Protokoll der Sitzung vom 22.06.2017

Oberlehrerart, ist das eigentlich schon fast eine Beleidigung für den Lehrer. Ich nehme das zurück.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, ich werde im Ausschuss mal einen Antrag stellen, um das noch einmal zu erläutern, wie das alles funktioniert, vielleicht wird es dann was, wenn wir uns ein bisschen mehr Zeit nehmen dafür, das kriege ich im Plenum nicht hin.

Ich habe mich schon gefragt, wie sich Dagmar Becker aus dieser Nummer hier herauswindet. Ich war echt gespannt, wie sie das macht. Wie kommt sie hier in der Diskussion raus? Ich nehme das so zur Kenntnis, Dagmar, aber es ist halt das Problem, dass wir draußen das eine sagen, hier drinnen das andere sagen. Wir werden aber trotzdem draußen sagen, was ihr hier drinnen gesagt habt. Das wird schon so sein.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Egon, des- wegen haben die nur 10 Prozent!)

Meine Damen und Herren, zunächst möchte ich dem Ministerpräsidenten für seine klare Haltung in der Sache danken. Marcus Malsch hat das schon erwähnt. Es waren kluge und klare Worte, die wir bei einer Frühjahrstagung des Forstvereins Ende März von Bodo Ramelow hören durften. Er hat das kurz darauf vor ebenso vielen Jägern und Grundeigentümern auf der Mitgliederversammlung des Thüringer Verbandes der Jagdgenossenschaften und einigen Jagdbezirksinhabern wiederholt. Bodo Ramelow hat sehr überzeugend vorgetragen, dass man ernsthaft über die 7.000 Hektar des Nationalen Naturerbes diskutieren muss. Er hat sehr deutlich gesagt, wer das beschließt – und er meinte die 2.000 Hektar am Possen –, der muss auch das Geld dafür zur Verfügung stellen. Über die 7.000 Hektar haben wir eben auch schon was gehört. Also sie gänzlich rauszulassen – das Nationale Naturerbe ist an die Bundesländer, die Stiftung genau zu diesem Zweck gegangen – und jetzt aber zu sagen, dass man sie zu dem Zweck nicht nimmt, Staatswald zu nehmen, das ist schon eine schlimme Nummer, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall CDU, AfD)

Herr Bodo Ramelow weiß sehr genau, wovon er geredet hat, nämlich von dem Ertragsminus für ThüringenForst von 800.000 Euro im Jahr und einem Vermögensverlust von 16 Millionen Euro. Da kann man natürlich sagen: Was sind denn 16 Millionen Euro bei einem Betriebskapital von über einer Milliarde? Bei 1,5 Milliarden sind 16 Millionen nicht viel – darüber kann man diskutieren, aber ich denke, es muss trotzdem gesagt werden.

Zu guter Letzt hat auch der Ministerpräsident den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich will ihn wörtlich zi

(Abg. Müller)

tieren: Im Koalitionsvertrag steht nicht, den Possen stillzulegen.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Siegesmund, Ministerin für Um- welt, Energie und Naturschutz: Doch!)

Dann hat er in der Öffentlichkeit etwas Falsches gesagt. Aber dann bezichtigen Sie den Ministerpräsidenten der Lüge, nicht ich.

So weit zu dem, was der Chef dieser Landesregierung zum Thema zu sagen hat. Ich denke wirklich, jetzt muss diese Vernunft nun auch noch in Regierungshandeln umgesetzt werden. Weil wir aber wissen, dass genau das – und das haben wir ja gehört – wieder einmal wegen des kleinsten Koalitionspartners nicht so recht funktionieren will, haben wir gedacht, da helfen wir mit und schreiben es mal in einem Antrag auf, was der Ministerpräsident zum Wald und seiner besonderen Bedeutung für den Schutz von Klima, Wasser, Luft, Boden, Tieren und Pflanzen, für die Kulturlandschaft und den Naturhaushalt so denkt und äußert. Wir haben gedacht, wir schreiben mal auf, was die SPD bezüglich der 7.000 Hektar des Nationalen Naturerbes fordert, nämlich deren sofortige und vollständige Einbeziehung in die noch fehlenden Stilllegungsflächen, und wir haben uns gedacht, wir schreiben wiederholend in den Antrag, was bereits 2011 Beschlusslage in diesem Landtag war – nicht im Gesetz, Herr Müller, im Landtagsbeschluss.

