Protokoll der Sitzung vom 23.02.2017

Hochgeehrte Abgeordnete, selbst wenn es Ihnen nicht gefällt: Lassen Sie mich doch einfach sprechen, aber Sie können mich nicht die ganze Zeit unterbrechen. Ich würde den Gedanken gern zu Ende führen, um die Position, die ich vertrete, Ihnen auch verständlich zu machen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich finde, es ist ein Ernstnehmen, wenn man Kolleginnen und Kollegen und die Vertreterinnen und Vertreter der AG Selbstverwaltung oder des Vereins bereits mehrfach in der Staatskanzlei zu Gesprächen hatte und der Ministerpräsident diesem Verein auch Verhandlungen anbietet.

Der Punkt ist, worauf ich hinaus möchte, dass die Gesetze, die ich angesprochen habe – sowohl das

Vorschaltgesetz als auch das Funktional- und Verwaltungsreformen-Grundsätzegesetz –, von Ihnen beklagt werden und Sie andererseits die Landesregierung auffordern, dem Landtag ein Landesorganisationsgesetz vorzulegen, in dem die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung und der interkommunalen Zusammenarbeit ausdrücklich zu berücksichtigen sei – das ist aber Gegenstand des Funktionalund Verwaltungsreformen-Grundsätzegesetzes –, ohne dass Sie auf diesen Widerspruch eingehen. Ich möchte ihn aber hier benennen.

Sowohl 1999 als auch 2012 wurden Entwürfe für Landesorganisationsgesetze in den CDU-geführten Innenministerien vorgelegt. Über den Status von Referentenentwürfen sind sie nie hinausgekommen. Und genau das ist das, was Sie mit der Verwaltungsreform auch vorhaben. Sie wollen, dass, wenn wir schon mit der Mehrheit ein Gesetz durch das Parlament bringen, diese Gesetze faktisch dennoch das gleiche Schicksal erleiden wie die von Ihnen vorgelegten Referentenentwürfe, nämlich dass sie nie wirksam werden. Das ist aber etwas anderes, als ein Land gestalten zu wollen. Diese Landesregierung legt dem Landtag Gesetze vor, um Thüringen zu verändern. Sie wollen alle diese Gesetze für ungültig erklären lassen. Ich prognostiziere, dass Sie auch ein Landesorganisationsgesetz dieser Regierung ablehnen und vermutlich erneut vor dem Landesverfassungsgericht beklagen würden, nicht zuletzt, weil Sie glauben, dass dies Ihrer Strategie vor dem Verfassungsgericht nützt. So hat sich Ihr Vertreter vor dem Verfassungsgericht letztlich auch auf Ihrer Fraktionsklausur geäußert und Ihnen die Empfehlung gegeben, auch dieses Gesetz zu beklagen.

Ich würde mir wünschen, die Partei mit der größten Zahl direkt gewählter Abgeordneter, der höchsten Zahl von Bürgermeistern und Landräten im Land würde die Kraft aufbringen, im konstruktiven Handeln mit der Landesregierung dieses Land zu gestalten oder wenigstens einen eigenen Vorschlag zu unterbreiten, wie Sie sich eigentlich eine Verwaltungs- und Funktionalreform vorstellen. Das, was Sie heute hier vorgetragen haben, ist ein Abarbeiten daran, warum Sie finden, dass alles, was diese Landesregierung macht, gegen Sie ist. Das ist aber kein Vorschlag, wofür Sie sind. Insofern lässt sich Ihr gesamtes Konzept in dieser Debatte – und ich habe Ihnen zugehört, lieber Herr Kellner – auf sieben Buchstaben zusammenfassen: dagegen. Das ist genau die Verzwergung von der Gestaltungszur Gegenpartei – die Haltung der hiesigen CDU. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es liegt eine weitere Wortmeldung vor.

(Minister Prof. Dr. Hoff)

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Doch, hier!)

Herr Abgeordneter, ich habe gesagt: Es liegt eine weitere Wortmeldung vor. Herr Abgeordneter Fiedler, Sie haben das Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Minister Hoff – jetzt sitzt er wieder an seinem angestammten Platz –, lieber Minister Hoff, so einfach geht die Welt auch nicht, wie sie es versucht haben hier darzustellen mit der ganzen Sache Gebietsreform.

