Protokoll der Sitzung vom 27.02.2015

(Zwischenruf Abg. Holzapfel, CDU: Gott sei Dank!)

Ich würde fast anfangen mit Ihnen zu streiten.

Wenn wir eine Umfrage in unseren gutbürgerlichen Thüringer Gaststätten machen würden, ob wirklich Kloß mit Soße, so wie ihn die Kinder bestellen, oder Kloß mit Soße und manche machen noch Rotkraut und so – das haben wir noch dabei, immer mit einem Stück Fleisch dabei –, ob das wirklich mit dem Fleisch noch der Renner ist. Ich kann Ihnen sagen, ich esse das sehr gerne mit Wild. Hirsch zum Beispiel schmeckt mir dabei sehr gut, Rind ist auch eine vorzügliche Sache, Schweinefleisch eher seltener.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Soja!)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: … auch noch wählerisch!)

Aber, wissen Sie, in jedem Fall muss es regional sein, in jedem Fall ist das das, was uns am Herzen liegt, nämlich unsere regionale Landwirtschaft damit zu stärken.

Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, bin ich bei einem ganz großen Grünen, der einmal Thüringen besucht hat, ein ganz großes Vorbild für mich. Es ist Reinhold Messner. Reinhold Messner, lange Jahre für die Grünen im Europäischen Parlament – für uns Grüne war das Anlass gewesen, ihn natürlich hier nach Thüringen einzuladen. Ich glaube, wir waren in Oberhof oder in Steinach, jedenfalls in so einem Klettergarten, so einem Kletterwald. Er hat dort erst einmal gezeigt, was er drauf hat in seinen doch hohen Jahren und hat einen ganz fantastischen Vortrag gehalten, auch über Tourismus. Sie wissen, er arbeitet selbst in seiner Region in Tirol ganz intensiv im Tourismus, hat dort verschiedene neue Angebote gemacht. Und er hat gesagt: Bei allem, was ihr macht, achtet darauf, dass das Essen regional ist, achtet darauf, dass jeder Landwirt, jede Landwirtin etwas davon hat, dass ein Tourist herkommt. Das, meine Damen und Herren, ist auch grüne Maxime. Reinhold Messner hat recht. Ich bin froh darüber, dass die neue Thüringer Landesregierung das auch noch einmal in das Zentrum ihrer touristischen Politik stellt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir Grüne wollen neben der mir wirklich – auch als mittlerweile über zehn Jahre Aufsichtsratsvorsitzender in der Erfurter Tourismusgesellschaft, wo es ganz besonders um den Kultur- und Städtetourismus geht, geht es mir auch immer um die Verzahnung zwischen Naturtourismus und Städtetourismus, und der Naturtourismus, meine sehr verehrten Damen und Herren, gebunden als Aktivtourismus. Deshalb wird es unser großes Ziel sein, am Ende dieser fünf Jahre einen Urwaldpfad zu haben, das Grüne Band ausgebaut zu haben, Biwakplätze zu haben, Campingplätze zu haben, die in einer hohen Qualität sind.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das müssen nicht drei Sterne sein, aber die Qualität bei einem Stern muss stimmen. Da muss Platz sein für alle diejenigen, die sich per Fahrrad, zu Fuß oder auf dem Wasser hier durch Thüringen entlang unserer Flüsse oder durch unsere Wälder oder entlang des Rennsteigs bewegen und Thüringen erleben wollen. Für diese Menschen wollen wir Platz schaffen, für diese Menschen wollen wir eine hohe Qualität in den touristischen Angeboten ermöglichen.

Herr Abgeordneter Adams, es gibt wohl eine Nachfrage zu Ihrem Fleischvortrag oder den Klößen, ich weiß es nicht. Herr Henke, Sie haben das Wort.

Herr Adams, wir sind uns doch einig, dass das höchste Kulturgut in Thüringen immer noch der Thüringer Wald sowie Goethe und Schiller ist, oder?

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Nein, der Kloß!)

