Protokoll der Sitzung vom 05.05.2017

dass diese Vorgaben bundesweit mit einer einheitlichen Regelung über Jahre aufgestellt werden.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Da waren Sie auch mit dabei, Frau Marx!)

Das hat also nichts mit rot-rot-grüner Politik zu tun. Wenn Sie sich dann mit den Propagandadelikten auseinandersetzen und sagen, dass das alles übertrieben wird, dann ist es doch unsachlich und auch geboten, was Herr Dittes getan hat, darauf hinzuweisen: Das ist doch Ihr Fraktionsführer gewesen, der diese Delikte gern abschaffen möchte, die Strafbarkeit von diesen Delikten beseitigen möchte. Dann stellen Sie sich vor Kurzem am 1. Mai draußen mit dem Herrn Bachmann hier vor diesen Landtag, und über die statistische Zunahme von politisch relevanten oder im rechten Bereich angesiedelten Straftaten haben wir hier auch schon etliche Zahlen gehört, nämlich im Umfeld auch Ihrer reizenden Veranstaltungen. Deswegen ist das doch hier alles ein gigantisches Ablenkungsmanöver.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie versuchen in der Tat, das, was der Kollege Dittes Ihnen auch nachgewiesen hat, zu tun, nämlich jetzt mit der Statistik ein bisschen so zu tun, als wäre Ihre rechte Welt in Ordnung und alles, was Sie treiben, rechtmäßig und doch alles nicht so schlimm.

Dann auch noch mal zu Ihrem Staatsangehörigkeitsverhalten. Das ist ja auch wieder merkwürdig widersprüchlich. Wir hatten ja immer in jeder Landtagsdebatte – egal bei welchem Thema – von Ihnen gehört: Die Flüchtlinge sind schuld.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Nein, Sie sind schuld!)

(Abg. Möller)

Jetzt geht es um die doppelte Staatsangehörigkeit. Sie wüssten ja, wenn Sie sich ein bisschen fachlich kompetenter auf Ihre Reden vorbereiten würden, dass man die deutsche Staatsangehörigkeit nicht so im Vorbeilaufen bekommt. Das sind Leute, die sich dann schon sehr langjährig in diesem Land bewegt haben und hier leben. Wir wissen auch, dass ein Grund für die doppelte Staatsangehörigkeit in sehr vielen Fällen nicht ist, dass die Betreffenden in Wirklichkeit gar keine Deutschen sein wollen, sondern in Wirklichkeit noch an ihrer alten Staatsangehörigkeit festhalten wollen, sondern dass es Länder gibt, die schlicht aus ihrer Staatsangehörigkeit Bürger nicht entlassen. Das heißt, es steht ihnen gar nicht frei. Deswegen ist dieses Ansinnen von Ihnen, die doppelte Staatsangehörigkeit in die Statistik aufzunehmen, der Versuch, zwischen richtigen und sogenannten falschen Deutschen zu unterscheiden. Und das ist eine völkische Begriffsbestimmung und die lehnen wir hier ab.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Das haben wir überhaupt nicht gemacht, Frau Marx!)

Deswegen ist es richtig, dass die Fachgremien die Vereinbarung getroffen haben, mit der doppelten Staatsangehörigkeit zu sagen, es ist dann die deutsche Staatsangehörigkeit das, was für uns maßgeblich ist, weil diejenigen, die hier die deutsche Staatsangehörigkeit bekommen haben – ich sagte es bereits –, oftmals gar nicht darüber entscheiden können, die andere Staatsangehörigkeit zu verlieren. Und wenn Sie dann noch mal hier nach vorne gehen und sagen: „Wie kommt es denn, dass unter Leuten mit doppelter Staatsangehörigkeit wiederum bestimmte doppelte Staatsangehörigkeiten häufiger vertreten sind?“, dann hat es was damit zu tun, dass diese Bevölkerungsgruppe in der Einwohnerstatistik stärker repräsentiert ist, schlicht und einfach. Aber das bedeutet wiederum nicht, dass bestimmte Ethnien hier krimineller sind als andere. Deswegen lassen wir uns hier nicht von Ihnen ein A für ein U vormachen oder eine Alternative für ein völkisches Denken, das wir in der Statistik nicht brauchen. Wir vertrauen den Fachgremien, die diese Statistiken bundesweit aufstellen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt eine weitere Wortmeldung der AfD-Fraktion. Herr Abgeordneter Henke, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich glaube, ich muss hier noch mal was klarstellen. Wir wollen mit unserem Antrag einfach nur darstellen – und ich habe

