Protokoll der Sitzung vom 11.11.2016

(Zwischenruf Götze, Staatssekretär: Das ist eine Beschaffungsfrage!)

Wir haben damals darauf hingewiesen – und was wurde gemacht? Erinnern Sie sich daran, es ging um die Schutzwesten der Schutzklasse 4. Das sind die, die Schüsse von Schnellfeuergewehren oder Ähnlichem – Kalaschnikow – abhalten sollen. Da ist von manchen gesagt worden, jeder soll eine kriegen. Das ist überhaupt nicht wahr. Wir haben gesagt, nur bestimmte Einheiten und nur bestimmte müssen zur Verfügung gestellt werden. Wenn natürlich sämtliche Länder anfangen und ihre Bestände auffüllen, weil sie es erkannt haben, und wir bestellen dann irgendwann, brauchen wir uns nicht zu wundern, dass es zu spät kommt. Ob das die Helme sind, ob das die Schutzwesten sind, das ist einfach so. Deswegen muss man sich schon darüber Gedanken machen. Das heißt, die Polizei muss dringend mit Waffen, persönlicher Schutzausrüstung und Fahrzeugen ausgestattet werden, die geeignet sind – hier geht es nicht um Zivilfahnder oder irgendwas –, auf Anschläge oder Terrorszenarien nach dem Muster von Paris zu reagieren. Es gibt keine gepanzerten Fahrzeuge, die solchen Dingen standhalten. Die haben wir in Thüringen nicht. Deswegen muss dort dringend nachgearbeitet werden. Das muss in Zusammenarbeit mit dem Bund passieren, weil das Bereitschaftspolizei und so weiter ist, aber es muss passieren. Unsere Sicherheitsbehörden und Rettungskräfte sind gegenwärtig nicht hinreichend darauf vorbereitet, sollte es zu einem Anschlag in der Größenordnung vom 13. November 2015 in Paris kommen oder an mehreren Orten gleichzeitig etwas passieren. Existieren hierzu Sicherheitskonzepte, die mit allen Sicherheitsund Rettungskräften abgestimmt sind? Nach meinem Kenntnisstand und meinen Informationen leider nicht.

Zudem, meine Damen und Herren, brauchen wir mehr Personal. Ich habe es Ihnen vorhin gesagt: Man kann auch mehr Personal beschaffen, aber nicht – wenn das hier Herr Dittes aufzählt –, dass am Ende das Innenministerium nicht mehr da ist. Man muss seine Ressourcen, die man hat, so umschichten, dass man die innere Sicherheit auch entsprechend gewährleisten kann. Da muss man die Prioritäten setzen, nennt sich das Ganze.

Zum Stellenabbauplan: Warum führt denn die Nachfolgeregierung das eigentlich weiter? Weil sie natürlich am Ende weiß, dass 2019/2020 die Klappe fällt und man hier entsprechend Vorsorge treffen muss. Dass eine Finanzministerin ihr Geld zusammenhält, das verstehe ich vollständig, aber da muss man auch eine Gesamtregierungsentscheidung fällen. Ich erinnere daran, was damals 2001 in

New York passiert ist, wo die Flugzeuge in die Hochhäuser reingeflogen sind. Was denken Sie, was wir da in dem Land hier gemacht haben? Wir haben ein Sicherheitspaket aufgelegt. Wir haben sofort gehandelt, haben ein Sicherheitspaket aufgelegt und haben hier entsprechende Maßnahmen durchgeführt. Ich hätte mir gewünscht, dass diese Landesregierung, die so schöne, dankenswerterweise sprudelnde Steuerquellen hat, da auch einmal 50 Millionen oder Zahl X, sage ich jetzt mal, nimmt und in Sicherheit investiert. Denn das sind wir auch unseren Bürgern schuldig, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass der Letzte kapiert hat, was eine Ausbildungshundertschaft ist, und dass man endlich mal ernsthaft darüber nachdenkt – ernsthaft darüber nachdenkt. Und ich rede von einer Ausbildungshundertschaft.

(Beifall Abg. Henke, AfD)

Gleichzeitig muss Meiningen aufgerüstet werden, also muss mehr gebaut werden und es müssen Vorbereitungen getroffen werden. Die Polizisten müssen nämlich ausgebildet werden. Die fallen nicht vom Himmel. Das dauert seine Zeit, zwei bis drei Jahre. Ich will nur daran erinnern.