Meine Damen und Herren, alles in allem eine runde Sache, die helfen soll, die Differenzen in der Landesregierung aufzulösen und zu einem guten Ende für die nachhaltige Forstwirtschaft mit vielen Arbeitsplätzen und der Wertschöpfung im ländlichen Raum zu kommen. Das wäre guter Naturschutz.

Was nämlich nicht sein darf, meine Damen und Herren, ist, dass Bodo Ramelow den Förstern verspricht, keine wertvollen Staatswaldflächen stillzulegen, während seine Umweltministerin den waldbesitzenden Naturschutzverbänden das Gegenteil verspricht. Und mit den waldbesitzenden Naturschutzverbänden meine ich nicht den Waldbesitzerverband – nicht, dass wir da etwas durcheinanderbringen.

Meine Damen und Herren, der Wald ist wesentlicher Teil der natürlichen Lebensgrundlage und erfüllt landeskulturelle, wirtschaftliche, soziale und gesundheitliche Aufgaben. Die Entwicklung stabiler, standortgerechter und artenreicher Wälder zum Erhalt der Biodiversität und zur aktiven Vorbereitung auf den Klimawandel sind Kernthemen der Zukunft. Im Hinblick auf den Nutzungsverzicht muss unter Beachtung der gesellschaftlichen Ansprüche und der realistischen Einschätzung ihrer Finanzierbarkeit sowie ihres volkswirtschaftlichen Nutzens eine forstpolitische Balance zwischen den unterschiedlichen Interessen hergestellt werden. Im Gesamt

konzept sind dabei besonders die wirtschaftliche Entwicklung des oft strukturschwachen ländlichen Raums in Thüringen, die Bedeutung des Waldes als Einkommensfaktor für die Waldbesitzer sowie die im holzbearbeitenden Gewerbe Beschäftigten und auch die touristischen Potenziale des Waldes zu beachten.

Grundlage der im Koalitionsvertrag von 2009 verabredeten Waldstilllegungsflächen in der Größenordnung von 25.000 Hektar war, dass insbesondere solche Flächen in Betracht kommen sollten, auf denen der Holzeinschlag bereits erfolgt ist. Das muss man nicht mehr machen, wo schon geerntet ist. Aber da haben wir damals gedacht, das ist was für die Waldentwicklung, wo sich das ungestört entwickeln kann – da haben wir auch keine Konflikte mit der Wirtschaft, das wäre alles erledigt gewesen, das haben wir alles mit einbezogen – und nach betriebswirtschaftlichem Maßstab ein Holzeinschlag nicht erfolgen soll bei steilen Flächen usw. usf. Wir stehen nach wie vor dazu. Ich denke, die SPD steht auch noch dazu und hält sich daran. Damals wurde nämlich, meine Damen und Herren, gefordert, und das ist eingeflossen, sogenannte Trittsteinbiotope besonders auszuweisen, die sich dann ausbreiten. Heute ist das wieder völlig anders, heute will man nur zusammenhängende haben. Was ist das Nächste, was jetzt kommt? Welche Flitzidee ist die nächste, der wir dann hinterherlaufen? Also ich denke mal, irgendwo müssen wir schon mal sehen, dass es zusammenpasst.

Die CDU-Fraktion lehnt aber die Forderung kategorisch ab, wertvolle Wirtschaftswälder zu Wildnisgebieten umzufunktionieren und damit rein ideologischen Konzepten preiszugeben. Klar ist auch, für die Stilllegung von Waldflächen über die veranschlagten 25.000 Hektar hinaus muss die Forstwirtschaft für den jährlichen Kapitalverlust und Einnahmeverlust entschädigt werden.

Meine Damen und Herren, wenn sich die Umweltministerin zum Ziel gesetzt hat, die Forstwirtschaft in Thüringen langfristig zu schwächen,

(Zwischenruf Siegesmund, Ministerin für Um- welt, Energie und Naturschutz: Nein, hat sie nicht! Widerspruch!)

die Artenvielfalt zu reduzieren, die Abholzung echter Urwälder in anderen Ländern zu fördern, muss sie nur so weitermachen wie bisher.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Siegesmund, Ministerin für Um- welt, Energie und Naturschutz: Erneuter Wi- derspruch!)

