Die Ausführungen des Kollegen Mohring zur direkten Demokratie haben mich natürlich so ein bisschen – ich will nicht sagen verwundert. Ich kenne die Position der CDU, aber ich kann sie natürlich nicht unterstützen, das möchte ich deutlich sagen.
Kollege Mohring hat darauf hingewiesen, dass er grundsätzlich durchaus die Notwendigkeit sieht, direktdemokratische Elemente zu implementieren, aber hat als Beispiel, als Gegenbeispiel argumentiert: Ja, aber sehen wir die europäische Entwick
lung, sehen wir die Entwicklung hin zu einer immer weiter ablaufenden europäischen Integration, und wenn wir die Entscheidungen, die großen Entscheidungen, die – wie wir heute gerade in der Diskussion über Griechenland und die nicht endenden Hilfspakete sehen – vielleicht auch anders hätten getroffen werden müssen; wenn wir sehen, dass durch eventuelle Volksabstimmungen eine andere Entscheidung getroffen worden wäre, als das die politischen Akteure, als das die politische Elite getan hätten, dann heißt das aber nicht, dass diese Entscheidungen schlechter gewesen wären. Heute muss man sagen: Wahrscheinlich wären diese Entscheidungen, basierend auf dem Prinzip der Volkssouveränität, abgeleitet aus dem Prinzip der Volkssouveränität, als direkte Demokratie zielführender gewesen, liebe Freunde.
Deswegen: Wer Ja zur direkten Demokratie sagt, muss auf allen Ebenen Ja zur direkten Demokratie sagen. Ich denke auch, dass dieser Staat – ich meine nicht nur das Land Thüringen, das als Bundesland Staatsqualität hat, sondern unser Staat, die Bundesrepublik Deutschland – natürlich auf der Grundlage des Grundgesetzes so konzipiert ist, dass der Souverän – ich habe es an diesem Ort auch schon mal festgestellt, und das ist eine Ursache für die Politikverdrossenheit, die sich auch im Thüringen-Monitor ablesen lässt, dass dieses Grundgesetz aus den Erfahrungen des Scheiterns der Weimarer Republik lernend, ob dieses Erfahrungslernen richtig ist, ob die Ableitung richtig ist oder falsch, das mag dahingestellt bleiben, weil die Weimarer Verfassung die freiheitlichste Verfassung war, die Deutschland jemals gehabt hat.
Entschuldigen Sie bitte mal! Ein Gegenargument! Ich gebe Ihnen die Gelegenheit, ein Gegenargument einzubringen.
Aber dass wir jetzt im Augenblick in einem Zustand sind, in dem das Grundgesetz den Souverän fast vollständig mediatisiert, das kann man nicht wegdiskutieren. Das ist Fakt. Das heißt, wir haben keine Volksabstimmungen, wir haben keine Volksbefragungen usw. auf Bundesebene, wir haben keine Wahl der hohen Exekutivorgane auf Bundesebene. Wir haben jetzt auf Landesebene in den letzten Jahren gute und richtige Schritte gemacht, die direkte Demokratie zu implementieren, aber auch hier kann man weitergehen.
Wir als AfD-Fraktion werden uns weiter bemühen, die direkte Demokratie hier in Thüringen auszubauen. Wir haben eine Arbeitsgruppe „Lebendige Demokratie“ gegründet.
Diese lebendige Demokratie sollte vielleicht auch dahin kommen, eventuell mal über eine Direktwahl des Ministerpräsidenten nachzudenken.
Dann hätten wir nämlich auch nicht die Probleme nach einer Wahl, wie wir sie nach der MP-Wahl am 5. Dezember letzten Jahres gehabt haben, dass wir einen Ministerpräsidenten haben, der leider nicht die Mehrheit der Thüringer hinter sich hat, Herr Ramelow.
Ich möchte aber auch, Herr Ministerpräsident Ramelow, für Ihre Offenheit danken. Das kann man Ihnen nicht vorwerfen. Sie spielen mit offenen Karten. Das Bild haben Sie wohl verstanden, Herr Ramelow. Sie spielen mit offenen Karten und genau wie Sie bin ich der Meinung, dass wir Thüringen zu einem Land entwickeln müssen, das von Offenheit und Demokratie geprägt ist. Wer ist das in diesem Hohen Haus nicht? Natürlich wollen wir ein weltoffenes und demokratisches Land Thüringen haben – eine Selbstverständlichkeit.
Aber im Gegensatz zu Ihnen gehe ich davon aus – Herr Mohring hat es Gott sei Dank auch thematisiert, dafür bin ich ihm sehr dankbar und ich stimme ihm da zu –, dass wir eine eigene Identität brauchen, ja, dass die eigene Identität eine offene Weltzugewandtheit ist, eine Conditio sine qua non, lieber Herr Ministerpräsident.