das auch ganz klar gesagt –, dass bei der doppelten Staatsbürgerschaft immer die deutsche Staatsbürgerschaft als Erstes genannt wird. Wir wollen nur, dass auch die andere Staatsbürgerschaft mitgenannt wird. Das heißt, das Kriterium soll dahin gehend geändert werden. Nur das. Alles andere ist reine Polemik, was Sie jetzt hier vorgetragen haben. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Es gibt eine weitere Wortmeldung des Abgeordneten Möller.

Nur deshalb, weil Frau Marx eben noch mal auf den Propagandadelikten und den Überlegungen, diese abzuschaffen, rumgeritten ist: „Den Holocaust zu leugnen, ist [...], grotesk [...]. Aber deshalb für Jahre ins Gefängnis?“

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Wi- derlich!)

Das ist eine andere Sache. Da sind Sie ganz erstaunt, Frau Rothe-Beinlich, aber wissen Sie, wer das gesagt hat? Wissen Sie, wer es gesagt hat?

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, DIE GRÜ- NEN: Nicht überrascht, ich bin angewidert!)

Ich zitiere nämlich gerade. Wissen Sie wen? Otto Schily.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das macht es nicht bes- ser!)

Das ist eine Aussage von Otto Schily aus dem Jahr 2015. Die Überlegung, Propagandadelikte abzuschaffen oder sie zu bestrafen oder wie man sie bestraft, das ist kein originäres Thema der AfD. Darüber haben zuerst ganz andere Leute nachgedacht, nämlich zum Beispiel Leute aus Ihrem politischen Lager.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nicht mein Lager! Ich ver- bitte mir das!)

Selbstverständlich – in was für einer Koalition befinden Sie sich denn gerade? Soweit ich weiß, ist Otto Schily nach wie vor SPD-Mitglied.

Zum Thema „Staatsangehörigkeit“, weil Sie meinen, Frau Marx, da müsse man ganz schön viel leisten, um die nach Jahren zu erhalten. Da kann ich Ihnen eins sagen: Wissen Sie, was Sie dafür machen müssen? Sprachniveau B 1 brauchen Sie. Wissen Sie, was Sprachniveau B 1 ist? Damit können Sie – aber selbstverständlich, Sie brauchen es nur nachzulesen, Sie haben doch so ein internetfähiges Handy, gucken Sie mal nach, da steht es

(Abg. Marx)

drin. Mit Sprachniveau B 1 kommen Sie im Berufsleben überhaupt nicht weit. Es reicht nicht. Damit kann Sie kein Mensch einstellen. Da können Sie keinem etwas ordentlich erklären. Sprachniveau B 1 hat ein normaler verständiger Mensch nach einem Jahr Fremdsprachenunterricht drauf. Jemand, der seit Jahren hier ist und nur B 1 spricht und dann die Staatsbürgerschaft beantragt, meine Damen und Herren, das ist das Gegenteil von integrationsfähig und integrationswillig. Das ist im Grunde erwiesenermaßen die Unwilligkeit,

Herr Abgeordneter Möller, Ihre Redezeit ist beendet.

sich zu integrieren.

(Beifall AfD)

Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten vor. Herr Minister Poppenhäger, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne, ich will versuchen, wieder zum Thema zurückzufinden nach diesen Exkursen, die wir zum Teil erlebt haben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe am 30. März dieses Jahres der Öffentlichkeit die Ergebnisse der Polizeilichen Kriminalstatistik für letztes Jahr, für das Jahr 2016 für den Freistaat Thüringen vorgestellt. Im Rahmen dieser Vorstellung hat sich wiederum bestätigt und herausgestellt, dass unser Freistaat Thüringen zu den sichersten Ländern in Deutschland gehört. Ich will noch mal an unsere Aufklärungsquote erinnern. Es ist nämlich so, dass wir nach Bayern und Rheinland-Pfalz im Jahre 2016 auf Platz 3 in Deutschland liegen. Darüber sollten wir uns zunächst auch mal freuen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist nämlich Ausdruck der guten Arbeit unserer Polizei. Ich will das deshalb meinen Ausführungen vorwegstellen.