Meine Damen und Herren, vorhin hat Herr Dittes die Polizeistrukturreform zu unserer Zeit benannt. Da muss nicht alles richtig gewesen sein, Herr Dittes. Es war aber erst 2012, und jetzt schon wieder, nur weil eine neue Regierung dran ist? Da wird schon wieder alles überprüft, dass eine Evaluation von der Gruppe um Prof. Baldus hier stattfindet. Ich muss Ihnen in einem Punkt zustimmen: Es wäre schön, wenn wir das Ganze mal kriegen würden, aber wir kriegen es ja nicht, was da drinsteht. Wir haben Prof. Baldus mal eingeladen, wir wollen das Ganze mit ihm diskutieren. Ich denke, Sie können sich dort verteufeln und hier wird es gleichzeitig gemacht, in der größten Bedrohungslage aller Zeiten. Ich kann dem Innenminister nur – raten will ich nicht – vielleicht ans Herz legen: Lassen Sie sich hier nicht drängen, sondern gehen Sie langsam und behutsam ran. Denn die Polizei braucht in dieser Zeit nicht noch einmal Verunsicherung, dass aus sieben PIs vielleicht vier werden, alles wieder umstrukturiert wird. Das würde nicht funktionieren, meine Damen und Herren.

Deswegen will ich auch noch mal sagen – und jetzt kommt wieder so etwas, was falsch, wahrscheinlich bewusst falsch verstanden wird –: Überdies plädieren wir dafür, dass in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr Vorbereitungen für den Einsatz von Bundeswehreinheiten bei Terroranschlägen zu treffen sind. Wo hat denn hier jemand gefordert, dass die Bundeswehr mit Waffen einrücken und die Polizei ersetzen soll? Kein Mensch hat das gefordert! Da

müssen Sie mal lesen! Ich will Ihnen gleich dazusagen: Dies hatte der Innenminister Dr. Poppenhäger nach meinem Kenntnisstand selbst schon gefordert, in einer Pressemitteilung begrüßt. Das ist ganz normal, dass man sich dort natürlich austauscht und dass man dann auch entsprechende Dinge unternimmt. Und dann wird das so hingestellt, jetzt wollen die die Bundeswehr im Inneren einsetzen. Also, meine Damen und Herren, wenn man das alles so oberflächlich betrachtet, ist es einfach verkehrt, und ich will versuchen, Sie aufzurütteln.

Jetzt kommen wir noch zu einem wichtigen Punkt: das Amt für Verfassungsschutz personell und materiell weiter aufzustocken. Herr Dittes und seine Fraktion, an der Spitze Frau Hennig-Wellsow, haben das nun mehr als deutlich gemacht – heute noch mal –, was sie davon halten. Sie wollen dieses Amt abschaffen und sie arbeiten daran, es abzuschaffen. Da muss der arme Innenminister und hoffentlich der Fachminister Dr. Poppenhäger – hoffentlich hält seine Fraktion zu ihm, dass man das abwendet.

Meine Damen und Herren, da wird auf dem Parteitag in Eisenberg einfach mal beschlossen: Das Amt muss weg. Gut, können Sie ja machen, das geht ja noch. Aber gleichzeitig dort beschließen, die Kommunistische Plattform, die beobachtet wird, weil sie extremistisch und gefährlich ist, möge nicht mehr beobachtet werden – das ist wie früher, oder? Die Partei gibt vor und das Schild und Schwert hat zu handeln. Das fällt aus in diesem Land.

(Beifall Abg. Hennig-Wellsow, DIE LINKE)

Das fällt in diesem Land aus und da setze ich auf den Ministerpräsidenten und die Vernünftigen in dieser Koalition,

(Heiterkeit DIE LINKE)

(Beifall CDU)

dass sie sich das nicht gefallen lassen und dass man uns hier blankmacht und wir nichts mehr wissen.

Meine Damen und Herren, ich möchte mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken. Ich weiß, ich habe Sie strapaziert, sehr strapaziert am Freitagabend, aber ich denke, das Thema ist zu wichtig, sodass man das heute hier noch mal so intensiv ansprechen muss. Und, meine Damen und Herren, auch die AfD – wenn sie auch schon immer alles vorher wusste: Wir lehnen den Antrag ab, weil er uns natürlich nicht weit genug geht. Aber zumindest viele Ansätze sind da, auch das will ich hier mal sagen, damit wir nicht immer nur die eine Truppe verteufeln. Sie haben zumindest einen Teil davon erkannt.