Ich glaube, Thüringen ist ein Land, das so vielfältig ist, dass die höchsten Kulturgüter ein ganzes Buch füllen, meine sehr verehrten Damen und Herren, und das fängt mit unseren kulinarischen Spezialitäten an. Ich habe hier schon Kloß und Bratwurst genannt, will aber den Kartoffelpuffer nicht außen vor lassen, meine sehr verehrten Damen und Herren,

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und nicht nur, weil Frau Kollegin Tasch, die mir wirklich am Herzen liegt, in diese Debatte intensiv eingreift, die Eichsfelder Stracke, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Eichsfelder Stracke.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Bravo!)

All das liegt uns am Herzen, genauso wie Goethe, Schiller, Liszt und ich könnte es unendlich fortsetzen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Thüringen kann noch vieles im Tourismus entwickeln. Wir müssen Denkblockaden überwinden, wir müssen den ländlichen Raum in den Blick nehmen mit seinen enormen Potenzialen gerade im Natur- und Aktivtourismus, gerade – Kollege Warnecke hat es auch gesagt – im Low-Budget-Tourismus. Wir sind im nahen Einzugsgebiet der großen Ballungsräume Nürnberg, Frankfurt, des etwas kleineren Ballungsraumes Halle-Leipzig und Berlin ist auch nicht so weit. Wenn wir den Menschen das Wochenendnaturerfahrungsangebot Nummer eins machen mit Erlebnis, mit Lagerfeuermöglichkeiten, mit Biwakieren, mit guten Zeltplätzen, mit Jugendherbergen mit hoher Qualität, mit Ferienwohnungen, die einladen zum Genießen und abends gemeinsam Kochen, Spielen und was man da auch machen will, dann machen wir Thüringen zum Tourismusland Nummer eins. Im Augenblick ist Mecklenburg-Vorpommern auf der Spur, Bayern zu überholen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam auf den Weg gehen, Mecklenburg-Vorpommern als Tourismusland Nummer eins hier in Deutschland zu folgen. Ich glaube, da haben wir ein gemeinsames Projekt, bei dem

sich selbst die CDU gern dieser Landesregierung anschließt. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Nun hat der Abgeordnete Bühl von der CDU-Fraktion das Wort.

Sehr verehrte Kollegen, der Kollege Heym hat gerade gemeint, in Südthüringen isst man Hund. Ich muss sagen, wir haben jetzt eigentlich schon ziemlich ausführlich gehört, welche Köstlichkeiten es in Thüringen alles gibt und wir haben ja auch die ITB und nicht die Grüne Woche, die war schließlich schon.

Ja, ich habe mich über den Antrag von Ihnen gefreut, weil nun die Fortentwicklung des Konzepts ansteht. Ich muss gestehen, ich hätte mir allerdings ein paar mehr Antworten des Ministers gewünscht, denn die Fragen waren recht umfänglich. Wenn es darum geht, das Konzept einzuschätzen, das gelaufen ist, muss man sagen, braucht es doch erst einmal eine Evaluierung dessen, was in den letzten Jahren passiert ist. Meines Wissens gibt es diese Evaluierung noch nicht und ich würde mich freuen, wenn die Landesregierung, bevor man eine Fortschreibung anstößt, erst einmal versuchen würde, hier zu schauen: Was ist gut gelaufen? Was ist weniger gut gelaufen?

(Beifall CDU)

Wenn ich dann mal einen Blick darauf werfe, dann hatte die letzte Konzeption drei Ziele: zum einen die Beschleunigung des quantitativen und qualitativen Wachstums, zum Zweiten den Aufbau der Tourismusmarke und die Optimierung von Organisation und Kooperation der Tourismusakteure. Minister Machnig hatte in der Konzeption in seinem Vorwort geschrieben: Das Ziel muss sein: 10 Millionen Übernachtungsgäste. Da muss man feststellen, wir haben das heute schon gehört: Dieses Ziel haben wir knapp nicht erreicht. Wir haben 9,8 Millionen, das ist schon mal ein sehr, sehr guter Wert, aber noch nicht das Ziel, welches eigentlich mit der Konzeption hervorgebracht wurde. In Anbetracht dessen, dass wir keine venezianischen Kanäle haben und dass wir auch nicht die Weite Australiens bei uns haben, finde ich diese Zahl trotzdem gar nicht schlecht.

