Protokoll der Sitzung vom 21.06.2017

(Unruhe CDU)

(Abg. Huster)

Es gibt jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr und ich schließe die Aktuelle Stunde und diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1

a) Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen (Gesetz zur Neuregelung der Sperrklausel) Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/3939 ZWEITE und DRITTE BERATUNG

b) Siebtes Gesetz zur Änderung des Thüringer Landeswahlgesetzes (Gesetz zur Ab- senkung der Sperrklausel) Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/3940 ZWEITE BERATUNG

Bei der Feststellung der Tagesordnung ist der Landtag übereingekommen, dass, wenn der Gesetzentwurf nach der zweiten Beratung nicht an den Ausschuss überwiesen wird, wir auch die dritte Beratung durchführen. Wir beginnen mit der zweiten Beratung der Gesetzentwürfe und ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Das Wort hat die Abgeordnete Müller, Fraktion Die Linke.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: TOP 1, da hat die Kollegin keinen Bericht zu geben!)

Herr Abgeordneter Blechschmidt, der Gesetzentwurf ist nicht an den Ausschuss überwiesen worden, deswegen gibt es auch keine Berichterstattung. Also, Frau Abgeordnete Müller hat das Wort.

(Unruhe DIE LINKE)

Entschuldigung, man hat mir eine falsche Zuarbeit gegeben. Ich hätte gern mal die Redeliste zu TOP 1.

(Heiterkeit CDU)

Vielleicht meldet sich mal jemand, wer zu TOP 1 redet. Gibt es Redemeldungen zu TOP 1? Herr Abgeordneter Blechschmidt.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Haben Sie auch die richtige Rede mit?)

Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, wir sind im Tagesordnungspunkt 1. In der ersten Le

sung wurden schon die entscheidenden Argumente ausgetauscht. Die Linke-Fraktion hat sich ausführlich mit diesem Schaufenstergesetzentwurf der AfD auseinandergesetzt. Ich möchte jetzt nur noch mal schlagwortartig einige inhaltliche Stichworte kundtun.

Erstens: Es gibt schon eine natürliche Sperrklausel, das ist die Anzahl der Wählerstimmen, die benötigt werden, um ein Landtagsmandat zu erringen. Soll heißen, es geht um die Anzahl der Wählerinnen und Wähler, die von einer bzw. einem Landtagsabgeordneten vertreten werden. Dabei sollte die Gesamtzahl der Landtagssitze so gewählt werden, dass die Möglichkeit besteht, auch mit Blick auf die Listenplätze, dass ein Wahlkreis faktisch von mehreren Abgeordneten repräsentiert werden kann. Das trägt der vorhandenen politischen Meinungspluralität in der Gesellschaft Rechnung. Nun könnte man sagen, die klassische zusätzliche Sperrklausel verhindert auch ein Stück Meinungspluralität im Landtag. Ja, das tut sie tatsächlich, aber das Prinzip der Meinungspluralität steht nicht als einziges und absolutes. Das hat das Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen herausgearbeitet, die Details zur Rechtsprechung wurden schon in der ersten Lesung kundgetan.

Zweitens: Mit Blick auf ein demokratisches, praktisch wirksames Parlament, von dessen Arbeit die Menschen im Alltag und auch konkret etwas merken, ist es zulässig und auch notwendig, besondere Vorkehrungen zum Schutz der Arbeitsfähigkeit zu treffen. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht für Bundestag und Landtage die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Sperrklausel bestätigt. Eine zu große Zersplitterung des Parlaments gefährdet die Arbeitsfähigkeit. Auch die Sperrklausel von 5 Prozent macht Sinn. Das mag sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus dem Mund eines linken Abgeordneten mit Blick auf die Ergebnisse der jüngsten Wahl in Nordrhein-Westfalen – 4,9 Prozent für Die Linke – seltsam anhören, aber es ist tatsächlich so. Sie macht vor allem mit dem Blick auf kleine Parlamente Sinn, denn die in das Parlament gewählten Mandatsträger aus den verschiedenen Parteien sollen doch als Gruppe bzw. Fraktion noch arbeitsfähig sein. Dass die Fraktionslogistik eine wichtige Unterstützung für den einzelnen Abgeordneten ist, ist sicher unbestritten.

Drittens: Die praktische Erfahrung aus dem Thüringer Landtag aus der Vergangenheit, gegebenenfalls auch aus der laufenden Legislaturperiode zeigt, eine Abgeordnetengruppe bzw. Fraktion braucht eine bestimmte Anzahl von Leuten, um sich die Arbeit sinnvoll und wirksam aufteilen zu können, zum Beispiel die Mitgliedschaft und Mitarbeit in Fachausschüssen, unabhängig von gegebenenfalls in einer Geschäftsordnung verankerten Abgeordnetengruppen. Etwas provokant gesagt: Müssen aus Personalmangel zu wenige zu viel abdecken, dann

machen sie unter Umständen fast alles nur noch wenig richtig intensiv, also anders als es eigentlich sein müsste.

Meine Damen und Herren, zum Schluss noch eine grundsätzliche Einschätzung zur Arbeitsweise der AfD, die in der letzten Zeit vermehrt Ein-Punkt-Gesetzentwürfe in den Landtag eingebracht hat. Die Fraktion macht über diese Ein-Punkt-Gesetzentwürfe deutlich, dass sie praktisch für ein Gesamtregelungsmodell nicht zur Verfügung steht. Vielmehr wird man den Verdacht nicht … –

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD)

Herr Möller, was regen Sie sich denn so auf? Was haben Sie für Kummer?

