Protokoll der Sitzung vom 08.12.2023

Und die Bürgerinitiative „Kleiner Thüringer Wald“ äußert sich wie folgt: „Die Schutzbedürftigkeit des Waldes ist unumstritten, wie im Thüringer Waldgesetz Art. 2 Abs. 1 klar definiert [ist]. Die sogenannten Kalamitätsflächen stellen nach wie vor Waldflächen dar und bedürfen einer engagierten, klugen Wiederaufforstung mit widerstandsfähigeren Baumarten. Einen Missbrauch des Waldes im Allgemeinen, aber auch insbesondere der Kalamitätsflächen lehnen wir ausdrücklich ab.“

Zum Schluss noch zwei Anmerkungen: Herr Möller von der SPD, Sie müssen uns schon erklären, wie Sie mit Windanlagen, die noch nicht einmal 15 oder 20 Prozent ausgelastet sind, bei Windstille eine Wirtschaft betreiben wollen. Das bleiben Sie uns immer schuldig.

(Beifall AfD)

Die zweite Anmerkung: Wir werden dem Entschließungsantrag der CDU zustimmen, wie wir auch dem Gesetzentwurf zustimmen. Und ich würde mir an dieser Stelle wirklich wünschen, weil es ja um die Sache geht, dass CDU und FDP sich genauso verhalten würden und auch unseren Anträgen mal zustimmen würden, die inhaltlich genauso sind, vielleicht das Komma woanders gesetzt.

(Beifall AfD)

Was Sie aber machen, ist, auf unsere Stimmen zu spekulieren, denn Sie wissen, dass Sie dafür von RotRot-Grün keine Stimmen bekommen, und gleichzeitig unsere Abgeordneten oder Stimmen zu diffamieren, und das finde ich schäbig. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Als Nächstes erhält Abgeordnete Wahl für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Werte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, würde der hier vorliegende Gesetzentwurf heute angenommen, bedeutete das aus ökonomischen, aus Klimaschutz- und aus demokratischen Gründen einen herben Rückschlag für Thüringen. Das will ich Ihnen begründen. Von Energie aus fernen Ländern abhängig zu sein, ist für Industrieunternehmen eine schwierige Lage. Das haben auch die Thüringer Unternehmen gemerkt, als plötzlich das russische Gas nicht mehr kostengünstig, nicht mehr überall unbegrenzt verfügbar war.

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Warum?)

(Abg. Hoffmann)

Unternehmen aus verschiedenen Wirtschaftsbranchen haben sich da in den letzten Jahren mit ihrer Energieversorgung auseinandergesetzt und sind zu dem Schluss gekommen: Am besten ist es, wenn ich meine Energieversorgung selbst in der Hand habe. Das gelingt aber nur mit lokalen Konzepten und mit Erneuerbaren.

Wenn Unternehmen sich die Energieoptionen dann konkret anschauen, dann fällt die Wahl ziemlich häufig auf Windräder, wie bei Wiegand-Glas, wie beim Papierhersteller in Greiz, weil diese nun mal am kostengünstigsten Grünstrom liefern und Unternehmen diesen direkt abnehmen können. Bevor jetzt wieder das Argument kommt, eine sichere Energieversorgung wird natürlich darüber garantiert, dass bei diesen lokalen Konzepten auch Speicher direkt mitgedacht werden.

(Heiterkeit AfD)

Aber daran scheitert es im Moment nicht. Es scheitert häufig an der Flächenverfügbarkeit und insbesondere im waldreichen Südthüringen, im waldreichen Ostthüringen, wo die großen Industrieunternehmen zu Hause sind, würde ihnen mit diesem Gesetzentwurf praktisch indirekt verboten, Dekarbonisierung voranzutreiben, was ohne eine Ausweitung der Flächenverfügbarkeit nun mal nicht gehen wird.

Damit komme ich zu den Klimaschutzgründen. Wissen Sie, es kommt immer wieder der Vorwurf, junge Menschen würden die Hoffnung verlieren oder sich radikalisieren, wenn sie sich mit den Klimadaten beschäftigen.

Frau Wahl, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Henke?

Am Ende.

