Protokoll der Sitzung vom 08.12.2023

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen Abgeordnete, liebe Zuhörer, unsere Thüringer Heimat besitzt viele Wälder und deren Zustand ist nicht optimal. Trotzdem ist ein Waldgebiet, wenn es geschädigt ist, noch lange nicht tot. Forstwirte wissen, dass sich Wälder auch nach starken Schadensereignissen wieder selbst regenerieren und dabei verjüngen können. Wir Menschen können und müssen diese Prozesse unterstützen und nicht verhindern.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Da steht zum Teil kein Baum mehr!)

Wälder sind ohne Wenn und Aber zu schützen.

(Beifall AfD)

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist der Schutz nun gefährdet und deshalb ist es unerlässlich, ihn wiederherzustellen. Darum geht es sowohl in dem Gesetzentwurf der FDP, als auch in dem Entschließungsantrag der CDU. Beide zusammen sind eine sehr gute Grundlage, um unseren Wald wieder genesen zu lassen. Auch wenn die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes nicht eindeutig ist – Sie sagen, es könnte so ausgelegt werden und es könnte so ausgelegt werden –, halte ich es aber für wichtig, dass wir keine Verzögerungspolitik einlegen, sondern die eigentlich noch fehlenden Daten können auch nach Abschluss des Gesetzes beigebracht werden.

Die Begehrlichkeiten von einigen Akteuren, Windräder nun doch in die Waldgebiete zu stellen, sind bekannt. Wenn die ersten genehmigt werden, dürfte das den von den Grünen und Linken gewünschten Sog-Effekt haben, daher gilt es, das unbedingt zu verhindern. Wer für Windenergie im Wald ist, muss sich die Frage gefallen lassen, was ihm denn der Umweltschutz eigentlich bedeutet. Wir Bürger für Thüringen stehen für eine Energiepolitik, die dem Umweltschutz und dem Schutz der Wälder oberste Priorität einräumt.

Daher unterstütze ich sowohl den Gesetzentwurf als auch den Entschließungsantrag. Mit diesem Antrag soll in Punkt IV ThüringenForst als Anstalt des öffentlichen Rechts die Errichtung von Windrädern untersagt werden. Damit würde auf jeden Fall kein Verstoß gegen das Urteil aus Karlsruhe vorliegen, denn als staatlicher Betrieb unterliegt ThüringenForst in erhöhtem Maße den Erfordernissen des Gemeinwohls. Und im Gemeinwohlinteresse ist es auf jeden Fall, dass Thüringer Wälder als grüne Oasen und Sauerstofferzeuger und CO2-Verbraucher sowie als Wasserspeicher zur Verfügung stehen. Alle diese wichtigen Funktionen

werden mit den Windrädern gestört, ja zerstört. Wir brauchen uns nur die Waldgebiete in Hessen entlang der A4 anzuschauen, in denen die Windräder seit vielen Jahren stehen und die Wälder immer mehr verdorren. Die Tatsache, dass im Lee-Bereich von Windrädern eine dauerhafte Austrocknung erfolgt, wurde bereits vom Max-Planck-Institut in Leipzig veröffentlicht

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Müller, DIE LINKE: Alter Falter! Meine Güte!)

und jedermann anschaulich gezeigt. Wollen wir das wirklich in Thüringen auch? Ich sage: Nein. Wir wollen gesunde Wälder und ich sehe sie als wichtige Komponente, CO2 in den Kreislauf zu bringen.

(Zwischenruf Abg. Müller, DIE LINKE: Da stirbt der Wald noch schneller!

Auch bei ThüringenForst wird die Begehrlichkeit für Windkraft hauptsächlich mit wirtschaftlichen Aspekten begründet. Sie soll das Geld für den notwendigen Waldumbau bringen. Dass ThüringenForst unter Geldnot leidet, ist einzig und allein die Folge falscher politischer Entscheidungen. Wenn CO2 einen Marktwert hat und

jeder, der CO2 erzeugt, dafür zahlen muss, ist es sowohl im Natur- als auch im Finanzkreislauf nur logisch,

dass Waldbesitzer für CO2-Konsum ihrer Bäume eine analoge Vergütung bekommen müssten. Das wäre ein

nachhaltiges und umweltfreundliches Gesetz.

