Protokoll der Sitzung vom 12.12.2019

Ich möchte daran erinnern, dass dieses Hohe Haus nach der Rede in Dresden zur 180-Grad-Wende in der Geschichtsbetrachtung von Landtagspräsident Christian Carius geführt wurde. Es war Herr Carius, der den Fraktionsvorsitzenden Herrn Höcke gebeten hat, diese Dinge klarzustellen, sauber abzugrenzen und sauber abzuschichten, gerade und besonders in Vorbereitung auf den Holocaust-Gedenktag hier im Thüringer Landtag. Es war eine schwer zu ertragende Situation, dass die Überlebenden von Buchenwald mit einer Unklarheit konfrontiert waren, die nicht Herr Carius ausgelöst hat, sondern bei der Herr Carius darauf hingewirkt hat, dass sie geklärt wird. Ich kann mich nicht erinnern, Herr Höcke, dass Sie bis heute diese Dinge wirklich klargestellt hätten, dass Sie sich davon distanzieren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Zeit, nämlich die Zeit von 1933 bis 1945, wurde von Herrn Gauland auf einer Thüringer Veranstaltung noch als ein „Vogelschiss“ der Geschichte bezeichnet.

(Ministerpräsident Ramelow)

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Herr Minister- präsident, ich habe eine persönliche Erklä- rung abgegeben!)

Wer die Zeit von 1933 bis 1945 als Vogelschiss der Geschichte bezeichnet, der will, dass alle Erinnerungen an die Verbrennungsöfen von Topf & Söhne in Auschwitz in Vergessenheit geraten sollen. Eine derartige 180-Grad-Wende darf es niemals in Deutschland und auch nicht in Thüringen geben.

(Beifall DIE LINKE, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP)

Herr Höcke, Sie geben persönliche Erklärungen ab, auch hier im Hohen Haus, aber geklärt haben Sie nichts.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Dann haben Sie das nicht gehört!)

Es bleibt genau dabei, dass Sie den Eindruck erwecken wollen und damit die Anschlussfähigkeit zu dem, was bisher durch den Holocaust getrennt war, zwischen Parteien verwischt wird.

Ich möchte an dieser Stelle eindeutig unterstreichen: Unsere Geschichte verpflichtet uns politisch und moralisch in besonderer Weise gegenüber den Menschen jüdischen Glaubens. Daran darf nicht gerüttelt werden – von niemandem und niemals. Unser Grundgesetz verpflichtet uns darüber hinaus, auch den Menschen anderen Glaubens die Gewährung zu geben, ihre Religion ohne Angst und ohne Diskriminierung ausüben zu dürfen. Auch daran darf nicht gezweifelt werden. Dies sage ich ausdrücklich zu meinen abrahamitischen Brüdern und Schwestern und zu allen, die anderen Glaubens sind.

Die Auseinandersetzung um den Bau der Moschee in Marbach ist ein so alarmierender Vorgang. Das sind nicht nur verschleierte Menschen, die morgens vor dem Privathaus von Frau Astrid Rothe-Beinlich stehen und dort am Sonntagmorgen randalieren, sondern es sind auch die ganzen Anträge, die hier im Haus gestellt worden sind, und die Petition, das Baurecht für die Moschee verbieten zu wollen. Ein Blick ins Grundgesetz würde uns zeigen, dass wir Religionsfreiheit und Religionsgewährung als Verfassungsauftrag haben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer das mit Füßen tritt, der will genau eine einzelne Religionsgemeinschaft wieder ausgrenzen und will, dass sie diejenigen sind, die als Sündenböcke

