Protokoll der Sitzung vom 24.03.2017

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Er hat selbst einen Speicher!)

(Beifall AfD)

und auch Herr Gruhner wünscht sich Speicher. Aber wissen Sie eigentlich, wie viel Speicher man für Ihr 100-Prozent-Konzept benötigt? Das Fraunhofer-Institut hat das mal ausgerechnet und kommt bezogen auf die Bundesrepublik auf eine Gesamtleistung von 55 Gigawatt. Das sind nur die Batteriespeicher, da sprechen wir nicht von Vergasung von Strom, um das sozusagen im Netz wegzupuffern. Das sind allein die chemischen Energiespeicher. Im niedersächsischen Varel – ich habe mir mal ein aktuelles Beispiel rausgesucht – hat man jetzt einen Lithium-Ionen-Batteriespeicher mit 7,5 Megawatt Leistung und einer Kapazität von 2,5 Megawattstunden errichtet und zusätzlich gleich daneben

einen weiteren Speicher auf Natrium-Schwefel-Zellenbasis mit 4 Megawatt Leistung und 20 Megawattstunden Kapazität. Das entspricht ungefähr der Spitzenleistung von sechs durchschnittlichen Windkraftanlagen und passt so ein bisschen in das Konzept Ihrer dezentralen Versorgung. Das ist so ungefähr die Leistung, mit der Sie rechnen müssen, um einen kleineren Ort versorgen zu können. Wissen Sie, was die Anlage macht? Die speichert Energie und dann gibt sie die Energie ab, wenn es notwendig ist.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So machen das Speicher!)

Wissen Sie, für wie lange? Fünf Stunden. Nach fünf Stunden ist das Ding leergesaugt und dann ist Schluss mit Energiewende, dann wird es im Kühlschrank dunkel.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bei Ihnen ist immer Nacht!)

Das ist einfach kein energiepolitisches Konzept.

(Beifall AfD)

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wissen Sie was das Ganze kostet, Herr Adams? 24 Millionen Euro. 24 Millionen Euro für diesen tollen kleinen Entlastungseffekt. Das Ganze für 11,5 Megawatt Leistung insgesamt. Dafür bauen Sie ein Fußballfeld mit Infrastruktur voll. Sie brauchen eigentlich 55 Gigawatt. Merken Sie eigentlich, wie illusorisch Ihre Speicherträume sind?

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kennen Sie noch das erste EEG?)

Was ich Ihnen sagen will: Wenn man keine Speichertechnologie hat, wenn die nicht mal erfunden ist, dann brauchen Sie die auch gar nicht erst in Ihr Konzept einplanen. Das ist schlicht und ergreifend Unsinn, irrational. Da Ihnen eben diese Speicher fehlen, muss für jede wetterabhängige unsichere Erzeugungseinheit, also die Windkraftanlage oder die Photovoltaikanlage zum Beispiel, noch eine sichere Erzeugungseinheit für den Notfall in der dezentralen Versorgungssituation zur Verfügung stehen. Sichere Erzeugungseinheiten, Herr Adams, sind die, mit denen Sie auf Kriegsfuß stehen, weil Sie nämlich mit konventionellen Energieträgern arbeiten. Abgesehen davon scheitert Ihr 100-ProzentErneuerbare-Energien-Konzept, Frau Ministerin, schon an der Tatsache, dass kaum einer in Thüringen oder anderswo Windkraftanlagen bzw. Biomasseanlagen in Wohnortnähe oder anderswo noch haben möchte. Es ist nämlich nicht so, wie Sie sagen, dass Thüringen hinter der Energiewende steht; es ist eher das Gegenteil der Fall.

(Beifall AfD)

