(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Das ist ja kein Problem, da kommt ja sofort ein Rechts- streit nach!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich wollte gerade ausführen, dass ich die polizeilichen Kräfte, die mit der strafrechtlichen Verfolgung extremistischer Straftäter beauftragt sind, weiter verstärkt habe. Zu diesem Zweck habe ich die Staatsschutzabteilung im Landeskriminalamt Thüringen dauerhaft um die Aufbauorganisation ZESAR verstärkt sowie zusätzlich um ein Drittel aufgestockt. Diese Beamten haben die Aufgabe, die Extremismusbekämpfung insgesamt weiter zu effektivieren. Dies trifft allerdings nicht nur auf den Linksextremismus zu. Auch im Bereich des Rechtsextremismus galt es, die Kräfte zu bündeln, denn gerade hier muss der Schwerpunkt unserer Aufmerksamkeit liegen.
Der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, hat in einem Interview, das ich bereits zu Beginn meiner Rede zitiert habe, darauf hingewiesen. Er sagte: „Anders als derzeit im Bereich der politisch linksmotivierten Kriminalität sehen wir im rechten Spektrum durchaus das Risiko, dass sich terroristische Strukturen bilden können.“ Hierzu kommen wir, meine ich, nun auch erneut zu den Reichsbürgern. Zu diesen werden derzeit bundesweit knapp 13.000 Personen gezählt, 800 von diesen gelten als Rechtsextremisten. Das Bundeskriminalamt sieht in seinem Lagebild 2016/2017 auch hier die drohende Gefahr von Terroranschlägen aus dieser Gruppe, insbesondere von den ihn zugerechneten sogenannten Selbstverwaltern. Die beiden jüngsten Veranstaltungen von Rechtsextremisten in Themar haben gezeigt, wie offen die rechten Anhänger inzwischen auftreten. Hier gilt es deshalb, immer wieder deutlich zu machen: Ihr gehört nicht zu unserem weltoffenen Thüringen.
Zugleich unternehmen wir alle rechtlich zulässigen Ansätze, um solche Veranstaltungen bzw. Versammlungen in Thüringen zu vermeiden. Feststellen muss ich an dieser Stelle aber auch, dass Versammlungs- und Ordnungsrecht primär nicht geeignet sind, um solche Veranstaltungen von Thüringen fernzuhalten. Insgesamt werden Versammlungen der Art, wie sie zum Beispiel in Themar durchgeführt wurden, bereits heute durch die Landesregierung sehr kritisch begleitet und mit Umsetzung von Auflagen sichergestellt. Mit hoher polizeilicher Präsenz an den Versammlungsorten werden konsequente Beweissicherung und Strafverfolgung gewährleistet.
Zugleich soll die Attraktivität solcher Veranstaltungen für potenzielle Teilnehmerinnen und Teilnehmer gesenkt werden. Damit machen wir deutlich: Thüringen ist wehrhaft, Rassisten und Gewalttäter werden nicht toleriert. Die Gastfreundlichkeit unseres Landes sollte man nicht mit Gleichgültigkeit verwechseln.
Auch aus diesem Grund habe ich, wie bereits angesprochen, die Besondere Aufbauorganisation ZESAR in die Organisation des Landeskriminalamts überführt und damit die Aufgaben und das Personal dauerhaft an das Landeskriminalamt übertragen.
(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Das ist eine schöne Theorie, aber in der Praxis sieht es anders aus!)
Es wird die Aufgabe der im Landeskriminalamt eingesetzten Polizeiführer sein, angemessen und flexibel auf Lageentwicklungen zu reagieren und die vorhandenen Polizeibeamten bei der Bekämpfung des politischen Extremismus effektiv einzusetzen. Darüber hinaus verfügt das Amt für Verfassungsschutz mit einem eigenen Sachgebiet über Mitarbeiter mit verfassungsschutzrelevanter Sachkenntnis zur Bearbeitung des Phänomenbereichs Linksextremismus. Beide Sicherheitsbehörden betreiben eine enge Zusammenarbeit und einen Informationsaustausch, der der Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität – links dient. Denn wir wollen eben nicht ausblenden, dass auch von linksextremistischen Strukturen Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit ausgehen.
Das Anhängerpotenzial der gewaltorientierten autonomen Szene Thüringens umfasst nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes aktuell circa 130 Personen. Aber an diesen Zahlen erkennt man auch: Die Thüringer autonome Szene ist hinsichtlich ihres Personenpotenzials, aber auch der von ihr ausgehenden Aktivitäten, nicht mit den bundesweit bekannten Szeneschwerpunkten wie Hamburg und Berlin vergleichbar.
