Protokoll der Sitzung vom 26.01.2017

(Zwischenruf Abg. Kräuter, DIE LINKE: Und zusätzlich bewertet!)

Zu dem ersten Bereich – Stichwort? Das war?

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Angst!)

Ach ja, die Angst, die liegt bei Ihnen deswegen vor, das habe ich aber auch erläutert, weil Sie jetzt Sachen festschreiben wollen, die im Grunde zum jetzigen Zeitpunkt zwar bekannt sind, aber wesentliche Elemente, beispielsweise die durch das Rechtsgutachten nachher herauskommen würden, noch fehlen. Sie wollen jetzt Punkte festschreiben in einem Zwischenbericht, der dann übernommen werden müsste in den Abschlussbericht, die aber in dieser Art und Weise noch gar nicht als Ergebnis festgestellt werden können. Das habe ich aber alles erklärt.

(Beifall CDU)

Als nächste Rednerin hat Frau Abgeordnete Lehmann, Fraktion der SPD, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wir beraten heute über einen Antrag auf Zwischenbericht des Untersuchungsausschusses zu Immelborn. Wir haben uns deswegen dazu entschieden, weil seit der Einsetzung des Untersuchungsausschusses fast zwei Jahre vergangen sind, in denen der Untersuchungsausschuss sehr intensiv gearbeitet hat, und auch, weil ein Ende der Beweiserhebung derzeit nicht absehbar ist, und zwar nicht, weil eine Beweiswürdigung nicht möglich ist, Herr Tischner – Sie haben gerade bewiesen, dass das sehr wohl möglich ist, auch wenn ich diese für falsch halte –, sondern weil es eine Fraktion gibt, die sagt, sie hat noch Aufklärungsbedarf. Dem wollen wir natürlich Rechnung tragen. Nichtsdestotrotz ist es nicht unüblich, einen Zwischenbericht vorzulegen. In vielen anderen Untersuchungsausschüssen wird das im Einsetzungsbeschluss festgelegt. Jetzt hat niemand gedacht, dass dieser Untersuchungsausschuss so lange tagt. Deswegen kann man das als Parlament natürlich auch jetzt immer noch einfordern und das greift auch in keiner Art und Weise in Ihre Minderheitenrechte ein. Im Gegenteil, natürlich lässt es Ihnen nach wie vor alle Möglichkeiten, als Fraktion hier im Parlament und auch als Fraktion im Ausschuss zu agieren, aber es würde das, was Sie gerade gemacht haben, nämlich eine Vorwegnahme der Beweiswürdigung, die der Ausschuss bisher überhaupt nicht getroffen hat, hier im Parlament zulässig machen. Das heißt, es würde zum Beispiel auch Ihre Rede hier zulässig machen – nicht richtig. Aber zumindest wäre sie dann eben möglich. Jetzt hat sich der Ausschuss in den vergangenen fast zwei Jahren dazu entschieden, eine chronologische Abarbeitung der Komplexe in drei unterschiedlichen Passagen vorzunehmen, zum einen die Entstehung des Aktenlagers bis hin zu den Geschehnissen, bis der Datenschutzbeauftragte im Juni 2013 Kenntnis erlangt hat, dann zwischen Juni 2013 und bis zur Räumung Anfang 2015 und dann noch die Geschehnisse seit der Räumung.

Wir haben in den 15 Sitzungen über 60 Zeugen befragt, einige davon mehrfach, ganz unterschiedlich und sehr umfangreich, ehemalige Geschäftsführer und Gesellschafter, Beschäftigte von Ad Acta und von der EDS, Insolvenzverwalter, die örtliche Polizei, die LPI, Gemeindevertreter, Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung, die Staatsanwaltschaft, Vertreter des Innenministeriums in der vergangenen Legislatur, Mitarbeiterinnen und Vertreter des Ministeriums für Inneres und Kommunales, den Datenschutzbeauftragten und mit der Aufgabe betraute Mitarbeiter und auch Einlagerer sowie an der Räumung Beteiligte.

Unserer Meinung nach hat sich der Untersuchungsausschuss den Kernfragen, die dort gestellt sind, sehr intensiv gewidmet und diese nach Einschät

zung meiner Fraktion in weiten Teilen auch abgeschlossen. Jetzt mögen Sie diese Rede für oberflächlich halten, aber eine Beweiswürdigung ist mir an dieser Stelle nicht möglich, weil der Ausschuss die im Moment einfach noch nicht vorgenommen hat.