Aber es sind nicht die Klimadaten. Wir haben am Mittwoch die Plenarsitzung mit einer Aktuellen Stunde zur Weltklimakonferenz begonnen. Ja, es sieht düster aus. Aber die Klimawissenschaft kommuniziert immer auch eine Mut machende Botschaft. Der Klimawandel ist menschenverursacht, und das heißt auch, wir haben es in der Hand, das Steuer rumzureißen. Dafür braucht es allerdings eine Politik, die entsprechend handelt. Tja und dann schauen junge Leute auf dieses Parlament und hören dieselben Debatten, die wir doch jetzt schon seit Jahrzehnten führen mit immer den gleichen Argumenten, und sie realisieren, dass es eben immer noch politische Kräfte gibt, die den Ausbau der Erneuerbaren an relevanten Stellen blockieren.

Selbstverständlich kann Thüringen nicht alleine Klimaschutz machen. Aber wenn halt auch hier an entscheidenden Stellen immer noch fossile Blockade, statt Machen das Credo ist, dann sieht es düster aus. Und dieses Signal senden Sie heute wieder bewusst raus, und das verkennt die realpolitischen Klimaherausforderungen dieser Zeit einfach komplett.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das bringt mich zum dritten Punkt: Auch aus demokratischen Gründen ist diese Debatte heute hochbedenklich. Am meisten bestürzt Folgendes, Herr Malsch, Herr Montag: Um immer wieder den Ausbau der Windenergie zu torpedieren, sind Sie mittlerweile offensichtlich sogar dazu bereit, parlamentarische Grundsätze zu schleifen. Das Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfs hat Herr Kemmerich vor Kurzem noch einmal sehr klar und deutlich zum Ausdruck gebracht: Mit dem Gesetzentwurf soll Windkraft im Wald – Zitat – „nahezu unmöglich“ gemacht werden. Es geht also offensichtlich darum, nach der Niederlage vor dem

Bundesverfassungsgericht aus dem letzten Herbst erneut ein pauschales Windkraftverbot im Wald de facto durchzusetzen.

(Zwischenruf Abg. Montag, Gruppe der FDP: Exakt das Gegenteil!)

In der Anhörung des Infrastrukturausschusses wurde von Expertinnen auf die verfassungsrechtliche Problematik dieser Normsetzung hingewiesen. Auch der Wissenschaftliche Dienst hat uns gestern noch einmal deutlich darauf hingewiesen und dafür plädiert, den Gesetzentwurf zu prüfen. Es wäre doch hochnotpeinlich, wenn das Bundesverfassungsgericht ein zweites Mal erklären müsste, dass dieser Landtag ein verfassungswidriges Gesetz verabschiedet hätte.

(Beifall DIE LINKE)

Werte CDU, Sie wollten gestern Klarheit in der Verfassung, ich sage Ihnen ganz deutlich, unsere Verfassung wird nicht durch bestimmte Textformulierungen geschützt, sie erfordert Demokraten, die sie in Ihrem Handeln wahren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie als Freie und als Christdemokraten heute diesen Gesetzentwurf mit Stimmen der rechtsextremen AfD abstimmen, einfach nur, um Ihren politischen Punkt zu setzen, dass Sie am allermeisten gegen Windenergie im Wald sind, anstatt ihn aufgrund der erheblichen Verfassungsbedenken noch einmal im Ausschuss zu prüfen, dann hat das mit verantwortungsvollem, parlamentarischen Handeln für dieses Land nichts mehr zu tun.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich abschließend noch ein paar Sätze zum Wald sagen. Wir Grüne sind seit 30 Jahren Waldpartei und, glauben Sie mir,

(Heiterkeit CDU, AfD, Gruppe der FDP)

für einen artenreichen Natur- und Mischwald kämpfen wir schon lange. Aber es ist eben klar, diesen artenreichen Natur- und Mischwald kann es nur mit wirksamem Klimaschutz geben und dem damit einhergehenden, naturverträglichen Ausbau der Windenergie – Herr Möller und Herr Gleichmann haben das schon ausführlich dargelegt.