Man könnte im Grunde genommen sagen, dass jeder Ihrer energiepolitischen Lösungsvorschläge, die Sie auch hier im Parlament bringen, immer wieder drei neue Probleme entstehen lässt. Ihrem Konzept fehlt es an Realismus, an Akzeptanz und vor allem an Geradlinigkeit in der Politik, an Ehrlichkeit. Ich muss es mal sagen: Auch die CDU ist in dem Punkt nicht viel besser. Sie versucht jetzt ein bisschen, die Kurve zu kriegen, die Kosten der Energiewende im Blick zu haben, aber nach wie vor werden auch von der CDU Zahlen genannt, was die Versorgungsquote mit erneuerbaren Energien angeht, die weit jenseits aller Realitäten sind und angesichts der 750 Windkraftanlagen in Thüringen, die schon auf genügend Widerstand im Land stoßen, wohl auch kaum auf Akzeptanz treffen würden. Hinzu kommt noch – und das muss ich Ihnen auch ankreiden, meine Damen und Herren von der CDU –, dass gerade die CDU unter Angela Merkel den Kernkraftenergieausstieg so hingelegt hat, wie er jetzt eben erfolgt. Und das war eine reine Paniksituation, eine reine Panikreaktion angesichts eines Unfalls in Japan, der so überhaupt nicht in Deutschland reproduzierbar wäre oder zu befürchten wäre. Die dadurch überhaupt erst entstehende Stromproduktionslücke im Süden, die geht eben leider – das muss man mal so sagen – auf die Kappe der CDU.

(Beifall AfD)

Sie sind also – das muss man eben auch sagen – mitverantwortlich für dieses Problem, dass an der einen Ecke des Landes Strom produziert wird, den keiner braucht, und an der anderen Ecke des Landes Strom fehlt.

Meine Damen und Herren, Ihr Antrag löst kein einziges Problem der Energiewende. Er zeigt nur, wie emsig und wendig sich das Hälschen dreht, wenn man versucht, die politische Verantwortung loszuwerden, das Ganze auch noch im Bundestagswahljahr.

Ich muss sagen, ich bin immer wieder – auch jetzt in Ihren Redebeiträgen – über ein Argument gestolpert. Gerade aus dem rot-rot-grünen Lager ist es oft gekommen. Das hat mir im Grunde gut gefallen, was auch gegen SuedLink spricht, nämlich das Argument, dass der Freistaat Thüringen bereits sehr stark durch die Energiewendeinfrastruktur belastet ist und deswegen eben der Netzausbau in Thüringen nicht weiter erfolgen soll. Nun stelle ich mir natürlich die Frage: Warum bemühen Sie dieses Argument ausschließlich beim Netzausbau? Warum machen Sie es nicht auch mal bei Windkraft? Warum planen Sie den gigantischen Windkraftausbau in Thüringen,

(Beifall AfD)

obwohl wir schon 750 Anlagen hier haben, die kein Mensch will? Warum wollen Sie so was noch in den Thüringer Wald reinstellen? Da gilt dieses Argu

ment seltsamerweise nicht. Ich habe da so meine Vermutung, woran es liegt, vielleicht an der Spendenbereitschaft entsprechender Windkraftanlagenlobbyisten, die Ihre Parteien auch im Bundestagswahlkampf unterstützen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie sind wirr!)

Ich denke, genau das ist der Fall. Und wenn ich mir so angucke, wer bei Ihnen in Ihrer Fraktion ganz hinten sitzt, womit der Herr Kollege Müller sein Geld verdient, da glaube ich, da ist es sogar eine ziemlich richtige Annahme, Herr Adams.

(Unruhe DIE LINKE, AfD)

Das kann jeder übrigens nachlesen. Aber, Herr Adams, das will ich gar nicht weiter thematisieren.

Ich komme mal zu unserem eigenen Alternativantrag und will Ihnen mal grob skizzieren, wie man tatsächlich, wenn man es ernst meinen würde, auf Leitungsbauprojekte wie SuedLink verzichten könnte. Will man das, dann muss man natürlich Schluss machen mit einer Politik der einseitigen Bevorzugung bestimmter Technologien, nämlich der erneuerbaren Energien. Es ist nämlich nach unserer festen Überzeugung nicht Aufgabe der Politik – vor allem nicht der Energiepolitik –, Technologien zu bevorzugen, sondern es ist die Aufgabe der Politik, eine soziale, eine preisgünstige, eine umweltverträgliche und eine sichere Energieversorgung zu gewährleisten und unserem Land den derzeit geplanten Ausbau der Schaffung von Energieinfrastruktur zu ersparen.

Wir haben im Zusammenhang mit unserem Alternativantrag übrigens bewusst darauf verzichtet, eine reine AfD-Lösung hier zu präsentieren, etwa nach dem Motto, das Erneuerbare-Energien-Gesetz komplett und sofort einzustampfen.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Na, Sie haben ja keine Lösung!)