Wir wollen das jedenfalls nicht. Nachhaltige Waldbewirtschaftung, meine Damen und Herren, bedeutet aktiver Naturschutz, sichert Arbeitsplätze und Wertschöpfung für die Region. Nachhaltige Wald

bewirtschaftung bedeutet Klimaschutz und sichert die stoffliche Nutzung des wertvollen Rohstoffs Holz. Stilllegungen gefährden nicht nur all dies, sondern auch die Holzverarbeitung in Thüringen. Dabei gibt es hervorragende Beispiele dafür, was man mit dem Rohstoff Holz alles Sinnvolles anfangen kann. Die Firma Pollmeier, der SPD besonders gut bekannt, stellt zum Beispiel in einem hoch technologisierten und wirtschaftlichen Verfahren Schichtholz aus regionalem Buchenholz her, das zu Trägern, Platten, Paneelen und vielem mehr weiterverarbeitet wird. Das ist hoch innovativ und kann schon heute bei vielen Gebäuden als Tragwerk eingesetzt werden; Stahl und Beton werden überflüssig. Statt dies für noch mehr Wertschöpfung in Thüringen zu nutzen und solche Innovationen weiterzuentwickeln, will man nun lieber das Holz im Wald verfaulen lassen. Sie nehmen in Kauf, dass der Klimawandel durch faulendes Holz beschleunigt wird,

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

statt durch die stoffliche Nutzung des Holzes beispielsweise im Bauwesen Kohlendioxid langfristig zu speichern, während auf gleicher Waldfläche neues Holz nachwächst und der Atmosphäre CO2 entzieht. Wissenschaftliche Modellrechnungen belegen, dass nachhaltig bewirtschaftete Wälder und das genutzte Holz eine deutlich bessere Gesamtkohlenstoffbilanz aufweisen als unbewirtschaftete Wälder.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist echt peinlich!)

Meine Damen und Herren, es ist nicht hinnehmbar, den wichtigsten heimischen nachwachsenden Rohstoff Holz nicht zu nutzen. Forschungseinrichtungen arbeiten weltweit an den Werkstoffen der Zukunft, hochleistungsfähige Materialien, die aus nachwachsenden Rohstoffen, vorwiegend aus Holz, mit geringem Energieverbrauch hergestellt werden können. Die Ausweisung von Wildnisgebieten und das damit einhergehende Verbot der nachhaltigen Holznutzung bremsen die Entwicklung dieser neuen, umweltfreundlichen Holzwerkstoffe und sind deshalb mit der notwendigen Rohstoffwende unvereinbar.

Deutschland ist bereits heute, das sollte man nicht vergessen, ein Nettoimportland von Holz und Holzprodukten. Deshalb muss jeder Kubikmeter Holz, den wir hier durch Nutzungseinschränkungen nicht ernten, aus dem Ausland importiert werden, während die Entwicklung von Urwäldern – vorhin wurde das schon, auch von Herrn Müller, deutlich gesagt – in neu ausgewiesenen Wildnisgebieten in Deutschland Jahrhunderte dauern wird, fördern die damit einhergehenden Verbote der nachhaltigen Holznutzung schon heute die Abholzung echter Urwälder in anderen Teilen der Welt.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Malsch, CDU: So ist es!)

Das ist schlicht, meine Damen und Herren von den Grünen, dekadent, dass Sie so etwas wollen und zulassen. Ich war kürzlich Gast des Parlaments in Kiew in der Ukraine. Die haben dort ein Gesetz beschlossen, was untersagt, dass nicht bearbeitetes Holz ausgeführt wird, genau zu diesem Zweck, deshalb haben die das Gesetz erlassen, weil nämlich unsere hingehen, hacken die Karpaten ab und wir legen hier zu Hause die Wälder still. Wem soll man das noch erklären?

(Beifall CDU)

Das kann man keinem Menschen erklären. Ich sage noch mal, das ist dekadent.

(Beifall CDU; Abg. Gentele, fraktionslos)

Meine Damen und Herren, überzogene Stilllegungspläne widersprechen dem Nachhaltigkeitsprinzip diametral und werden dazu führen, dass in den betroffenen Wäldern eine ökologische Verarmung eintritt. Das ist seit Langem wissenschaftlich und durch jahrhundertelange forstliche Praxis belegt. Wenn die öffentliche Hand dennoch darauf Wert legt, mit ihrem Vermögen auf diese Weise zu verfahren, ist das ökonomisch und ökologisch verantwortungslos. Studien belegen eindeutig, dass die Artenvielfalt im Nutzwald höher ist als im Urwald. Ohne Bewirtschaftung entsteht etwa am Possen ein reiner Buchenwald und seltene Pflanzenarten, wie zum Beispiel der Frauenschuh, haben keine Chance mehr.

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: So ist es!)