(Beifall DIE LINKE)

Jetzt ist es Ihr gutes Recht, als Fraktion zu sagen, dass Sie noch weiteren Aufklärungsbedarf haben. Das sehen wir auch so. Dieses Recht wollen wir Ihnen auch nicht infrage stellen. Es widerspricht ein bisschen dem, was Sie hier gemacht haben, weil eigentlich der Eindruck entstanden ist, dass Sie sehr wohl schon wüssten, was für Sie die Erkenntnisse aus den Befragungen sind. Aber genauso, wie Sie Minderheitenrechte haben, hat das Parlament das Recht, einen Zwischenbericht einzufordern, und auch die Öffentlichkeit hat einen Anspruch darauf, diesen Zwischenbericht zu bekommen. Deswegen wollen wir diesen Antrag. Das ist auch für uns die Voraussetzung dafür, dass man eben eine entsprechende Würdigung und eine entsprechende öffentliche Debatte haben kann. Ich bitte deswegen um Zustimmung zum Antrag.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Kräuter, Fraktion Die Linke, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnetenkollegen der demokratischen Parteien, herzlich willkommen am Livestream, liebe Zuschauer, der Untersuchungsausschuss 6/2 „Mögliches Fehlverhalten des Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit als Aufsichtsbehörde im Zusammenhang mit dem Auffinden, der Sicherung, dem Sichten sowie der Räumung der in einem Aktenlager in Immelborn im Juli 2013 aufgefundenen Unterlagen“ soll dem Thüringer Landtag bis zum 31. Mai 2017 einen Zwischenbericht gemäß § 28 Abs. 5 Untersuchungsausschussgesetz erstatten. Dies ist in der Drucksache 6/3310, einem Antrag von Rot-Rot-Grün, niedergelegt. An dieser Stelle gestatten Sie mir, Herr Tischner, Ihnen mal einige Anmerkungen zum Parlamentsrecht mit auf den Weg zu geben. Das Parlament ist Träger und eigentlicher Herr des Untersuchungsverfahrens. Es delegiert die Untersuchungen selbst, zumindest selbst auf einen aus der Mitte des Parlaments zu bildenden Ausschuss und fordert diesen zugleich auf, über die Ergebnisse zu berichten. Das können Sie drehen und wenden, wie Sie wollen, Herr Tischner, es wird dabei bleiben. Und es geht dabei nicht

um die Beschneidung des Minderheitenrechts – meine Abgeordnetenkollegin Lehmann hat es bereits ausgeführt –, sondern darum, dass das Parlament und die Öffentlichkeit die Ergebnisse, die Zwischenergebnisse erfährt, die der Ausschuss in zwei Jahren Tätigkeit errungen hat. Durch ein Zwischenergebnis, durch einen Zwischenbericht erhält das Parlament die Gelegenheit, die Ergebnisse zu bewerten und gegebenenfalls erste Schlussfolgerungen zu ziehen.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Eben nicht!)

Was Sie getan haben, Herr Tischner, ist eine Bewertung der Untersuchungsergebnisse des Ausschusses, ohne dass dieser sich damit befasst hat.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Konjunk- tiv!)

Das ist aus meiner Sicht nicht nur falsch, sondern sogar unzulässig. Die Ergebnisse des Zwischenberichts könnten dann in parlamentarische Initiativen umgesetzt werden. Wir wollen, dass sich das Parlament ein Bild vom Arbeitsstand des Ausschusses verschafft, um eine erste Einschätzung zu notwendigen Konsequenzen aus dem Skandal um das Aktenlager in Immelborn treffen zu können. Wenn Sie hier schon von strafrechtlichen Vorwürfen gegenüber dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit reden, betrachte ich das, gelinde gesagt, als Frechheit. Ich bin schon etwas überrascht, dass dieses Bedürfnis nicht bei der CDU vorhanden zu sein scheint, die Öffentlichkeit und das Parlament umfänglich zu unterrichten. Man könnte zur Auffassung kommen, dass der CDU nicht daran gelegen ist, zügig Schlussfolgerungen aus den Vorgängen zu ziehen. Vielmehr scheint es so, dass es bei den zögerlichen Antragstellungen durch die Abgeordneten der CDU seit der Sommerpause zu größtenteils schon bekannten Sachverhalten weniger um die Klärung inhaltlicher Fragen als um Verschleppung der Ausschussarbeit geht. Ich kann mich auch des Eindrucks nicht erwehren, dass die CDU den Ausschuss gern andauern lassen will, bis sie ihn politisch instrumentalisieren kann.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Wo haben Sie denn das aufgegriffen?)

