Protokoll der Sitzung vom 09.11.2016

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 3

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/2506 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Migration, Justiz und Verbraucherschutz - Drucksache 6/2711 dazu: Änderungsantrag des Abgeordneten Krumpe (frak- tionslos) - Drucksache 6/2978 ZWEITE BERATUNG

Das Wort hat Frau Abgeordnete Berninger aus dem Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz zur Berichterstattung. Bitte schön, Frau Berninger.

Schönen guten Tag, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Präsident! Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung, Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes über das Versorgungswerk der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, wurde von der Landesregierung mit Datum vom 11.08.2016 und der Drucksachennummer 6/2506 in den Landtag eingebracht, und zwar angeregt durch das Versorgungswerk der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte und abgestimmt mit der Rechtsanwaltskammer.

Der Gesetzentwurf wurde in der 59. Plenarberatung am 31. August 2016 hier in erster Lesung beraten

(Präsident Carius)

und in den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz überwiesen. Der Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat den Gesetzentwurf in nicht öffentlicher Sitzung am 23. September 2016 beraten.

Es geht in diesem Gesetzentwurf um eine Gesetzesänderung, die das sogenannte Regionalprinzip bei der Wahl des Vorstands und der Mitgliederversammlungen der Versorgungswerke wieder einführen soll. Das war am 13. März 2014 durch Artikel 3 des Thüringer Gesetzes zur Zusammenfassung der Regelungen der Versicherungsaufsicht über die Versorgungswerke in Gesetzesform gegossen worden, eine sogenannte Öffnungsklausel, die gesetzlich regelte, das jahrelange Verfahren, was in den Satzungen der jeweiligen Werke geregelt ist, das Regionalprinzip, anzuwenden und je Landgerichtsbezirk ein Mitglied in die Vertreterversammlung und in den Vorstand zu wählen. Mit Artikel 4 des Thüringer Gesetzes zur Änderung von Rechtsvorschriften im Bereich der Thüringer Justiz wurde wenige Monate später, nämlich im August 2014, § 4 neu gefasst. Dabei ist diese Öffnungsklausel redaktionell versehentlich herausgefallen. Dieses redaktionelle Versehen will der jetzt vorliegende Gesetzentwurf wieder beheben.

Der Ausschuss hat am 23.09. die Ihnen in Drucksache 6/2711 vorliegende Beschlussempfehlung beraten und mit einer Enthaltung beschlossen. Die Durchführung einer Anhörung wurde im Ausschuss nicht beantragt.

Inzwischen liegt noch der Änderungsantrag des Abgeordneten Krumpe in Drucksache 6/2978 vom 07.11.2016 vor, der die Aufnahme einer Evaluierungsklausel vorsieht. Dies wurde – ganz logischerweise – im Ausschuss nicht beraten.

Der Ausschuss hat bei einer Enthaltung mit großer Mehrheit die Annahme des Gesetzentwurfs bzw. der Beschlussempfehlung empfohlen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke schön. Damit eröffne ich die Beratung. Als bislang Einziger hat sich Herr Abgeordneter Möller für die AfD-Fraktion gemeldet.

Meine Damen und Herren Kollegen, sehr geehrter Herr Präsident, zwei Dinge sind am hier zu beratschlagenden Gesetzentwurf bemerkenswert. Das ist einmal die Tatsache, dass der Gesetzentwurf überhaupt eingebracht werden musste, denn – Frau Berninger hat es schon gesagt – die Regelung gab es bereits. Es ist ein sogenanntes redaktionelles Versehen gewesen, das diese Regelung gestri

chen hat. Für alle Zuschauer und Gäste: Redaktionelles Versehen kann man auch mit Schlamperei bezeichnen.

(Beifall AfD)

Der zweite Punkt, der bemerkenswert ist – hier ist es demokratisch etwas unschön –, ist, dass weder die Landesregierung noch die Ausschussmehrheit willens war, dem Justizausschuss, der über diesen Gesetzesentwurf beraten hat, die Stellungnahmen der betroffenen Vereinigungen zur Verfügung zu stellen bzw. diese anzufordern und sich damit zu befassen. Die Begründung der Ausschussmehrheit ist insofern ein erwähnenswerter Knüller, sie lautet nämlich: Man vertraue der Landesregierung.