(Beifall CDU)

Sie wissen, wir haben genügend Angebote gemacht und haben gesagt, dort und dort würden wir mitmachen, aber Sie wissen genauso gut wie ich und wie wir: Wenn man dann einmal den klaren Weg beschritten hat, dann hat man ihn beschritten. Das wissen Sie genauso gut. Sie haben geklagt, weil Sie am Ende nur zwischen Pest und Cholera wählen konnten: Entweder Sie lassen es durchgehen, dann hätten Sie in Kürze 200.000 Unterschriften auf dem Tisch gehabt, oder Sie reichen eine Klage ein, um das Ganze weiter zu verschieben. Nun haben Sie aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht und der Wirt heißt „AG Selbstverwaltung“. Ich weiß, Sie haben, ich glaube, zweimal mit denen gesprochen oder waren es dreimal – gut, ich rede immer mit meinen Freunden der AG Selbstverwaltung, weil ich selber Mitglied bin. Die AG Selbstverwaltung hat ganz klar gesagt – und auch das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen –, die haben überhaupt kein Mandat, was anderes zu machen. Sie müssten doch wissen, wie das funktioniert. Die haben nur das Mandat zu sagen: Das und das ist unser Antrag, der ist gestellt worden. Und wenn da natürlich zwischendrin rumfabuliert wird: „Der Ministerpräsident hat gesagt und hat“ usw., das zählt überhaupt nicht. Da muss man entweder ein Gesetz vorlegen oder muss entsprechende Änderungen vorlegen. Sie wissen ganz genau – eigentlich müssten Sie es wissen und ich schätze Sie wirklich so intelligent ein: Verwaltungsgemeinschaft oder Verbandsgemeinde – schon darunter stellen sich viele Leute was vollkommen Unterschiedliches vor. Die einen sehen da in Richtung Sachsen-Anhalt, die anderen sehen in Richtung Rheinland-Pfalz – vollkommen unterschiedliche Dinge. Sie müssen sich einfach mal verinnerlichen, als noch der Innenminister bei dem Gesetzentwurf das Sagen hatte, da hat der Innenminister in allen Anhörungen gesagt: Es wird keine Verbandsgemeinde geben, es wird über die Verbandsgemeinde gar nicht geredet. Das war einfach so und das ist so, das muss man zur Kenntnis nehmen. Und jetzt einfach so zu tun, als ob das alles nicht gewesen wäre! Sie haben nun einmal den großen Fehler gemacht und selbst

ihr gut bezahlter Professor, Prof. Dr. Hesse, hat in der Anhörung dann noch einmal gesagt, als dann Fragen kamen, da waren ja einige dabei: Das ist eine sehr ambitionierte Gangart, die die Landesregierung hier vorlegt, indem sie das alles mit einem Mal schaffen will. Sie haben zwischendrin gemerkt: Oh, ich hätte doch vielleicht erst mal Funktional- und Verwaltungsreform machen sollen, erst mal bei mir anfangen, erst mal definieren usw. Das haben Sie zu spät bemerkt – ob es nun der Innenminister oder wer auch immer war, lasse ich mal dahingestellt. Die Landesregierung legt am Ende vor und da sind die Dinge nicht aufgenommen worden. Wir haben darüber geredet, wir haben gesagt: Weiterentwicklung VG etc. pp. Das haben wir klipp und klar gesagt. Lieber Minister, Sie haben vorhin jemandem gesagt: „Sie können zuhören!“ – Sie können mir auch zuhören, wenn Sie so freundlich wären, wäre ich Ihnen dankbar.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Prof. Dr. Hoff, Minister für Kul- tur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Ich höre Sie auch, wenn ich Ihnen den Rücken zudrehe!)

Ja, ich kann auch mit dem Rücken zuhören, aber ich meine es einfach ganz freundschaftlich. – Redezeit zu Ende!

(Beifall DIE LINKE)

Sie können nicht einfach etwas behaupten, von dem Sie wissen, das lässt sich nicht mehr ändern. Auch die AG Selbstverwaltung kann das jetzt nicht einfach verändern. Entweder das Gesetz wird zurückgezogen, man steigt neu ein, sonst werden alle Dinge weiterfahren und wir werden in Kürze die 200.000 Unterschriften auf den Tisch legen, da bin ich mir sehr sicher. Das war es.

(Beifall CDU)

Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Herr Kießling?

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Leider hat Herr Kuschel ja die Frage verweigert, weil Sie wahrscheinlich Angst vor der Frage hatten,

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Jetzt geht das Niveau wieder runter!)

aber vielleicht kann ich sie von hier vorn noch mal stellen. Prof. Hoff ist ja nun auch da.

Die AG Selbstverwaltung hat ja mehrfach versucht, in der Staatskanzlei Termine zu bekommen. Das hat man gerade gehört. Sie hatten gesagt drei, die AG Selbstverwaltung sagt zwei Termine. Wie ge

(Vizepräsidentin Jung)

sagt, die AG Selbstverwaltung wollte auch gern einen Vergleich haben, warum die Verwaltungsgemeinschaft abgeschafft werden soll. Man hat sich bisher verweigert, hier einmal einen Vergleich zu machen zwischen Verwaltungsgemeinschaft, große Verbandsgemeinschaft etc., wo da die Vor- und Nachteile liegen sollen. Genauso hieß es immer, wir machen Effizienzgewinne. Bis heute wissen wir nicht, wie viel Gewinne wir denn nun machen. Es hieß immer, es wird gespart. Mittlerweile hören wir gar keine Zahlen mehr, was gespart wird. Es wird kosten.