Nein, wir haben unsere Punkte, die ich Ihnen nachfolgend erläutern werde, schon so ausgewählt, dass sie den Charakter eines Kompromisses tragen. Wir würden also, wenn wir jetzt die absolute Mehrheit hätten, ganz andere Lösungen anbieten und viel, viel weiter gehen in unseren Forderungen. Aber ich denke, schon allein mit den Punkten, die ich Ihnen jetzt präsentiere, korrigieren sie die schlimmsten Fehlentwicklungen der EEG-Energiewende und vermeiden vor allem die Fortschreibung dieser Fehler.

Ich habe es schon mehrfach erwähnt heute: Die größte Fehlentwicklung ist, dass man in unserem Energieversorgungssystem unabhängig von örtlichem und zeitlichem Energiebedarf Strom wetterabhängig einspeisen darf, und das sogar mit Vorrang, vorausgesetzt, es handelt sich um eine Anlage, die sogenannte erneuerbare Energien erzeugt.

Und dieser sogenannte Einspeisevorrang sorgt dafür, dass wir vor allem die durch den Wind, durch die Windkraft verursachten Leistungsspitzen durch die Stromleitungen abtransportieren müssen, wie eben zum Beispiel SuedLink. Dieses Problem ließe sich relativ einfach lösen, indem man in Situationen, in denen der Bedarf an dem Erzeugnis Strom schlicht nicht da ist, gar nicht erst zulässt, dass dieser Strom dann in das Netz eingespeist wird. Rechtlich wäre das ganz einfach zu bewerkstelligen, indem man den gesetzlichen Einspeisevorrang, der im Erneuerbare-Energien-Gesetz für alle Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien steht, reduziert, möglichst schrittweise, damit die Anlagenbetreiber nicht überfordert werden.

Die Widerstände gegen eine solche Maßnahme – das ist mir natürlich klar – werden jetzt, wo wir es das erste Mal ins Parlament einbringen, ziemlich hoch sein. Aber, meine Damen und Herren, Sie werden an dieser Lösung auf Zeit nicht vorbeikommen. Das ist meine ganz feste Überzeugung. Sie werden diesen Schritt eher gehen müssen, je mehr Windkraftausbau Sie zulassen. Denn mit jeder Windkraftanlage, die Sie zulassen, die gebaut wird und die einspeist, wird die Instabilität in unserem Netz größer.

(Beifall AfD)

Wie groß das Problem bereits jetzt ist, erkennen Sie daran, dass die SuedLink-Leitung, die geplant wird, in der Spitze 4 Gigawatt Leistung aus dem Norden nach Süden übertragen soll und aktuell im Norden Windkraftprojekte mit einer Leistung von 10 Gigawatt geplant werden. 10 Gigawatt Spitzenleistung, die da neu produziert werden, und 4 Gigawatt Leitungsleistung, die Sie zur Entlastung bauen – da reicht einfache Mathematik, um zu erklären, warum das nicht funktionieren kann.

Der logische zweite Schritt wäre aus unserer Sicht deshalb, dass man die Fördertatbestände im Erneuerbare-Energien-Gesetz für neu zu errichtende EEG-Anlagen, die unabhängig vom tatsächlichen Bedarf wetterabhängig erzeugen und einspeisen, streicht, wenn der Anlagenbetreiber keine Kapazität zur Speicherung zur Verfügung hat oder zur Verfügung stellt, denn der Zubau solcher Anlagen ist nach heutiger Sachlage weder technisch noch sozial verkraftbar. Wenn Sie sich fragen: Warum ist das sozial nicht verkraftbar? Da brauchen Sie sich nur angucken, was für eine Auswirkung die Förderung der EEG-Anlagen heutzutage schon hat. Wir subventionieren diese Anlagen über den Strompreis mit circa 30 Milliarden Euro im Jahr, wenn Sie auch noch den entsprechenden Netzausbau hinzurechnen. Wir subventionieren – die etablierte Politik subventioniert – diesen Ausbau erneuerbarer Energien mit 30 Milliarden Euro im Jahr auf Kosten der Geringverdiener, der Hartz-IV-Empfänger, der bereits stark belasteten Familien, der kleinen Hand

werksbetriebe. Die großen Unternehmen bekommen dann Sonderregelungen. Das ist das Modell, das ist das Konzept des Umlagesystems des Erneuerbare-Energien-Gesetz. Da wird Vermögen von unten nach oben umverteilt.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Sie haben es immer noch nicht verstanden!)