Wir Bürger für Thüringen erteilen Windkraft im Wald eine klare Absage. Energieerzeugung darf nicht zulasten der Umwelt gehen. Genau deshalb ist der Gesetzentwurf von der FDP jetzt der richtige und wir sollten dem zustimmen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Vonseiten der Abgeordneten habe ich jetzt keine weiteren Wortmeldungen. Für die Landesregierung hat sich

Ministerin Karawanskij zu Wort gemeldet.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Wir kennen es alle, verbrannte Maisfelder, Weinanbau in Südschweden oder eben auch die Trockenheit in unseren Wäldern und damit auch die Absenkung des Grundwasserpegels. Der Klimawandel hat, glaube ich, verschiedene Gesichter, und wir haben Sie alle seit 2018 sehr, sehr deutlich gesehen. Unsere Wälder verändern sich, ob wir es wollen oder nicht, unser Leben verändert sich, wir haben einen ganz anderen Strombedarf als noch vor hundert Jahren, als meine Großmutter beispielsweise, und auch unsere Erde verändert sich. Das können wir tagtäglich sehen bei den Nachrichten, die vielleicht nicht gerade ganz oben dastehen, sondern unter den weltpolitischen Nachrichten auch laufen.

2020 wurde das Verbot von Windkraftenergie, also der Windanlagenbau im Wald seitens der CDU verboten und damit verankert. Am 27. September 2022 hat das Bundesverfassungsgericht gesagt, das geht so nicht. Im Übrigen hat nicht das Land Thüringen geklagt, sondern das waren die Waldbesitzenden, die geklagt haben, und wo das Bundesverfassungsgericht gesagt hat, dass das verfassungswidrig ist und dass das mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist. Also haben wir jetzt einen Zustand, wo es grundsätzlich wieder möglich ist, Windenergieanlagen im Wald zu errichten. Die Parlamentarische Gruppe der FDP hat jetzt diesen Beschluss zum Anlass genommen, um ihrer Sorge um den Wald Ausdruck zu verleihen. Ich sage: Ich kann diese Sorge sehr gut teilen. Die vergangenen Jahre, wenn wir die Berichte zum Waldzustandsbericht uns näher anschauen, zeigen sehr, sehr deutlich, wie das Klima unsere Wälder verändert, wie unsere Wälder unter der Dürresituation leiden. Die Vitalitätsverluste der Bäume verschlechtern sich, die Borkenkäferkalamität hält weiter an, auch diesen Sommer, und wir sehen, dass seit 2018, also seit dem ersten Dürresommer, mehr als 27 Millionen Festmeter Schadholz angefallen sind. Der Waldumbau, weg von den Monokulturen, weg vom Altersklassenwald, der Fichtenbestände hin zu einem zukunftsfähigen, hin zu einem klimaresilienten Mischwald, das haben wir uns ins Stammbuch geschrieben. Genau aus diesem Grund haben wir als

Landesregierung schon 2019 mit dem „Aktionsplan Wald 2030 ff.“ offensiv Maßnahmen erstellt und diese auch durchgeführt. Ich bin, ehrlich gesagt, sehr, sehr froh, dass der thüringische Landtag auch genau diese Weichenstellung mitgegangen ist im Haushalt, dass wir auch eine finanzielle Absicherung haben für den Waldumbau, dass wir tatsächlich auch im ThüringenForst das nötige Geld haben, die Förderung haben, um den Waldumbau voranzutreiben. Das ist wichtig, das ist richtig und das müssen wir auch weiterhin verstetigen, denn unser Ziel ist eine naturnahe Waldbewirtschaftung einschließlich des Waldumbaus, und unter dem Hochdruck natürlich weiter das umzusetzen und zu bearbeiten, weil wir sehen, dass jeden Sommer wieder das auf uns zukommt und jeden Sommer auch der Borkenkäfer ausschwirrt.