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Sie können das doch im Ausschuss einbringen. Das ma- chen Sie aber nicht!)

Nein, nein.

Meine Damen und Herren, Abgeordneter Blechschmidt hat das Wort.

Sie müssen den Moment zuhören, dann werden Sie auch – wie in der ersten Lesung – feststellen können, wo in Ihrer Erklärung der Fehler liegt.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Es war alles allgemeines, phrasenhaftes Ablehnen!)

Ach, Herr Möller, Sie sind doch eigentlich gar nicht in der Lage – das haben wir in den letzten Auseinandersetzungen, egal ob zu diesem Gesetzentwurf oder zu dem vorhergehenden in der Aktuellen Stunde gesehen –, die grundsätzlichen Positionen in dieser Gesellschaft zu erfassen und was die Grundregeln dieser Gesellschaft angeht. Uns dann vorzuwerfen, dass wir Phrasen machen, um diese Grundprinzipien zu achten, das halte ich dann natürlich für populistisch.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das war jetzt richtig tief gehend argumentiert!)

Herr Abgeordneter Möller, ich bitte Sie! Abgeordneter Blechschmidt hat das Wort und ich würde ihn bitten, fortzusetzen.

Dieser – da kann ich wieder anknüpfen an meinen „phrasenhaften“ Vortrag, meine Damen und Herren der AfD –, populistische, instrumentelle Umgang mit Gesetzentwürfen entwertet Gesetzgebung und zeugt von keinem Respekt, weder demjenigen, der

hier Argumente vorträgt, noch dem Rechtsstaat gegenüber.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Nach all den Sie sicher nicht überraschenden Argumenten der Linken lehnen wir Ihren Antrag ab. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Brandner, Fraktion der AfD, das Wort.

Meine Damen und Herren, ich hoffe, das wird eine längere Rede jetzt von mir – ich trinke erst mal einen Schluck.

Herr Blechschmidt, ich fange mal mit Ihnen an, sonst vergesse ich das wieder.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jetzt kommt wieder eine Diffamierung!)

Also wenn „Blechschmidt“ schon eine Diffamierung ist, dann müssen Sie sich mal mit Herrn Blechschmidt unterhalten. Ich habe nur „Blechschmidt“ gesagt – so heißt der doch wohl, oder? Da kann ich ja auch nichts dafür.

Also, Herr Blechschmidt, Sie haben bei einem Punkt gesagt, dass wir die Gesetze hier immer so nach und nach einbringen würden. Wir verschließen uns keineswegs einer umfassenden Reform. Aber Sie wollen ja gar nicht mit uns reden. Das Einzige, was Ihnen immer einfällt – egal ob wir über die Verkleinerung des Landtags sprechen, ob wir über Diätenbegrenzung sprechen, ob wir darüber sprechen, die Arbeit hier effektiver zu gestalten, ob wir darüber sprechen, die Zuschüsse für besondere Ämter abzuschaffen –, ist nur: Wir brauchen eine Kommission, wir brauchen einen Arbeitskreis, das kommt schon,

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Zu kurz ge- sprungen!)

das ist Ihnen zu kurz gesprungen, das muss irgendwie mal generell geregelt werden. Dann sage ich immer wieder von hier vorn: Das Einzige, was Ihre Kommissionen und Arbeitskreise und Frau RotheBeinlich bisher im Rahmen der Parlamentsreform zustande bekommen haben, sind die zwei Wasserspender hier vor den Türen. Das war vor zweieinhalb Jahren so und das ist heute nicht anders.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Diese Schallplatte hat einen Riss!)

(Abg. Blechschmidt)

Deshalb noch mal unser Angebot an Sie – ich werde es am Ende dann noch mal beantragen, die Überweisung an die Ausschüsse: Stimmen Sie doch einfach zu und dann unterhalten wir uns in der gebotenen Atmosphäre und Gelassenheit im Ausschuss darüber, was wir alles ändern wollen. Ich bin sicher, dort werden wir alle gemeinsam ein paar Punkte finden. Und dann gehen wir es an. Also wir verschließen uns da nicht.

(Beifall AfD)

Wir sind da nicht verbohrt.

Meine Damen und Herren, die Debattenbeiträge der Altparteien wurden und werden, soweit wir sie bei der ersten Lesung gehört haben und heute eine und wahrscheinlich die nächsten, die noch kommen – egal ob rot, schwarz oder grün –, alle im Konjunktiv oder im Präteritum geführt. Es wird das Schreckgespenst des blockierten Parlaments an die Wand gemalt, wenn mehr als fünf Parteien in diesen Landtag einziehen würden. Allerdings wird dieses Schreckgespenst gar nicht aktuell und schon gar nicht mit aktuellen Zahlen begründet. Alles reine Spekulation, was Sie in den Raum gestellt haben, alles irrationale Angst- und Panikmache, die Sie nach außen breiten, meine Damen und Herren von den Altparteien. Denn die Zahlen, Fakten – Kollege Rudy sprach es ja schon an –, die Zahlen und die aktuellen Verhältnisse hier im Haus zeigen, dass bei einer 3-Prozent-Klausel eben nicht mehr politische Kräfte im Parlament sitzen würden, als es heute hier bei der 5-Prozent-Hürde der Fall ist.