Dann ist auch die Frage gewesen, wie gesagt, 47.000 Unterschriften liegen ja bereits momentan vor. 18 anhängige Klagen sind gegen die Gebietsreform eingereicht worden. Die große Frage der AG Selbstverwaltung war dann auch, ob die Freiwilligkeitsphase, die bis zum bis 31.10.2017 läuft, zumindest für die Zeit der Klagen verlängert wird. Bisher ist von Ihrer Seite noch keinerlei Äußerung gekommen. Vielleicht können Sie, Herr Hoff, dazu kurz Ausführungen machen oder vielleicht lässt sich Herr Kuschel einmal herab, darauf einzugehen, wie Sie sich das bezüglich der Klage vorstellen, ob es hier eine Verlängerung der Freiwilligkeitsphase gibt und warum Sie unbedingt die Verwaltungsgemeinschaften abschaffen wollen, obwohl nachweislich Verwaltungsgemeinschaften bestehen, die gut wirtschaften können und die ihre Selbstverwaltung behalten wollen. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Herr Abgeordneter Kießling, ich weiß nicht, ob der Herr Minister Hoff noch einmal reden möchte, aber Herr Abgeordneter Kuschel hat keine Redezeit mehr. Das will ich nur sagen. Herr Minister Hoff möchte auch nicht mehr reden.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ich hätte auch nicht mit Redezeit geredet!)

Es liegen jetzt keine Wortmeldungen mehr vor. Es ist Ausschussüberweisung beantragt an den Innenund Kommunalausschuss. Wer der Ausschussüberweisung des Antrags der CDU in Drucksache 6/3299 die Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der CDU und der AfD und des fraktionslosen Abgeordneten Gentele. Die Gegenstimmen? Das sind die Koalitionsfraktionen und der fraktionslose Abgeordnete Krumpe. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU in Drucksache 6/3299. Wer dem Antrag die Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Abgeordneten der Fraktionen der CDU, der AfD und der Abgeordnete Gentele. Gegenstimmen? Das sind die Koalitions

fraktionen und der Abgeordnete Krumpe. Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU in Drucksache 6/3299 abgelehnt.

Da es kurz vor 21.00 Uhr ist, möchte ich gern, dass die Parlamentarischen Geschäftsführer mir jetzt ihren Entschluss signalisieren, wie lange wir in der Debatte weiterarbeiten, und bitte, dass Sie sich verständigen.

Die Parlamentarischen Geschäftsführer sind entsprechend der Vereinbarung im Ältestenrat übereingekommen, dass wir die Tagesordnungspunkte 23 und 33 noch aufrufen. Ich möchte noch einmal erinnern, dass die weiblichen Abgeordneten 21.00 Uhr vom Präsidenten in die Lobby eingeladen sind.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Auch die Männer, ich habe das geklärt!)

Auch die Männer, aber ich möchte darum bitten, dass trotzdem hier im Plenarsaal, wenn wir die Tagesordnungspunkte aufrufen, noch Abgeordnete anwesend sind.

Ich rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 23

Novellierung des Thüringer Hochschulgesetzes Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/3329

und den Tagesordnungspunkt 33

Bericht der Landesregierung über die Ergebnisse des Thüringer Hochschuldialogs Unterrichtung durch die Landesregierung - Drucksache 6/3081

Wünscht die Fraktion der CDU das Wort zur Begründung? Dr. Voigt, möchten Sie begründen? Dann bitte. Prof. Dr. Voigt, ich korrigiere mich sofort.

Werte Präsidentin, recht herzlichen Dank. Ich will noch einmal zu den Kollegen reden, bevor Sie zum Sekt gehen. Wir haben den Tagesordnungspunkt 23 eingebracht, die Frage des Thüringer Hochschulgesetzes. Prof. Hoff ist schon weg. Es ist der Gestaltungsanspruch der Thüringenpartei, Eckpunkte vorzulegen, was die Landesregierung bis heute verabsäumt hat.

(Beifall CDU)

Ich will noch mal zeitlich rekapitulieren. Wir haben alle gemeinsam hier im Rund in der letzten Legislaturperiode eine Thüringer Hochschulstrategie beschlossen, die vorsah, dass wir im Jahr 2015 ein

(Abg. Kießling)

neues Thüringer Hochschulgesetz vorlegen. Jetzt sind wir mittlerweile im Februar 2017 und wir haben noch nicht einmal einen Referentenentwurf zu einem Gesetz. Das zeigt wieder einmal, dass dieses Ministerium nicht in der Lage ist, in Geschwindigkeit Reformen umzusetzen, die eigentlich schon in der Sache beschrieben sind.

(Beifall CDU)