Die AfD gibt einer Stimmung parteipolitischen Ausdruck, die in unserem Land seit Beginn der Untersuchungen des Thüringen-Monitors feststellbar und konstant geblieben ist. Auch wenn die AfD immer wieder gesagt hat, am liebsten würde sie den Thüringen-Monitor in den Kamin stecken: Es stand immer im Thüringen-Monitor drin, dass bis zu 25 Prozent der Befragten einer solcher Partei später einmal die Stimme geben werden. Insoweit lohnt es sich, den Thüringen-Monitor nicht in den Kamin zu stecken, sondern auch vielleicht darin zu lesen und darüber nachzudenken. Knapp 20 Prozent der Bevölkerung haben eine Affinität zu Einstellungen, die bisher im rechtsextremen Parteienspektrum verankert waren. Das war vor dem Auftritt der AfD auf der politischen Bühne nicht anders. Solche Parteien wurden aber nicht in dem Maße oder dauerhaft gewählt. Gleichwohl waren auch früher schon Parteien wie Republikaner, NPD oder auch die DVU in deutschen Landesparlamenten vertreten, aber eben noch nie im Deutschen Bundestag. Geändert aber hat sich seitdem die politische Verortung des Parteienspektrums durch die Bürgerinnen und Bürger. Zudem hat der Drang der CDU zur Mitte rechts neben ihr eine politische Leerstelle gelassen, derer sich die AfD angenommen hat. Das ist zumindest meine Sicht darauf. Ultrakonservative, sehr weit rechts angesiedelte Einstellungen waren im Parteienspektrum über viele Jahre nicht repräsentiert und fanden ein neues Zuhause bei einer Partei, deren einziger politischer Zweck inzwischen darin zu bestehen scheint, Wut alltagstauglich zu machen und gegen Minderheiten zu kehren. Die AfD kultiviert das Dagegen-Sein – Lösungsvorschläge würden da nur stören.
Auch der Rechtsextremismus hat eine neue politische Adresse gefunden. Aber die AfD hat auch viele frühere Nichtwähler mobilisiert. Ich bin der festen Überzeugung: Wer Ja sagt zur Demokratie, muss auch diese höhere Wahlbeteiligung begrüßen, auch wenn er im politischen Gegensatz zu den Profiteuren steht.
bedauern, sondern vielmehr nach neuen politischen Gestaltungsmöglichkeiten suchen. Deshalb sage ich: Jamaika kann auch eine Chance darstellen, wenn es denn gelingt, neue Lösungsansätze für die uns umtreibenden politischen Fragen zu finden. Die Thüringer Landesregierung jedenfalls wird aktiv die Zusammenarbeit mit der neuen Bundesregierung suchen, welcher Ausprägung auch immer.
Nur – und das ist mein dringlicher Appell an die Sondierer in Berlin –: Spielt nicht auf Zeit. Die Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch auf zügige Verhandlungen. Alles andere nutzt nur Populisten und sogenannten Wutbürgern.
Apropos: Ich bin davon überzeugt, dass das AfDBundestagswahlergebnis auch für die AfD neue Herausforderungen mit sich bringt. Ihre Wähler werden sich auf Dauer mit einer bloßen Antipolitik nicht zufriedengeben – und wir sollten der AfD durch ritualisierte Ausgrenzung das Leben nicht zu einfach machen.
Es mag ja sein, dass die AfD und große Teile von ihr ihr politisches Lebensziel darin sehen, die etablierten demokratischen Parteien zu bekämpfen, aber diese Landesregierung kämpft nicht gegen die AfD, diese Landesregierung kämpft für die Beseitigung von Kinder- und Altersarmut und für eine stabile Zukunft dieses Freistaats.
Wer immer uns dabei unterstützen will, ist uns willkommen. Alle mitzunehmen auf dem Weg zu größerer Sicherheit und der Angleichung von Lebensverhältnissen, fordert alle politischen Kräfte – die von mir geführte Landesregierung natürlich, aber auch die Bundespolitik.