fungieren, so wie 50 Jahre zuvor Jüdinnen und Juden.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Einher mit dem Anstieg des Antisemitismus steigen die Zustimmungswerte zur Überlegenheit der Deutschen und der Verharmlosung des Nationalsozialismus in besorgniserregendem Maße. Für diesen Anstieg sind viele Faktoren verantwortlich und es wäre illusorisch anzunehmen, dass bessere Bildung alleine schon für ausreichenden Schutz sorgen könnte. Aber sie kann helfen und unterstützen und gehört schon deshalb auf den obersten Platz der politischen Agenda.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Verbesserung der Bildung ist eine Aufgabe, die uns alle angeht, Regierung wie Opposition. Ich denke, im Ziel „Gute Bildung für alle“ sind wir uns auch abstrakt einig – selbst in konkreten Maßnahmen: Wir müssen mehr Lehrer ausbilden und mehr Lehrer einstellen. Wir müssen die Schulen erhalten, Schulgebäude sanieren und den Unterricht absichern.

Herr Kemmerich, Sie haben gestern darauf hingewiesen, dass die 98 sanierten Schulen alleine nicht reichen, sondern noch 700 weitere da sind. Schaffen Sie mit uns die Voraussetzungen, dass wir die Gelder zur Verfügung stellen können und dass sie auch abfließen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und an die CDU gerichtet: Lassen Sie uns dafür sorgen, dass genügend Lehrerinnen und Lehrer eingestellt werden, der Stellenabbaupfad endlich beendet wird, den wir von Ihnen noch übernommen haben und der jetzt einfach beendet werden muss, damit ein Personalumbau in der öffentlichen Verwaltung stattfinden kann.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und, Herr Kemmerich, ich erinnere Sie noch mal daran: Sie haben im Wahlkampf gesagt, 8 Prozent der öffentlichen Stellen könnten gestrichen werden. Wenn Sie nicht bei Lehrerinnen und Lehrern, Polizistinnen und Polizisten gestrichen werden sollen, wo sollen sie denn dann gestrichen werden? Darüber würden wir gern diskutieren, wenn wir uns einig sind, dass mehr Lehrerinnen und Lehrer eingestellt werden sollen.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Hätten Sie es doch gemacht!)

(Ministerpräsident Ramelow)

Wenn wir diese Einigung erzielen, dann kriegen wir den Spannungsbogen des Doppelhaushalts 2021/2022 auch gemeinsam hin.

Wir haben in der vergangenen Wahlperiode heftig und leidenschaftlich über die richtige Bildungspolitik gestritten. Wir, die Regierung, wussten, dass wir im Zweifel die eine Stimme Mehrheit hatten, die wir benötigt haben, um unser Gesetzeswerk durchzubekommen. Sie als Opposition konnten Forderungen aufstellen, für die Sie nie die Verantwortung hätten übernehmen müssen. Ich mache Ihnen das gar nicht zum Vorwurf. Meine Partei war in der Opposition ähnlich spendabel mit Anträgen. Die Zeiten sind aber vorbei. Die Mehrheitsverhältnisse haben sich geändert.

Damit keine Missverständnisse entstehen: Wir werden uns immer noch streiten. Ich bin sehr dafür. Wir werden uns aber in dem Bewusstsein streiten müssen, dass es am Ende des Tages eine gute, eine bessere Lösung geben muss und auch geben wird – für Schülerinnen und Schüler, ihre Eltern, die Lehrerinnen und Lehrer –, in der Regierung und in der Opposition. Das wird anstrengend, das wird aber auch spannend. Und vielleicht – ich bin da optimistisch – wird es im Ergebnis sogar besser.

Auch das sage ich noch mal: Gestern beim Landkreistag hat sich der Landkreistag dafür bedankt, dass wir als Regierung die Zahlen der Schulnetzplanung vom Landkreistag übernommen haben. Das war ein gemeinsamer Entscheidungsprozess, bei dem sich Regierung und Opposition nicht mehr nach Parteifarben, sondern an der besseren praktischen Lösung orientiert haben.

