Protokoll der Sitzung vom 03.02.2022

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Andere westdeutsche Länder haben das längst. Wäre das vielleicht ein Angebot? Und darauf aufbauend dann das Bussystem aufzusetzen, Anrufsammeltaxis. Da habe ich sehr viele gute Beispiele in den Landkreisen gesehen. Da sage ich: Warum sollen wir denn nicht von dem Miteinander besser lernen? Dazu brauchen wir aber ein Gefühl, dass der ländliche Raum nicht der Verlierer ist. Deswegen bin ich sehr dafür, dass wir den Inhalt füllen. Dazu gehört für mich der gesamte kulturelle Raum, den wir prägen mit unseren Schulen, mit unseren Bildungseinrichtungen, aber auch mit unseren Theatern, unseren Kulturangeboten, mit unseren Denkmalen, mit unseren Schlössern und Burgen. Alles das zusammengenommen ist unser Freistaat Thüringen. Ich finde, darauf kann man echt stolz sein, dass wir in einem solchen Bundesland zusammenleben können.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen nehme ich diese Aufgaben ernst und nehme sie an. Und ich würde darum bitten, dass wir uns heute nicht am Ende einer so langen Debatte über den Haushalt, an dem Sie, meine Damen und Herren, als Abgeordnete hart gearbeitet haben – und dafür mein großer Respekt –, am Vorabend der Entscheidung auf einmal auseinanderdividieren und sagen, wir fangen die ganze Diskussion noch mal von vorne an. Denn da hat Herr Kowalleck recht: Nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt. Und nach dem heutigen oder dem morgigen Abschluss haben wir den Jahresabschluss zu betrachten und haben Gespräche miteinander zu führen, denn Sie haben uns Hausaufgaben mitgegeben, die wir ausfüllen wollen. Und die wollen wir nicht gegeneinander ausfüllen, sondern die wollen wir miteinander ausfüllen. Und wir wollen auch die Balance herstellen, die Sie von uns erwarten. Deswegen sage ich das an Rot-Rot-Grün, sage das an CDU und FDP, dass wir gemeinsam darum ringen, die nächsten Schritte auszufüllen, auch inhaltlich zu beschreiben.

In einem Punkt, meine Damen und Herren, fand ich Herrn Kießling vorhin sehr ehrlich. Und ich kann ihm da nur zustimmen. Er hat hier vorne am Pult gesagt: Die Vorschläge der AfD werden die demokratischen Fraktionen nicht annehmen. Ich finde, diese Unterscheidung kann ich mir zu eigen machen – wenn hier die demokratischen Fraktionen sind und dort die AfD ist. Herzlichen Dank für die Ehrlichkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD)

Herr Kießling, „sogenannt“ haben Sie nicht gesagt, aber ich ergänze dann, dass Sie es gemeint haben könnten. Vielen Dank, die Ehrlichkeit ist einfach bestechend.

Zukunftsthemen unseres Landes: Meine sehr verehrten Damen und Herren, für mich und für Wolfgang Tiefensee sind in den letzten Wochen mehrfach Erlebnisse dagewesen, die ich Ihnen kurz schildern will, weil wir darüber reden müssen. Große Unternehmen überlegen, ihre Standorte, ihre Produktionsstandorte aus dem asiatischen Raum nach Europa zu verlegen, weil sie wissen, dass das mit dem Thema „Transportkosten“ so nicht weitergeht. Und das ist nicht nur eine Frage von Corona. Das haben wir in den letzten Monaten mehrfach erlebt, dass ein querstehendes Containerschiff auf einmal zu einem großen Ausfall von Produktionsketten führt. Und diese Konzerne und Unterneh

(Ministerpräsident Ramelow)

men kommen und sagen: Wir haben eine Erwartung, die heißt, wir wollen eine CO2-Neutralität garantiert bekommen, weil die Weltkonzerne wollen, dass sie nachweisen können, dass CO2-Neutralität die Grundlage ihrer Produktion ist. Da wird die Frage sein: Woher kriegen wir den regenerativen Strom, der notwendig ist, um die Industriegebiete zu füllen, damit die Zertifikate da sind? Wie kriegen wir die Verkehrsanbindung hin, damit CO2-neutrale Verkehrsanbindung die Grundlage ist? Und da liegen wir bei der Mitte-Deutschland-Schienenverbindung, dass wir sie tatsächlich elektrifiziert haben müssen und dass wir sie zweigleisig ausgebaut bekommen, damit der ganze Ostthüringer Raum auch an der Schiene modernisiert wird.

