Protokoll der Sitzung vom 01.06.2017

Auch hier sagt der Faktencheck etwas ganz anderes aus. Erstens: Sie haben mit Ihrer Politik den Betreuungsschlüssel innerhalb eines Jahres dramatisch verschlechtert. Zweitens: Die Kooperationsmittel der Horte für Vereine und Musikschulen sollen im kommenden Jahr gestrichen werden. Drittens: Der Bedarf an Hortnern hat sich von einer Vollzeitstelle im vergangenen Jahr auf aktuell weit mehr als 100 Vollzeitstellen verschlechtert. Viertens: Mit Ihrer Stellenerhöhung helfen Sie kaum den ehemals kommunalisierten Horten. Ihre Stellenanhebung wirkt nämlich nur bei den Hortnerinnen, die mit 50-Prozent-Verträgen beschäftigt waren, und das waren eben in der Regel die Kollegin

nen und Kollegen im Landesdienst. Wie Sie steuern wollen, dass letztendlich auch etwas bei den Horten ankommt, die in den Gemeinden sind, die ehemals an der Kommunalisierung teilgenommen haben, das bleibt abzuwarten und fällt sicherlich nicht in irgendeine 100-Tage-Frist, die irgendwann eintreten wird.

All diese Vorschläge – und das ist eigentlich das Allerschlimmste – wirken erst 2018. Anderthalb Jahre passiert an den Thüringer Horten nichts. Anderthalb Jahre verschlechtert sich die Situation an den Thüringer Horten. Sechstens: Zudem sollen die 170 Stellen für den Hort dem Lehrpersonal für Grundschulen entzogen werden. Ich wiederhole es noch mal: Die 170 Stellen, die jetzt für den Hort mehr geplant werden, sollen dem Lehrpersonal für Grundschulen entzogen werden.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Das ist falsch, falsch, falsch!)

Die Lehrer an den Horten werden diese Mogelpackung hoffentlich bald erkennen, denn Sie sorgen dafür, dass die Lehrer an den Grundschulen und die Hortnerinnen gegeneinander ausgespielt werden. Sie sorgen mit Ihrer Politik dafür, dass am Ende weniger Lehrer unterrichten, aber dafür ein paar mehr Hortnerinnen und Hortner da sind. Das ist die falsche Politik.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Unerhört!)

(Beifall CDU)

Jetzt ist Minister Hoff leider nicht da, aber das verstehe ich, das ist okay. Frau Staatssekretärin bitte ich mitzunehmen: Er hat Greiz – da kenne ich mich besonders gut aus – und den Ilm-Kreis als Beispiele genannt, wo es besser oder schlechter geworden ist. Es stimmt nicht, dass es irgendwo besser und irgendwo schlechter geworden ist. Es ist in beiden Kreisen schlechter geworden. 2016 gab es in Greiz ein Hortpersonalplus von 6 Stellen, jetzt fehlen uns 3,3 Stellen; im Ilm-Kreis haben 2016 2 Vollzeitstellen gefehlt, mittlerweile fehlen 10 Vollzeitstellen – also überall eine Verschlechterung, so jedenfalls auf der Grundlage der Kleinen Anfragen, die Sie mir dankenswerterweise beantwortet haben.

Meine Damen und Herren, für meine Fraktion hat die Bewältigung des Generationswechsels höchste Priorität. Er ist die Voraussetzung für den Erhalt unseres erfolgreichen Bildungssystems. Daneben muss der Schulentwicklung höchste Priorität eingeräumt werden. Die Forcierung der Inklusion und der Ausbau der Thüringer Gemeinschaftsschule können und dürfen aus unserer Sicht nicht der Schwerpunkt der Schulentwicklung sein. Die CDU-Fraktion sieht bei der Schulentwicklung das Potenzial in den Schulen vor Ort. Wir setzen auf Schulentwicklung von unten, auch von der Basis heraus.

(Beifall CDU)

Dafür brauchen wir Schulen, die Engagement zeigen, die sich engagieren wollen, die aber vor allem am Ende mehr Eigenverantwortung erhalten und die von der Landesregierung deutlicher unterstützt werden, als dies bisher der Fall ist. Die eigenverantwortliche Schule muss Schwerpunkt in der schulischen Entwicklung sein, denn mit eigenem Schulprofil sowie mehr Handlungsspielräumen für Inhalte, für Organisation und Rechtsgeschäfte steigt die Qualität jeder einzelnen Schule vor Ort. Außerdem gilt es, gemeinsam mit den Kommunen die Potenziale zu heben, die in einer stärkeren Vernetzung von Schule im kommunalen Umfeld liegen. Dies gilt zum Beispiel für den weiteren Ausbau der Ganztagsschule, der Hortangebote in den fünften und sechsten Klassen.