Deswegen, meine Damen und Herren: Es geht um eine ganze Reihe von Themen, die wir jetzt angehen müssen. Es sind die Arbeitsfelder der kommenden Jahre. Die Verbesserung der Mobilität steht an. Dazu gehört ganz wesentlich eine effiziente verkehrliche Anbindung des ländlichen Raums an die Zentren. Wir debattieren schon jetzt lebhaft über die finanziell bessere Ausstattung der Kommunen. Die dramatischen Klimaveränderungen lenken unser Augenmerk auf die Bewahrung unserer natürlichen Umwelt. Die alternativen Energieformen müssen debattiert werden. Es braucht einen vernünftigen Ausgleich für die betroffenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebe.

Wir brauchen mehr Zuwanderung und bessere Integration. Wir wollen damit dem drohenden und spürbaren Fachkräftemangel auch eine aktive Antwort entgegensetzen. Wirtschaft und Arbeit verdienen jede Mühe und Kreativität, damit unser Land in einer globalisierten Welt weiterhin konkurrenzfähig bleibt und sich weiterhin konkurrenzfähig aufstellt.

Die Digitalisierung unserer Gesellschaft, die damit verbundenen riesigen Chancen wie auch deren Risiken gehören gewiss zu den großen Herausforderungen der Politik. Und nicht zuletzt müssen wir die Sicherheit unserer Mitbürger gewährleisten, die objektive ebenso wie die gefühlte individuelle persönliche Sicherheit.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das diesjährige Schwerpunktthema des Thüringen-Monitors „Gesundheit und Pflege“ benennt die gewaltigen Herausforderungen, die eine sich demografisch rasant verändernde Gesellschaft zu meistern hat, und sie zeigt exemplarisch den inneren Zusammenhang von individuellem Gesundheitsempfinden und politischer Akzeptanz des parlamentarischen und des demokratischen Systems.

Nach Ansicht der Autoren des Thüringen-Monitors stellt dieser Untersuchungsfokus „Gesundheit und Pflege“ einen Prüffall für den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Freistaat dar, da sowohl innerhalb der gesamten Gesellschaft als auch in den Familien- und Nachbarschaftsnetzwerken Solidargemeinschaften notwendig sind und sich dadurch konstituieren.

Viele der ermittelten Werte sind durchaus ermutigend. Eine große Mehrheit von 80 Prozent der Thüringerinnen und Thüringer ist mit ihrer Gesundheit zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Ähnlich hohe Werte verzeichnen die Zufriedenheit mit der medizinischen Versorgung in Deutschland bzw. im Freistaat und auch mit den Krankenkassen. Ebenso positiv sind die Zahlen in Bezug auf die Versorgung mit Apotheken und die Erreichbarkeit des nächstgelegenen Krankenhauses, wobei hier der Grad der Zufriedenheit in den Städten naturgemäß deutlich höher ist als im ländlichen Raum.

Die Autoren des Thüringen-Monitors weisen uns in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es ein gewisses Spannungsverhältnis zwischen dem subjektiven Gesundheitsempfinden und dem objektiven Gesundheitszustand gibt. Eine große Minderheit der Befragten ist ungeachtet ihres Gefühls auf dauerhafte medizinische Versorgung angewiesen. So geben gut 35 Prozent an, unter einer chronischen Krankheit zu leiden, 14 Prozent haben einen Behinderten- oder Schwerbehindertenausweis. Die Gründe für diese Diskrepanz sind wohl im psychologischen Bereich zu suchen. Gesundheit ist in unserer Gesellschaft ein extrem positiver Wert, sodass viele Menschen es scheuen, sich krank zu nennen, oder sich gar zu gestatten, sich krank zu fühlen. Gleichwohl dürfen wir die Antworten des Thüringen-Monitors – wenn auch mit den genannten Einschränkungen – als positive Wertschätzung der gesundheitlichen Versorgung in unserem Land werten.