Sie wollen und haben nichts erkannt. Und ich setze auf den Innenminister und auf den Regierungschef,

damit die Sicherheit im Land gewährleistet wird und damit man endlich Geld in die Hand nimmt und etwas tut. Vielen Dank!

(Beifall CDU, AfD)

Als nächste Rednerin hat Abgeordnete Marx das Wort. Frau Abgeordnete Marx, falls Sie es wissen wollen: Sie haben 28 Minuten und 40 Sekunden.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist ja nicht so, dass eine lange Rede immer automatisch inhaltsvoll wird.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eben hatte ich so das Gefühl, dass ich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehe – oder den Urwald. Na, wie auch immer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, der letzte Satz von Wolfgang Fiedler: Er vertraut darauf, dass der Ministerpräsident und der Innenminister die Sicherheit entsprechend fördern und dafür auch entsprechende Mittel bereitstellen. Das hätte man dann mit dem Satz eigentlich bewenden lassen können, denn

(Heiterkeit und Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

bei der einführenden, sehr detaillierten Darstellung unseres Staatssekretärs in seinem Reportbericht, für die ich mich noch mal ausdrücklich hier bedanken will, war schon ausführlich erklärt, was alles an Maßnahmen gemacht wird, und das ist auch sehr gut. Da danke ich auch der CDU, dass sie diesen Antrag gestellt hat, damit wir das auch mal hier öffentlich im Landtag für die geneigten Zuhörerinnen und Zuhörer in dieser Breite haben aufgelistet bekommen. Und nachdem wir dieses alles gehört haben, kann ich nicht sagen, dass Thüringen in Bezug auf den Terror nicht gewappnet ist.

(Beifall DIE LINKE)

Wir sind ein kleines Land und müssen trotzdem gegen große Gefahren gewappnet sein. Das ist eine Herausforderung, die nicht einfach zu bewältigen ist, aber Staatssekretär Götze hat sehr viele Kooperationen, sehr viele spezielle Ausbildungsdinge genannt. Ich nenne hier jetzt nur noch mal Grundlagen- und Aufbauseminare in der polizeilichen Fortbildung, spezielle Schulungen und Vorbereitungen auf Großlagen und Großschadensereignisse. Dafür gibt es diverse Lagekonzepte, die er aufgezählt hat. Er hat uns hier gesagt, dass das SEK, das Sondereinsatzkommando, aufgestockt werden wird. Er hat

gesagt, dass es wichtig ist, weil wir personelle Ressourcen in einem kleinen Land, selbst bei Aufstockungen von Kräften, nicht so bereitstellen können, wie das in großen Ländern oder in Paris der Fall ist, dass wir eine Zusammenarbeit mit Hilfsund Rettungsdiensten üben. Wir haben von Ihnen und auch von anderen Rednern gehört – dem schließe ich mich ausdrücklich an –, dass wir uns wünschen, dass wir es gemeinsam im nächsten Haushalt möglich machen, dass wir eine weitere Erhöhung der Ausbildungskapazität erreichen und dann, wie gesagt, ist auch zu vielen einzelnen Punkten noch sehr viel ausgeführt worden. Es liegt jetzt schon so lange zurück, aber deswegen habe ich noch mal kurz daran erinnert. Natürlich gibt es Punkte, die immer schwierig und kritisch sind, und da kann man auch über den rechten Weg streiten. Kollege Dittes hat noch mal den Verfassungsschutz eingeführt. Es ist richtig, dass jede Partei hier ihre eigenen Ansichten hat. Im Koalitionsvertrag ist zwar eine grundsätzliche Reform vereinbart, aber eine grundsätzliche Reform ist niemals eine Abschaffung. Deswegen wird es den Verfassungsschutz geben, solange Sozialdemokraten hier mitregieren.

(Beifall CDU)

Der Grund ist nicht, dass wir, wie immer so gern behauptet wird, den sogenannten Inlandsgeheimdienst gut finden, sondern wir Sozialdemokraten hängen aus historischer Erfahrung an dem Trennungsgebot. Wir wollen generalpräventive Aufklärungsarbeit nicht bei der Polizei ansiedeln. Da würde sie sonst hinmüssen. Im Übrigen hat der Verfassungsschutz, so wie wir ihn jetzt reformiert haben und weiter reformieren wollen, den Vorteil, dass er einer strengen parlamentarischen Kontrolle unterliegt. Wir haben jetzt auch einen entsprechenden Controller im Amt, der eine sehr gute Arbeit macht, und einen neuen Chef, der eine sehr gute Arbeit macht. Diese parlamentarische Kontrolle wäre weg, wenn diese Aufgabe an die Polizei überginge.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das war aber noch unsere Produktion!)