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Hört, hört!)

Das ist natürlich schön, wenn man der Landesregierung vertraut. Das ist allerdings auch Ausdruck eines putzigen Verständnisses der Ausschussmehrheit von parlamentarischer Demokratie und Gewaltenteilung, sich darauf zu verlassen, dass die Regierung schon wisse, was gut für die Menschen im Land sei. Das hat zwar durchaus eine gewisse Tradition im Land und vor allem auch bei den Linken, der Fraktion, die sich gern immer – stolz wie Bolle – selbst als demokratische Fraktion bezeichnet. Sie sollten allerdings schon wissen, dass es in einer parlamentarischen Demokratie nicht Aufgabe des Parlaments ist, der Landesregierung zu vertrauen. Nein, es ist Aufgabe des Parlaments, die Landesregierung zu kontrollieren.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und, haben Sie das ge- macht? Haben Sie etwas beantragt?)

In der Sache selbst, Frau Kollegin Rothe-Beinlich,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich war ja im Gegensatz zu Ihnen in der Sitzung!)

werden wir der Regel allerdings zustimmen.

(Beifall AfD)

Danke schön. Weitere Wortmeldungen? Frau Abgeordnete Berninger, bitte.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Große Klappe, nichts da- hinter!)

Ich möchte mal meine Kollegin Astrid Rothe-Beinlich zitieren, die mir gerade hinterherruft: „Große Klappe, nichts dahinter!“ Und genau das trifft auf Ihre Wortmeldung zu, Herr Möller. Am Anfang Ihrer

Auslassung ist mir eingefallen – ich weiß nicht genau, ob ich das richtig zitiere –: Wer ohne Fehler ist, der werfe den ersten Stein. Sie sind wahrscheinlich die perfektesten Menschen, die es in Thüringen gibt und die nie Fehler machen, die Abgeordneten der AfD-Fraktion.

(Unruhe AfD)

Dass Sie sich hier zu der Ausschusssitzung äußern, ist möglicherweise verständlich, weil das Ausschussmitglied nicht da ist. Aber dann hätten Sie auch das Protokoll der Ausschusssitzung richtig lesen sollen. Es wurde in der Ausschusssitzung gefragt, ob die Stellungnahmen zur Verfügung gestellt werden könnten. Daraufhin hat eines der Ausschussmitglieder darauf hingewiesen, dass es kein übliches Verfahren sei, dass dem Parlament in der Kabinettsanhörung eingegangene Stellungnahmen zur Verfügung gestellt werden. Das Parlament hat auch eine ganz eigene Möglichkeit, sich Stellungnahmen einzufordern, nämlich dadurch, dass eine Ausschussanhörung zu einem Gesetzentwurf beantragt wird. Ich habe extra in der Berichterstattung gesagt, dass dies nicht passiert ist, also kein Mitglied des Ausschusses den Antrag gestellt hat,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

eine Anhörung zum vorliegenden Gesetzentwurf zu machen. Eines der Ausschussmitglieder hat gesagt – das will ich mal zitieren, ohne den Namen zu nennen –: „Auf die Richtigkeit der Informationen, die die Landesregierung zu dem Gesetzgebungsvorhaben gebe, werde vertraut. Im konkreten Fall komme […] hinzu, dass die geplanten Änderungen nicht wesentlich seien“.

Ich hatte es ja ausgeführt: Es geht um praktisches Tun, was einmal durch einen redaktionellen Fehler aus dem Gesetz herausgekommen war, was in der Praxis aber weiter funktioniert. Deswegen möchte ich auch gleich noch hinzufügen, warum meine Fraktion den Änderungsantrag des Herrn Krumpe ablehnt, nämlich: Eine Evaluierungsklausel einzufügen, halten wir bei diesem Gesetz überhaupt nicht für erforderlich.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke schön. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, sodass wir direkt zur Abstimmung kommen – zunächst über den Änderungsantrag des Abgeordneten Krumpe in der Drucksache 6/2978. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Herr Abgeordneter Krumpe, vielen Dank. Gegenstimmen? Aus dem Rest des Hauses. Enthaltungen? Eine Enthaltung, die des Abgeordneten Gentele. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen damit zur Abstimmung direkt über den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 6/2506 in zweiter Beratung. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen, der CDUFraktion, der AfD-Fraktion und des Abgeordneten Gentele. Gegenstimmen? Enthaltungen? Eine Enthaltung des Abgeordneten Krumpe. Damit ist dieser Gesetzentwurf angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung durch Erheben von den Plätzen. Wer dafür ist, bitte. Danke schön. Gegenstimmen? Enthaltungen? Bei einer Enthaltung mit übergroßer Mehrheit durch das Haus angenommen.