(Abg. Dr. Bergner)

Doch zurück zum Gesetzentwurf der Parlamentarischen Gruppe der FDP. Der Gesetzentwurf zielt natürlich ab auf die Versagung von Nutzungsänderungen. Nutzungsänderungen können ganz verschiedener Art sein, aber auch die Errichtung von Windkraftanlagen im Wald. Und bei allem Verständnis für die bestehende Sorge um den Wald haben wir bereits Bestimmungen, die das abdecken, nämlich mit einem Versagenskatalog, mit Beteiligungsregelungen, die das abdecken, und das bedeutet kein Plus, keinen Mehrwert für den Schutz des Waldes. Hier muss – das muss ich ganz ehrlich mal so sagen – ein Mehr an Bürokratie jetzt aufgebaut werden, um bestehende Regelungen, die es jetzt gibt, irgendwie noch verschlimmbessern bzw. zu ergänzen. Also, wir haben ein Waldgesetz und wir haben die Nutzung der Wälder und das reicht für den Schutz des Waldes insoweit aus.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun nimmt die CDU den Antrag zum Anlass, um mit ihrem Entschließungsantrag, das, was vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt worden ist, noch mal reinzukriegen. Den Ausbau der erneuerbaren Energien zu verhindern, kann man ja grundsätzlich nachvollziehen, weil die Welt sich verändert. Aber die Welt und die Wälder verändern sich und es verändert sich damit natürlich auch die Anspruchshaltung bzw. die Notwendigkeit, auch unsere Wirtschaft zu verändern.

Ich möchte noch mal die Punkte aufdröseln, was jetzt in dem Antrag von der CDU auch tatsächlich drinsteht. Es soll zum einen das Baugesetzbuch angefasst werden, weil wir können es nicht einfach verbieten, und zum anderen sollen Windenergieanlagen verboten werden auch auf den Flächen, wo im Moment keine Wälder sind, also ausdrücklich auch ThüringenForst verboten werden, hier auf Kalamitätsflächen Windkraftanlagen zu stellen. Also, es sollen tatsächlich hier Verbote untersetzt werden und damit auch natürlich der Wirtschaftsumbau verhindert werden.

Hier wird ja mehrfach ins Feld geführt, dass Wälder abgeholzt werden sollen, um Windkraftanlagen zu bauen. Ich möchte dazu mal das Landesentwicklungsprogramm, den ersten Entwurf, zitieren, den wir eingebracht haben, wo wir im Planansatz 5.2.12 vorschlagen, dass die Ausweisung von Vorrangflächen für Windenergie im Wald von Waldgebieten genau da passieren soll, wo flächige Schäden schon sind,

also, dass dem dort ein besonders Gewicht beizumessen ist, wo Kahlflächen entsprechend sind, dass also das vornehmlich genutzt werden soll. Das heißt, wenn schon Wald in Anspruch genommen werden soll, dann möglichst dieser, der bereits geschädigt ist. Das heißt natürlich nicht, dass auf allen Kahlflächen, auf allen Kalamitätsflächen Windkraftanlagen gebaut werden sollen. Das machen immer noch die Regionalen Planungsgemeinschaften gemeinsam. Sondern es geht darum, dieses Augenmerk besonders ins Feld zu führen, damit da, wo schon Flächen geschädigt sind, nicht noch entsprechend Wald zu Schaden kommt und da nicht noch eine Bestockung entfernt werden müsste.

Frau Ministerin, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Nein, ich möchte erst mal zu Ende reden und dann können wir zum Schluss das klären.

Und genau die Ziffer 3 Ihres Entschließungsantrags beinhaltet nämlich ein pauschales Verbot und ich möchte das ausdrücklich noch mal in Zusammenhang bringen mit der Beschlussfassung des Bundesverfassungsgerichts, das ganz klar gesagt hat, dass hier die Gesetzgebungskompetenzen des Landes überschritten werden, wenn es hier ein Verbot gibt.

(Ministerin Karawanskij)

Ich möchte noch mal ganz kurz auf den Zustand des Waldes zurückkommen und das, was das eigentlich für eine Landesforstanstalt bedeutet. Seit 2018 ist es nicht nur eine unglaubliche Kraftanstrengung und Herausforderung, die hier sämtliche Försterinnen und Förster, sämtliche auch Waldbesitzenden, ob jetzt Privatwald, Kommunalwald oder eben Staatsforst, vollziehen, nicht nur, was geldliche Sorgen betrifft – zwischendurch war der Holzpreis auch im Keller –, sondern auch, was das tatsächlich an Herausforderungen, an Kraft bedeutet, denn das Holz muss natürlich auch herausgenommen werden. Die Kosten steigen für Pflegearbeiten, die Kosten steigen natürlich auch für die Wiederbewaldung und es ist folgerichtig, dass man natürlich auch schaut, dass man nicht nur Geld entsprechend zur Verfügung stellt im Sinne von Förderung auch, denjenigen, die auch mit der Wiederaufforstung unseres Waldes beschäftigt sind, sondern dass man darüber hinaus natürlich auch eine Risikostreuung vornimmt.