Wichtig ist uns dabei auch, dass alle Schularten gleichberechtigt nebeneinander stehen – und das wirklich in der Tat und nicht nur im Wort von diesem Pult aus. Dieser Grundsatz schließt eine Bevorzugung von Schularten gegenüber anderen Schularten konsequent aus. Aus diesem Grund wollen wir auch die Besserstellung der Gemeinschaftsschulen gegenüber den Regelschulen bei der Lehrerzuweisung abschaffen.

(Beifall CDU)

Außerdem fordern wir die Landesregierung auf, geplante künftige Maßnahmen der Bevorzugung wie eine bessere Bezahlung von Gemeinschaftsschullehrkräften zu unterlassen, denn dies schafft Unfrieden in den Lehrerzimmern und entzieht der Regelschule wichtige Entwicklungspotenziale.

(Beifall CDU)

Während die Landesregierung die einzige Entwicklungsperspektive für Regelschulen – das ist wieder ein Zitat aus einem der vielen Papiere – in der Weiterentwicklung zur Thüringer Gemeinschaftsschule sieht, setzen wir auf die stärkere Einbindung von Regelschulen in das kommunale Umfeld. Gerade im Hinblick auf Berufsorientierung können gute regionale Einbindungen und der enge Kontakt mit Unternehmen in der Region helfen, dass Schüler optimal auf den Übergang in den Beruf vorbereitet werden. Dass die Landesregierung jetzt plant, Gymnasiallehrkräfte, die an Regelschulen arbeiten, nicht zu verbeamten, sehen wir äußerst kritisch und als eine weitere Schwächung der Regelschulen.

Meine Damen und Herren, die demografische Entwicklung stellt eine große Herausforderung für die Thüringer Schullandschaft dar, Herr Minister Hoff ist darauf eingegangen. Die CDU-Fraktion bekennt sich aber ausdrücklich zu den Schulen im ländlichen Raum. Wir wollen diese Schulen vor Ort erhalten und wir wollen diese Schulen im ländlichen Raum stärken.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Dann sagen Sie aber auch, wie!)

Gewiss setzt das eine Prioritätensetzung zugunsten kleinerer Schulstandorte voraus, die auch Geld kosten wird.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Aha!)

Wir sehen die kleinen Schulen im ländlichen Raum aber als Stärkung des ländlichen Raums an. Sie sind kulturelles und gesellschaftliches Zentrum und da ist uns jeder Euro viel wert und gut genug.

(Beifall CDU)

Ziel muss es daher sein, Schulschließungen im ländlichen Raum weitestgehend zu verhindern. Dies gilt insbesondere für Grundschulen unter dem Motto „Kurze Beine, kurze Wege“. Wir lehnen es ab – das ist übrigens der wesentliche Grund, warum wir auch in dieser Pseudokommission nicht mitgemacht haben –, dass Mindestschulgrößen definiert werden, denn das ist eines der Ergebnisse, die schon lange vorher feststanden, weil das der Ministerpräsident schon mehrfach angekündigt hat.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung ist gut beraten, wenn sie die Thüringer Schulen endlich als Partner in der Bildungsarbeit ernst nimmt. Ein Anfang scheint heute gemacht zu sein, jedenfalls wenn man die eingeladenen Kollegen auf der Tribüne als Beispiel nimmt. Das Schreiben von immer neuen, nicht abgestimmten, zentralistischen Positionspapieren von Minister und Staatssekretärin helfen aber nicht weiter, sie verunsichern eher tagtäglich. Es ist unsere gemeinsame politische Aufgabe, die Herausforderungen pragmatisch und mit den richtigen Schwerpunktsetzungen anzugehen. Die CDU hat dies mehrfach im Plenum präsentiert und wir werden gern vielfältige, der Schulpraxis und dem gegliederten Schulsystem dienliche Vorschläge hier weiter unterbreiten.