Lassen Sie mich etwas tiefer auf den Antrag eingehen und die mit ihm verbundenen technischen Fragestellungen. Die Daten zur Strafverfolgung werden nach Abschluss der polizeilichen Bearbeitung be

kanntlich bereits in der erwähnten Polizeilichen Kriminalstatistik abgebildet. Dies gilt natürlich auch für Straftaten, welche im Kontext der Zuwanderung begangen wurden. Diese Informationen in der Polizeilichen Kriminalstatistik fachgerecht aufzuarbeiten und realitätsnah abzubilden, liegt in unser aller ureigenen Interesse. Allerdings sind wir bei der Abbildung von Straftaten in der Polizeilichen Kriminalstatistik an bundeseinheitlich verbindliche Festlegungen gebunden. Das heißt, die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eben zu Recht keine Spielmasse von Landesregierungen oder gar Fraktionen in einzelnen Ländern. Im Jahr 2009 wurde das Verfahren der Polizeilichen Kriminalstatistik neu eingeführt. Die Inhalte der Kriminalstatistik wurden auf einen Prüfstand gestellt. Im Ergebnis dieser Evaluation haben die Teilnehmer, also Bund und Länder, gemeinsam festgelegt, dass die Anlieferung und Auflistung mehrerer Staatsangehörigkeiten von Tatverdächtigen weiterhin nicht umgesetzt wird. In der Datengruppe zu einem Tatverdächtigen kann nur eine Staatsangehörigkeit angeliefert werden und die Staatsangehörigkeit Deutsch ist dabei priorisiert.

Nun zur Frage der sogenannten Propagandadelikte: Auch die strukturierte Zuordnung zu bestimmten Phänomenbereichen nach dem Definitionssystem politisch motivierte Kriminalität unterliegt bestimmten grundlegend und bundesweit abgestimmten Regeln. Die derzeit geltenden Regelungen zur Erfassung politisch motivierter Straftaten sind also das Ergebnis eines intensiven Meinungsaustauschs und Abstimmungsprozesses zwischen den einzelnen Ländern und der Bundesregierung. Dabei galt es, Kompromisse einzugehen, da eine einheitliche Verfahrensweise für die Vergleichbarkeit der statistischen Zahlen innerhalb des Bundes enorm wichtig ist. Die derzeit gültigen Regelungen wurden erst unlängst evaluiert. Das überarbeitete Definitionssystem zur politisch motivierten Kriminalität ist erst am 01.01.2017 – also Anfang dieses Jahres – in Kraft getreten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb kann ich damit schließen, Folgendes zu sagen: Es ist eindeutig verfrüht, in jedem Fall und unabhängig von den Inhalten, die hier vertreten worden sind, erneut Veränderungen an der Polizeilichen Kriminalstatistik zu fordern. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Ich schließe die Beratung und wir kommen zur Abstimmung. Es ist keine Ausschussüberweisung beantragt, deswegen stimmen wir direkt über den Antrag der Fraktion der AfD in Drucksache 6/3594 ab. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Mitglieder der Fraktion der AfD. Gegenstimmen? Das sind alle anderen

(Abg. Möller)

Mitglieder der Fraktionen des Hauses. Stimmenthaltungen kann ich nicht erkennen. Damit ist der Antrag der Fraktion der AfD in Drucksache 6/3594 abgelehnt. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 16

Neue Wege gegen den Ärztemangel – 11-Punkte-Landesprogramm zur Sicherstellung der Gesundheitsversorgung in unserer Heimat Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/3595

Ich gehe davon aus, dass die Fraktion der AfD das Wort zur Begründung wahrnehmen will. Frau Abgeordnete Herold, Sie haben das Wort.