Aus meiner Sicht hätte die öffentliche Beweisaufnahme in den nächsten Sitzungen abgeschlossen werden können. Die Fragen des Untersuchungsauftrags sind im Wesentlichen beantwortet, die neuen Anträge der CDU behandeln lediglich Detailfragen. Gleichwohl scheint ein Ende der Beweiserhebung auf absehbare Zeit nicht ersichtlich zu sein. So hat insbesondere der Obmann der Mitglieder der Fraktion der CDU im Untersuchungsausschuss angekündigt, dass die Arbeit noch keineswegs abge

(Abg. Lehmann)

schlossen sei und weitere Beweiserhebungen erfolgen müssen. Dem stellen wir uns nicht entgegen, wir achten auch Ihre Minderheitenrechte.

Ich bin dagegen schon lange der Auffassung, dass der Ausschuss zur Bewertung der Sachverhalte übergehen und die Ergebnisse in einem gemeinsamen Abschlussbericht zusammenfassen sollte. Mit dieser Auffassung habe ich mich, hat sich meine Fraktion mit Blick auf Ihre Minderheitenrechte nicht durchsetzen können. Wir wollen deshalb, dass über den Zwischenbericht eine Aussprache im Landtag stattfindet.

Wie ist denn der Arbeitsstand überhaupt? Der Untersuchungsausschuss ist seit zwei Jahren aktiv und hat in 14 teils umfangreichen Sitzungen Beweis erhoben. Es sind fast alle Themenkomplexe abgearbeitet. Durch einen Zwischenbericht hat nun das Parlament die Gelegenheit, die Ergebnisse zu bewerten und gegebenenfalls erste Schlussfolgerungen zu ziehen. Diese können dann in parlamentarischen Initiativen umgesetzt werden, wie ich bereits ausgeführt habe. Wir wollen uns ein Bild des Arbeitsstands des Ausschusses verschaffen, um erste Einschätzungen für notwendige Konsequenzen aus dem Skandal um das Aktenlager in Immelborn geben zu können. Der umfängliche Fragenkatalog kann in großen Teilen bereits als abgearbeitet angesehen werden, wobei der erste Abschnitt bis zur Entdeckung vollständig abgearbeitet ist und wohl keiner weiteren Beweisaufnahme bedarf. Auch der Vorgang des Bekanntwerdens selbst und die darin anknüpfenden Maßnahmen können weitestgehend als bekannt betrachtet und die Vorgänge als geklärt angesehen werden. Im Zwischenbericht kann absehbar ebenso bereits eine chronologische Einordnung der einzelnen Maßnahmen und Handlungen sowohl des Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit als auch anderer Beteiligter gegeben werden.

Offengeblieben ist bislang weitgehend die rechtliche Bewertung der vom TLfDI und anderen getroffenen Maßnahmen und Entscheidungen. Hierzu ist aus Sicht von Teilen der Fraktionen eine gutachterliche Befassung geplant. Aus diesem Grund ist daher keine Prognose möglich, wie lange die Beweisaufnahme noch andauern wird. Meiner Fraktion war es bereits bei der Einsetzung des Untersuchungsausschusses wichtig, dass wir davon wegkommen, den Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Herrn Dr. Lutz Hasse, und seine Mitarbeiter an den Pranger zu stellen, sondern durch substanzielle Beweiserhebung dazu beitragen, eine objektive Einschätzung und Aufarbeitung der Ursachen für das Phänomen des herrenlosen Lagers und des Agierens verschiedenster staatlicher und kommunaler Stellen und Behörden vorzunehmen. Unsere Zielstellung bestand dabei in einer kritischen Beleuchtung von

Fehlern und Unzulänglichkeiten im Gesamtsystem, von der Einrichtung privater Aktenlager bis hin zur Durchführung und Überwachung der Beräumung.

