Protokoll der Sitzung vom 01.09.2017

Seit Juni 2016 existieren Beschlüsse des Kreistags des Wartburgkreises und des Stadtrats der Stadt Eisenach, freiwillig zu fusionieren und im Ergebnis damit die Kreisfreiheit von Eisenach zu beenden. Die bereits am 30. Mai (Eisenach) und am 27. Juni 2016 (Wartburgkreis) nach geltender Thüringer Kommunalordnung gestellten Anträge im Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales wurden seitdem offenbar nicht weiter bearbeitet. Zwischenzeitlich hatte die Landesregierung das Aufschieben der Entscheidung über die Anträge in dieser Sache damit begründet, eine größere Gebietsreform in ganz Thüringen durchführen zu wollen. Die Bürgerinnen und Bürger der Wartburgregion haben nach meiner Auffassung ein berechtigtes Interesse daran

zu erfahren, wie die Landesregierung jetzt weiter mit den gefassten Beschlüssen ihrer gewählten Parlamentarier umgeht. Außerdem werden im Frühjahr 2018 turnusgemäß der Landrat im Wartburgkreis und der Oberbürgermeister in Eisenach neu gewählt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welchen aktuellen Sachstand gibt es in oben genannter Angelegenheit?

2. Wann ist nunmehr mit der Einbringung eines Gesetzentwurfs, der die Fusion von Eisenach und Wartburgkreis zum Ziel hat, zu rechnen?

3. Falls diese momentan nicht geplant ist, wie begründet die Landesregierung ihre Entscheidung?

4. Welchen Stellenwert misst die Landesregierung Beschlüssen von kommunalen Volksvertretungen bei und wie begründet sie ihre Ansicht?

Herr Staatssekretär Götze antwortet für die Landesregierung.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Walk beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Wie bereits ausgeführt, hat der Koalitionsausschuss der regierungstragenden Parteien am 15. August 2017 weitere Schritte für eine erfolgreiche Umsetzung der Verwaltungs-, Funktionalund Gebietsreform Thüringen beschlossen. Im Hinblick auf die Kreisgebietsreform verständigte sich der Koalitionsausschuss darauf, dass das Gesetz zur Neugliederung der Landkreise und kreisfreien Städte in dieser Legislatur verabschiedet und am 1. Januar 2019 in Kraft treten soll. Die neuen Kreisstrukturen sollen zum 1. Juli 2021 wirksam werden. Bezüglich der sogenannten Fusion der Stadt Eisenach und des Wartburgkreises – im Kern handelt es sich um eine Einkreisung, ich verwende jetzt aber trotzdem das Wort „Fusion“ – haben bereits persönliche Gespräche mit dem Landrat des Wartburgkreises und der Oberbürgermeisterin der Stadt Eisenach stattgefunden. Das nächste Gespräch ist für Ende September 2017 geplant.

Zu Frage 2: Dies wird zunächst vom Ergebnis der Gespräche zwischen den Vertretern des Wartburgkreises und der Stadt Eisenach abhängen. Eine abschließende Meinungsbildung der Landesregierung liegt gegenwärtig noch nicht vor.

Zu Frage 3: Hierzu verweise ich auf die Antworten zu Fragen 1 und 2.

Zu Frage 4: Die Vertreter des Wartburgkreises und der Stadt Eisenach plädieren für die Fusion des Landkreises und der kreisfreien Stadt und haben in diesem Zusammenhang von einer Fusion mit positivem Modellcharakter gesprochen. So werde die Wartburgregion mit dem Wartburgkreis und der Stadt Eisenach erhalten bleiben. Zudem seien Eisenach und der Wartburgkreis zusammen groß genug, um langfristig eine Perspektive zu haben. Grundsätzlich werden die Beschlüsse des Wartburgkreises und der Stadt Eisenach wie die Beschlüsse aller Kommunen von der Landesregierung sehr ernst genommen und fließen in die Überlegungen und Gespräche zur Reform ein. Zwischen dem Wartburgkreis und der Stadt Eisenach wird zunächst einvernehmlich zu klären sein, wie der Zusammenschluss des bisherigen Wartburgkreises mit der einzukreisenden Stadt Eisenach erfolgen kann.

In diesem Zusammenhang weise ich zugleich darauf hin, dass die Zuständigkeit für den konstitutiven Beschluss über eine Gebiets- und Bestandsänderung in den Händen des Gesetzgebers verbleibt.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Nachfragen? Die sehe ich zurzeit nicht, sodass wir zur nächsten Anfrage kommen, zur Frau Abgeordneten Stange von den Linken, die Drucksache 6/ 4413.