Ich denke, ich habe das sehr gut verstanden.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Nein!)

Aber wissen Sie, Herr Harzer, wenn Karl Marx

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Neh- men Sie nicht diesen Namen in den Mund!)

mitkriegen würde, dass Sie für so ein Konzept Ihre Zustimmung geben und Ihre Unterstützung für eine Umverteilung von Vermögen von unten nach oben geben, dann würde er sich im Grab herumdrehen über diese Politik der Linkspartei. Er würde rotieren. Nach Ansicht der AfD brauchen wir eine soziale Entlastung beim Strompreis, wir brauchen das übrigens auch zum Erhalt unserer Industriearbeitsplätze hier in Thüringen. Die Thüringer Wirtschaft – ich habe es schon gesagt – ist sehr kleinteilig und kommt kaum in den Genuss sogenannter Ausnahmeregelungen. Damit sie wettbewerbsfähig bleiben kann, müssen wir es also schaffen, diesen Strompreis zu senken. Das kann man machen, indem man das derzeitige Stromkostenumlagesystem, was ja noch eine ganze Weile benötigt wird, um die alten Ansprüche von Anlagenbetreibern abzufinanzieren, durch eine Finanzierung, jedenfalls eine schrittweise, teilweise Finanzierung, durch den Bundeshaushalt ablöst. Das würde wirklich zu einer Entlastung von Verbrauchern und von Industriebetrieben führen, zu einer signifikanten Entlastung. Insofern setzen wir uns für diesen Punkt ein.

Eine Selbstverständlichkeit sind auch unsere nächsten beiden Forderungen, nämlich dass die Erzeugungsanlagen, welche im Fall einer Überspeisung des Netzes mit Strom trotzdem einspeisen, also die Instabilität des Stromnetzes weiter fördern, natürlich auch mit einem Entgelt belegt werden, um die Kosten der Systemstabilität auch mitzufinanzieren. Das betrifft eben vor allem Windkraftanlagen, das betrifft auch zum Teil Photovoltaikanlagen, und hier fordern wir also die Einführung eines Netzstabilitätsentgelts. Der große Vorteil eines solchen Netzstabilitätsentgelts wäre auch, dass man dadurch die Kosten der übrigen Stromverbraucher etwas abfedert und damit auch die übrigen Stromverbraucher entlastet. Natürlich ist es ein ganz einfache und auch vernünftig rational nachvollziehbare Forderung, die wir hier mit unserem Alternativantrag erheben, dass auch Anlagenbetreiber, die erneuerbare Energien erzeugen, an den Kosten des Netzausbaus angemessen beteiligt werden, was momentan überhaupt nicht stattfindet. Das ist eine Tatsache, die können Sie eigentlich keinem Verbraucher, kei

nem Handwerksbetrieb erklären, warum das so ist, warum er die Infrastruktur des Netzes bezahlen muss, ein Erzeuger von erneuerbaren Energien aber nicht, obwohl er doch das Netz besonders stark belastet.

(Beifall AfD)

Klar ist natürlich auch, dass eine alternative Energiepolitik, eine alternative Energiewendepolitik Aussagen darüber treffen muss, wo der Strom mittelfristig und langfristig herkommen soll. Da frohlockt wahrscheinlich Herr Kobelt schon wieder, denn er erwartet sicherlich die Aussage, dass die AfD nun sagt, wir brauchen Kernkraft.

(Zwischenruf Abg. Kobelt, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Fusionskraft!)

Aber, lieber Herr Kobelt, die Anhänger von Kuppelbauten sitzen in Ihrer Fraktion, egal, ob es um Biogasanlagen oder um Moscheen geht. Die Frage der Kernkraft – das will ich mal explizit erwähnen, weil es so in unserem Antrag nicht steht – ist ein hochbrisante gesellschaftliche Frage, über die aus unserer Sicht nicht parlamentarische Vertretungen sprechen sollten, sondern die in einem Volksentscheid verbindlich für viele Jahrzehnte geklärt werden müsste.

(Beifall AfD)