(Zwischenruf Abg. Dr. Voigt, CDU: Toller Vergleich!)

Wenn man sieht, wie sich diese Zahlen zusammensetzen und dass wir in sieben von zehn Tourismusregionen hier Steigerungen aufzuzeigen haben, auch im Vogtland oder im Südharz – die, die viel

leicht nicht so im Fokus liegen von dem, was man in Thüringen als Tourismusgebiet vielleicht als Erstes im Blick hat, wie den Thüringer Wald, der allerdings auch Steigerungen hat und auch die Hälfte der Übernachtungszahlen, fast die Hälfte, noch stellt –, ist es doch insgesamt ein sehr gutes Ergebnis, was es allerdings noch auszubauen gilt.

Vor allen Dingen – muss ich sagen – in den Randbereichen, wenn ich mir das Altenburger Land anschaue oder das Weimarer Land, da kann es noch um einiges besser werden.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Was?)

Ja, ich meine die Zahl. Aber alles in allem kann man sagen, die Steigerungen sind schon sehr gut. Dieses Ziel des Konzepts – muss man sagen – wurde beinahe erfüllt.

Ein anderer Punkt, der meiner Meinung nach noch nicht in Gänze erfüllt wurde, ist die touristische Bekanntheit Thüringens. Der Minister hat davon gesprochen, Thüringen wäre schon sehr bekannt, aber, Herr Minister, Sie haben auch beim Wirtschafts- oder Industriestammtisch in Rudolstadt gesagt: Thüringen kennt kaum jemand.

Wenn man das mal so zusammenfasst, dann muss man sagen, dass die weltweite Bekanntheit Thüringens – wahrscheinlich auf das Land betrachtet – noch nicht da ist, wo wir es haben wollen – nur auf einzelne Marken.

(Beifall CDU)

Wenn ich unsere Naturlandschaften anschaue, den Thüringer Wald, den Hainich, das sind Marken, die sind über Thüringen schon sehr weit bekannt. Der Rennsteig ist der bekannteste Wanderweg Deutschlands, der Hainich entsprechend UNESCOWelterbe. Das sind wirklich Marken, die sind bekannt und unsere Kulturlandschaften natürlich auch; Weimar, Eisenach, Jena, Arnstadt mit Goethe, Schiller, Bach und Luther – das sind Namen, die kennt man natürlich deutschlandweit, aber man bringt sie noch zu wenig mit Thüringen in Verbindung.

Unsere Burgenlandschaften, die sind natürlich auch bekannt. Wenn ich mir die Wartburg und andere anschaue, unsere dichte Theaterlandschaft auch. Alles in allem bringt man sie zu wenig mit Thüringen in Verbindung und ich finde, da müssen wir gemeinsam dran arbeiten, dass diese großen Marken, diese Marken, die weltweit bekannt sind, zum Schluss auch mit Thüringen in Verbindung gebracht werden.

Also schlussendlich: Für dieses Ziel haben wir noch etwas vor uns. Wir haben viel zu bieten, aber es wird nicht mit Thüringen in Verbindung gebracht.

Der dritte Punkt der Konzeption war die Vernetzung der Akteure. Da muss man feststellen, bei der Ver

netzung der Akteure haben wir – glaube ich – wirklich noch einiges zu tun. Von Leitprojektgruppen war die Rede, das ist eine gute Idee. Ich habe mir sagen lassen, das wurde auch schon gut umgesetzt. Allerdings, wenn man jetzt mal die Struktur der touristischen Akteure von oben nach unten durchschaut, umso weiter man nach unten kommt, umso mehr fühlen sich die Menschen vernachlässigt, die Tourismus betreiben.

Ich glaube, daran sollten wir gemeinsam arbeiten, diese Vernetzung am Beispiel anderer Tourismusregionen – ob das nun Österreich mit verschiedenen Regionen ist, ob das der Schwarzwald ist. Da, wo alle schon mehr zusammenarbeiten, da, wo die Strukturen schon besser beieinander sind, da sollten wir gemeinsam dran arbeiten, dass auch der Touristiker sich in der Tourismusinformation gut eingebunden fühlt und nicht nur Sachen von oben nach unten durchgestellt bekommt.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das war in den letzten Jahren so, oder?)

