Wir bleiben dabei: Das ist ein Skandal, wenn 800 Kollegen jährlich in den Ruhestand gehen und Sie stellen 250 nächstes Jahr ein.
Faktencheck 2: Sie verkünden im Personalentwicklungskonzept, es werden bis 2020 nur die 613 Stellen gestrichen, die sich bereits in der Freistellungsphase befinden. Davon abgesehen, dass die Schulleiter uns reihenweise das Gegenteil erzählen, stimmt auch Ihre Rechnung nicht. Denn im selben Zeitraum gehen 1.862 Stellen – Frau Rothe-Bein
in den Ruhestand. Rechnet man Ihre Einstellungen dagegen, bleibt immer noch ein Stellenabbau von 150 Stellen in den nächsten drei Jahren. Das ist Augenwischerei; dann stimmt es auch nicht, was Sie versprechen, dass jede Stelle neu besetzt wird.
Augenwischerei ist – drittens – auch Ihre Rechnung, vergangene Regierungen haben 2008 nur drei Einstellungen vorgenommen: Jeder weiß, dass 2008 auf einen Schlag 1.136 Lehrer für die Unterrichtsversorgung zusätzlich zur Verfügung standen. Und ja, das war sicherlich auch bitter für die Thüringer Landesregierung, aber es war vor allem bitter für eine Lehrergeneration, welcher ich selbst angehöre.
Faktencheck 4: Sie behaupten, keine Regierung vor Ihnen habe so viele Einstellungen vorgenommen wie Sie, andere Regierungen haben kaum Einstellungen vorgenommen. Das ist erneut die Unwahrheit. In der 3. Wahlperiode, von 1999 bis 2004, wurden 1.986 Neueintritte in den Thüringer Schuldienst vorgenommen. In der 4. Wahlperiode, 2004 bis 2009, wurden 2.250 Neueintritte inklusive Stellenhebung in den Thüringer Schuldienst vorgenommen. 2009 bis 2014 unter Minister Matschie wurden immerhin noch trotz Stellenabbaupfad 1.631 Neueintritte in den Thüringer Schuldienst vorgenommen. Erzählen Sie also der Öffentlichkeit bitte nicht das Märchen, wir hätten nie und hätten kaum und hätten niemals irgendwelche Kolleginnen und Kollegen neu eingestellt, wenngleich natürlich 50 Prozent der Schüler verloren gegangen sind und der Lehrkörper um 42 Prozent reduziert wurde.
Faktencheck 5 – zur Einstellungspolitik: Sie verschließen die Augen ganz fest vor der Realität, wenn Sie glauben, die 500 Neueinstellungen jährlich oder die 250 in 2018 entsprechen dem Bedarf. Nahezu die Hälfte aller Neueinstellungen kommt nur zustande, weil Sie diese Kolleginnen und Kollegen nicht entsprechend der benötigten Fächer und Schularten einstellen.
Und ein Nächstes: Sie versäumen völlig, den Fokus auf die Ausbildung des Nachwuchses zu legen. Sie haben vor zwei Jahren die Referendare von geplanten 600 auf 400 Stellen reduziert. Das ist Ihre Prioritätensetzung in der Gewinnung von Nachwuchs. Sich dann hierhinzustellen und zu beklagen, dass wir im bundesweiten Wettbewerb um Lehrer stehen, ist geradezu schizophren. Wer selbst nicht genügend ausbildet, braucht sich hinterher nicht
Meine Damen und Herren, meine Fraktion hat nach einem intensiven Dialog mit Praktikern und Verbänden im Januar einstimmig ein 10-Millionen-Programm zur Verbesserung der Attraktivität des Lehrerberufs beschlossen. Nur stichpunktartig kann ich an dieser Stelle darauf eingehen und einige Forderungen daraus vortragen:
1. Einstellungen sind zu erhöhen, unter anderem durch bedarfsorientierte Gestaltung des Einstellungskorridors, Einstellungsgarantien, Studienberatung sowie Anreize für Mangelfächer.
3. Nachwuchs ist zu binden, unter anderem durch Vorverträge an den Schulen und frühestmögliche Einstellungsverfahren.
5. Mehrarbeit ist zu belohnen, unter anderem durch finanziellen Ausgleich von zusätzlichen Vertretungsstunden.
9. Eigenverantwortliche Schulentwicklung ist zu fördern, beispielsweise durch die Stärkung der Schulleitung.
Sich also heute Morgen hierhinzustellen und zu sagen, wir würden Ihnen keine Vorschläge liefern, ist schlicht falsch.