Meine Damen und Herren, auch Folgendes möchte ich für spätere Generationen im Sitzungsprotokoll von heute noch einmal nachlesen lassen und zitiere dabei aus der Petition von Ralf Pollmeier: „Die Forst- und Holzwirtschaft ist einer der wichtigsten Arbeitgeber in Thüringen. Das Cluster Forst & Holz steht auf Platz 4 der Wirtschaftszweige in Thüringen. [...] Allein die angekündigte Ausweisung eines 2.500 Hektar großen Wildnisgebiets rund um den Possen würde ca. 200 Arbeitsplätze in Thüringen vernichten (bei einem durchschnittlichen Hiebsatz von 8 Festmetern pro Hektar). Zusätzlich würden dem Staat aus der weiteren Wertschätzungskette Forst und Holz jährliche Steuereinnahmen in Höhe von 2,20 Mio. Euro entstehen (110 Euro pro Fest- meter).“

Meine Damen und Herren, zum Tourismusargument: „Mit dem Nationalpark Hainich gibt es in Thüringen bereits eine circa 5.000 Hektar große, nutzungsfreie Laubwaldfläche. Der Nationalpark bietet mit [seinen angeschlossenen] Attraktionen [...] einen hohen touristischen Wert. Die Ausweisung von zusätzlichen Schutzgebieten in unmittelbarer Nähe führt [...] nicht [etwa zu mehr Gästen], son

dern nur zu regionalen Verschiebungen innerhalb Thüringens.“

Meine Damen und Herren, einige Punkte will ich nun noch stichpunktartig anführen, sie sind selbsterklärend, aber genauso wichtig. Wo keine Forstwirtschaft mehr stattfindet, wird auch die Infrastruktur an Wegen nicht aufrechterhalten. Das Wanderwegenetz wird ausgedünnt. Ich kann mir vorstellen – ich komme dann noch darauf –, dass es am Possen vielleicht anders ist. Die Bejagung des Wildes in stillgelegten Wäldern wird schwieriger. Die Wildbestände werden ansteigen, Wildschäden im Wald und in der angrenzenden Landwirtschaft werden zunehmen. Buchenwaldgesellschaften sind in einer Stilllegungskulisse – Frau Becker hat es angeführt – bereits überrepräsentiert. Auf der Hainleite liegt bereits ein Reservat von 1.000 Hektar Größe in öffentlicher Hand. Ganz besonders wichtig ist: Circa 20 Prozent des eingeschlagenen Holzes verbleibt als Energieholz für die örtliche Bevölkerung in der Region. Mit einem Urwald wäre die Versorgung der Bevölkerung mit Brennholz in der Region in vollem Umfang nicht mehr gewährleistet.

Ganz zum Schluss verwundert dann nur Folgendes: Landkreis und Kommune haben sich angeblich für die Stilllegung ausgesprochen, bringen eigene Waldfläche aber nicht ein. Die Stadt hat 1.300 Hektar, der Kreis 220 Hektar. Man könnte ja einen Flächentausch machen bei Wertausgleich. Ich habe mit dem Bürgermeister darüber gesprochen und der sagt mir aber, er ist nicht bereit, auch nur einen Quadratmeter Kommunalwald dafür herzugeben. So wichtig ist das Vorhaben, meine Damen und Herren.

Was ist zu tun? Über die bereits stillgelegte und identifizierte Fläche von rund 18.000 Hektar sollten nur noch solche Flächen einbezogen werden, die entweder ohnehin nicht nutzbar sind oder wie die Flächen des Nationalen Naturerbes bereits einer faktischen Verpflichtung der Nutzungsaufgabe unterliegen. Einen signifikanten Beitrag müssten deshalb in diesem Zusammenhang jene Naturschutzorganisationen bzw. Stiftungen leisten, die selbst Wald besitzen, ihre Wälder aber aktiv nutzen und sich bislang nur in überschaubarer Weise zum Nutzungsverzicht bei diesen Flächen bekannt haben.

Frau Ministerin, lenken Sie doch ein, ehe Ihnen das gleiche Schicksal droht wie bei der Kormoranverordnung. Befreien Sie sich und das Ministerium aus der erdrückenden Umklammerung der Umweltschutzverbände!

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die einschlägigen Verbände sind nicht geeignet dazu, vernünftige Umweltpolitik zu machen. Kehren Sie zurück zu einer wissensbasierten Umweltpolitik! Hören Sie auf, im Märchenbuch zu lesen! Bei vernünftiger, ideologiefreier Umweltpolitik – das wissen