Da unterscheiden wir uns tatsächlich diametral. Sie verwechseln Offenheit mit Selbstaufgabe und diesen Weg gehen wir nicht mit.
Wo ich bei Ihnen bin, das wissen Sie, das ist die direkte Demokratie. Da gibt es Schnittstellen, ansonsten sind unsere Positionen weit auseinander.
Aber das ist sicherlich in einer Demokratie und in einem Parlament auch wünschenswert, dass man auch wieder pointiert diskutiert und dass eigenständige Positionen wahrgenommen werden.
Herr Ministerpräsident, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung eine Kultur des Miteinanders angemahnt und eingefordert.
Kollege Mohring hat auch schon ausgeführt, dass einige Aktivitäten, wenn es zum Beispiel darum geht, nur noch Politik mit Strafrecht oder mit dem Staatsanwalt zu machen, dass das sicherlich in die falsche Richtung geht. Wir sind hier in diesem Hohen Haus zusammen, um inhaltlich tief und auch durchaus mit Emotionen, wenn sie sich denn im Rahmen der Manieren bewegen, hier miteinander ins Gespräch zu kommen und uns auseinanderzusetzen. Die Kultur des Miteinanders, Herr Ministerpräsident, die möchte ich gerne auch haben und gelebt wissen, auch in diesem Hohen Hause.
Deswegen wundere ich mich, dass Kollegen aus Ihrer Regierungskoalition, aus den Regierungsfraktionen, belegt durch das aktuelle Protokoll, das auch schon herumgegangen ist, hier Schimpfworte und Beleidigungen in den Raum stellen, die einfach unerträglich sind. Ich möchte darauf verweisen, dass die AfD-Fraktion gestern als „rassistische Dreckschleuder“ bezeichnet worden ist.
Der Abgeordnete Kuschel wird im Protokoll zitiert mit der Aussage „Rassist“ in meine Richtung. Das Gleiche hat Frau Rothe-Beinlich getan, die heute leider fehlt, ich wünsche ihr gute Besserung.
„Rassist“ ist eine stigmatisierende Äußerung und ich weise das entschieden zurück, Herr Ministerpräsident. Sie sind dafür verantwortlich, weil ich Ihnen glaube, dass Sie die Kultur des Miteinanders auch leben wollen und das ernst meinen, dass Sie Ihre Kollegen dann bitte auch mal ein wenig zur Räson rufen und vielleicht auch hier und da mal pädagogisch einwirken. Das würde mich sehr freuen.
mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und ich denke, dazu kann ich auch einiges sagen. Denn ich bin auch ein Mensch mit Migrationshintergrund, Herr Ramelow, genau wie Sie – nicht wahr? Ich bin vor acht Jahren nach Thüringen übergesiedelt, ich bin sogar ins Eichsfeld übergesiedelt, Frau Tasch, und Sie wissen, das ist schon eine große Integrationsleistung, die man da erbringen muss.
Das ist in erster Linie eine Bringschuld. Die Eichsfelder machen es einem erst einmal nicht so einfach. Das ist nämlich ein sehr selbstbewusstes und auch ein bisschen abgeschottetes Völkchen. Aber ich habe es in den sieben Jahren geschafft, mich zu integrieren. Ich habe mich angestrengt, ich habe es geschafft. Beleg dafür: Ich habe in meinem Dorf fast 40 Prozent bei der Landtagswahl gekriegt. Das ist für so einen Neuling doch ganz gut.
Ich habe gesagt, wir habe heute einige präsidiale Reden gehört und der Thüringen-Monitor wurde begrüßt in seiner Ausrichtung, in seiner Schwerpunktsetzung; auch was das Testdesign angeht, habe ich hier keine fundierte Kritik gehört. Ich habe gesagt, ich möchte so ein bisschen Wasser in die Suppe reinkippen, also zumindest eine zaghafte Kritik üben an der Fragestellung des Thüringen-Monitors. Jeder von Ihnen weiß, dass die Begrenztheit der Begriffe ein Problem ist, denn die Begrenztheit der Begriffe begrenzt letztlich auch unsere Erkenntnisfähigkeit. Gerade eine Wissenschaft wie die Sozialwissenschaft, die leidet auch unter der Begrenztheit der Sprache und deswegen steht diese Sozialwissenschaft doch immer auf tönernen Füßen. Wer auf tönernen Füßen operiert, der muss sehr, sehr vorsichtig operieren und sollte das entsprechend in seinen wissenschaftlichen Publikationen auch so leben und vorlegen.