Meine Damen und Herren, natürlich ist auch die Rückkehr zur Verbeamtung im Schulbereich ein zentraler und überfälliger Schritt, um den Lehrerberuf in Thüringen wieder attraktiver zu machen. Er ist aber nicht das Allheilmittel. Hier braucht es eine starke Initiative der Landesregierung, um den Lehrerberuf in Thüringen insgesamt wieder attraktiv zu machen. Außerdem ist innerhalb der Landesregierung keinesfalls die Erkenntnis gereift, dass es rich
tig ist, Lehrerinnen und Lehrer zu verbeamten. Gerade die Fraktionen Die Linke und die Grünen haben bis heute immer wieder darauf hingewiesen, dass sie das Beamtentum am liebsten in der Mottenkiste verstauen würden.
Da klatscht sogar die Linke. Das ist noch mal ein richtiger Hinweis für die Beamten in unserem Land und für die vielen Kollegen, die als Lehrer verbeamtet sind und sich jetzt bald verbeamten lassen.
Aber, Frau Hennig-Wellsow, Sie enttäuschen nicht nur durch Ihre Zwischenrufe und Ihr Klatschen. Sie enttäuschen auch darin, dass Sie nun die Verbeamtung wahrscheinlich auf einen späteren Zeitpunkt verschieben werden und nicht im August damit beginnen, so hört man jedenfalls aus den Reihen der verschiedensten Vertreter.
Und Sie brechen Ihr Versprechen erneut, nämlich dann, wenn viele Kolleginnen und Kollegen, die derzeit als Gymnasiallehrer an den Regelschulen arbeiten, nicht verbeamtet werden können. Auch hierzu hat der Minister heute geschwiegen. Sagen Sie doch den Gymnasiallehrern die Wahrheit, die derzeit an den Regelschulen arbeiten, die nicht verbeamtet werden können.
Meine Damen und Herren, einen elementaren bildungspolitischen Totalausfall erleben wir mit Blick auf die Inklusion. Linke, SPD und Grüne ignorieren schlicht das Klima an den Schulen. Sie stellen die Hilferufe der Praktiker infrage und negieren sogar repräsentative Umfragen hoch anerkannter Meinungsinstitute. Es ist und bleibt ein Fehler, wenn diese Regierung in der aktuellen Situation das Thüringer Schulgesetz ändern will. Da helfen auch nicht die ach so vielen Versprechen, wie es Herr Hoff heute getan hat. Wir haben verstanden, Sie wollen das Schulgesetz ändern, Sie wollen weiter an die Förderschulen heran. Die Thüringer Schulen haben schlicht wegen der vielfältigen Probleme, die aktuell vor Ort bestehen, nicht die Kapazitäten, um diese Gesetzesänderungen überhaupt zu verkraften.
Wir fordern Sie auf: Lassen Sie die Finger von dieser Schulgesetzänderung! Machen Sie hier einen Schulfrieden! Chancengerechtigkeit mittels Erziehungs- und Bildungsangeboten, die jedes Kind dort abholen, wo es steht, ist für uns unstrittig. Inklusion ist dabei ein wichtiges Thema, aber Inklusion hat aus pädagogischer, sachlicher und fachlicher Sicht ihre Grenzen.
Wir haben heute Morgen, um vielleicht noch einige Aussagen zu checken, keine Aussage gehört, dass die Landesregierung von ihren geplanten radikalen Einschnitten in das bestehende Schulsystem Abstand nimmt. Sie haben wieder von Kompetenzzentren gesprochen. Für all die Kolleginnen und Kollegen, die nicht ständig im Bildungsausschuss zugegen sein können: Kompetenzzentren sind Schulen ohne Schüler, sind Schulen, wo sich ab und zu mal noch die Kolleginnen und Kollegen zu einer Dienstberatung treffen, aber meist eigentlich so fertig und so verbrannt sind, dass sie gar nicht mehr zur pädagogischen Arbeit kommen.
Sie wollen weiterhin die Förderzentren reduzieren. Fakt ist: 80 Prozent aller Förderschulen stellen Sie infrage, denn mit dem aktuellen Papier von Minister Hoff und Frau Ohler sind uns diese Visionen im Grunde dargeboten. Künftig soll es nur noch eine Förderschule pro Landkreis geben. Bezieht man die geplante Gebietsreform bei dieser Betrachtung mit ein, wird klar, was das für die Thüringer Förderschullandschaft bedeutet: Von 56 Förderschulen sollen noch 12 Förderschulen übrig bleiben, das steht in Ihrem Papier. Unglaublich!