Zum Alternativantrag der CDU möchte ich Folgendes anmerken: Die geforderte Hinwirkung auf die Erstellung eines bundesweiten Lagebilds zum Bedrohungs- und Personenpotenzial von Linksextremismus und gewaltbereitem Linksextremismus in Deutschland ist entbehrlich. Ich empfehle als Lektüre den Verfassungsschutzbericht des Bundesamts für Verfassungsschutz. Dieser wurde zuletzt für das Jahr 2016 von Bundesinnenminister de Maizière und dem Präsidenten des Bundesamts für Verfas
Zu den Forderungen hinsichtlich von Einschränkungen des Versammlungsrechts erlaube ich mir einige Erläuterungen, die einer Opposition im Wartestand eigentlich bekannt sein sollten.
Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut und es ist gemeinsam mit der Meinungsfreiheit essenziell für die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Unter strikter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben sowie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie der Verwaltungsgerichte wenden die Thüringer Versammlungsbehörden das geltende Recht an. Zu den Maßnahmen im Vorfeld einer Versammlung können auch Meldeauflagen und Aufenthaltsverbote gehören. Klar ist auch hier, dass solche Maßnahmen stets im Lichte des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit getroffen werden müssen, dass also immer eine entsprechende Gefahrenprognose vorliegen und die konkreten Maßnahmen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall entsprechen müssen.
Dieser rechtliche Rahmen gilt unabhängig davon, welchem Spektrum eine Versammlung zuzurechnen ist. Dieser Maßnahme wird auch durch die entsprechende Rahmenkonzeption der Thüringer Polizei bei besonderen Versammlungslagen entsprochen.
Das von der Opposition verlangte Bekenntnis der Landesregierung zum Vermummungsverbot ist geradezu „putzig“ und mutet etwas merkwürdig an. Das Vermummungsverbot ist in § 17 Abs. 2 des Versammlungsgesetzes explizit geregelt. Die Versammlungsbehörden des Landes sind wie auch sonst jede Behörde an Recht und Gesetz gebunden. Dies ist eine Selbstverständlichkeit und bedarf eben keines weiteren klaren Bekenntnisses, wie von der CDU-Fraktion gefordert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die innere Sicherheit im Freistaat Thüringen ist ein wichtiges Anliegen der Landesregierung. Wir verfolgen einen klaren Kurs in Übereinstimmung mit Freiheit und Sicherheit. Herausforderungen, die sich aus den Gefährdungslagen ergeben, sind ein Prozess, dem wir uns stellen und den wir meistern. Dazu haben wir in Thüringen eine Reihe von Maßnahmen initiiert und umgesetzt.
Betrachten wir als Beispiel die Personalentwicklung im Bereich der Polizei: Seit Amtsantritt der Regierung Althaus von 2004 bis zum Regierungswechsel im Jahr 2014 reduzierte sich die Anzahl der Bediensteten in der Thüringer Polizei von 7.815 auf
7.148. Die amtierende Landesregierung hat seitdem das Problemfeld der Personalausstattung der Sicherheitsbehörden erkannt und folgerichtig Schritte zur Problemlösung eingeleitet, um den Gesamtpersonalbestand der Thüringer Polizei zu halten und weitere Reduzierungen zu vermeiden.
So haben wir bereits in den Jahren 2015 und 2016 die Einstellungszahlen um 30 Polizeianwärterinnen und Polizeianwärter auf 155 Neueinstellungen erhöht. Für dieses Jahr und die Jahre 2018 und 2019 haben wir die Voraussetzung geschaffen, dass jährlich 200 Polizeianwärterinnen und Polizeianwärter eingestellt werden können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, neben einer angemessenen Personalausstattung der Sicherheitsbehörden muss auch – um ein weiteres Beispiel zu nennen – die materielle Ausstattung der Sicherheitsbehörden den aktuellen Entwicklungen angepasst werden. Dabei handelt es sich um einen quasi ständigen, fortlaufenden Prüf- und Beschaffungsprozess. Die Thüringer Polizei wird mittlerweile bedarfsgerecht und regelmäßig mit neuer Ausrüstung ausgestattet. Diese Ausstattungsoffensive basiert auf abgestimmten, fachlichen Überlegungen und Konzepten, die Standards und Entwicklung des Bundes und der Länder mit dem Ziel berücksichtigen, vorhandene polizeiliche Ausstattungen zu verbessern und eben auch die taktische Handlungsfähigkeit der Thüringer Polizei zu sichern.