Danke, Herr Präsident.

Speicherung von „personengebundenen Hinweisen“ zu HIV-Infizierten

Nach einem Bericht der „Thüringer Landeszeitung“ vom 25. August 2017 speichert die Thüringer Polizei über das Auskunftssystem „Polas“ personengebundene Daten zu HIV-infizierten Personen, „die eine vermeintliche Gefahr für die Polizisten“ darstellen. Der diesjährige Christopher-Street-Day fordert die Abschaffung dieser Praxis, welche einen „kriminalisierenden Generalverdacht gegenüber Menschen mit sexuell übertragbaren Krankheiten“ bedeutet. Das Land Berlin möchte, so die Koalitionsvereinbarung von SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen in Berlin vom Dezember 2016, Speicherungen dieser Art nicht fortführen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche genauen Daten zu dem benannten Personenkreis werden auf welcher Rechts- und Sachgrundlage im Auskunftssystem der Thüringer Polizei „Polas“ gespeichert?

(Abg. Worm)

2. Wie viele Personen des benannten Personenkreises sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt in „Polas“ für Thüringen erfasst?

3. Welche Auswirkungen haben diese Datenspeicherungen für die Betroffenen?

4. In welcher Weise werden diese von der Erfassung informiert?

Herr Staatssekretär Götze hat sich auf die Beantwortung der Fragen vorbereitet. Bitte, Herr Staatssekretär.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Stange beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Lassen Sie mich zunächst klarstellen, dass keine Speicherung von Daten in der Thüringer Polizei aufgrund einer HIV-Erkrankung des Betroffenen erfolgt. Vielmehr erfolgt eine Speicherung personenbezogener Daten nur dann, wenn die betroffene Person zur Fahndung ausgeschrieben oder mit einem Eintrag im Kriminalaktennachweis erfasst wird. Das heißt, durch die Thüringer Polizei werden personenbezogene Daten lediglich zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben, die im Zusammenhang mit der Kriminalitätsbekämpfung anfallen, geführt. Diese Informationen werden im sogenannten Kriminalaktennachweis vorgehalten. Von einem „kriminalisierendem Generalverdacht gegenüber Menschen mit sexuell übertragbaren Krankheiten“ kann hier also nicht gesprochen werden.

Rechtsgrundlage für die Speicherung der personenbezogenen Hinweise ist § 40 des Thüringer Polizeiaufgabengesetzes. Hiernach kann die Polizei insbesondere personenbezogene Daten, die sie im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungsverfahren gewonnen hat, speichern, verändern oder nutzen. Nach den bundeseinheitlichen Kriterien des Bundeskriminalamts ist es zur Vergabe des hier in Rede stehenden personengebundenen Hinweises „Ansteckungsgefahr“ erforderlich, dass die Hinweise von einem Arzt oder einer anderen öffentlichen Stelle auf Grundlage eines ärztlichen Attests oder einer entsprechenden Unterlage oder von dem Betroffenen selbst vorliegen.

Zu Frage 2: Die Datei „Polas“ wird in der Thüringer Polizei nicht verwendet. Im Datenbestand der Thüringer Polizei waren mit Stichtag 23. Februar 2017 insgesamt 37 Personen mit dem personengebundenen Hinweis „Ansteckungsgefahr“ erfasst.

Zu Frage 3: Die Speicherung von personenbezogenen Hinweisen hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Betroffenen selbst.

Zu Frage 4: Eine Benachrichtigung der Betroffenen über die Vergabe von personengebundenen Hinweisen oder anderen zu seiner Person gespeicherten Daten erfolgt grundsätzlich nicht. Regelmäßig stammt die Information vom Betroffenen selbst.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Frau Stange, noch eine weitere Frage.

Danke schön für die Antwort. Sie haben ausgeführt, dass die Grundlage der Speicherung der § 40 des Thüringer Polizeiaufgabengesetzes sei. Trotzdem die Frage an der Stelle: Haben Sie Kenntnisse darüber, wie in anderen Bundesländern die Datenerfassung erfolgt? Gibt es über die Bundesgrenzen hinaus einen Abgleich ähnlicher Daten?

Da habe ich keine Erkenntnisse, zumindest habe ich die nicht im Kopf.

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: Nicht im Kopf?)

Ich kann Ihnen die Frage hier nicht beantworten.

Das heißt, dass Sie nachliefern?

Ja. Konkret heißen die Fragen: Gibt es einen Datenaustausch über Ländergrenzen hinweg und erfolgt eine entsprechende Erfassung in anderen Bundesländern? Diese beiden Fragen werde ich Ihnen schriftlich beantworten.