Fakt ist: Sie betreiben Ihre Inklusion auf Kosten der Kommunen. Die Zahl der Schulbegleiter, die die Landkreise bezahlen müssen – Frau Sojka sitzt dort oben –, steigt ständig, weil der Fachlehrerbedarf sonst gar nicht mehr zu decken und normaler Unterricht gar nicht mehr möglich wäre.
Fakt ist drittens: Die Förderschullehrer, die mehr und mehr im gemeinsamen Unterricht in den Grund- und Regelschulen eingesetzt werden – Frau Rohloff, vielleicht nehmen Sie das auch mal mit zur Prüfung –, fördern gar nicht mehr die Kinder, für die sie dort sein sollen, sondern sind die heimliche Vertretungsreserve dieser Landesregierung und sichern mehr und mehr den Unterricht ab und vertreten die Kolleginnen und Kollegen im normalen Unterricht.
Fakt ist auch: Sie ignorieren die Situation der freien Schulen. Wir haben zwar gerade ein großes Loblied gehört, das ist von einem Linken-Politiker wirklich sehr anzuerkennen, das muss man sich dreimal im Kalender markieren, Frau Rothe-Beinlich, aber diese Situation der freien Schulen negiert das Inklusionspapier auch. Abgesehen davon, dass dieses Papier von Praktikern als Beleidigung empfunden wird, negieren Sie deren Rechte auf die Gründung von freien Schulen nämlich dann, wenn Sie wie geplant die gesetzlichen Bestimmungen so ändern, dass kaum noch Kinder in den Förderschulen eingeschult werden können.
Das Thüringer Schulgesetz und das Thüringer Förderschulgesetz haben sich bewährt. Das beweisen alle Ländervergleiche. Deshalb ist es für uns auch
wichtig, dieses zu erhalten. Die Ansprüche von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf müssen weiter verbindlich in einem eigenen Gesetz festgeschrieben sein und dürfen nicht durch allgemeines Wischiwaschi in einem normalen Schulgesetz aufgeweicht werden.
Meine Damen und Herren, auch das Problem der ausgefallenen Klassenfahrten ist nach wie vor nicht gelöst. Es ist heute in der Regierungserklärung nicht einmal erwähnt worden. Das jetzige Verfahren trägt nicht dazu bei, das Vertrauen von Lehrern, Schülern und Eltern in die Qualität der Thüringer Schulen und des Unterrichts an Thüringer Schulen zu erhöhen, sondern schafft allenthalben Verunsicherung und hat vielerorts bereits Engagement sowie Traditionen bei Klassenfahrten zerstört. Das Versprechen der Bildungsministerin aus dem vergangenen Jahr, dass alle Klassenfahrten stattfinden, klingt angesichts der derzeitigen Situation wie ein Hohn. Noch immer sind Sie dem Parlament die Antwort schuldig, wie Sie die angemeldeten 1,6 Millionen Euro für Klassenfahrten bei einem Etat von 800.000 Euro decken wollen – Frau Finanzministerin hört gleich weg, wenn sie solche Zahlen hört, das verstehe ich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Staatssekretärin, Ihre Worte zur Begabtenförderung sind durchaus ein Novum. Aber es bleibt dabei, Sie haben die Spezialgymnasien in Thüringen massiv belastet, indem Sie erst vor Kurzem die Gebühren für die Schülerinnen und Schüler um 30 Prozent erhöht haben. Anspruch und Wirklichkeit prallen auch bei der Begabtenförderung in Ihrer Politik weit auseinander.
Meine Damen und Herren, ich komme zu einem sehr zentralen und aktuellen Thema in der Landespolitik, dem Thema der Schulhorte. Bei einem anderen Themenfeld, wie eben bei diesen Schulhorten, können wir die Analysen von Herrn Minister Hoff ebenfalls nicht teilen. Es war, wie vorhin schon richtig debattiert worden ist, die Regierung Ramelow, die den Horten versprochen hat: Alles wird besser und niemandem wird es schlechter gehen.
Auch hier sagt der Faktencheck etwas ganz anderes aus. Erstens: Sie haben mit Ihrer Politik den Betreuungsschlüssel innerhalb eines Jahres dramatisch verschlechtert. Zweitens: Die Kooperationsmittel der Horte für Vereine und Musikschulen sollen im kommenden Jahr gestrichen werden. Drittens: Der Bedarf an Hortnern hat sich von einer Vollzeitstelle im vergangenen Jahr auf aktuell weit mehr als 100 Vollzeitstellen verschlechtert. Viertens: Mit Ihrer Stellenerhöhung helfen Sie kaum den ehemals kommunalisierten Horten. Ihre Stellenanhebung wirkt nämlich nur bei den Hortnerinnen, die mit 50-Prozent-Verträgen beschäftigt waren, und das waren eben in der Regel die Kollegin