(Ministerpräsident Ramelow)

Wie Sie wissen, hat die Landesregierung unter der Federführung von Ministerin Werner in der zurückliegenden Wahlperiode eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die zur Verbesserung von Gesundheit und Pflege beigetragen haben. Als erstes Bundesland haben wir 2018 eine Facharztquote für Krankenhäuser in Thüringen eingeführt. Mit 5,5 Arztstellen muss eine Fachabteilung eines Krankenhauses im Interesse der Behandlungsqualität für die Patientinnen und Patienten ausgestattet sein. Darüber hinaus setzte sich Thüringen 2019 im Bundesrat gemeinsam mit Bremen für die Festlegung einer verbindlichen durchschnittlichen Personalausstattung in Krankenhäusern ein. Wir haben die Pauschalförderung für die Krankenhäuser seit 2015 um 20 Millionen Euro erhöht und dazu ein 10Millionen-Euro-Programm für kommunale Krankenhäuser aufgelegt.

Am Universitätsklinikum Jena wurde mit der Kassenärztlichen Vereinigung ein Ärztescout eingerichtet und finanziert, der als kompetenter Ansprechpartner zur Gewinnung von jungen Ärztinnen und Ärzten für die Versorgung im ländlichen Raum fungiert. Außerdem wurden Niederlassungen von Ärzten im ländlichen Raum wie auch die Errichtung von Stiftungspraxen in ambulant unterversorgten Gebieten gefördert.

Wir haben uns intensiv um die Verbesserung der Situation der Hebammen gekümmert, ein Förderprogramm für die praktische Ausbildung aufgelegt, die Ausbildungszahlen der schulischen und akademischen Ausbildungsplätze erhöht sowie die Einrichtung einer landesweiten Hebammen-OnlineVermittlungsstelle eingerichtet.

Wir haben in den Jahren 2018/2019 gut 3 Millionen Euro in die Telemedizin investiert, unter anderem in das Projekt Tele-Verah, ich sprach davon; also nicht nur die, die mit der Schwalbe rumgefahren ist, als Agnes im Fernsehen war. Jetzt fährt sie elektrisch und hat ihren Tele-Rucksack dabei. Telematisch geschulte Versorgungsassistentinnen kommen mit dem Tele-Rucksack in Zusammenarbeit mit der Hausarztpraxis zum Einsatz. Für chronisch kranke Patienten im ländlichen Raum verbessert sich durch die Hausbesuche der Tele-Verah die Versorgung, also die Gemeindeschwester Agnes aus dem Bildschirm jetzt mit dem Bildschirm.

Das alles sind wichtige Maßnahmen, aber sie reichen nicht aus.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Wissenschaftler des Thüringen-Monitors haben dankenswerterweise auch noch einen zweiten, differenzierten Blick auf die Zahlen geworfen, der uns die Dimensionen des Themas deutlich aufzeigt. Knapp

die Hälfte der Befragten empfindet die Versorgung mit Fachärztinnen und Fachärzten als unzureichend. Circa 70 Prozent der befragten Erwerbslosen sind mit ihrer Gesundheit unzufrieden oder gar sehr unzufrieden. Gesundheit und persönliche soziale und wirtschaftliche Situation stehen also in einem engen Zusammenhang. Es gibt zudem Ängste und Sorgen, die wir ernst nehmen sollten. Die Wartezeiten auf einen Termin beim Facharzt sind oftmals viel zu lang. Viele fürchten eine verstärkte Tendenz zur Zwei-Klassen-Medizin zulasten der sozial Schwächeren. Auch die Möglichkeiten der Telemedizin stoßen hier auf weitverbreitete Skepsis, leider weiter, als wir es uns gewünscht hätten. Die Politik hat also in beiden Bereichen – Gesundheit und Pflege – Handlungsbedarf.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine qualitativ hochwertige und ortsnahe medizinische Versorgung ist Teil der Daseinsvorsorge für die Thüringerinnen und Thüringer. Das individuelle Gesundheitsempfinden und eine hohe Zufriedenheit mit den Versorgungssystemen sind wesentliche Indikatoren für die politische Akzeptanz einer Landesregierung, obgleich die wesentlichen Weichenstellungen auf Bundesebene erfolgen. Gesundheit nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO ist eben mehr als nur das Fehlen von Krankheit oder das Fehlen von Gebrechen. Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und als solche nur durch vielfältige Maßnahmen erreichbar. Das Gesundheitssystem in Deutschland ist ein komplexes System mit vielen Akteuren und rechtlich komplizierter Konstruktion. Sektorengrenzen, Systemgrenzen, Planungsgrenzen und unterschiedliche Finanzierungsquellen machen es dem Patienten, auch in Thüringen, nicht immer leicht, das Gesundheitssystem zu durchschauen und die beste Versorgung zu erhalten. Als rot-rot-grüne Landesregierung stehen wir für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige sowie qualitativ und quantitativ hochwertige und patientengerechte Gesundheitsversorgung. Unser Leitprinzip ist auf das Patientenwohl, und zwar auf alle, ausgerichtet und muss auch sozial Benachteiligte wie auch die Stadt und den ländlichen Raum im Blick haben. Wenn sich 89 Prozent der Befragten wünschen, dass alle Privatversicherten in eine gesetzliche Bürgerversicherung überführt werden, waren wir mit unserem Antrag zur Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung im Bundesrat 2017 auf einem richtigen Weg.