Vielen Dank. Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Wir sind bei der letzten Anfrage angekommen und haben sie erledigt. Wir schließen damit die Fragestunde.

Ich heiße alle Fraktionen wieder herzlich willkommen und rufe auf Tagesordnungspunkt 7

Thüringer Gesetz zur finanzpolitischen Vorsorge für die steigenden Ausgaben der Beamtenversorgung Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/4356 ERSTE BERATUNG

(Abg. Stange)

Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung, Frau Finanzministerin Taubert, das Wort zur Begründung wünscht. Bitte, Frau Ministerin.

Herzlichen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten, das Thüringer Gesetz zur finanzpolitischen Vorsorge für die steigenden Ausgaben der Beamtenversorgung beinhaltet eine Bündelung von Maßnahmen, die dazu dienen sollen, finanzpolitische Vorsorge für die Pensionsverpflichtungen des Freistaats Thüringen zu treffen.

Mit dem in Artikel 1 enthaltenen Gesetz zur finanzpolitischen Vorsorge für die Beamtenversorgung wird ein bundesweit neues System zur nachhaltigen Vorsorge eingeführt. Das Gesetz setzt das sogenannte Thüringer Nachhaltigkeitsmodell um. Grundpfeiler dieses Modells ist die Haushaltskonsolidierung durch die kontinuierliche Tilgung der Landesschulden.

Meine Damen und Herren, ab dem 1. Januar 2018 soll für jeden ab dem 1. Januar 2017 neu ernannten Beamten oder Richter des Freistaats Thüringens ein jährlicher Betrag der Tilgung zugeführt werden. Pro aktivem Bediensteten ist jährlich ein Betrag der Tilgung zuzuführen. Als jährlicher Tilgungsbetrag wird ein Pauschalbetrag in Höhe von 5.500 Euro pro Bedienstetem festgelegt werden. Dieser Betrag orientiert sich an der Differenz der Ausgaben des Landes, die für einen vergleichbaren Arbeitnehmer aufzubringen sind. Zugrunde gelegt wurden im Vergleich die Gehaltsgruppen A 13 und E 13 TV-L in der für Dienstanfänger maßgeblichen Stufe. Gewollter Nebeneffekt ist dabei, dass es demnach – fiskalisch betrachtet – unmaßgeblich ist, ob ein Arbeitnehmer, eine Arbeitnehmerin oder ein Beamter, eine Beamtin eingestellt werden. Die Verbeamtung wird – finanziell betrachtet – im laufenden Haushalt dem Angestelltenverhältnis gleichgestellt. Die bisher unterschiedlichen finanziellen Aspekte einer Einstellung im Angestellten- oder Beamtenverhältnis werden durch das Modell ausgeglichen, sodass die Einstellungspolitik in Zukunft frei von diesen Aspekten getroffen werden kann.

Meine Damen und Herren, durch die Tilgung erfolgt eine nachhaltige Entlastung mit einem sofortigen Effekt für den Landeshaushalt. Für das Jahr 2018 wird bereits von einer Tilgung in Höhe von 24,8 Millionen Euro ausgegangen, für 2019 von 34,7 Millionen Euro. Entsprechend der neu vorgenommenen Verbeamtungen wird der Betrag jährlich steigen und einen maßgeblichen Beitrag zur Schuldentilgung leisten können. So entstehen nachhaltige finanzielle Spielräume, die genutzt werden können, um die steigenden Pensionsverpflichtungen zu erfüllen. Der Schuldenabbau entspricht dabei dem Gedanken der Generationengerechtigkeit. Es ist

nicht haltbar, dass der bestehende Schuldenberg nur umgeschuldet und nicht abgetragen wird. Was passiert, wenn Umschuldungskredite nicht gewährt werden? Was passiert, wenn die Zinsen wieder steigen? Bei der bestehenden Höhe der Verschuldung des Freistaats Thüringen gibt es ein erhebliches Risiko für die Stabilität unseres Landes. Mit der nun vorgenommenen kontinuierlichen und dabei im Betrag stetig steigenden Tilgung wird der richtige Weg beschritten, um diese Risiken einzudämmen.

Meine Damen und Herren, bewusst hat sich die Thüringer Landesregierung gegen eine kapitalgedeckte Rücklage entschieden, obwohl dies nach den vorgenommenen Anhörungen zum Beispiel vom Deutschen Gewerkschaftsbund favorisiert wurde. Ausführlich nimmt die Landesregierung dazu in der dem Gesetzentwurf beigefügten Anlage Stellung.