In den nächsten vier bis fünf Jahren werden bildungspolitisch die Weichen für die kommenden Jahrzehnte in Thüringen gestellt und es gilt, das verantwortungsvoll an die nächste Generation weiterzugeben, was von Lehrern, von Erziehern, von Schulleitungen, von Schulämtern, von Eltern, von Schülern, von Studienseminaren, von Universitäten, von Ministerien geschaffen wurde. Es ist ein großes Pfund, was hier in den letzten 27 Jahren entstanden ist. Ich möchte meine Ausführungen nicht beenden, ohne Ihnen allen dafür herzlich zu danken, die daran mitgewirkt haben, dass dieses Schulsystem so erfolgreich ist. Wir müssen mit diesem Pfund ordentlich umgehen. Die CDU-Fraktion steht in ihrer politischen Schwerpunktsetzung dabei fest an Ihrer Seite. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Danke schön. Als Nächster erhält Abgeordneter Wolf für die Fraktion Die Linke das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Tribüne und natürlich auch am Livestream! Was die wenigsten wissen: Heute, der 1. Juni, Weltkindertag, ist auch ein Elterntag. Wir haben uns heute hier zu einem wichtigen Thema zusammengefunden und ich danke der Landesregierung und insbesondere Minister Hoff ausdrücklich für die Regierungserklärung zu diesem immens wichtigen Thema.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Auch und gerade heute am Weltkindertag, auch und gerade heute, wo Kinder, Eltern, Lehrer und Erzieher uns hier im Landtag draußen vor der Tür noch einmal auf die Entwicklungen hinweisen, die nicht vor zweieinhalb Jahren in Thüringen angefangen haben, sondern an denen wir tagtäglich dran sind, sie zu lösen – ob das die Finanzministerin ist, ob das der Bildungsminister oder insbesondere auch die erkrankte Bildungsministerin ist, der ich hier von ganzem Herzen die besten Genesungswünsche verbunden mit der Hoffnung sende, dass sie bald wieder ihr Amt aufnehmen kann, auch natürlich Staatssekretärin Ohler, die vielen im Ministerium, in den Schulämtern und insbesondere in den Schulen –, sind all diese Menschen mit dieser Regierungserklärung auch angesprochen und auch wertgeschätzt. Das möchte ich hier noch einmal betonen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was überhaupt keine Wertschätzung war, war die Rede des Kollegen Tischner.

(Beifall DIE LINKE)

Kollege Tischner sprach davon, wir als rot-rot-grüne Koalition würden einen Frontalangriff auf das Thüringer Schulsystem starten. Also für mich war die Rede des Kollegen Tischner eher ein Angriff auf das Thüringer Schulsystem und vor allen Dingen ein Angriff auf die Vernunft und zeitweise, fand ich sogar, war es ein Angriff auf mein Zwerchfell, weil das, was hier vorgetragen worden ist, schon bar jeglicher Beschreibung ist, Kollege Tischner.

(Beifall DIE LINKE)

Auch wenn Sie jetzt nicht drin sind, wahrscheinlich draußen vor der Tür, sei es Ihnen hiermit noch einmal gesagt: Sie haben einen Faktencheck durchgeführt und haben schlicht und einfach Unwahrheiten verbreitet.

(Beifall SPD)

(Abg. Tischner)

Wenn Sie hier sagen, Kollege Tischner, die Erzieherinnen an den Horten, die wir zusätzlich einstellen – man möge das einmal betonen: zusätzlich einstellen –, um gute Ganztagsschule erst mal wiederherzustellen,

(Beifall DIE LINKE)

wenn Sie sagen, dass diese Erzieherinnen auf den Lehrereinstellungskegel angerechnet werden, dann ist das schlicht falsch. Es ist falsch und es bleibt falsch. Wir werden Sie an Ihren hier verbreiteten Unwahrheiten auch messen.

Faktencheck Nummer 2: Sie sagen, dass Sie die kleinen Schulstandorte stärken wollen. Ich habe Sie schon mit einem Zwischenruf mal gefragt, wie Sie das denn machen wollen. Ich habe nämlich von Ihrem Kollegen Kowalleck, von Ihrer ganzen Fraktion nicht ein einziges Wort gehört, was wir mit den Mehreinnahmen, die wir dankbarerweise aufgrund einer guten Konjunkturlage, aufgrund einer soliden Haushaltspolitik von Finanzministerin Taubert auch wirklich verwenden können und verwenden werden, im Bildungsbereich machen wollen. Da kam nichts, null. Das Einzige, was kam, war: Es wäre nett, was in Schuldentilgung zu stecken. Das machen wir auch. Aber wir gestalten eben auch, wir gestalten und wir verbessern Thüringen!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie eben nicht! Sie verzwergen mit Ihrem Ansatz und das werden wir immer wieder klarstellen. Hier wurde gesagt, dass mit den Klassenfahrten oder mit den Regelungen zu den Klassenfahrten Unsicherheit aufgekommen ist. Das stimmt. Die Unsicherheit ist aber aufgekommen, weil Sie es nie geregelt haben. Ein 2012er-Urteil, dass alle Dienstfahrten auch zu bezahlen sind, wurde von Ihnen nie umgesetzt. Das haben wir umgesetzt und da gehört eine Richtlinie dazu.

(Beifall DIE LINKE)

Diese Richtlinie werden wir uns auch noch einmal genau ansehen ob ihrer Genauigkeit in der Zielwirkung.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Deswegen stehen die alle draußen und demonstrieren!)

(Unruhe CDU)

Aber es ist falsch, wenn gesagt wird, dass Klassenfahrten ausfallen würden. Ganz im Gegenteil, wir haben letztes Jahr beim 800.000er-Titel über 1 Million Euro für Dienstreisen ausgegeben – Lernen am anderen Ort.

(Beifall DIE LINKE)