Das sind aus sozialdemokratischer Sicht gute Gründe, dass wir an einem selbstständigen Amt für Verfassungsschutz festhalten werden. Aber wir sehen das vollkommen unideologisch als zweckmäßig und wichtig an.

Es ist auch etwas zur Bundeswehr gesagt worden. Ich möchte sagen, dass es bei Großlagen selbstverständlich erforderlich sein kann und sein muss, auch mit der Bundeswehr zu kooperieren. Wir haben ja auch in schwierigen Situationen für unser Land, zum Beispiel im letzten Jahr bei der Bewältigung eines unerwartet hohen Zustroms an Flüchtlingen, gern auf die Hilfe der Bundeswehr im Inland zurückgegriffen und die Hilfe bei der Unterbringung gern angenommen.

(Abg. Fiedler)

Wir sind ein kleines Land und stehen trotzdem vor großen Herausforderungen. Hier ist Paris genannt. Wir werden hoffentlich niemals eine solche Lage wie in Paris bekommen. Natürlich kann man Anschläge nirgendwo in dieser Welt mehr ausschließen. Man kann auch nicht ausschließen, dass Anschläge immer wieder neue Muster erfinden und Grausamkeiten ausgedacht werden, an die man vorher nicht gedacht hat. Aber wir könnten wahrscheinlich nicht nach Pariser Muster reagieren. Ich bin auch in diesem Jahr wieder in Paris gewesen und ich kann Ihnen sagen: Es ist schon eine Rechtfertigung da. Man fühlt sich da auch durchaus aufgehoben, wenn man da bei Notre-Dame von Polizisten, die mit Maschinengewehren ausgestattet sind, eine Tasche kontrolliert bekommt. Aber ob das jetzt für den Erfurter Dom oder für den Weihnachtsmarkt erforderlich ist, daran würde ich mal ein Fragezeichen machen. Wir sind ein kleines Land, wir stehen vor großen Herausforderungen, aber wir müssen sie speziell für uns bewältigen. Das beißt sich auch mit einer Pressemitteilung der AfD, die vor Kurzem veröffentlicht wurde, worin stand, dass die Angst vor herrenlosen Koffern etwas ganz Furchtbares sei und dass die Kanzlerin daran schuld sei. Im Pariser Flughafen wird der ganze Bereich abgesperrt, wenn sich jemand zwei Schritte von seinem Koffer entfernt. Auch das habe ich erleben dürfen. Deswegen lassen wir die Kirche im Dorf und arbeiten konstruktiv gemeinsam, so wie es der Staatssekretär hier ausführlich dargelegt hat, weiter am Ernstnehmen terroristischer Gefahren und an den Strukturen, wie wir sie hier im Land bereithalten können. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen zu Nummer 1 des Alternativantrags der AfD erfüllt ist, oder ergibt sich Widerspruch? Das kann ich nicht erkennen. Dann kommen wir zur Abstimmung, weil keine Ausschussüberweisung beantragt ist, zu dem Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 6/2687 in der Neufassung. Wer ist für diesen Antrag, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei Stimmenthaltungen der Fraktion der AfD, den Jastimmen der Fraktion der CDU und den Gegenstimmen der Koalitionsfraktionen ist der Antrag abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über die Nummer 2 des Alternativantrags der Fraktion der AfD, weil der Antrag der CDU-Fraktion abgelehnt worden ist. Wer der Nummer 2 des Alternativantrags zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktion der AfD. Gegenstimmen? Die Stimmen aus allen anderen Fraktionen und Abgeordneten

des Hauses. Damit ist der Alternativantrag abgelehnt und ich schließe jetzt den Tagesordnungspunkt.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Sie haben vergessen, nach Enthaltungen zu fragen!)

Herr Fiedler, ich hatte das auch 18.27 Uhr noch im Blick.

Enthaltungen? Der Abgeordnete Fiedler hat sich beim Alternativantrag der AfD der Stimme enthalten. Ich bitte, das im Protokoll noch zu berücksichtigen.

(Beifall AfD)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18

Gefährdungssituation der Thüringer Fischfauna verhindern – Kormoranverordnung fortführen Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/2929