Ohne eine Bewertung – da unterscheide ich mich von Ihnen, Herr Tischner – vorwegzunehmen, konstatieren wir fehlerhaftes oder zu hinterfragendes Handeln zu verschiedensten Zeitpunkten und von verschiedensten staatlichen Akteuren. Der Antrag von Rot-Rot-Grün auf Zwischenberichterstattung – im Übrigen nicht unüblich in der parlamentarischen Praxis, wenn ich an den Untersuchungsausschuss 5/1 denke – ist daher aus den von mir eingangs dargelegten Gründen zu begrüßen. Vor dem Hintergrund des ambitionierten Restprogramms der Koalition, zum Beispiel allein im Innenbereich – ich denke an Gebiets- und Verwaltungsreform, Polizeistruktur –, aber auch noch Doppelhaushalt, ist es erforderlich, dass sich das Parlament mit den Zwischenergebnissen beschäftigt, um frühzeitigst mögliche Handlungsoptionen zu prüfen und zu debattieren. Ich gehe davon aus, dass der Zwischenbericht hierzu bereits eine Fülle von Ansätzen liefern kann.

Abschließend möchte ich noch einmal betonen, dass wir davon wegkommen müssen, den TLfDI, Herrn Dr. Lutz Hasse, und seine Mitarbeiter an den Pranger zu stellen und schon vorab strafrechtliche Unterstellungen vorzunehmen. Wir müssen dazu beitragen, substanzielle Beweiserhebungen vorzunehmen, um eine objektive Einschätzung und Aufarbeitung der Ursachen für das Phänomen von Immelborn vorzunehmen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt eine weitere Wortmeldung. Frau Abgeordnete Henfling, Sie haben das Wort.

Ja, Herr Tischner, Sie haben leider noch einmal dafür gesorgt, dass ich hier vorgehe,

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das ist schön!)

weil ich finde, dass Sie einige Fehlanalysen mindestens, wenn nicht sogar Unwahrheiten in Ihrer Rede verbaut haben. Das eine ist, dass Sie sich auf § 28 des Untersuchungsausschussgesetzes bezogen haben, den Absatz 5: „Der Landtag kann während der Untersuchung jederzeit vom Untersuchungsausschuss einen Bericht über den Stand des Verfahrens verlangen.“ So weit sind Sie noch gekommen. Aber dann lassen Sie „Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend.“ – das heißt, dieser ganze Paragraf gilt auch für einen Zwischenbericht des

(Abg. Kräuter)

Untersuchungsausschusses; das dürfte Ihnen dann doch nicht entgangen sein – geflissentlich weg.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Ach Quatsch! Das ist Quatsch!)

Nein, das ist nicht Quatsch; das steht im Untersuchungsausschussgesetz, Herr Tischner.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Das Weitere ist, Sie haben jetzt hier angefangen: Wir würden etwas verzögern wollen. Die Logik erschließt sich mir nicht.

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Das hat er nicht gesagt!)

Doch, das hat er gesagt. Und da müssen Sie mir tatsächlich erklären, wie Sie darauf kommen. Ich habe ehrlich gesagt das Gefühl, dass die Einzigen, die das Ganze immer ein bisschen rauszögern wollen, Sie sind. Seit einem Dreivierteljahr stellt lediglich die Minderheit des Untersuchungsausschusses Anträge

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Na weil Sie keine Aufklärung betreiben!)

das ist nicht wahr! –, und zwar immer zum nächstmöglichen Termin. Dann beschließen wir die und laden die Zeugen zum nächsten Beweisaufnahmetermin. Das heißt, Sie machen eine TippelTappel-Tour.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das ist im NSU!)

Wir arbeiten im NSU-Untersuchungsausschuss anders. Wir treffen dort Vorratsbeschlüsse, ziehen Akten bei und laden die Zeugen dann entsprechend einer von uns chronologisch festgelegten Reihenfolge. Das machen Sie nicht. Sie machen das aus dem Bauch heraus und Sie schreiben Anträge von Sitzung zu Sitzung. Ich finde, das ist eher eine Verzögerungstaktik, die Sie an dieser Stelle fahren.

(Beifall DIE LINKE)

Das müssen wir nicht auf uns sitzen lassen und uns unterstellen lassen. Ich weiß auch nicht, warum man Angst haben sollte und dann einen Zwischenbericht einreicht. Diese Logik erschließt sich mir nicht.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das habe ich Ihnen doch erklärt!)