Deswegen sage ich: Diese Fragen sind miteinander zu debattieren, sie sind aufzusetzen, sie sind in Reformprozessen miteinander zu vereinbaren. Dazu hat es einige Angebote gegeben, sodass wir jetzt auch anfangen wollen mit dem Haushaltsbeschluss, den Sie morgen machen, gleichzeitig parallel die Reformprozesse und die Diskussion zu den Reformprozessen anzugehen. In diesem Sinne, meine Damen und Herren, wir stehen kurz vor dem 5. Februar und morgen wird der Vorabend des 5. Februar sein. Ich will den 5. Februar deswegen erwähnen – und damit will ich dann auch schließen –, weil es einen Politiker gibt, der immer gesagt hat, „zuerst das Land“, der am 5. Februar 30-jähriges Jubiläum haben wird, dass er Thüringer Ministerpräsident geworden ist: Bernhard Vogel.

(Beifall CDU)

Ich finde, es lohnt sich, daran zu erinnern, dass er dann über elf Jahre lang in diesem Land Verantwortung getragen hat. Sein Gegenkandidat vor 30 Jahren war Dr. Gerd Schuchardt. Der hatte damals nicht ganz gewonnen. Die Abstimmung war 50 für Bernhard Vogel und 27 für Gerd Schuchardt. Gerd Schuchardt wurde dann zwei Jahre später Vizeministerpräsident und damit mitverantwortlich für das, was an Thüringer Politik gestaltet worden ist. An diesen 5. Februar würde ich gern erinnern, imdem ich sage, über die Parteigrenzen hinweg sollten wir jetzt anfangen, die Ärmel hochzukrempeln. Ich habe zwei spannende Tage erlebt. Diese zwei spannenden Tage motivieren mich zu sagen: Wir haben einiges vor. Das ist nicht nur „nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt“, sondern das ist Ärmel hochkrempeln, dieses Land gestalten. Ich habe Sie so verstanden, dass Sie mittun wollen, damit wir dieses Land weiter gut entwickeln und weiter gut gestalten.

Und, meine Damen und Herren, ich habe vor drei Tagen eine Rede hier gehört, die mir unter die

Haut gegangen ist. Dass in diesem Saal, in dem üblicherweise am 27. Januar Holocaustüberlebende sitzen, eine Rede gehalten worden ist, die zur Relativierung des Massenmordes an den ermordeten Jüdinnen und Juden zu deklarieren ist, hat mich zutiefst getroffen. Deswegen will ich auch an Christian Carius erinnern, der Herrn Höcke gebeten hat klarzustellen, welche Reden er hält. Als er es nicht klargestellt hat, hat er Herrn Höcke gebeten, den Plenarsaal nicht zu betreten, als die Holocaustüberlebenden hier waren. Wir sollten uns daran erinnern, dass wir gemeinsam eine Verantwortung haben, dass Topf & Söhne für uns die Mahnung ist, wie wir Politik in Zukunft auch gestalten, damit wir das, was der Nationalsozialismus in Europa und in der Welt angerichtet hat, nie mehr leichtfertig daherredend um die Ecke kommen lassen. In diesem Sinne: Demokraten sollen zusammenstehen! Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. Damit hat sich die Redezeit für die Fraktionen noch einmal um 1 Minute und 27 Sekunden verlängert. Ich sehe aber keine Wortmeldungen mehr. Meine Damen und Herren, damit beende ich die Aussprache und schließe für heute diesen Tagesordnungspunkt. Ich bedanke mich für die interessante und lebendige Debatte. Die Abstimmungen werden vereinbarungsgemäß morgen durchgeführt. Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Abend.

Ende: 20.23 Uhr