Lassen Sie mich das anhand einiger weniger Daten darstellen. Im Jahr 2015 wurden Rahmenverträge für die Beschaffung von 1.000 Paar Schlagschutzund 5.000 Paar Einsatzhandschuhen für die Jahre 2015 bis 2019 geschlossen. Im Jahr 2016 erfolgte die Beschaffung von 1.000 ballistischen Schutzwesten sowie weiteren 5.000 Stück für die folgenden Jahre. Weiterhin wurden im Jahr 2016 50 ballistische Einsatzhelme schwere Ausführung für das Landeskriminalamt Thüringen sowie ballistische Schutzschilde und taktische Schutzbrillen beschafft. Gegenwärtig befinden wir uns im Beschaffungsprozess für 250 weitere Schlagschutzhelme, Atemschutzmasken, 4.900 ballistische Schutzwesten und 2.270 ballistische Schutzhelme. Insgesamt, lassen Sie mich das noch mal betonen, sind für die Thüringer Polizei in diesem Jahr 14,3 Millionen Euro für Ausrüstungsgegenstände vorgesehen.
Diese Investitionen folgen einem von meinem Haus erstellten Schutzkonzept für die Thüringer Polizei, um unseren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten den bestmöglichen Schutz vor Gewalttaten zu ermöglichen. Zudem gehen wir auch neue Wege, um die innere Sicherheit im Freistaat zu stärken. So führen wir ein Pilotprojekt zur Erprobung von sogenannten Bodycams im operativen Einsatz und Streifendienst durch, um einen neuen Sicherheitsa
spekt auf seine Praxistauglichkeit zu prüfen. Ziel ist es, mit diesem Pilotprojekt die bisherigen Erfahrungen anderer Länder anzureichern, um eben auch eigene Erkenntnisse zu gewinnen. Ich möchte Sie auch informieren, dass die Anschaffung eines Hubschraubers für die Thüringer Polizei, der lange gefordert worden ist, nunmehr im Doppelhaushalt 2018/2019 geplant ist, damit unsere Leistungsfähigkeit in der Bewältigung des polizeilichen Aufgabenspektrums gewährleistet werden kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sicherheit in Thüringen hat für mich aber auch für die Landesregierung allerhöchste Priorität
und wir stehen dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger auch zukünftig sicher in unserem Freistaat leben können.
Lassen Sie mich vielleicht an dieser Stelle noch anmerken, dass unsere Maßnahmen zur Verbesserung der personellen und materiellen Ausstattung der Thüringer Polizei Früchte tragen, aber auch die Maßnahmen der Landesregierung zur Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität, hoffentlich ebenfalls Erfolge zeigen. Laut statistischer Kurzauswertung der im ersten Halbjahr registrierten Straftaten lässt sich ein Rückgang der politischen Gesamtkriminalität auf etwas mehr als die Hälfte der Vorjahreszahlen vermelden. Dieser Rückgang betrifft alle Phänomenbereiche. Dementsprechend führt die Landesregierung ihre Bemühungen, die auf die Verdrängung von extremistischem Gedankengut gerichtet sind, unvermindert fort.
Meine sehr verehrten Damen und Herren hier in diesem Saal, darüber hinaus können auch die Parteien im Rahmen des Bundestagswahlkampfes durch einen in der Sache womöglich harten aber insgesamt sachlichen und rechtskonformen Wahlkampf dazu beitragen.
Ich weiß, das schwerste Urteil ist die Überwindung des eigenen Vorurteils. Es wäre schön, wenn Ihnen dies gelingen würde.
Zum Schluss möchte ich, damit es nicht untergeht, im Anschluss an das, was der Abgeordnete Dittes gesagt hat, noch einmal unseren in Hamburg eingesetzten Thüringer Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten persönlich für ihren Einsatz unter schweren Arbeitsbedingungen danken.
Die persönlichen Schilderungen, die mich gemeinsam mit der Leiterin der Bereitschaftspolizei erreicht haben, können sicherlich das Einsatzgeschehen nur in Ansätzen wiedergeben und deshalb will ich ausdrücklich sagen: Sehr geehrte Beamtinnen und Beamte, der Freistaat ist stolz auf Sie. Ich sage danke.
Damit verbunden will ich auch den ausdrücklichen Dank des Hamburger Innensenators, den dieser im eigenen Namen, aber auch im Namen der Hamburger Bürgerinnen und Bürger übermittelt hat, gern übermitteln. Dem Plenum danke ich für die Aufmerksamkeit. Vielen Dank.