Ich muss sagen, ein Aspekt, der hier zu kurz kommt und den Sie einfach so wegwischen in der Debatte: Es ist doch nicht nur sozusagen unsere Landwirtschaft, die wir schützen müssen auch im Hinblick auf die Zukunft unserer Wälder bzw. auf die Zukunft unserer Kinder, sondern es geht natürlich auch darum, dass wir eine Lösung finden müssen für die Dekarbonisierung der Wirtschaft. Wir haben 70 Prozent der thüringischen Industrie, die von fossilen Energieträgern abhängig sind. Es sind 1.700 Unternehmen, die 40.000 Arbeitsplätze schaffen, die danach fragen: Wie können wir umbauen? Wie können Sie uns entsprechend dabei helfen, uns von den fossilen Energieträgern unabhängig zu machen?

(Beifall DIE LINKE)

Sie sagen ganz konkret vor ihrer Haustür, vor ihren Unternehmen, bitte zeigen sie uns einen Weg auf, arbeiten wir doch gemeinsam, dass wir zügig, flächendeckend erneuerbare Energien bereitstellen, damit wir vor allen Dingen auch in Zukunft ein Garant für die wirtschaftliche Entwicklung und vor allen Dingen auch für die Sicherstellung des Wohlstands in Thüringen sein können. Das heißt, wir müssen Rahmenbedingungen schaffen, damit wir tatsächlich auch in Zukunft unsere Möglichkeiten nicht beschneiden, damit Thüringen auch in Zukunft sowohl grünes Herz Deutschlands bleibt, aber sich tatsächlich auch als Standortfaktor die Dekarbonisierung mit zuschreibt, und damit Thüringen auch nicht hinter der Entwicklung anderer zurückbleibt. Aus diesem Zusammenhang ist es nicht nur die Sicht der Landesregierung, sondern auch der Wissenschaftliche Dienst hat verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet. Diese Bedenken bestehen auch weiterhin und konnten auch jetzt in der Debatte hier nicht aufgelöst werden.

(Zwischenruf Abg. Montag, Gruppe der FDP: Hat er nicht!)

Vor diesem Hintergrund sollten Sie heute nicht ideologisch vorgehen – das Bundesverfassungsgericht hat schon mal entsprechend geurteilt –, sondern Sie sollten klug und rechtssicher handeln und hier diesen Gesetzentwurf nicht verabschieden.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das machen wir!)

Es ist rechtsunsicher und es ist ideologisch und im Sinne auch der Zukunft Thüringens, denke ich, falsch. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie hatten noch die Frage zugesichert. Herr Abgeordneter Malsch, bitte.

(Ministerin Karawanskij)

Frau Ministerin, danke für Ihre Ausführungen. Habe ich Sie richtig verstanden, dass für Sie Kalamitätsflächen keine Waldflächen sind?

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Meinen Sie das rechtlich oder faktisch?)

Sie haben offensichtlich das Waldgesetz nicht gelesen bzw. sind Ihnen Waldflächen nicht bekannt. Selbstverständlich gehören Kalamitätsflächen auch zu Waldflächen, auch wenn da keine Bäume stehen. Wir haben das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, was den Ausschluss von Windkraftanlagen bzw. den Ausschluss von Nutzungsartenartenänderungen

(Zwischenruf Abg. Montag, Gruppe der FDP: Den pauschalen!)

genau, den pauschalen Ausschluss von Nutzungsartenänderungen – versagt. Aber im Landesplanungsentwurf – und das habe ich gerade ausgeführt – sind insofern, weil wir auch Waldflächen entsprechend der Bundesgesetzgebung, die einen Flächenbedarf von 2,2 Prozent in ganz Thüringen für den Ausbau der Erneuerbaren vorsieht bzw. gesetzlich vorschreibt, eben nicht die bewaldeten Waldflächen in den Blick zu nehmen, sondern tatsächlich die Kalamitätsflächen, die Waldflächen im Sinne des Rechts sind, aber gerade temporär ohne Bäume bzw. in der Naturverjüngung sind. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. Herr Abgeordneter Bergner, wollen Sie sich noch mal zu Wort melden?