(Beifall DIE LINKE)

Wir wollen, dass die Sektorengrenzen zwischen ambulanter und stationärer Behandlung fallen. Wir setzen uns ein, in Thüringen mit Modellprojekten

(Ministerpräsident Ramelow)

den Systemwechsel zu befördern, und können uns als Einstieg und mit Blick auf die demografische Situation insbesondere geriatrische Netzwerke vorstellen. Um Disparitäten zwischen städtischer Versorgung und Versorgung im ländlichen Raum auszugleichen, können wir uns gut vorstellen, gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung flächendeckend das Modell der Gemeindeschwester Agnes einzuführen, um insbesondere die Versorgung im ländlichen Raum zu stabilisieren. Bereits im Jahr 2020 sollen alternative Versorgungsformen wie ärztliche Genossenschaften – früher als Polikliniken bekannt – beim Aufbau unterstützt werden. Mit unserer gemeinsamen Stiftung mit der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen werden wir die Unterstützung der Niederlassungen von Ärzten im ländlichen Raum bei Neugründung oder Übernahme einer Praxis fortführen, ebenso die Förderung der Einrichtung von Stiftungspraxen im ambulant unterversorgten Raum.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bundesweit ist das Thema „Pflege“ im Fokus der Aufmerksamkeit als eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft. Die Pflegeversicherung hat eine Reihe von bundesweiten Reformen erlebt, von denen die Menschen durchaus profitieren. Durch die neuen Pflegegrade haben mehr Menschen einen Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung. Die Bundesregierung kam nicht umhin, das Thema „Pflege“ mit zentralen Maßnahmen im Koalitionsvertrag zu verankern. Ich nenne an dieser Stelle die „Konzertierte Aktion Pflege“, Maßnahmen zur Optimierung der Arbeitsbedingungen und zur Bezahlung sowie Gewinnung von Menschen für den Pflegeberuf. Wir stehen vor großen Problemen, mit denen wir die Betroffenen nicht alleinlassen dürfen. Wir verzeichnen schon jetzt eine deutliche Steigerung der Eigenkosten und somit eine zunehmende finanzielle Überforderung der Pflegebedürftigen und der Angehörigen der Pflegenden. Weitere Kostensteigerungen drohen, bedingt durch eine notwendige bessere Bezahlung der Pflegekräfte, eine bessere Personalausstattung und Schulgeldfreiheit der Auszubildenden in den Pflegeberufen. Sie machen aus Sicht aller Bundesländer eine Weiterentwicklung der Pflegeversicherung erforderlich. In allen Bundesländern brennt die Luft beim Thema der bezahlbaren Pflege. Drastisch formuliert: Das System der schlechten Teilkaskoversicherung ist am Ende.