Wenn man sich nun einmal die Ziele anschaut, die wir für das kommende Tourismuskonzept verfolgen sollten, dann, finde ich, sollten wir zuallererst an der Ganzheitlichkeit der Angebote arbeiten. Ob das nun die Verbindung zwischen Kultur- und Naturlandschaften ist, wie sie auch schon in der letzten Konzeption gefordert wurde, das ist eine sehr, sehr gute Sache, finde ich, und das sollte man auch so fortsetzen. Denn, wenn man mal schaut, wie kleinteilig Thüringen ist, dann kann der Kultururlauber in Weimar locker einen Abstecher in die ToskanaTherme nach Bad Sulza machen oder auch in einer Stunde am Rennsteig sein und dort wandern. Im Gegensatz dazu kann natürlich auch der Tourist aus Oberhof relativ schnell nach Meiningen oder nach Arnstadt oder Erfurt ins Theater fahren und sich dort die kulturellen Angebote anschauen. Wir sind also ein Land, das sehr, sehr kleinteilig ist und wir sollten, glaube ich, in der kommenden Konzeption noch weiter vorantreiben, dass man diese Vernetzung zwischen den verschiedenen Angeboten hier auch voranbringt.

(Beifall CDU)

Eine andere Sache sind die Themenjahre. Die Themenjahre, denke ich, sind wirklich sehr, sehr wichtig, das wurde auch schon von den Vorrednern angesprochen. Wir haben das Lutherjahr 2017 vor uns, ein wirklich großer Termin für uns, der auch noch zusammenfällt mit dem Deutschen Wandertag, der in Eisenach stattfinden wird. Wenn ich da einmal reinschaue, ist mir bis jetzt noch nicht aufgefallen, dass im Landeshaushalt bisher – ich weiß nicht, wie es im kommenden wird, vielleicht kann der Minister dazu noch etwas sagen – dazu eine Haushaltsstelle vorgesehen ist. Ich finde, wir sollten

uns diesen Punkt nicht nehmen lassen, hier entsprechend gute und auch finanziell untersetzte Angebote zu schaffen, damit wir uns hier deutschlandweit nicht blamieren. Das muss ein gutes Jahr für uns werden! Wenn es das wird, dann haben wir Chancen, hier wirklich deutschlandweit und auch weltweit entsprechend voranzukommen.

(Beifall CDU, SPD)

Was die Qualität angeht, das hat der Minister auch schon angesprochen und das sehe ich ganz genauso, da haben wir durchaus noch Verbesserungspotenzial. Ob das, wenn mal eine Langlauftour ist, die Unfreundlichkeit in der Gaststätte ist, weil sie ein bisschen überlastet sind und nicht mit dem großen Andrang gerechnet haben, wenn gutes Wetter ist und viele Leute auf der Loipe, oder die Unkreativität, wenn man mal Kunstblumen statt echter Blumen hinstellt. Ich glaube, das sind Sachen, die muss man wirklich den Leuten näherbringen und immer wieder auf sie einreden und ihnen deutlich machen, dass das anderswo viel, viel besser funktioniert als bei uns, und dass auch diese kleinen Details wirklich wichtig sind, um die Gäste hier bei uns zu halten.

Eine andere Sache ist allerdings der Low-BudgetTourismus. Da kann ich nicht ganz mitgehen, denn wenn man mal schaut, wie die Kosten der Übernachtung und das, was die Touristen hier bei uns lassen, sind, dann stellt man fest, dass wir da schon im unteren Bereich Deutschlands rangieren. Wir sollten uns hier nicht zu billig verkaufen, sondern sollten uns das, was wir haben, zu einem guten Preis, aber auch in einer guten Mischung – also günstige Angebote in den Ferienwohnungen, aber auch hochpreisigere Angebote in Wellnessresorts – nicht nehmen lassen. Schlussendlich wird es hier die Mischung ausmachen.