Wir erleben gerade auf der Bundesebene die Sondierungsphase für eine neue Bundesregierung. Wir haben ganz klare Erwartungen und Forderungen an die künftige Bundesregierung: Die Angleichung der Lebensverhältnisse muss weiter ein erklärtes Ziel mit zu untersetzenden politischen Maßnahmen sein. Das gilt nicht zuletzt für die Rentenangleichung, die Schließung der Rentenlücken und die Beseitigung der krassen Rentenungerechtigkeiten, von denen ich vorhin sprach. Dazu gehören auch zusätzliche Behördenstandorte in Ostdeutschland, eine höhere Zahl von Ansiedelungen der Wissenschaft als Keimzelle künftigen wirtschaftlichen Erfolgs, die Förderung der ostdeutschen Hochschulen, die Entlastung bzw. Unterstützung der Länder bei den Baukosten für Bundesfernstraßen,
bei der Schulbauförderung, beim Digitalpakt Schule, beim Qualitätsausbau unserer Kitas, bei spezifischen ostdeutschen Problemen/der Belastung durch das Anspruchs- und Anwartschaftüberführungsgesetz (AAÜG) – dafür hat Heike Taubert seit Jahren geworben, dass es von der Bundesregierung komplett mit allen Ländern neu geregelt wird – oder die Thüringer Belastung durch umweltpolitische Altlasten sowie die Entlastung bei Energiekosten; Kali-Altlasten seien nur stellvertretend erwähnt. Und nicht zuletzt muss die Förderung strukturschwacher Regionen mit Bundes- und EUMitteln langfristig fortgeführt werden. Ostdeutschland darf nicht die Quittung für den Brexit präsentiert werden. Wir werden da nicht lockerlassen und wenn nötig auch Bündnisse unter den Ländern schmieden, so wie es im vergangenen Jahr bei der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen erfolgreich gelungen ist.
Ich habe – das sage ich gern – in den zurückliegenden Jahren gut und vertrauensvoll mit den Ministerpräsidenten der anderen ostdeutschen Länder zusammengearbeitet. Da, wo es im Interesse des Ostens war, sind wir ungeachtet der politischen Differenzen in Einzelfragen über Parteigrenzen hinweg zusammen aufgetreten – und ich werde diese bewährte Praxis auch fortsetzen.
Diese Landesregierung wird im Bundesrat und bei den Treffen der Ministerpräsidentenkonferenz ihre Vorschläge einbringen. Unsere Anstrengungen gegenüber dem Bund sollen und werden unsere eigenen politischen Initiativen in Thüringen nicht ersetzen, aber sinnvoll begleiten und unterstützen. Wir haben in Thüringen viel auf den Weg gebracht und wir bleiben in den zentralen Politikfeldern weiter am Ball.
Arbeit und Beschäftigung sind Grundpfeiler für eine sozial gerechte Gesellschaft. Wir sind da auf einem hoffnungsfroh stimmenden Weg. Thüringen hat sich in den letzten Jahren zu einem hervorragenden Ausbildungsund Beschäftigungsstandort entwickelt. Schauen wir uns die Entwicklung der Arbeitslosigkeit seit dem Regierungsantritt von RotRot-Grün an: Sie ist seitdem um insgesamt 22 Prozent zurückgegangen.
Sie ist nicht wegen uns zurückgegangen, sie ist zurückgegangen, aber es ist auch nicht behindert worden, dass sie zurückgegangen ist. Wir haben uns aber darum gekümmert...
(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: 2014 habt ihr etwas anderes prognostiziert, da müsst ihr euch mal entschuldigen!)
Ich erinnere mich noch an die Worte, dass mit einem roten Ministerpräsidenten das Land isoliert ist. Ich erinnere mich noch an die Worte, dass das Kapital auswandert. Ich erinnere mich noch an die Worte, dass die Firmen sich nicht ansiedeln werden.
Ich erinnere mich an all dieses Getöne. Aber die Langzeitarbeitslosigkeit und die Arbeitslosigkeit bei Älteren sind sogar um 27 Prozent zurückgegangen. Da liegt der entscheidende Unterschied, weil wir dort neue Arbeitsbeschäftigungen geschaffen haben.
Wir sind mit den Zahlen immer noch nicht zufrieden. Uns sorgt die Zahl der rund 23.000 Langzeitarbeitslosen, also derjenigen, die zumindest schon über zwei Jahre und oft deutlich länger arbeitslos sind. Wir wissen um die zum Teil gravierenden regionalen Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt: Während in einigen Regionen in Südthüringen zum Beispiel nahezu Vollbeschäftigung herrscht, liegt die Arbeitslosenquote in Gera derzeit über 9 Prozent und im Kyffhäuserkreis bei über 7,6 Prozent. Die Landesregierung hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, darauf zu achten, dass keine Region von der insgesamt positiven Entwicklung abgekoppelt wird.