Ich schließe damit diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf Tagesordnungspunkt 4

Thüringer Neutralitätsgesetz Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/2543 ZWEITE BERATUNG

Ich eröffne die Beratung und als Erster erhält das Wort Abgeordneter Möller für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, es hat uns natürlich nicht überrascht, dass unserem Entwurf für ein Thüringer Neutralitätsgesetz in der ersten Beratung hier im Haus keine große Zustimmung widerfahren ist. Als Hintergrund für die Gäste und für die Zuschauer am Livestream kurz erklärt: Unser Gesetzentwurf hat das Ziel, dass Beschäftigte der Thüringer Landesverwaltung, vor allem aber Lehrkräfte an den Schulen, keine sichtbaren weltanschaulichen und religiösen Symbole tragen dürfen. Angesichts einer Vielzahl von zugewanderten religiösen Extremisten wird nämlich immer klarer, dass die bereits aufflammenden religiösen Auseinandersetzungen in unserem Land von der zu Tode gesparten Polizei kaum verhindert werden können. Und deshalb muss man da ansetzen, wo die Auseinandersetzung entsteht, nämlich bei der Provokation. Und die Provokation entsteht eben auch durch Symbolik, zum Beispiel durch religiöse Symbole. Das kann das Kopftuch sein, das kann aber durchaus auch das Kreuz an der Halskette sein.

(Unruhe CDU)

Sämtliche hier im Landtag vertretenen Parteien – außer der AfD – sind gegen unseren Gesetzentwurf und blockieren so die Verhinderung religiös bedingter Auseinandersetzungen, deren Ursache sie übrigens selbst durch die Öffnung der Grenzen und des

(Abg. Berninger)

deutschen Sozialsystems für jeden, der hierherkommt, geschaffen haben.

(Beifall AfD)

Dass die Altparteien das so sehen, wundert natürlich niemanden. Aber die Art und Weise, wie diese Auseinandersetzung über unseren Gesetzentwurf geführt wurde, verwundert einen schon, denn das hat nichts mehr mit fairer parlamentarischer Auseinandersetzung zu tun. Da werden nämlich ohne rot zu werden – und da meine ich jetzt die Gesichter – falsche Behauptungen aufgestellt. Statt sich mit Argumenten auszutauschen, wird lieber skandalisiert. Das ist eben – sage ich mal – typisch für die Art der parlamentarischen Auseinandersetzung, wenn es hier um Anträge oder Gesetzentwürfe der AfD geht.

Ich möchte da mal ein paar Beispiele erläutern. Es fing bei der letzten Beratung damit an, dass die Mehrheit des Hauses richtigerweise erkannt hat, dass die Vorlage unseres Gesetzentwurfs in weiten Teilen dem Berliner Neutralitätsgesetz entstammt. Schon die Tatsache, dass wir uns ein Gesetz zum Vorbild genommen haben, was von SPD und Linke mit entschieden worden ist, war schon Grund zur Aufregung hier im Haus. Nun kann ich Ihnen sagen, dass wir uns immer auch bei anderen Parteien nach guten Ideen umsehen. Wir finden nicht allzu häufig welche, aber wenn wir welche finden, machen wir das. Denn pragmatische Politik verträgt eben keine ideologischen Scheuklappen.

(Beifall AfD)

Deswegen haben wir übrigens auch überhaupt nichts dagegen, wenn nun zum Beispiel aus den Reihen der CDU unsere asyl- und integrationspolitischen Forderungen übernommen und kopiert werden oder wenn die SPD unseren Vorschlag eines Einwanderungsmodells nach kanadischem Vorbild zumindest mal gedanklich aufgreift. Das Problem, wogegen wir was haben, ist eher, dass es am Ende an der konsequenten Umsetzung fehlt und es beim Aufgreifen bleibt.