, durch Ihren Antrag manifestieren Sie das aber noch einmal. Ich möchte hier

(Ministerin Werner)

kurz zitieren, Sie sagen: „Die Landesregierung wird aufgefordert, [...] Maßnahmen zu ergreifen, um freiwilliges Engagement von Menschen mit Behinderungen in Thüringen zu etwas Selbstverständlichem werden zu lassen und diese Gruppe aus der passiven Empfängerrolle in die aktive Geberrolle zu bringen.“ Ich muss sagen, wenn Sie sich umschauen, gibt es so viele Menschen mit Behinderungen, die bereits ehrenamtlich aktiv sind, die sich immer wieder für andere einsetzen, sich gegenseitig unterstützen. Sie tun mit dieser Aussage den Menschen mit Behinderungen einfach Unrecht. Natürlich müssen wir dafür sorgen, dass Barrieren weiter abgebaut werden, aber es liegt nicht an den Menschen selbst. Die geben eine aktive Rolle und müssen gerade tatsächlich noch aktiver sein, weil sie mehr Barrieren überwinden müssen. Insofern würde ich Sie wirklich sehr herzlich bitten, über diesen Satz noch einmal nachzudenken. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, gemäß unserer Geschäftsordnung werden Beratungen zu Berichten der Landesregierung grundsätzlich in langer, also doppelter Redezeit behandelt. Ich frage: Wer wünscht die Fortberatung zum Sofortbericht? Die Koalitionsfraktionen,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja!)

die CDU-Fraktion und auch die AfD-Fraktion. Auf Verlangen der Fraktionen eröffne ich die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer II des Antrags. Gleichzeitig eröffne ich die Aussprache zu den Nummern I und III des Antrags. Als erste Rednerin hat sich Abgeordnete Stange, Fraktion Die Linke, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werte Frau Meißner! Ich sage es gleich zu Anfang, dann brauchen wir nicht lange darum herumzureden: Den Antrag lehnen wir ab. Es hat nichts mit dem Thema „Ehrenamt“ zu tun, sondern mit den Formulierungen und Forderungen des Antrags. Frau Ministerin hat in ihrer ausführlichen Berichterstattung das Thema „Ehrenamt“ gut dargelegt und die Begründung in dem Punkt III Ihres Antrags vorgelesen, der da wirklich meiner Meinung nach ein diskriminierender Satz ist und sich von allein schon ins negative Teil,

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Ins Gegenteil!)

ins Gegenteil – so ist es – verkehrt, indem er hier so formuliert worden ist.

Frau Meißner, Sie haben vorhin in der Einbringung Ihrer Rede davon gesprochen, dass alle Menschen dazugehören sollten. Wenn dieser Satz bei Ihnen ernst gemeint ist, dann gehören alle Menschen dazu, dann gehören natürlich auch Menschen mit Behinderungen dazu. Dann brauche ich nicht einen extra Antrag zum Thema „Ehrenamt“.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Aber wie hat Walter Fischer bereits gesagt? „Tue Gutes und rede darüber.“ Also tun wir Gutes und reden darüber, auch noch einmal zum Thema „Ehrenamt“. Walter Fischer ist derjenige, der den Spruch geprägt hat: „Tue Gutes und rede darüber.“ Kollege Blechschmidt, das haben wir extra gegoogelt und darum will ich ihn auch benennen. Tue Gutes und rede darüber – das machen wir heute. Anderen Menschen zu helfen, den eigenen Horizont zu erweitern, berufliche Erfahrung einzubringen – es gibt viele Gründe, warum sich Menschen ehrenamtlich engagieren, und das in den unterschiedlichsten Organisationen und den unterschiedlichsten Vereinen.