Und wir reden nicht nur, wir handeln: Mit unserem Landesprogramm „Öffentlich geförderte Beschäftigung und gemeinwohlorientierte Arbeit“ haben wir gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit erfolgreich neue Wege beschritten. Wir geben mit diesem Instrument den langzeitarbeitslosen Menschen eine Chance zur beruflichen und sozialen Integration, die ohne dieses Angebot einer gemeinwohlorientierten Arbeit absehbar keine Möglichkeit zur Erwerbsarbeit hätten.
Auf diese Weise konnten bisher 800 Arbeitsplätze entstehen. Diese Arbeitsplätze helfen im Übrigen nicht nur den Betroffenen, sondern tragen auch vor Ort in den Kommunen zur Verbesserung des Gemeinwohls bei.
Diesen Ansatz wollen wir weiter ausbauen. Die aktuelle Evaluation des Programms hat gezeigt, dass es sich lohnt, Arbeit anstatt Arbeitslosigkeit zu finanzieren.
Was wir dringend brauchen, ist eine entsprechende gesetzliche Regelung auf Bundesebene, Herr Mohring. Da könnten Sie Ihren guten Draht zur CDU spielen lassen.
Es war bislang Herr Schäuble, der nicht bereit war, die eingesparten Hartz-IV-Gelder konkret an die Bundesländer zu übergeben, damit daraus weitere Maßnahmen aufgebaut werden können. Wir werden uns bei der neuen Bundesregierung deutlich vernehmbar dafür starkmachen, lieber Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren.
Es geht hier nicht um Ideologie, es geht schlicht um Vernunft. Es ist in jeder Hinsicht besser, in Arbeit statt in Arbeitslosigkeit zu investieren.
Neben der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit kümmern wir uns um die Stärkung guter Arbeit. Denn viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind in sogenannten atypischen Beschäftigungsverhältnissen. Sie haben befristete Verträge, arbeiten in Leiharbeit oder in Minijobs oder erzwungen flexibel. Diese Jobs sind oft auch prekär – schlecht entlohnt und wenig planbar. Sie sind damit im Übrigen auch familienunfreundlich. Dies führt bei den Betroffenen verständlicherweise zu Frust und Verärgerung. Sie hören Erfolgszahlen vom Arbeitsmarkt, haben aber selbst nicht wirklich eine Verbesserung davon.
Wir haben insgesamt dringenden Nachholbedarf: Wir brauchen neben der quantitativen Verbesserung unseres Arbeitsmarkts auch eine deutlich qualitative Verbesserung. Gute Arbeit und existenzsichernde, auskömmliche Löhne, die dann auch eine auskömmliche Rente ermöglichen – das ist das Gebot der Stunde.
Auch da wäre es gut, wenn wir bundesweit endlich die Leiharbeit aus dem Verhältnis rausnehmen, dass Leiharbeit als Lohnsenker in den Betrieben eingesetzt wird.
Aber es geht nicht allein darum, was wir alles machen. Ebenso wichtig ist die Frage, wie wir Politik gestalten. Wir wollen nicht lediglich gute Programme für die Betroffenen aufsetzen, sondern mit ihnen gemeinsam erarbeiten.
Wir greifen damit eine der zentralen Aussagen des Thüringen-Monitors auf und füllen sie mit Leben: „Hier sehen wir durchaus Chancen, durch gute Regierungstätigkeit und erweiterte Partizipationsmög
Lassen Sie mich am Beispiel der Armutsbekämpfung erläutern, was Partizipation heißt. Die Furcht vor Armut gehört zu den Grundängsten der Menschen. Zur materiellen Not kommt vielfach das Gefühl, ausgegrenzt zu sein, nicht dazuzugehören. Die Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch darauf, dass ihre Sorgen und Ängste ernst genommen werden und dass jede und jeder Einzelne die Möglichkeit hat, selbstbewusst das Gemeinwesen mitzugestalten. Die Bürgerinnen und Bürger müssen erleben, dass man nicht machtlos ist, sondern weit über Wahlvorgänge hinaus Einfluss nehmen kann und soll. Einfluss nehmen auf die Organisation des Zusammenlebens – und damit nicht zuletzt auf die eigene soziale Lage.