Ich hatte bereits gestern anlässlich der Aktuellen Stunde zum Ausdruck gebracht, wenn Sie den Ausbau der Windenergie nicht im Interesse des Klimaschutzes befürworten können, tun Sie es wenigstens im Interesse der Thüringer Wirtschaft und im Interesse der Waldbesitzerinnen, damit diese nicht schon wieder ihre Eigentumsrechte einklagen müssen. Wir lehnen den Gesetzentwurf aus verfassungsrechtlichen und inhaltlichen

Gründen ab.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Redezeit ist zu Ende. Herr Abgeordneter Braga.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren, Kollegen Abgeordnete, liebe Besucher auf der Tribüne, die Fachpolitiker haben jetzt schon aus der forstpolitischen, aus der waldpolitischen, aus der

(Abg. Wahl)

infrastrukturpolitischen, energiepolitischen Perspektive zu diesem Antrag gesprochen. Ich möchte einen anderen Aspekt in meiner Rede beleuchten, nämlich den formellen Aspekt und die Frage der Verfassungswidrigkeit, die hier teilweise behauptet wird.

Dieses Gesetz stammt ausweislich der Drucksache vom 7. Dezember 2022. Es liegt seit geraumer Zeit im zuständigen Infrastrukturausschuss. Dort wurde es ausweislich der Berichterstattung in fünf oder sechs verschiedenen Sitzungen – ich kann mich jetzt nicht ganz genau erinnern – behandelt, jedenfalls ausführlich nach dem, was uns aus diesem Ausschuss berichtet wird. Die Beschlussempfehlung, die mehrheitlich erging, empfiehlt die Annahme, datiert vom 19. Oktober dieses Jahres. Wenige Tage später wurde im Ältestenrat über die Aufstellung der Tagesordnung der vergangenen Plenarsitzungswoche gesprochen und es wurde dort der Antrag beschlossen, den Wissenschaftlichen Dienst mit einer Begutachtung zu beauftragen, die klären sollte, ob der Landtag sich dieses Gesetzes überhaupt annehmen dürfte, ob dieses Gesetz überhaupt beschlossen werden dürfte.

Meine Damen und Herren, dieses Vorgehen sollte uns als Parlamentarier – das gilt eigentlich über Parteigrenzen hinweg – die Sorgenfalten auf die Stirn treiben. Warum sage ich das? Weil der Landtag, die Legislative, die Aufgabe hat, die Gesetze zu geben und die Exekutive die Aufgabe hat, diese Gesetze umzusetzen.

Hier wurde aus meiner Sicht in bedenklicher Art und Weise ein Stück weit dort eingegriffen, indem von möglicherweise interessierter Seite schlicht die Tatsache umgangen wird, dass das Gesetz jetzt über ein Jahr dem Landtag vorliegt. Zu keinem Zeitpunkt hat ein Abgeordneter den Wissenschaftlichen Dienst angerufen und um eine Begutachtung gebeten. Das steht jedem Abgeordneten dieses Hauses nach § 4 der Anlage 4 zur Geschäftsordnung zu.

(Zwischenruf Abg. Wahl, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat der Ältestenrat getan!)

Der Ältestenrat hat das getan mit einem behaupteten, befürchteten gegeneinander Ausspielen von Verfassungsorgangen, das überhaupt nicht droht. Die Organe und die Institutionen unseres Rechtsstaates sind stark. Die Verfassung sieht Möglichkeiten vor, falls die Verfassungsgemäßheit bestimmter Gesetze angezweifelt wird, dagegen vorzugehen. Der Landtag sollte selbstbewusst dieses Gesetz behandeln – das hat er meines Erachtens in dieser Sitzung heute getan – und darüber Beschluss fassen, wie die Mehrheit dieses Hauses es für richtig hält. Er sollte sich nicht beeinflussen lassen, wie es in beachtenswerter Art und Weise durch eine Verwaltung versucht wird, die sogar

Ihre Redezeit ist abgelaufen, Herr Braga.

einem bestimmten Umgang mit diesem Gesetz empfiehlt, nämlich die Rücküberweisung in den Ausschuss, die abzulehnen ist aus meiner Sicht. Ich bin zum Schluss gekommen. Vielen Dank, Frau Präsidentin. Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Jetzt hat sich noch die fraktionslose Abgeordnete Frau Bergner zu Wort gemeldet. Bitte schön.

(Abg. Braga)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen Abgeordnete, liebe Zuhörer, unsere Thüringer Heimat besitzt viele Wälder und deren Zustand ist nicht optimal. Trotzdem ist ein Waldgebiet, wenn es geschädigt ist, noch lange nicht tot. Forstwirte wissen, dass sich Wälder auch nach starken Schadensereignissen wieder selbst regenerieren und dabei verjüngen können. Wir Menschen können und müssen diese Prozesse unterstützen und nicht verhindern.